OLG Saarbrücken: Betreuungsunterhalt, Hausarbeit ist Naturalunterhalt

OLG Saarbrücken: Betreuungsunterhalt, Hausarbeit ist Naturalunterhalt

a. Im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob elternbezogene Gründe eine Fortdauer des Betreuungsunterhaltsanspruchs gebieten können, ist der Aufwand für die Erledigung der hauswirtschaftlichen Aufgaben durch den betreuenden Elternteil außer Betracht zu lassen. Denn die Erfüllung dieser häuslichen Pflichten ist Teil des nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vom betreuenden Elternteil dem Kind geschuldeten Naturalunterhalt, der das Gegenstück zum Barunterhalt ist, den der andere Elternteil dem Kind schuldet.

b. Kosten für eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind vom unterhaltsrelevanten Einkommen absetzbar, weil sie der Sicherung des Erwerbseinkommens des Unterhaltsverpflichteten im Falle der Krankheit – und damit in diesem Fall auch dem Unterhaltsberechtigten – dienen, ohne dass jener auf Kosten dieses eigenes Vermögen bildet (Anschluss an BGH, FamRZ 2009, 1207).

c. Die dem Unterhaltsverpflichteten obliegende Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts führen können, umfasst auch den Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 BGB entstanden sind. Allerdings erfährt diese Darlegungs- und Beweislast Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen (Anschluss an BGH, Urteil vom 24.3.2010 – XII ZR 175/08).
Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts –Familiengericht – in Ottweiler vom 2. November 2009 – 12 F 124/09 UE –teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:

a) für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Februar 2009 in Höhe von insgesamt 166,92 EUR,

b) für den Zeitraum von März bis einschließlich Mai 2009 in Höhe von monatlich 275,10 EUR und

c) ab Juni 2009 monatlich im Voraus bis zum dritten Werktag eines jeden Monats in Höhe von 300 EUR.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des ersten Rechtzuges werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin 1/5, dem Beklagten 4/5 zur Last.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Dem Beklagten wird für den zweiten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwältin, bewilligt, soweit er sich mit seiner Berufung dagegen wendet, dass der Klägerin Unterhalt von mehr als insgesamt 166,92 EUR für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Februar 2009 und von mehr als 275,10 EUR monatlich für den Zeitraum von März bis einschließlich Mai 2009 zuerkannt worden ist.

Das weitergehende Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten wird zurückgewiesen.

Tatbestand

I.

Die am … November 1965 geborene Klägerin und der am … Januar 1971 geborene Beklagte, beide Deutsche, heirateten am 18. August 1998. Aus der Ehe ging der Sohn A., geboren am … November 1998, hervor, der seit der räumlichen Trennung der Parteien im November 2005bei der Klägerin lebt. Die Ehe der Parteien wurde auf der Grundlage eines im April 2007 zugestellten Scheidungsantrags durch seit dem 4. Januar 2008rechtskräftiges Verbundurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – in Ottweiler vom 21. November 2007 – 12 F 78/07 S – geschieden.

Aufgrund eines am 20. Juni 2007 zwischen den Parteien vor dem Familiengericht im Trennungs- und Kindesunterhaltsverfahren 2 F 338/07 UEUK geschlossenen Vergleichs zahlt der Beklagte an die Klägerin für A. einen Kindesunterhalt von monatlich 257 EUR. Die Parteien hielten in diesem Vergleich fest, dass Ehegattenunterhalt derzeit mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht geschuldet werde.

Die Parteien streiten zweitinstanzlich, in welcher Höhe und wie lange der Beklagte ab September 2008 verpflichtet ist, der Klägerin nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Der Beklagte ist gelernter Dreher und arbeitet seit Januar 2000 bei der Firma B.-R. AG in H., zuletzt als Prüfer im Bereich Maschinenhydraulik. Er ist ferner seit Juli 2007 im Umfang einer geringfügigen Tätigkeit bei der Firma Getränke Be. und Sohn GmbH in S. beschäftigt.

Die Klägerin ist ausgebildete Bürogehilfin und hat bis Mitte Oktober 1998 bei der Firma S. AG – zuletzt als Sekretärin – gearbeitet, wo sie 1997 ein Jahresbruttogehalt von rund 29.000 EUR bezogen hat. Danach und bis April 2002 hat sie sich dem Haushalt und der Erziehung von A. gewidmet. Seit Mai 2002 ist sie im Rahmen einer geringfügigen versicherungsfreien Tätigkeit als kaufmännische Angestellte bei der Handelsagentur S. D. beschäftigt. Von August 2006 bis Oktober 2009 hat die Klägerin ergänzende Leistungen nach dem SGB II bezogen; die in diesem Zeitraum auf die ARGE N. übergegangenen Unterhaltsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten hat die ARGE N. dieser am 25. November 2009 zur gerichtlichen Geltendmachung zurück übertragen. Seit 11. November 2009 ist die Klägerin als Verkäuferin bei der Firma T. M. in N. zunächst für 20 Stunden wöchentlich zu einem Bruttoentgelt von 780 EUR und seit Februar 2010 im Umfang von 108 Stunden monatlich für ein Bruttogehalt von 975 EUR beschäftigt. Ihre Tätigkeit bei der Firma D. hat sie beibehalten; sie arbeitet dort aber nur noch im Regalservice.

A. hat bis Juli 2009 die Grundschule in W. besucht und geht seit August 2009 auf das Gymnasium in I.. In der Grundschule war eine Nachmittagsbetreuung bis 16.00 Uhr gewährleistet; das Gymnasium – eine freiwillige Ganztagsschule – kann A. bis 16.30 Uhr besuchen.

Mit am 20. Februar 2009 eingereichter und dem Beklagten im Termin vom 25. Mai 2009 zugestellter Klage hat die Klägerin zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ab März 2009 einen laufenden monatlichen Geschiedenenunterhalt von 363 EUR und rückständigen Unterhalt für den Zeitraum September 2008 bis Februar 2009 in Höhe von 192 EUR zu zahlen. Diesen Antrag hat sie im Termin vom 29. Juni 2009 erweitert und zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ab März 2009 einen laufenden monatlichen Geschiedenenunterhalt von 448 EUR und rückständigen Unterhalt für den Zeitraum September 2008 bis Februar 2009 in Höhe von 649 EUR zu zahlen.

Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten.

Das Familiengericht hat durch Vernehmung der Zeugin S. – der Personalleiterin der Firma B. R. AG – Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. September 2009 Bezug genommen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Familiengericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin ab März 2009 monatlich im Voraus einen jeweils bis zum dritten Werktag eines jeden Monats fälligen laufenden Geschiedenenunterhalt in Höhe von 448 EUR von März bis Mai 2009 und in Höhe von 300 EUR ab Juni 2009 sowie rückständigen Ehegattenunterhalt für den Zeitraum September 2008 bis Februar 2009 in Höhe von 649 EUR zu zahlen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Beklagte seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter.

Die Klägerin trägt auf Zurückweisung der Berufung an.

Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts – Familiengericht – in Ottweiler – 12 F 78/07 und 12 F 338/07 UEUK – zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe

II.

Die Senatsentscheidung richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG nach den bis zum 31. August 2009 geltenden Vorschriften (vgl. BGH FamRZ 2010, 357 und 192).

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet und führt zur Herabsetzung bzw. zum Wegfall der erstinstanzlich titulierten Unterhaltsrenten für den Zeitraum von September 2008 bis Mai 2009. Für den Zeitraum ab Juni 2009 bleibt die Berufung hingegen ohne Erfolg.

Die Klägerin ist infolge der am 25. November 2009 erfolgten Rückübertragung ihrer zuvor teilweise auf die ARGE N. übergegangenen Unterhaltsansprüche nach dem sich zweitinstanzlich darbietenden Sachstand auch für den Zeitraum vor Rechtshängigkeit der Klage prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert. Daher kommt es nicht mehr darauf an, dass das Familiengericht die Klägerin zu Unrecht auch für die Zeit von März bis Mai 2009 bezüglich des vollen Unterhaltsanspruchs als prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert angesehen hatte, obwohl die Klage erst am 25. Mai 2009 rechtshängig geworden ist (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO), so dass im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung die Regelung des § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO erst für die Unterhaltsansprüche ab Juni 2009 Anwendung finden konnte (vgl. dazu BGH FamRZ 1995, 1131).

Mit Erfolg beanstandet der Beklagte, dass das Familiengericht den Unterhaltsanspruch der Klägerin auf § 1570 BGB gestützt hat, weil es diese noch nicht zur Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit verpflichtet angesehen hat. Denn der Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt beruht allein auf § 1573 Abs. 2 BGB.

Nach § 1570 BGB in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung (BGBl. 2007 I, S. 3189) kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB). Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB). Damit hat der Gesetzgeber einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt eingeführt, der aus Gründen der Billigkeit verlängert werden kann (BGH, Urteil vom 17. März 2010 – XII ZR 204/08 –). Zugleich wird aber nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes regelmäßig kein abrupter Wechsel von der elterlichen Betreuung zu einer Vollerwerbstätigkeit verlangt, vielmehr kann nach Maßgabe der im Gesetz genannten – und vorrangig zu prüfenden – kindbezogenen (§ 1570 Abs. 1 S. 3 BGB) und – nachrangig zu berücksichtigenden – elternbezogenen (§ 1570 Abs. 2 BGB) Gründe ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich sein (BGH FamRZ 2009, 1391 m.w.N.; Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 – 6 UF 110/08 –, ZFE 2010, 113, m.w.N.).

Der Unterhaltsberechtigte trägt allerdings die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus. Er hat also darzulegen und zu beweisen, dass – vorrangig zu prüfende – kindbezogene Gründe einer Vollerwerbstätigkeit entgegenstehen, weil keine kindgerechte Einrichtung für die Betreuung des gemeinsamen Kindes zur Verfügung steht oder aus besonderen Gründen eine persönliche Betreuung erforder-lich ist. Auch Umstände, die aus elternbezogenen Gründen zu einer eingeschränkten Erwerbspflicht und damit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts führen können, hat der Unterhaltsberechtigte darzulegen und zu beweisen (BGH FamRZ 2009, 1391 und 770; 2008, 1739 sowie – zu § 1615 l BGBFamRZ 2010, 357).

Die Klägerin hat solche kind- oder elternbezogene Gründe, die der Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit durch sie entgegenstehen, schon nicht hinreichend substantiiert dargetan.

Der Gesetzgeber hat mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung und der ständigen Verfügbarkeit eines Elternteils gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben, weshalb die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten (Fremd-) Betreuungsmöglichkeit erst dort ihre Grenze findet, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist (BGH FamRZ 2010, 357; FamRZ 2009, 770).

Unstreitig bestand für A. im letzten Grundschuljahr bis 16.00 Uhr und besteht seit seinem Wechsel auf das Gymnasium bis 16.30 Uhr eine Fremdbetreuungsmöglichkeit. Für die Zeit danach hat die Klägerin selbst vorgetragen, dass sie auf die Großmutter des Kindes oder den Beklagten als Betreuungsperson zurückgreifen kann. Außer Streit steht ferner, dass A. intellektuell und sozial gut entwickelt ist (vgl. dazu BGH FamRZ 2010, 357). Dass eine begabungs- und entwicklungsgerechte Betreuung des Kindes in den Zeiten der berufsbedingten Abwesenheit der Klägerin nicht gesichert sei, hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen, zumal das Kind unstreitig auf dem Gymnasium erfreuliche Leistungen zeigt. Sie ist auch dem Vortrag des Beklagten nicht gehaltvoll entgegengetreten, dass das Kind alleine oder vom Beklagten begleitet zu sportlichen Aktivitäten gehen kann.

Auch elternbezogene Gründe, die eine Fortdauer des Betreuungsunterhaltsan-spruchs der Klägerin jedenfalls über August 2008 hinaus gebieten könnten, liegen nicht vor. Zwar ist der Gedanke nachehelicher Solidarität zu berücksichtigen (vgl. dazu BGH FamRZ 2009, 1391 und – zu § 1615 l Abs. 2 S. 5 BGBBGH FamRZ 2010, 357). Auch darf die vom Unterhaltsberechtigten verlangte Vollerwerbstätigkeit neben dem nach der anderweitigen Erziehung und Betreuung des Kindes verbleibenden Anteil an der Betreuung nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung des Unterhaltsberechtigten führen (BGH FamRZ 2009, 1391, 1124 und 770; 2008, 1739). Dabei ist nach der Rechtsprechung beider Familiensenate des Saarländischen Oberlandesgerichts allerdings der Aufwand für die Erledigung der rein hauswirtschaftlichen Aufgaben durch den betreuenden Elternteil außer Betracht zu lassen. Denn die Erfüllung dieser häuslichen Pflichten ist Teil des nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vom betreuenden Elternteil dem Kind geschuldeten Naturalunterhalts, der das Gegenstück zum Barunterhalt ist, den der andere Elternteil dem Kind schuldet (Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 – 6 UF 110/08 –, ZFE 2010, 113; Urteil des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 14. April 2010 – 9 UF 117/09 –; vgl. dazu auch Viefhues, FamRZ 2010, 2249, 252 m.w.N.; ders., jurisPR-FamR 22/2009, Anm. 1). Stets zu beachten ist ferner, dass die gesetzliche Regel, wonach der Betreuungsunterhalt grundsätzlich nur für drei Jahre geschuldet ist und eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus ausdrücklich begründet werden muss, nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden darf (BGH FamRZ 2008, 1739 und – zu § 1615 l Abs. 2 S. 5 BGBBGH, FamRZ 2010, 357).

Die Ehedauer betrug hier acht Jahre acht Monate und war daher nicht lang, wobei die räumliche Trennung der Parteien schon im November 2005 erfolgt ist. Die von der Klägerin verlangte Vollerwerbstätigkeit führt im Lichte des Vorgesagten und bei den hier gegebenen Umständen auch neben dem ihr verbleibenden Anteil an der Betreuung des Kindes nicht zu einer überobligationsmäßigen Belastung der Klägerin, zumal sie nur ein einziges Kind betreut, das bereits zu Beginn des Unterhaltszeitraums fast 10 Jahre alt war. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das neue Unterhaltsrecht und die damit einhergehende Abkehr vom Altersphasenmodell erst am 1. Januar 2008 eingesetzt hat, besteht bei den vorliegenden Gegebenheiten kein Anlass, der Klägerin eine längere Übergangsfrist als acht Monate zuzubilligen, um eine vollschichtige Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Das Maß des hiernach bestehenden Aufstockungsunterhaltsanspruchs der Klägerin bestimmt sich nach den – wandelbaren – ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2010 – XII ZR 204/08 – m.w.N.; BGH FamRZ 2010, 111; 2009, 411; 2008, 968). Diese sind hier von den Einkünften des Beklagten und dem Einkommen geprägt, das die Klägerin erzielen könnte, wenn sie ihrer Erwerbsobliegenheit ordnungsgemäß nachkäme (vgl. hierzu – grundlegend – BGH FamRZ 2001, 986; vgl. auch BGH FamRZ 2008, 968).

Im Rahmen der Einkommensermittlung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, bei abhängig Beschäftigten – wie hier dem Beklagten – auf das von diesem im jeweils (ggf. zuletzt) abgeschlossenen und vollständig dokumentierten Kalenderjahr erzielte Einkommen abzustellen (vgl. BGH FamRZ 1983, 996; Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 1, Rz. 50; Eschenbruch/ Mittendorf, Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Kap. 6, Rz. 3 und 8). Hiernach sind für den Zeitraum September bis Dezember 2008 die im Gesamtjahr 2008, für den Zeitraum Januar bis Dezember 2009 und ab Januar 2010 fortschreibend die im Jahr 2009 vom Beklagten erzielten Einkünfte heranzuziehen.

Der Beklagte hat bei der Firma B. R. AG im Jahr 2008 ausweislich des in der Gehaltsbescheinigung für Dezember 2008 samt Rückrechnung enthaltenen Jahressammlers die folgenden monatlichen Nettoeinkünfte erzielt:

Bruttojahreseinkommen 35.188,40 EUR
Abzgl. Lohnsteuer 6.540,81 EUR
Abzgl. Solidaritätszuschlag 321,79 EUR
Abzgl. Kirchensteuer 468,13 EUR
Abzgl. Krankenversicherung 2.393,81 EUR
Abzgl. Rentenversicherung 3.242,37 EUR
Abzgl. Arbeitslosenversicherung 537,66 EUR
Abzgl. Pflegeversicherung 283,46 EUR
Abzgl. Arbeitskammer gemäß sämtlichen Monatsgehalts-Bescheinigungen für 2008 samt Rückrechnungen, Summe 47,28 EUR
Summe netto 21.353,09 EUR
Monatlich netto also 1.779,42 EUR

Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen ist ferner das vom Beklagten im Zeitraum vom 16. April bis 25. Juli 2008 bezogene Krankengeld, da es Lohnersatzfunktion hat (siehe BGH FamRZ 1994, 372; Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz. 84). Der Bestätigung der B. BKK vom 15. Dezember 2008 zufolge wurde es in Höhe von 4.784,25 EUR – steuerfrei und bereits um Sozialabgaben bereinigt – an den Beklagten ausgezahlt; auf den Monat umgelegt ergeben sich 398,69 EUR.

Bei der Firma Be. hat der Beklagte schließlich in 2008 gemäß dem in der Dezemberabrechnung ausgewiesenen Jahressammler ein Jahreseinkommen von 4.752 EUR, monatlich folglich 396 EUR erhalten.

Im Jahr 2009 hat der Beklagte bei der Firma B. R. AG gemäß dem in der Dezemberabrechnung enthaltenen Jahressammler folgendes monatliches Nettoeinkommen bezogen:

Bruttojahreseinkommen 38.751,58 EUR
Abzgl. Lohnsteuer 5.830,96 EUR
Abzgl. Solidaritätszuschlag 271,40 EUR
Abzgl. Kirchensteuer 400,27 EUR
Abzgl. Krankenversicherung 2.685,15 EUR
Abzgl. Rentenversicherung 3.314,62 EUR
Abzgl. Arbeitslosenversicherung 466,39 EUR
Abzgl. Pflegeversicherung 324,79 EUR
Abzgl. Arbeitskammer gemäß sämtlichen Monatsgehalts-Bescheinigungen für 2009 samt Rückrechnungen, Summe 61,74 EUR
Summe netto 25.396,26 EUR
Monatlich netto also 2.116,36 EUR

Auch das dem Beklagten im Jahr 2009 zugeflossene Kurzarbeitergeld ist – weil Lohnersatz – unterhaltsrechtlich als Einkommen zu behandeln (siehe Urteil des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 1. April 2009 – 9 UF 92/08 –; LSG München, InVo 2002, 157; Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz. 86; Eschenbruch/Mittendorf, a.a.O., Kapitel 6, Rz. 154). Vorliegend wird das Kurzarbeitergeld ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Gehaltsbescheini-gungen und der – von den Parteien unbeanstandet gebliebenen – Aussage der Zeugin S. im Wege der Rückabrechnung zur Abrechnung des jeweiligen Vormonats berücksichtigt.

Zu Recht hat das Familiengericht auch die dem Beklagten im April 2009 gewährte Prämie einbezogen (BGH FamRZ 1980, 555; Wendl/Dose, a.a.O., § 1, Rz. 55; jurisPK-BGB/Völker/Clausius, 4. Aufl., § 1577, Rz. 17). Soweit der Beklagte geltend macht, diese Prämie werde künftig wegfallen, ist noch nicht absehbar, ob und in welchem Umfang dies der Fall sein wird, nachdem der Beklagte diesbezüglich keine Belege vorgelegt hat. Er ist daher auf die Möglichkeit zu verweisen, bei künftigem Absinken seiner Einkünfte Abänderungsantrag zu stellen (vgl. dazu Senatsurteil vom 30. April 2009 – 6 UF 80/08 –).

Insoweit, als der Beklagte zweitinstanzlich – von der Klägerin bekämpft – in diesem Zusammenhang den Abzug von 150 EUR monatlich begehrt, weil das Kurzarbeitergeld brutto für netto ausgezahlt werde und daher noch versteuert werden müsse, dringt er damit nicht durch. Unstreitig ist bislang kein Steuerbescheid ergangen; der Beklagte hat auch noch keine Steuererklärung für 2009 vorgelegt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2009 – 6 UF 38/09 –), ist die – grundsätzlich gebotene – Anwendung des In-Prinzips nur dann nicht gerechtfertigt, wenn offensichtlich ist, dass sich Verschiebungen zwischen dem Entstehen der Steuerschuld und ihrer Begleichung innerhalb eines repräsentativen Zeitraums nicht weitgehend ausgleichen (BGH FamRZ 1977, 1178; Eschenbruch/Klinkhammer*/ Eschenbruch, a.a.O., Kapitel 1, Rz. 703). Sollte dem Beklagten, so er für 2009 eine Steuererklärung abgäbe, in 2010 eine entsprechende Steuernachzahlung aufgegeben werden, steht ihm frei, diese im Wege des Unterhaltsabänderungs-antrags geltend zu machen. Hinzu kommt, dass der Beklagte seine übrigen steuer-relevanten Tatsachen nicht ansatzweise dargelegt hat, so dass dem Senat die vom Beklagten begehrte fiktive Steuerberechnung auch aus diesem Grund verschlossen ist.

Seine Einkünfte bei der Firma Be. haben sich in 2009 nach dem in der Dezemberabrechnung ausgewiesenen Jahressammler auf 3.556,80 EUR, monatlich folglich auf 296,40 EUR belaufen.

Nach der unangegriffenen Handhabung des Familiengerichts ist den Einkünften des Beklagten eine Steuererstattung von monatlich 7,09 EUR hinzuzurechnen und sind Fahrtkosten im Zeitraum September 2008 bis Mai 2009 von monatlich 275 EUR und ab Juni 2009 von monatlich 150 EUR sowie der monatliche Beitrag des Beklagten zur Lebensversicherung bei der … Versicherung in Höhe von 39,49 EUR als ergänzende Altersvorsorge abzusetzen.

Mit Erfolg wendet sich der Beklagte dagegen, dass das Familiengericht seine Beiträge für seine beiden Berufsunfähigkeitsversicherungen bei der I. und der N. Versicherung in – unstreitig gezahlter – Höhe von 30,95 EUR bzw. 30,51 EUR nicht als abzugsfähig anerkannt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind grundsätzlich die Kosten für eine Berufsunfähigkeits-versicherung vom unterhaltsrelevanten Einkommen absetzbar, weil sie der Sicherung des Erwerbseinkommens des Unterhaltsverpflichteten im Falle der Krankheit – und damit in diesem Fall auch dem Unterhaltsberechtigten – dienen, ohne dass jener auf Kosten dieses eigenes Vermögen bildet (BGH FamRZ 2009, 1207; ähnlich OLG Hamm, OLGR 2001, 89), zumal die Beiträge vorliegend unstreitig eheprägend waren.

Zu Recht hat das Familiengericht es abgelehnt, die monatlichen Raten, die der Beklagte auf ein am 2. Oktober 2008 aufgenommenes Darlehen leistet, unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen.

Ob und inwieweit unterhaltsrechtlich berücksichtigungswürdige Schulden vorliegen, ist im Einzelfall unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeiten, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis des Unterhaltsverpflichteten von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und andere Umstände – etwa die Möglichkeiten des Unterhaltsschuldners, seine Leistungsfähigkeit in zumutbarer Weise ganz oder teilweise wiederherzustellen oder ggf. schutzwürdige Belange des Drittgläubigers – ankommt (BGH, FamRZ 2002, 815 und 536; 1996, 160; Urteil des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 1. April 2009 – 9 UF 92/08 –).

Nach diesen Maßstäben kann der Beklagte der Klägerin dieses Darlehen hier nicht entgegenhalten. Es wurde nach Rechtskraft der Scheidung der Parteien und erst nach dem Verkauf des vormals ehegemeinsamen Hausanwesens aufgenommen. Der Beklagte hat den Zweck und die Verwendung des Darlehens nicht ansatzweise belegt. Soweit der Beklagte die Darlehensaufnahme in einen Zusammenhang mit seiner Erkrankung im Jahr 2008 stellt, ist dies nicht nachvollziehbar; denn der Beklagte hat – steuerfrei – Krankengeld in nicht unbeträchtlicher Höhe bezogen.

Von den Einkünften des Beklagten ist ferner nach der unangegriffenen Handhabung des Familiengerichts der vom Beklagten für A. geleistete Kindesunterhalt mit seinem Zahlbetrag (dazu – grundlegend – BGH FamRZ 2009, 1300 und – dieses Urteil bestätigend und zwischenzeitlich in der Literatur geäußerte Kritik verwerfend – BGH, Urteile vom 14. April 2010 – XII ZR 89/08 – und vom 17. März 2010 – XII ZR 204/08 –; ebenso Senatsurteile vom 17. Dezember 2009 – 6 UF 38/09 –, FuR 2010, 235, und vom 10. Dezember 2009 – 6 UF 110/08 –, ZFE 2010, 113) von 257 EUR abzusetzen.

Schließlich ist dem Beklagten auf seine Erwerbseinkünfte ein Anreizsiebtel gutzubringen, wobei der Senat bei den gegebenen Umständen – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert – insoweit auch das in 2009 vom Beklagten bezogene und in den Gehaltsbescheinigungen ausgewiesene Kurzarbeitergeld einbezieht, weil er auf die Gesamteinkünfte des Jahres 2009 abstellt und das Familiengericht – von den Parteien unangegriffen – bereits die Fahrtkosten des Beklagten ab Juni 2009 wegen der geringeren Arbeitszeiten erheblich herabgesetzt hat.

Mit Erfolg macht der Beklagte geltend, dass auf Seiten der Klägerin ein höheres als das ihr vom Familiengericht zugeschriebene fiktive Einkommen einzustellen ist.

Die Klägerin ist ihrer Eigenverantwortung, für ihren Unterhalt zu sorgen (§ 1569 S. 1 BGB), und der sich daraus ergebenden Obliegenheit nicht nachgekommen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden. Angemessen ist nach § 1574 Abs. 2 BGB eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Mithin ist jedenfalls eine Tätigkeit der Klägerin in dem von ihr vorehelich ausgeübten Beruf als Bürogehilfin, aber auch – wie zurzeit – als Verkäuferin eheangemessen.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin nach ihrem Alter, ihrer Ausbildung, ihrer längeren Berufspause, ihrem Gesundheitszustand und nach den derzeitigen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt (vgl. hierzu Senatsurteil vom 10. Dezember 2009 – 6 UF 110/08 –, ZFE 2010, 113, m.w.N.) eine vollschichtige Anstellung als Bürogehilfin oder Verkäuferin schon zu Beginn des hier streitgegenständlichen Zeitraums hätte finden können. Die für das Fehlen einer realen Beschäftigungschance darlegungs- und beweisbelastete (BGH FamRZ 2009, 1300; 2008, 2104; 1993, 789) Klägerin hat das Gegenteil nicht substantiiert dargelegt, sich im Übrigen auch bereits nicht ernsthaft um eine solche Vollzeitstelle bemüht. Sie hat lediglich eine Aufstellung vorgelegt, aus der sieben Bewerbungen in 2008 und zehn Bewerbungen in 2009 hervorgehen, die der Beklagte zudem bestritten hat, ohne dass die Klägerin hierzu nachfolgend Beweis angetreten hat.

In Ansehung des Umstandes, dass die Klägerin erst seit 2008 eine volle Erwerbsobliegenheit trifft – bis Ende 2007 galt noch das Altersphasenmodell –, hatte sie allerdings nach Einschätzung des Senats noch keine hinreichend realistische Möglichkeit, wieder eine Stelle zu finden, die ihrer zuletzt vorehelich ausgeübten und ausgesprochen gut vergüteten als Sekretärin entspräche. Daher würde die Klägerin mit einer Tätigkeit als Bürogehilfin oder Verkäuferin zwar derzeit ihrer Erwerbsobliegenheit genügen; sie ist aber gehalten, sich künftig intensiv um eine – besser vergütete – Anstellung in ihrem bis zur Geburt des Sohnes A. ausgeübten Beruf als Sekretärin zu bemühen, um so möglicherweise wieder an ihre früheren Erwerbschancen anknüpfen zu können.

Das von der Klägerin seit September 2008 erzielbare Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit als Bürogehilfin oder Verkäuferin schätzt der Senat nach § 287 ZPO (vgl. BGH FamRZ 2009, 1300; 2008, 2104; 1993, 789) unter Berücksichtigung der hier gegebenen Einzelfallumstände – nach Bereinigung um fiktive pauschale berufsbedingte Kosten (vgl. dazu BGH FamRZ 2009, 314) – derzeit auf rund 1.200 EUR netto; dieses Einkommen ist bei der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage nach der Erfahrung des Senats im Saarland realistisch erzielbar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 3031/08 – m.z.w.N.; BGH FamRZ 2008, 2104; 1996, 345) und steht mit dem von der Klägerin selbst zugestandenen Stundensatz von 9 EUR in Einklang, den der Senat zugrunde legt. Hieraus errechnet sich unter Einbeziehung branchenüblicher Sonderzuwendungen ein Jahresbruttogehalt von rund 20.350 EUR, was nach Steuerklasse II mit einem halben Kinderfreibetrag nach Abzug der Sozialabgaben, Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer einem monatlichen Nettoeinkommen von rund 1.200 EUR entspricht.

Ferner sind nach der unangegriffenen Handhabung des Familiengerichts bis Juli 2009 (Ende der Grundschulzeit von A.) die Betreuungskosten von monatlich 55 EUR und ab August 2009 – mangels Darlegung höherer Aufwendungen durch die Klägerin – nur die vom Beklagten selbst vorgetragenen Betreuungskosten von monatlich 40 EUR abzusetzen.

Die hiernach verbleibenden Erwerbseinkünfte der Klägerin sind schließlich um ein Anreizsiebtel zu bereinigen.

Hiernach ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

September bis Dezember 2008

Nettoeinkommen Beklagter B. R. AG 1.779,42 EUR
Zzgl. Nettoeinkommen Beklagter Firma Be. 396,00 EUR
Zzgl. Steuererstattung 7,09 EUR
Zwischensumme 2.182,51 EUR
Abzgl. Fahrtkosten 275,00 EUR
Abzgl. Lebensversicherung …39,49 EUR
Abzgl. Berufsunfähigkeitsversicherung I. 30,95 EUR
Abzgl. Berufsunfähigkeitsversicherung N. 30,51 EUR
Abzgl. Kindesunterhaltszahlbetrag 257,00 EUR
Zwischensumme 1.549,56 EUR
Abzgl. Anreizsiebtel * 6/7
Zwischensumme1.328,19 EUR
Zzgl. Krankengeld 398,69 EUR
Bereinigtes Einkommen Beklagter 1.726,88 EUR

Fiktives bereinigtes Nettoeinkommen Klägerin 1.200,00 EUR
Abzgl. Betreuungskosten 55,00 EUR
Zwischensumme 1.145,00 EUR
Abzgl. Anreizsiebtel * 6/7
Bereinigtes fiktives Einkommen Klägerin 981,43 EUR

Bedarf ½ * (1.726,88 EUR + 981,43 EUR =) 1.354,16 EUR
Bedürftigkeit (1.354,16 EUR – 981,43 EUR =) 372,73 EUR

Nachdem die Klägerin im Senatstermin – vom Beklagten unbeanstandet – bestätigt hat, dass sie – unbeschadet der zweitinstanzlich erfolgten Rückübertragung des monatlich in Höhe von 331 EUR auf die ARGE übergegangenen Teiles ihres Unterhaltsanspruchs – eine Teilklage erhoben hat, steht ihr für den Zeitraum September bis Dezember 2008 noch ein Unterhalt von monatlich 41,73 EUR, demnach insgesamt ein Betrag von 166,92 EUR zu. Entsprechend ist das angefochtene Urteil abzuändern.

Januar bis Mai 2009 (Erwerbseinkommen Beklagter höher)

Nettoeinkommen Beklagter B. R. AG 2.116,36 EUR
Zzgl. Nettoeinkommen Beklagter Firma Be. 296,40 EUR
Zzgl. Steuererstattung 7,09 EUR
Zwischensumme 2.419,85 EUR
Abzgl. Fahrtkosten 275,00 EUR
Abzgl. Lebensversicherung … 39,49 EUR
Abzgl. Berufsunfähigkeitsversicherung I. 30,95 EUR
Abzgl. Berufsunfähigkeitsversicherung N. 30,51 EUR
Abzgl. Kindesunterhaltszahlbetrag 257,00 EUR
Zwischensumme 1.786,90 EUR
Abzgl. Anreizsiebtel * 6/7
Bereinigtes Einkommen Beklagter 1.531,63 EUR

Fiktives bereinigtes Nettoeinkommen Klägerin 1.200,00 EUR
Abzgl. Betreuungskosten 55,00 EUR
Zwischensumme 1.145,00 EUR
Abzgl. Anreizsiebtel * 6/7
Bereinigtes fiktives Einkommen Klägerin 981,43 EUR

Bedarf ½ * (1.531,63 EUR + 981,43 EUR =) 1.256,53 EUR
Bedürftigkeit (1.256,53 EUR – 981,43 EUR =) 275,10 EUR

Nach Maßgabe des Vorgesagten ist der Klägerin im Zeitraum Januar bis Februar 2009 über den nicht eingeklagten Teilbetrag von 331 EUR hinaus kein weiterer Unterhalt zuzuerkennen, während ihr Unterhaltsanspruch für den Zeitraum März bis Mai 2009 entsprechend herabzusetzen ist.

Juni bis Juli 2009 (geringere Fahrtkosten Beklagter)

Nettoeinkommen Beklagter B. R. AG 2.116,36 EUR
Nettoeinkommen Beklagter Firma Be. 296,40 EUR
Zzgl. Steuererstattung 7,09 EUR
Zwischensumme 2.419,85 EUR
Abzgl. Fahrtkosten 150,00 EUR
Abzgl. Lebensversicherung …39,49 EUR
Abzgl. Berufsunfähigkeitsversicherung I. 30,95 EUR
Abzgl. Berufsunfähigkeitsversicherung N. 30,51 EUR
Abzgl. Kindesunterhaltszahlbetrag 257,00 EUR
Zwischensumme 1.911,90 EUR
Abzgl. Anreizsiebtel * 6/7
Bereinigtes Einkommen Beklagter 1.638,77 EUR

Fiktives bereinigtes Nettoeinkommen Klägerin 1.200,00 EUR
Abzgl. Betreuungskosten 55,00 EUR
Zwischensumme 1.145,00 EUR
Abzgl. Anreizsiebtel * 6/7
Bereinigtes fiktives Einkommen Klägerin 981,43 EUR

Bedarf ½ * (1.638,77 EUR + 981,43 EUR =) 1.310,10 EUR
Bedürftigkeit (1.310,10 EUR – 981,43 EUR =) 328,67 EUR

Das Familiengericht hat auf einen Unterhaltsanspruch von 300 EUR erkannt. Einer Abänderung des angefochtenen Urteils zugunsten der Klägerin steht § 528 ZPO entgegen.

Ab August 2009 (Betreuungskosten A. niedriger)

Nettoeinkommen Beklagter B. R. AG 2.116,36 EUR
Nettoeinkommen Beklagter Firma Be. 296,40 EUR
Zzgl. Steuererstattung 7,09 EUR
Zwischensumme 2.419,85 EUR
Abzgl. Fahrtkosten 150,00 EUR
Abzgl. Lebensversicherung … 39,49 EUR
Abzgl. Berufsunfähigkeitsversicherung I. 30,95 EUR
Abzgl. Berufsunfähigkeitsversicherung N. 30,51 EUR
Abzgl. Kindesunterhaltszahlbetrag 257,00 EUR
Zwischensumme 1.911,90 EUR
Abzgl. Anreizsiebtel * 6/7
Bereinigtes Einkommen Beklagter 1.638,77 EUR

Fiktives bereinigtes Nettoeinkommen Klägerin 1.200,00 EUR
Abzgl. Betreuungskosten 40,00 EUR
Zwischensumme 1.160,00 EUR
Abzgl. Anreizsiebtel * 6/7
Bereinigtes fiktives Einkommen Klägerin 994,29 EUR

Bedarf ½ * (1.638,77 EUR + 994,29 EUR =) 1.316,53 EUR
Bedürftigkeit (1.316,53 EUR – 994,29 EUR =) 322,24 EUR

Das Familiengericht hat einen Unterhaltsanspruch von 300 EUR ausgeurteilt. Der Beklagte ist durch das angefochtene Urteil nicht benachteiligt, § 528 ZPO.

Für die Zahlung dieser monatlichen Unterhaltsbeträge ist der Beklagte – unter Berücksichtigung der auf die ARGE entfallenden Beträge – in Ansehung des insoweit für ihn als Erwerbstätigen geltenden Selbstbehalts von 1.000 EUR (§ 1581 BGB; vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. März 2010 – XII ZR 204/08 –; BGH FamRZ 2006, 683) jeweils leistungsfähig.

Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts, dass unter den hier gegebenen Umständen die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nach § 1578 b Abs. 2 BGB – jedenfalls derzeit – nicht gegeben sind.

Nach der seit 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Regelung des § 1578 b Abs. 2 BGB ist der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, wobei für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung gegeben sind, Abs. 1 S. 2 u. 3 entsprechend gilt.

Nach § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist hierbei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, wobei sich solche Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben können.

Hierbei trägt der Unterhaltsverpflichtete die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Beschränkung des nachehelichen Unterhalts führen können. In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind. Allerdings erfährt die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Den Unterhaltsberechtigten trifft daher eine sekundäre Darlegungslast, deren Umfang sich nach den Einzelfallumständen richtet. Die Darlegungen müssen so konkret sein, dass der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist. Der Unterhaltsberechtigte muss daher die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (BGH, Urteil vom 24. März 2010 – XII ZR 175/08 – unter ausdrücklicher Aufgabe der in den Entscheidungen BGH FamRZ 2009, 1990; 2008, 134 und 1325 angenommenen Beweislastumkehr zu Lasten des Unterhaltsberechtigten). Ist der Unterhaltsberechtigte – wie hier – verpflichtet und in der Lage, eine vollschichtige Tätigkeit in seinem vorehelich ausgeübten Beruf auszuüben, so spricht schon dieser Umstand gegen fortdauernde ehebedingte Nachteile (vgl. BGH FamRZ 2008, 1325), allerdings nur, wenn die Einkünfte des Unterhaltsberechtigten aus dieser Tätigkeit wenigstens die Einkünfte aus einer ehebedingt aufgegebenen Erwerbstätigkeit erreichen; in diesem Fall muss der Unterhaltsberechtigte substantiiert darlegen, dass gleichwohl ehebedingte Nachteile vorliegen, etwa weil mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehezeit Einbußen im beruflichen Fortkommen verbunden waren. Nur wenn das jetzt erzielbare Einkommen hinter dem Einkommen aus der früher ausgeübten Tätigkeit zurückbleibt, weil eine Wiederaufnahme der früheren Erwerbstätigkeit nach längerer Unterbrechung nicht mehr möglich ist, bleibt es insoweit bei einem ehebedingten Nachteil, den der Unterhaltsschuldner widerlegen muss (BGH FamRZ 2010, 629; FamRZ 2009, 1990; Senatsurteile vom 17. Dezember 2009 – 6 UF 38/09 –, FuR 2010, 235, und vom 10. Dezember 2009 – 6 UF 110/08 –, ZFE 2010, 113).

Vorliegend hat die Klägerin unstreitig vorehelich als Sekretärin zuletzt ein Jahresgehalt von rund 29.000 EUR erzielt, was einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.416,67 EUR entspricht. Der Beklagte hat nicht ansatzweise substantiiert dargetan – und auch nicht unter Beweis gestellt –, dass die Klägerin ein solches Einkommen derzeit erzielen könnte, zumal aus dem in der beigezogenen Akte 12 F 78/07 VA befindlichen Versicherungsverlauf der Klägerin ersichtlich ist, dass sie in den Jahren 1987 bis 1997 erhebliche Einkommenszuwächse von rund 31.000 DM auf rund 57.000 DM erzielt hatte. Daher kommt eine Befristung oder Herabsetzung des Aufstockungsunterhalts der Klägerin – jedenfalls derzeit – nicht in Betracht. Aus welchen Gründen die Klägerin nach Vollendung des dritten Lebensjahres von A. nicht wieder in ihren früheren Beruf zurückgekehrt und wie die von ihr erhaltene Abfindung von 40.000 DM verwendet worden ist, kann dahinstehen. Selbst wenn die Klägerin ihre Stelle – wie der Beklagte vorbringt – nur aus eigenem Wunsch und gegen den Willen des Beklagten aufgegeben hätte, wäre diese auch mit der Pflege und Erziehung von A. zusammenhängende Rollenwahl und der daraus zu Lasten der Klägerin entstandene – derzeit noch fortbestehende – berufliche Nachteil ehebedingt.

Nach alledem ist das erstinstanzliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Beklagten entsprechend abzuändern.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 ff., 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 543 ZPO).

Dem Beklagten ist – wie im Senatstermin erörtert – im vorstehend dargelegten Umfang der hinreichenden Erfolgsaussicht seiner Berufung ratenfreie Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zu bewilligen (§§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).

OLG Saarbrücken Urteil vom 12.5.2010
6 UF 132/09

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