- Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Leverkusen vom 29.11.2024 (39 F 55/22) dahingehend abgeändert, dass das Sorgerecht für das minderjährige Kind M. V. S., geboren am 00.00.2017, insgesamt dem Kindesvater zur alleinigen Ausübung übertragen wird.
- Die Beschwerde der Kindesmutter gegen Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Leverkusen vom 29.11.2024 (39 F 55/22) wird zurückgewiesen.
- Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden der Kindesmutter zu 50 % auferlegt und im Übrigen werden Gerichtskosten nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Kindesvaters trägt die Kindesmutter. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
- Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Kindeseltern waren zu keiner Zeit miteinander verheiratet und lebten im Zeitpunkt der Geburt des Kindes M. V. am 00.00.2017 in getrennten Haushalten; durch entsprechende Erklärungen wurde die gemeinsame elterliche Sorge eingerichtet. M. lebte nach seiner Geburt zunächst im Haushalt der Kindesmutter.
Der Kindesvater bemühte sich darum, regelmäßige Umgangskontakte mit M. wahrnehmen zu können. Hierüber kam es zu Konflikten zwischen den Kindeseltern. Die Umgänge waren in den vergangenen Jahren Gegenstand mehrerer gerichtlicher Verfahren, da die Kindesmutter dem Kindesvater wiederholt einen sexuellen Missbrauch des Kindes vorgeworfen hatte.
Die Kindesmutter erstattete 2019 Strafanzeigen wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs. Die Verfahren wurden jeweils nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (Staatsanwaltschaft Köln 251 Js 518/19 und 250 Js 662/19).
In einem ersten gerichtlichen Verfahren (39 F 256/19) beantragte der Kindesvater, ihm wegen Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung des Umgangsrechts die elterliche Sorge für M. zur alleinigen Ausübung zu übertragen. Das Amtsgericht holte ein Gutachten zu der Frage ein, welche Sorgerechtsregelung dem Kindeswohl am besten diene. Nach dem Gutachten ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte auf einen sexuellen Missbrauch des Jungen durch den Kindesvater. Beide Eltern wiesen nach dem Gutachten des Sachverständigen eine hohe Erziehungskompetenz auf; bei der Kindesmutter bestünden jedoch starke, sachlich nicht begründete Vorbehalte gegen einen unbeschwerten Vater-Kind-Kontakt, da sie nach wie vor der festen Überzeugung sei, dass das Kind von dem Vater missbraucht worden sei, obwohl es hierzu keinerlei objektive Anhaltspunkte gebe. Das Verfahren endete einvernehmlich, weil die Eltern eine Einigung hinsichtlich der Wahrnehmung von Umgangskontakten durch den Kindesvater finden konnten.
Die Eltern einigten sich in einem weiteren Verfahren (39 F 137/20) auf die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts und regelmäßige unbegleitete Umgänge ohne Übernachtungen zwischen Kind und Vater. Diese Regelung wurde mit der Unterstützung einer Familienhilfe umgesetzt.
In dem Verfahren 39 F 88/21 regelte das Amtsgericht die Umgänge des Kindesvaters mit dem Jungen dahingehend, dass diese an einem Tag in der Woche und alle zwei Wochen am Wochenende von Freitag nach dem Kindergarten bis Montag stattfinden sollten. Auch in diesem Verfahren erhob die Kindesmutter den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs gegenüber dem Vater, ohne dass objektive Anhaltspunkte hierfür bestanden. Im Rahmen dieses Verfahrens führte die auch im vorliegenden Verfahren bestellte Verfahrensbeiständin mit dem Kind ein Gespräch, ob es einmal bei dem Vater übernachten wolle. Die Kindesmutter hörte dieses Gespräch heimlich mit und stellte die Situation völlig anders da als die Verfahrensbeiständin: während die Verfahrensbeiständin schilderte, M. habe völlig unbefangen mehrfach geäußert, dass er beim Vater einmal schlafen wolle, erklärte die Mutter, er habe dies nur einmal eher gedankenlos auf mehrere Nachfragen geäußert. Sodann überreichte die Kindesmutter im Anhörungstermin ein Wortprotokoll einer Video-Aufnahme, die sie einige Zeit nach dem Gespräch mit der Verfahrensbeiständin mit dem Kind gemacht hatte. Hierbei wiederholte das Kind immer wieder zusammenhanglos, Papa solle nicht immer sagen, er solle bei ihm schlafen. Nach Angaben der Mutter sei das Kind bei der Aufnahme völlig aufgelöst und verwirrt gewesen. Die Umgänge fanden in der Folgezeit bis Februar 2022 entsprechend der gerichtlichen Regelung regelmäßig statt.
Auf ausdrücklichen Wunsch der Mutter einigten sich die Eltern über die Durchführung einer Therapie des Kindes; die Mutter äußerte dabei immer wieder, dass es darum ginge, dass der sexuelle Missbrauch durch den Vater verarbeitet werden müsse. Nach dem Bericht der behandelnden Psychiaterin, Frau Dr. R., empfahl diese nach der ersten Diagnostik am 01.11.2021 eine Psychotherapie für M., eine Psychotherapie für die Kindesmutter sowie eine Elternberatung.
Am 15.02.2022 fand in der Kindertageseinrichtung, welche M. seinerzeit besuchte, ein Elterngespräch zwischen Einrichtung und Kindesvater statt. In diesem Rahmen wurde im Protokoll festgehalten, dass die Kindesmutter „anfangs bei den Besuchen vom Vater (…) immer Fotos von M. gemacht und nachgefragt“ habe, warum er „z.B. blaue Flecken“ habe.
Im Februar 2022 setzte die Mutter die Umgänge wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs des Kindes durch den Vater aus. Sie verwies auf ein Foto von zwei blauen Flecken am Oberarm nach dem Kontakt beim Vater und auf Fotos eines Hämatoms am Anus des Kindes. Weiter ließ sie eine Diagnostik des Kindes in dem Universitätsklinikum H. durchführen. Hierbei konnten keine konkreten Spuren eines Missbrauchs des Kindes festgestellt werden; die Uniklinik empfahl eine psychiatrische Anbindung des Kindes.
Aufgrund der Aussetzung der Umgänge durch die Kindesmutter beantragte der Kindesvater unter dem 02.03.2022 die Einrichtung einer Umgangspflegschaft (39 F 46/22) und am 07.03.2022 die Übertragung des Sorgerechts, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn im Rahmen des dem hiesigen Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden erstinstanzlichen Verfahrens (39 F 55/22).
Die Kindesmutter beantragte am 10.03.2022 einen Ausschluss der Umgänge des Kindesvaters mit dem Kind (39 F 59/22). Zur Begründung führte sie aus, dass sie sich Sorgen mache, dass der Kindesvater dem gemeinsamen Sohn während der Umgangskontakte aus sexueller Motivation heraus Leid zugefügt haben könnte.
Auf Vorschlag des Jugendamtes wurde eine Diagnostik des Kindes in der Kinderschutzambulanz im L. in G. durchgeführt. Im Abschlussbericht des L.s vom 24.08.22 wurde festgestellt, dass es keinerlei Anhaltspunkte für einen sexuellen Missbrauch des Kindes gebe, jedoch einen massiven Loyalitätskonflikt des Kindes aufgrund des hochstrittigen Elternsystems mit großer emotionaler Verunsicherung des Kindes. Das Kind habe zu beiden Elternteilen eine gleichwertig positive emotionale Beziehung. Kritisch und als das seelische Wohl des Kindes schädigend wurde die strittige Elternebene beschrieben. Bei unveränderter Haltung der Kindeseltern sei nach dem Bericht von einer Maximierung der Schädigung des Kindes auszugehen. Für M. erging keine Empfehlung einer therapeutischen Behandlung, da die Problematik und somit die Veränderung dieser allein durch die Kindeseltern geleistet werden könne.
Mit Schreiben vom 14.09.2022 hat die Kinderschutzambulanz im hiesigen Hauptsacheverfahren berichtet, dass am 31.08.2022 die behandelnde Psychologin der Kindesmutter, Frau A., sich aufgrund einer Schweigepflichtsentbindung der Kindesmutter beim L. gemeldet habe, um mitzuteilen, dass sie sich zunehmend große Sorgen um das Kind ihrer Patientin machen würde. Nach ihrer Einschätzung käme es zu einer massiven Steigerung des „wahnhaften Erlebens“ der Kindesmutter bezüglich der bekannten Verdachtsmomente. Hier befürchte Frau A., dass das Kind zunehmend in eine bedrohliche Lage gerate, insbesondere, da die Kindesmutter in diesem Zusammenhang benannt habe, dass „wohl erst was ganz Schlimmes passieren müsse, damit etwas geschieht“.
Mit einstweiliger Anordnung vom 14.09.2022 (39 F 185/22) übertrug das Amtsgericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht gemäß § 1671 BGB auf den Kindesvater zunächst ohne mündliche Verhandlung und hielt diese Entscheidung dann mit Beschluss vom 14.11.2022 nach Anhörung der Beteiligten und des Kindes aufrecht. Zur Begründung führte es aus, aus dem beschriebenen Verfahrensablauf ergebe sich eine verzerrte Realitätswahrnehmung der Mutter hinsichtlich des Verhältnisses von Vater und Kind. Dies sei auch schon im ersten Sachverständigengutachten entsprechend geschildert worden und habe sich im Laufe der Jahre zunehmend verstärkt. Die Mutter scheine nach wie vor ohne bestehende Anhaltspunkte fest davon überzeugt zu sein, dass das Kind von dem Vater missbraucht werde und fokussiere ihr gesamtes Verhalten darauf. Wenn nun ihre eigene behandelnde Psychologin sich bei der Kinderschutzambulanz melde und angebe, dass sie sich aufgrund eines zunehmend wahnhaften Verhalten der Mutter erhebliche Sorgen um das Wohl des Kindes mache, so sei nicht mehr davon auszugehen, dass die Mutter in der Lage sei, das Kind in ihrem Haushalt ordnungsgemäß zu versorgen.
M. zog kurz nach der amtsgerichtlichen Entscheidung in den Haushalt des Kindesvaters. Mit der Kindesmutter finden seitdem regelmäßige begleitete Umgangskontakte für zwei Stunden donnerstags statt, denen jeweils ein ca. einstündiges Gespräch zwischen einer Fachkraft und dem Kind vorausgeht.
Die gegen die einstweilige Anordnung vom 14.09.2022 gerichtete Beschwerde der Kindesmutter wies der Senat mit Beschluss vom 17.01.2023 zurück. Die teilweise Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge in Form des Aufenthaltsbestimmungsrechts und Übertragung auf den Kindesvater sei nach summarischer Prüfung zu Recht erfolgt, da bei den Kindeseltern seit Jahren ein schwerwiegender Konflikt vorliege, der sich auf grundlegende Fragen der Kommunikation mit schwerwiegenden Anschuldigungen ausdehne und einen sachlichen Austausch über die Belange des verfahrensbetroffenen Jungen unmöglich mache. Der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter stehe der seit Jahren von ihr geäußerte Vorwurf des sexuellen Missbrauchs durch den Kindesvater nicht entgegen; alle Untersuchungen des Jungen hätten nicht dazu geführt, dass dieser Verdacht erhärtet werden konnte. Die Erziehungseignung des Kindesvaters, zu dem der Junge eine ebenso gesicherte Bindung habe wie zur Mutter, sei im Hauptsacheverfahren weiter zu klären. Die Kindesmutter zeige jedenfalls eine ganz erhebliche Vorbefasstheit mit dem Jungen, und für die einstweilige Anordnung genüge die Einschätzung der beteiligten Fachkräfte, dass ein weiterer Aufenthalt im mütterlichen Haushalt den Jungen massiv schädigen könne.
Im hiesigen Hauptsacheverfahren hat das Amtsgericht am 01.10.2022 die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. beauftragt, welche unter dem 26.07.2023 ein schriftliches Gutachten zur Frage der Erziehungsfähigkeit beider Eltern erstattet hat. Die Kindesmutter hat beantragt, die Sachverständige wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Das Amtsgericht hat das Befangenheitsgesuch mit Beschluss vom 18.01.2024 für begründet erklärt und mit Beweisbeschluss vom selben Tag ein familienpsychologisches Gutachten beauftragt. Dieses hat die Diplompsychologin T.-X. unter dem 04.08.2024 erstattet. In dem Gutachten gelangt die Sachverständige zu dem Ergebnis, dass der Kindesvater uneingeschränkt erziehungsfähig sei und von ihm kein Schadensrisiko ausgehe. Es habe sich kein einziger Anhaltspunkt für Gewalt ergeben. Demgegenüber sei die Kindesmutter in ihrer Erziehungsfähigkeit erheblich eingeschränkt im Hinblick auf ihre Bindungstoleranz, ihre Bereitschaft und Fähigkeit zur Elternkooperation, ihre Empathie für das Kind und ihre Bereitschaft und Fähigkeit, seine Bedürfnisse zu priorisieren, aber auch im Hinblick auf ihre Problemeinsicht und Hilfeakzeptanz. Sie schade dem Kind, indem sie an ihrem Bild von dem Vater als Gefährder festhalte und dieses dem Kind auch vermittele, da den Jungen dies emotional belaste. Zudem bringe sie ihn in einen hoch belastenden und für M. unlösbaren Loyalitätskonflikt, und schädige seine Vater-Beziehung, was bis hin zu deren Zerstörung führen könne. Weitere Risiken bestünden in der Beschädigung des Selbstwertgefühls des Kindes und möglicherweise sogar in der Verursachung von Verhaltensauffälligkeiten. Die psychische Entwicklung von M. sei auch deshalb gefährdet, weil die Gefahr einer Traumatisierung bestehe, indem die Mutter das Kind in eine Opferrolle bzgl. eines nicht erfolgten sexuellen Missbrauchs bringe. Zudem problematisiere und pathologisiere sie das Kind. Die Erziehungsfähigkeit der Mutter sei nicht nur geringer als die des Vaters, sondern von ihr gehe sogar ein Schadensrisiko für das Kind aus. Um sich ungestört weiterentwickeln zu können, müsse M. vor Spannungen und Konflikten auf der Elternebene, vor Loyalitätskonflikten und dem Bild seiner Mutter von dem Vater als Gefährder geschützt werden. Aufgrund von mangelnder Offenheit für eine Beratung gebe es zurzeit auch keine geeigneten Maßnahmen zur Überwindung der Defizite bzw. Risiken. Zwar wünsche sich M., gleich viel Zeit mit beiden Eltern zu verbringen, sein Wille sei aber nicht mit seinem Wohl vereinbar.
Mit ergänzendem Bericht vom 13.11.2024 hat sich das Jugendamt den Ausführungen und Empfehlungen des Gutachtens angeschlossen. Das Amtsgericht hat die Beteiligten, die Sachverständige und das Kind am 15.11.2025 angehört. Die Vertreterin des Jugendamts hat berichtet, durch die Umgangsbegleitung sei zurückgemeldet worden, dass die Kindesmutter auch hier immer wieder durch Fragen an M. den Eindruck vermittele, sich um M. Sorgen zu machen und die Auffassung zum Ausdruck bringe, dass er beim Kindesvater in Gefahr und nicht gut aufgehoben sei, indem sie z.B. eine ausreichende Bekleidung in Frage stelle oder Frage, woher blaue Flecken kämen. Die Sachverständige T.-X. hat sich dem angeschlossen und empfohlen, die vollständige elterliche Sorge auf den Kindesvater zu übertragen, da sie die gemeinsame elterliche Sorge für kindeswohlschädlich halte.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 29.11.2024 das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Kindesvater übertragen und seinen Antrag auf Übertragung der alleinigen Sorge im Übrigen sowie den Antrag der Kindesmutter auf Übertragung der elterlichen Sorge zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge sei hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts erforderlich, weil sich die Kindeseltern nicht über die Gestaltung des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes einigen könnten. Hier entspreche die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Kindesvater dem Kindeswohl am besten. Ein Lebensmittelpunkt bei der Kindesmutter oder ein Wechselmodell würden bedeuten, dass M. über größere Zeitintervalle hinweg ungeschützt dem Einfluss der Kindesmutter ausgesetzt wäre. Hier bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich dies auf die seelische Gesundheit des Kindes in erheblichem Maß negativ auswirken würde. Denn die Kindesmutter sei verhaftet in der Überzeugung, dass der Kindesvater dem Kind in der Vergangenheit schweres Leid zugefügt habe und auch weiterhin Schaden zufüge. Die Kindesmutter sei nicht gewillt oder in der Lage, den Gedanken zuzulassen, dass der Kindesvater für M. keine Gefahr darstelle. Auf dieser Basis bestehe die begründete Sorge, dass die Kindesmutter dem Kind verbal oder nonverbal kommunizieren würde, dass der Kindesvater eine Gefahr für sein Wohl darstelle. Dies würde bedeuten, dass M. fortwährend dem Spannungsfeld zwischen der eigenen Wahrnehmung, wonach es ihm bei seinem Vater gut geht und er gerne bei ihm ist, und den Signalen der Mutter, wonach im bei dem Vater Gefahr droht, ausgesetzt wäre. Diese Situation würde mit einer greifbaren Wahrscheinlichkeit langfristig dazu führen, dass M. sich entweder von seiner Mutter oder seinem Vater abwenden würde, um sich dadurch der fortdauernden Konfliktsituation zu entziehen. Es bestünde das Risiko einer dauerhaften psychischen Schädigung. Zudem sei er bei der hauptsächlichen oder auch nur hälftigen Betreuung durch die Kindesmutter mit hoher Wahrscheinlichkeit fortwährend dem Narrativ ausgesetzt, er sei Opfer eines sexuellen Missbrauchs durch seinen Vater geworden. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kind im Haushalt des Kindesvaters aktuell Gefahr drohe, sehe das Gericht nicht. Dabei übersehe das Gericht nicht, dass allein der Umstand, dass sexuell missbräuchliches Verhalten des Kindesvaters gegenüber M. nicht positiv festgestellt werden konnte, nicht bedeute, dass es ein solches Verhalten nicht gegeben habe. Im Verfahren sei jedoch klar hervorgetreten, dass es M. derzeit im Haushalt des Kindesvaters gut gehe.
Der darüber hinausgehende Antrag des Kindesvaters auf Übertragung der elterlichen Sorge zur alleinigen Ausübung sei jedoch unbegründet. Weder fehle es der Kindesmutter an der grundsätzlichen Erziehungseignung, noch sei die vollständige Übertragung der elterlichen Sorge wegen fehlender Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit erforderlich. Die Kindesmutter verfüge losgelöst von ihrem Festhalten am Bild des Kindesvaters als Gefährder und der Frage der Kooperation mit dem anderen Elternteil über gute erzieherische Kompetenzen. Zwar zeige sich die Kooperation zwischen den Elternteilen als erheblich belastet, da die Kindesmutter in der Vorstellung verhaftet sei, dass der Vater dem Kind Schaden zufüge. Dies allein rechtfertige eine vollständige Übertragung der elterlichen Sorge jedoch nicht. Das Gericht dürfe nicht allein deshalb die Übertragung der Sorge auf einen Elternteil vornehmen, weil es an Konsens und Kooperationsbereitschaft fehle. Vielmehr sei erforderlich, dass bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse davon auszugehen sei, dass die mangelnde Einigungsfähigkeit der Eltern das Kindeswohl negativ beeinträchtigen werde. Hier weise gerade der Kindesvater eine hohe Offenheit und Toleranz gegenüber der Kindesmutter auf. Die fehlende Kooperationsbereitschaft der Kindesmutter in der Vergangenheit lasse nicht mit Sicherheit die Schlussfolgerung zu, dass es ihr auch künftig an Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft fehlen werde. M. habe zu beiden Elternteilen eine gute Bindung und eine qualitativ hochwertige Beziehung. Es müsse vermieden werden, dass M. den Eindruck gewinnen könne, das Band zwischen ihm und seiner Mutter sei durch den Entzug der elterlichen Sorge zerschnitten worden. Zu berücksichtigen sei mit Blick auf das Kindeswohl auch, dass die vollständige Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge das Risiko in sich trüge, dass dies von der Kindesmutter als weiterer schwerwiegender Verlust empfunden würde, und eine Destabilisierung der Kindesmutter als wichtige Bezugsperson zur Folge haben könnte. Auch sei die vollständige Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater nicht erforderlich, um dessen Handlungsfähigkeit in Bezug auf die Belange des Kindes sicherzustellen.
Hiergegen richten sich die form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden beider Elternteile; die Beschwerde des Kindesvaters mit dem Ziel, dass ihm über den erstinstanzlichen Beschluss hinaus das Sorgerecht insgesamt zur alleinigen Ausübung übertragen wird, und die der Kindesmutter mit dem Ziel der Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und der Übertragung des Sorgerechts auf sie.
Der Kindesvater ist der Ansicht, das Amtsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass von der Kindesmutter eine Kindeswohlgefährdung ausgehe, soweit sie im Rahmen von Sorgerechtsentscheidungen Entscheidungsgewalt habe. Die Kindesmutter habe ihre Stellung des Sorgerechts zum Nachteil von M. eingesetzt. Sie berufe sich auf ihr Sorgerecht, um während begleiteter Umgänge Arzttermine zu vereinbaren, damit sie beweisbare Feststellungen durch einen Arzt an M. veranlassen kann. Auch verweigere die Kindesmutter, Schweigepflichtentbindungserklärungen gegenüber notwendigen Stellen abzugeben. So konnte beispielsweise das Jugendamt mit der Klassenlehrerin von M. – unstreitig – keine Rücksprache halten, weil die Kindesmutter nicht bereit war, die Schweigepflichtentbindung abzugeben. Auch wenn M. mehr Zeit mit der Kindesmutter verbringen wolle, müsse dieser Wunsch des Kindes im Hinblick auf die Kindeswohlgefährdung zurückstehen. Das Amtsgericht unterliege mit seiner Begründung einem zentralen Trugschluss. Einerseits werde ausgeführt, wie das Verhalten der Kindesmutter M. Wohlergehen schade, womit die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater begründet werde, in Bezug auf das komplette Sorgerecht werde aber erstaunlicherweise ihre grundsätzliche Erziehungseignung in den Vordergrund gestellt. Die Empfehlung der Sachverständigen, das Sorgerecht insgesamt auf den Kindesvater zu übertragen, sowie die entsprechende Empfehlung der Verfahrensbeiständin seien ignoriert worden. Der erstinstanzliche „halbe Beschluss“ helfe M. nicht. Im Gegenteil gebe er der Kindesmutter weiterhin den Raum, M. zu viktimisieren, den Kindesvater zu diffamieren und Dritte zu instrumentalisieren. Auch die langen Schriftsätze im Beschwerdeverfahren seien das beste Beispiel dafür, wie schwer es für den Kindesvater sei, eine irgendwie geartete Basis und Kommunikation mit der Kindesmutter herzustellen. Die Ausführungen der Kindesmutter seien absurd und realitätsfremd.
Der Kindesmutter hat im Beschwerdeverfahren zahlreiche umfangreiche Schriftsätze mit umfangreichen Anlagen eingereicht. Unter anderem hat sie noch vor der Beschwerdebegründung einen an das Jugendamt gerichteten Schriftsatz zum Ablauf des Hilfeplangesprächs vom 29.01.2025 zur Kenntnis übersandt. Hierin erklärt sie unter anderem ihre Bereitschaft, hinsichtlich wesentlicher Entscheidungen im Rahmen des Sorgerechts mit dem Kindesvater zu kommunizieren, allerdings ohne persönlichen Kontakt. Sie informierte darüber, dass der Kindesvater manipuliere, notorisch lüge und M. nachweislich dazu bringe, Dinge zu sagen, die er wünsche. Er wolle nicht kooperieren und ignoriere die Belange der Kindesmutter völlig. Er erpresse M. damit, nur Gutes über den Vater zu erzählen, damit er zurück zur Mutter könne. Es gäbe unzählige Falschaussagen von seiner Seite. In einer weiteren Stellungnahme zum Schriftsatz des Jugendamtes vom 11.02.2025 zitiert Kindesmutter u.a. aus dem Gesprächsprotokoll der Gemeinschaftsgrundschule vom 11.06.2024, dass M. im schulischen Kontext durch erhebliche motorische Unruhe, starke Nervosität, wenig Impulskontrolle, starke Verhaftungen individueller Bedürfniserfüllung und mangelnde Fokussierung auffalle und hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibe. Sie führt aus, dass sie in den letzten zweieinhalb Jahren M. häufig in einem desolaten Zustand beim SKF angetroffen habe. Auch sei M. Zahnzustand bedenklich. Der Kindesvater meide die kinderärztliche und die zahnärztliche Sprechstunde. Nach den ihr vorliegenden Unterlagen hätten bisher weder die Gutachter noch die bisher durchgeführte Diagnostik den Missbrauchsverdacht des Kindes durch den Vater ausräumen können. Sie bittet das Jugendamt dringend um Übermittlung der Berichte, die ihr versichern würden, dass keine Übergriffe erfolgt seien und die Äußerungen von M., Ängste, Albträume, Tics, Verhaltensauffälligkeiten und Verletzungen z.B. innerhalb des Anus nach Umgangskontakten beim Kindesvater natürlichen Ursprungs seien. Die Strafverfahren seien zu Unrecht eingestellt worden, obwohl Zeugenaussagen, Indizien und Fakten vorgelegt worden seien. Die Begründung zu der Einstellung der Strafverfahren hätten mit eingereichten Unterlagen widerlegt werden können, doch die damalige Rechtsanwältin der Kindesmutter habe die Weiterführung beharrlich unter Angst einflößen Prognosen abgewendet. Der Kindesvater nutze bis heute den von der Staatsanwaltschaft nicht aufgearbeiteten Sachverhalt, um die Kindesmutter zu degradieren, um von sich abzulenken und mögliche Straftaten zu vertuschen. Hätte sich das Gericht und das Jugendamt ernsthaft mit dem Sachverhalt befasst, wäre klargeworden, dass die Verhaltensauffälligkeiten und Verletzungen von M. eindeutig vom Kindesvater stammen würden. Ausweislich aller in diesem Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich zweifelsfrei, dass die betreffenden Gutachter offensichtlich beeinflusst worden sein und das Ergebnis manipuliert worden sei. Das Narrativ des Vaters sei ungeprüft übernommen worden, seine Lügen und bösen Behauptungen anstandslos geglaubt. Das Jugendamt halte relevante Sachverhalte zurück. Es sei davon auszugehen, dass die Verfahrensbeiständin Aussagen gegenüber dem Vorsitzenden getätigt habe, die M. gar nicht ausgesprochen und gewünscht habe, um parteiisch die Wünsche des Vaters umzusetzen. Das Gutachten der Sachverständigen T.-X. sei aufgrund Parteilichkeit und Einflussnahme durch den Kindesvater insgesamt als unbrauchbar abzulehnen. Schließlich finde M. Wille keine Beachtung. Er habe sich mehrfach gegenüber den Verfahrensbeteiligten geäußert, dass er wieder in den Haushalt der Kindesmutter zurückwollen würde.
Die Verfahrensbeiständin und das Jugendamt haben sich dafür ausgesprochen, über den erstinstanzlichen Beschluss hinaus das Sorgerecht insgesamt auf den Kindesvater zu übertragen.
Der Senat hat M. und die übrigen Beteiligten persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Kindesanhörung wird auf den Anhörungsvermerk und bzgl. des Ergebnisses der Anhörung und Erörterung mit den übrigen Beteiligten auf das Sitzungsprotokoll jeweils vom 06.05.2025 Bezug genommen.
Die Akten des Amtsgerichts Leverkusen zu Aktenzeichen 39 F 185/22, 39 F 116/24, 39 F 46/22, 39 F 59/22 sowie die Akten des Oberlandesgerichts Köln zu Aktenzeichen II-14 UF 178/22 waren beigezogen.
II.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Kindesvaters ist in der Sache begründet und führt zur vollständigen Übertragung des Sorgerechts auf den Kindesvater. Demgegenüber ist die ebenfalls gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Kindesmutter unbegründet. Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Kindesvater übertragen und seinen Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Denn es entspricht auf Grundlage des Inhalts der Verfahrensakten, des Gutachtens der Sachverständigen T.-X. und der persönlichen Anhörung der Eltern, der beteiligten Fachkräfte und des Kindes dem Kindeswohl am besten, die gemeinsame elterliche Sorge insgesamt aufzuheben und sie dem Kindesvater zu übertragen.
1. Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht nur vorübergehend getrennt, ist gemäß § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB einem Elternteil auf seinen Antrag auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils die elterliche Sorge allein zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
a. Das den Eltern nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gegenüber dem Staat gewährleistete Freiheitsrecht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder dient in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung ist (std. Rspr., vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 14.04.2021 – 1 BvR 1839/20, FamRZ 2021, 1201; BVerfGE 75, 201, 218 f. = FamRZ 1987, 786).
b. Der Schutz des Elternrechts, das Vater und Mutter gleichermaßen zukommt, erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts (std. Rspr., vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.04.2021 – 1 BvR 1839/21, FamRZ 2021, 1201 m.w.N.; grundlegend: BVerfG, Beschluss vom 07.05.1991 – 1 BvL 32/88, BVerfGE 84, 168/180 = FamRZ 1991, 913). Der einfach-rechtlichen Ausgestaltung des Elternrechts für die Fälle, dass die elterliche Sorge von den Kindeseltern nicht gemeinsam wahrgenommen werden kann, dient § 1671 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 BGB, der bestimmt, dass einem Elternteil auf Antrag die elterliche Sorge oder ein Teil der elterlichen Sorge allein zu übertragen ist, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.12.2003 – 1 BvR 1140/03, BVerfGK 2, 185/188 = FamRZ 2004, 354). Die Aufhebung der gemeinsamen Sorge muss am Wohl des Kindes ausgerichtet sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.11.1980 – 1 BvR 349/80, BVerfGE 55, 171/179 = FamRZ 1981, 124). Die Übertragung der alleinigen Sorge auf einen Elternteil setzt zwar keine Kindeswohlgefährdung voraus, wie sie bei einer Trennung des Kindes von seinen Eltern nach Art. 6 Abs. 3 GG bestehen muss (BVerfG, Beschluss vom 07.12.2017 – 1 BvR 1914/17, FamRZ 2018, 72; Beschluss vom 22.03.2018 – 1 BvR 399/18, FF 2018, 247). Die Alleinsorge ist jedoch nur anzuordnen, wenn die gemeinsame elterliche Sorge aus Kindeswohlgründen ausscheidet (BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010 – 1 BvR 420/09, NJW 2010, 3008 ff.; BGH, Beschluss vom 15.06.2016 – XII ZB 419/15, FamRZ 2016, 1439 ff., juris Rn. 16).
c. Der gemeinsamen Sorge steht unter anderem eine schwerwiegende und nachhaltige Störung der Kommunikation der Eltern entgegen, soweit diese befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind erheblich belastet würde, würde man seine Eltern zwingen, die Sorge gemeinsam zu tragen (BT-Drucks. 17/11048 S. 17; BGH, Beschluss vom 15.06.2016 – XII ZB 419/15, FamRZ 2016, 1439 ff., juris Rn. 21, 24). Dabei ist die Kommunikation der Eltern schwer und nachhaltig gestört, wenn sie regelmäßig nicht in der Lage sind, sich in der gebotenen Weise sachlich über die Belange des Kindes auszutauschen und auf diesem Wege zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen. Dann ist zu prüfen, ob hierdurch eine erhebliche Belastung des Kindes zu befürchten ist (BGH, Beschluss vom 15.06.2016 – XII ZB 419/15, FamRZ 2016, 1439 ff., juris Rn. 25). Notwendig ist die Einschätzung im Einzelfall, dass der Elternkonflikt so nachhaltig und so tiefgreifend ist, dass gemeinsame, dem Kindeswohl dienliche Entscheidungen der Eltern in den wesentlichen Belangen der elterlichen Sorge auch für die Zukunft nicht gewährleistet sind (BGH, Beschluss vom 15.06.2016 – XII ZB 419/15, FamRZ 2016, 1439 ff., juris Rn. 27).
d. Das Wohl des Kindes ist bei Aufhebung der gemeinsamen Sorge und Übertragung des Sorgerechts auf nur einen Elternteil oberste Richtschnur. Das Kind ist als ein Wesen mit eigener Menschenwürde und dem eigenen Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit unter den besonderen Schutz des Staates gestellt (std. Rspr., vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 14.04.2021 – 1 BvR 1839/20, FamRZ 2021, 1201). Jede gerichtliche Lösung eines Konflikts zwischen den Eltern, die sich auch auf die Zukunft des Kindes auswirkt, muss daher das Kind in seiner Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.04.2021 – 1 BvR 1839/21, FamRZ 2021, 1201 m.w.N.; grundlegend: BVerfG, Beschluss vom 05.11.1980 – 1 BvR 349/80, BVerfGE 55, 171/179 = FamRZ 1981, 124).
e. Sorgerechtsentscheidungen müssen danach den Willen des Kindes einbeziehen. Die Grundrechte des Kindes gebieten, bei der gerichtlichen Sorgerechtsregelung den Willen des Kindes zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar ist (std. Rspr., BVerfG, Beschluss vom 07.12.2017 – 1 BvR 1914/17, FamRZ 2018, 266; grundlegend: BVerfG, Beschluss vom 05.11.1980 – 1 BvR 349/80, BVerfGE 55, 171/179 = FamRZ 1981, 124). Voraussetzung hierfür ist, dass das Kind in dem gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit erhält, seine persönlichen Beziehungen zu den Eltern erkennbar werden zu lassen. Die Gerichte müssen ihr Verfahren deshalb so gestalten, dass sie möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen können (BVerfG, Beschluss vom 14.04.2021 – 1 BvR 1839/21, FamRZ 2021, 1201 m.w.N.). Mit der Kundgabe seines Willens macht das Kind von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch. Ein vom Kind kundgetaner Wille kann Ausdruck von Bindungen zu einem Elternteil sein, die es geboten erscheinen lassen können, ihn in dieser Hinsicht zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.09.2007 – 1 BvR 1426/07, FamRZ 2007, 1797 Rz. 21; BVerfG, Beschluss vom 05.11.1980 – 1 BvR 349/80, BVerfGE 55, 171/179 = FamRZ 1981, 124). Hat ein Kind zu einem Elternteil eine stärkere innere Beziehung entwickelt, so muss das bei der Sorgerechtsentscheidung berücksichtigt werden. Hat der unter diesem Aspekt gesehene Kindeswille bei einem Kleinkind noch eher geringes Gewicht, so kommt ihm im zunehmenden Alter des Kindes vermehrt Bedeutung zu (std. Rspr., vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.03.2018 – 1 BvR 399/18, FF 2018, 247). Nur wenn die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes, selbstständig und verantwortungsvoll zu handeln, berücksichtigt werden, kann das Ziel erreicht werden, das Kind darin zu unterstützen, zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu werden (BVerfG, Beschluss v. 7.12.2017 – 1 BvR 1914/17, FamRZ 2018, 266).
2. Nach diesen Grundsätze liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge insgesamt vor (hierzu unter a.). Weiter entspricht es dem Kindeswohl von M. am besten, wenn dem Kindesvater das Sorgerecht zur alleinigen Ausübung übertragen wird (hierzu unter b.).
a. aa. Die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge scheidet insgesamt aus Kindeswohlgründen aus. Es fehlt offensichtlich an einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Kindeseltern, die nicht zu einer Kooperation und Kommunikation zum Wohle des Kindes in der Lage sind (vgl. zu diesem Erfordernis: BVerfG, Beschluss vom 30.06.2009 – 1 BvR 1868/08, FF 2009, 416).
Bei den Kindeseltern liegt – wie der Senat bereits im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens festgestellt hat – ein seit Jahren bestehender schwerwiegender Konflikt vor, der sich auf grundlegende Fragen der Kommunikation mit schwerwiegenden Anschuldigungen ausdehnt und einen sachlichen Austausch über die Belange des verfahrensbetroffenen Jungen unmöglich macht. Entsprechend besteht keinerlei tragfähige soziale Beziehung zwischen den Kindeseltern. Anders als das Amtsgericht sieht der Senat keine Basis zwischen den Kindeseltern für eine „Restkooperation“ zwischen ihnen in allen Sorgerechtsbereichen über das Aufenthaltsbestimmungsrecht hinaus.
Es fehlt bereits an einer auch nur grundlegenden tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Kindeseltern. Bereits erstinstanzlich aber auch im Beschwerdeverfahren ist deutlich geworden, dass die Kindesmutter von ihrem schwerwiegenden Vorwurf des Kindesmissbrauchs gegenüber dem Kindesvater nicht ablässt, sondern weiterhin sämtliche den Kindesvater entlastenden Untersuchungsergebnisse und Erkenntnisse aus der wiederholten Sachverständigenbegutachtung für falsch erachtet oder zumindest grundlegend in Frage stellt. Noch in der Anhörung vor dem Senat hat die Kindsmutter das Ergebnis der vorgenommenen Ermittlungen angezweifelt, weil nicht bewiesen sei, dass nichts passiert sei.
Die fehlende tragfähige soziale Beziehung zeigt sich auch an sämtlichen aktuell im Beschwerdeverfahren eingereichten und durch die Kindesmutter in Bezug genommenen Schriftstücken, da die Kindesmutter dem Kindesvater in Bezug auf sämtliche Belange den gemeinsamen Sohn betreffend zutiefst misstraut. So verdächtigt sie ihn nicht nur weiterhin des Missbrauchs an M. und verlangt vom Jugendamt stichhaltige Beweise, dass dieser nicht erfolgt sei, sondern spricht ihm auch im Übrigen die Fähigkeit ab, sich um den gemeinsamen Sohn in gesundheitlichen und schulischen Belangen kümmern zu können. Das zeigt sich z.B. in dem von ihr selber vorgelegten E-Mail-Verkehr hinsichtlich eines Arzttermins im Frühjahr 2024, den die Kindesmutter ohne Absprache mit dem Kindesvater während eines ihrer begleiteten Umgangskontaktes wahrnehmen wollte, weil sie behauptet hat, M. verfüge nicht mehr über Medikamente betreffend seine allergisch bedingten Atemschwierigkeiten und der Kindsvater weigere sich zudem, ihr diese mitzugeben. Verdeutlicht wird dies zudem, indem sie in ihrer Beschwerde ausführt, der Kindesvater habe „Erkältungen provoziert“, lasse M. „uneingeschränkt böse Filme gucken“, verhalte sich so gegenüber M., dass dieser „massive Verletzungen“ aufweise und sich selber verletze. Weiter wertet sie alle Aussagen von Verfahrensbeteiligten und der Gutachterin als „nicht glaubhaft“, soweit sie ihren Behauptungen und Vermutungen nicht entsprechen oder sogar etwas anderes bekunden, wie z.B. der Hinweis der Gutachterin, die Lehrerin von M. habe der Gutachterin gegenüber angegeben, die Kindesmutter habe einen sexuellen Missbrauch durch den Kindesvater angedeutet und die Aussage der Lehrerin gegenüber der Gutachterin, es ergäben sich bei M. keine Anzeichen der Vernachlässigung. Weiter wirft sie dem Kindesvater vor, sein Verhalten sei „krankhaft“ und kindeswohlgefährdend und er unterbinde „die Wahrheitsfindung“. Im Rahmen der persönlichen Anhörung hat sie dem Kindesvater die Fähigkeit, M. angemessen gesundheitlich und körperhygienisch zu versorgen, erneut deutlich abgesprochen, indem sie den Hygienezustand von M. als zwischenzeitlich „desolat“ bezeichnet und dem Kindesvater vorgeworfen hat, „seit Jahren“ nicht zum Kinderarzt mit M. gegangen zu sein. Soweit sie dem Kindesvater im Anhörungstermin vom 06.05.2025 zunächst eine Erziehungskompetenz auf der Skala von 1 bis 10 bei vier eingestuft hat, hat sie dies im Folgenden aufgrund ihrer Vorbehalte und ihrer Behauptung, nie über irgendetwas informiert zu werden, weiter auf zwei bis drei herabgestuft. Gleichzeitig zeigte sich jedoch, dass ihre Behauptung, „nie“ informiert zu werden, unrichtig war, so dass sie diese Behauptungen dann selber wieder relativieren musste. Eine gute Eigenschaft des Kindesvaters vermochte die Kindesmutter, außer dass der Kindesvater mit M. Schach spielt, nicht zu benennen.
Weiter wirft sie ihm vor, schon grundlegende Fähigkeiten im Umgang mit ihr und M. zu vermissen, indem sie behauptet, der Kindesvater habe schon direkt nach der Geburt von M. „fanatisch und im Übermaß“ Umgangskontakte eingefordert, die ihm nicht „zugestanden“ hätten, sei „penetrant und fanatisch“ aufgetreten, habe ein „krankhaftes“ Verhalten gezeigt, sie als „Geburtsmaschine missbraucht“ und beschuldigt ihn der versuchten Nötigung (Unterhalt gegen „freie Verfügbarkeit des Körpers“). Auch anderen Personen gegenüber wirft sie dem Kindesvater mindestens sozial inadäquates Verhalten vor, indem die behauptet, der Kindesvater habe verschiedene Personen eingeschüchtert, verklagt und/oder angezeigt. Anknüpfungstatsachen, um diesen Behauptungen nachgehen zu können, legt die Kindesmutter jedoch nicht dar.
Die Verfahrensbeiständin hat in diesem Zusammenhang in ihrem Bericht vom 09.02.2025 von einem „zerstörten Vertrauensverhältnis“ gesprochen, das Jugendamt hat darauf abgestellt, dass die Kindesmutter alles dazu nutze, um ihre eigene Position zu rechtfertigen und die Empfindung widerfahrenen Unrechts zu dokumentieren (Bericht vom 30.04.2025). Beide Aspekte haben sich für den Senat im Rahmen der Anhörung bestätigt.
Vor dem Hintergrund dieser Einstellung insbesondere der Kindesmutter ist für den Senat – wie für die Fachbeteiligten – nicht ersichtlich, dass und wie eine Zusammenarbeit der Kindeseltern auf Augenhöhe gelingen soll.
bb. Darüber hinaus fehlt weiter jede Basis für eine halbwegs gelingende Kommunikation. Der Senat schließt sich insoweit zunächst den Einschätzungen der Fachbeteiligten (Bericht der Verfahrensbeiständin vom 09.02.2024, Bericht des Jugendamtes vom 30.04.2025) und den Ausführungen im Termin im hiesigen Verfahren an. Die fehlende Kommunikationsbasis ergibt sich weiter unproblematisch aus dem Inhalt der Verfahrensakte und dem Ergebnis der Anhörung der Kindeseltern. Die Kindesmutter möchte keinesfalls persönlich mit dem Kindesvater zusammentreffen und über die sorgerechtlichen Belange sprechen, sondern nur schriftlich kommunizieren. Sie selbst hebt die mangelnde Einigungsfähigkeit der Kindeseltern hervor, gibt hierfür jedoch alleine dem Kindesvater die Schuld. Auch hat sie selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht erklärt, dass die Kommunikation mit dem Kindesvater gestört sei. Er manipuliere sie, provoziere sie, insbesondere auch über WhatsApp. Auch schriftlicher Kontakt funktioniere nicht nach der Ansicht der Kindesmutter. Hierzu führt sie aus, „Absprachen per E-Mail oder kurze Telefonate stellen bei Themen die nicht verhandelbar für einen sind eine unüberbrückbare Differenz / unüberwindbaren Konflikt / Problematik dar, durch die der Kindsvater pathologisch Verwirrung herbeiführt. So schreibt er beispielsweise per WhatsApp, gibt er sich mit einer Antwort der Kindesmutter nicht zufrieden, beginnt eine Auseinandersetzung, provoziert“. Daraus ergibt sich für den Senat deutlich, dass die Kommunikation der Kindeseltern in allen Bereichen gestört ist, egal, ob in einem persönlichen Gespräch oder per Fernkommunikationsmitteln. Die Kindesmutter selber hat darauf verwiesen, dass der Kindesvater einen Erziehungsstil pflege, der ihrem Erziehungsstil entgegenstehe. Soweit die Kindeseltern in den letzten Jahren versucht haben, eine Einigung bzgl. von Belangen von M. herbeizuführen, ist dies misslungen, z.B. im Hinblick auf eine psychotherapeutische Anbindung des Jungen. Zudem hat die Kindesmutter in der Vergangenheit versucht, sorgerechtliche Angelegenheiten – wie den Arztbesuch im Frühsommer 2024 – ohne Kenntnis des Kindesvaters zu erledigen, weil sie der Meinung war, M. sei nicht ausreichend mit Medikamenten versorgt und der Kindesvater habe hier nur spärlich die Kindesmutter mit Informationen versorgt. Selbst eine Kommunikation über Dritte gelingt nicht, wie der umfangreich durch die Kindesmutter eingereichte E-Mail-Schriftverkehr zeigt, da alle Nachrichten von Misstrauen und dem Vorwurf möglichen Fehlverhaltens geprägt sind. In der Anhörung hat sich dieses Bild fortgesetzt. Während der Kindesvater erklärt hat, er hoffe, dass durch eine Sorgerechtsübertragung auf ihn „Ruhe“ einkehre und eine Grundlage für eine bessere Kommunikation geschaffen werden könne, da er die Kindesmutter grundsätzlich für erziehungsgeeignet halte, hat die Kindesmutter nichts benennen können, was für die Erziehungskompetenz des Kindesvaters spreche. Wiederholt ist sie darauf gekommen, dass sie fair behandelt und in Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden müsse, ohne dass sie benennen konnte, wie eine Kommunikation gelingen sollte.
Vor diesem Hintergrund steht für den Senat in Übereinstimmung mit den Fachbeteiligten fest, dass bei den Kindeseltern weder eine tragfähige soziale Beziehung, noch ein Mindestmaß an lösungsorientierter Kommunikation vorhanden ist, um zum Wohle von M. Erziehungsfragen zu lösen. Gerade bei erheblich divergierenden Erziehungszielen getrennt lebender Eltern ist beides unabdingbar, hier jedoch für keinen sorgerechtsrelevanten Bereich mehr vorhanden.
cc. Schließlich ist das Wohl von M. schon seit Längerem deutlich negativ beeinträchtigt. M. ist hierdurch bereits erheblich gekennzeichnet, wie sich beispielhaft aus dem Bericht der Universitätsklinik H. vom 18.02.2022 und dem Abschlussbericht des L.s G. vom 24.08.2022 ergibt, nach dem das seelische Wohl des Jungen durch die strittige Elternebene geschädigt wird und prognostisch bei unveränderter Haltung der Kindeseltern von einer Maximierung der Schädigung des Kindes auszugehen sei. Auch der Kindergarten berichtete bereits im Februar 2022 davon, dass der Junge unter dem Verhältnis zwischen den Eltern leide. In der weiteren Entwicklung seit 2022 hat sich das Verhältnis zwischen den Kindeseltern nicht verbessert. Dies zeigt eindrucksvoll die Diktion in den Schriftsätzen des Beschwerdeverfahrens. M. ist weiter durch die Konflikte belastet, was er gegenüber der Sachverständigen T.-X. auch zum Ausdruck gebracht hat. Diese kommt nachvollziehbar zu der Feststellung, dass die Unruhe von M. durch die familiäre Problematik bzw. seine diesbezügliche emotionale Belastung verstärkt werde. Im Rahmen der Anhörung durch den Senat hat sich diese Belastung von M. zwar nicht gezeigt. Auffällig war jedoch, wie deutlich M. im Rahmen seiner Anhörung herausgearbeitet hat, dass es zwischen seinen Eltern „fair“ zugehen müsse und dass er, damit es „fair“ sei, gleichermaßen viel Zeit bei beiden sein wolle. Auffällig war auch, wie lange M. gebraucht hat, bis er seine Wünsche einordnen konnte und dass diese in der Wichtigkeit unterhalb der Wünsche seiner Eltern lagen.
Die Aufhebung der gesamten gemeinsamen elterlichen Sorge ist damit für den Senat alternativlos und entspricht den Anträgen der Fachbeteiligten. Sowohl die Verfahrensbeiständin als auch die Mitarbeiterin des Jugendamtes wie auch die erstinstanzlich persönlich angehörte Sachverständige haben sich hierfür ausgesprochen.
b. Weiter war die elterliche Sorge auf den Kindesvater zu übertragen. Der Kindesvater ist uneingeschränkt erziehungsfähig (hierzu unter aa), während bei der Kindesmutter erhebliche Einschränkungen in der Erziehungsfähigkeit bestehen (hierzu unter bb). Auch die weiteren relevanten Kriterien (hierzu cc bis ee) sprechen entweder für den Kindesvater oder aber zumindest nicht gegen diesen.
aa. Die Erziehungsfähigkeit des Kindesvaters folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gutachten der Sachverständigen T.-X., den Einschätzungen der Fachbeteiligten, der persönlichen Anhörung des Kindesvaters sowie der persönlichen Anhörung des Kindes.
Nach dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten ist der Kindesvater gut in der Lage, die Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und zu beantworten, Einschränkungen in der Erziehungsfähigkeit seien nicht ersichtlich. Insbesondere gehe von ihm kein Schadensrisiko aus; bei der Begutachtung hat sich kein einziger Anhaltspunkt für Gewalt ergeben. Er verfüge sowohl über erzieherische Basiskompetenzen (Alltagsorganisation, Versorgung und Betreuung), als auch über Förderkompetenz, Feinfühligkeit, Problemeinsicht und Hilfeakzeptanz. Letzteres könne u.a. an der zuverlässigen Mitwirkung am Begleiteten Umgang und an der Einzelfallhilfe festgemacht werden. Weiter könne er das Kind lenken und erzieherische Grenzen setzen, wenn er es für notwendig hält. In Bezug auf die Mutter sei er bindungstolerant und zwar sowohl auf der Einstellungsebene als auch auf der konkreten Verhaltensebene (siehe Sicherstellung der Umgangskontakte). Auch sei er fähig und bereit zur Elternkooperation (siehe Bereitschaft zu einem gemeinsamen Gespräch mit der Mutter im Rahmen der Begutachtung zwecks Einigung).
Die Verfahrensbeiständin wie das Jugendamt haben im Laufe des mittlerweile viele Jahre dauernden Verfahrens und den zahlreichen anderen Verfahren zu keinem Zeitpunkt Einschränkungen seiner Erziehungsfähigkeit wahrgenommen. Schon im Jahr 2022 hat die Verfahrensbeiständin im Verfahren 39 F 185/22 den Aufenthalt des Kindes im Haushalt des Kindesvaters befürwortet; das Kind fühle sich dort wohl, habe ein schönes Zimmer und M. habe eine positive Bindung zum Kindesvater. Dieser Eindruck der Verfahrensbeiständin hat sich fortgesetzt, wie sich z.B. aus dem Bericht vom 10.06.2024 im Verfahren 39 F 116/24 ergibt. Hier hat sie erneut erläutert, dass M. gut beim Kindesvater aufgehoben sei, beide Elternteile ihn aus dem Elternkonflikt heraushalten würden und er eine gute Bindung zu beiden habe. Das Jugendamt hat zu keinem Zeitpunkt von einer mangelnden Kooperation, Anzeichen für mangelnde Erziehungsfähigkeit, mangelnder Förderungskompetenz oder mangelnder Bindungstoleranz des Kindesvaters berichtet. Der Kindesvater kann demnach nicht nur die Grundbedürfnisse von M. stillen, sondern ist darüber hinaus auch zu einer feinfühligen Betreuung und Förderung in der Lage. M. fühlt sich im Haushalt des Kindesvaters wohl und geborgen, und ist entgegen der Behauptungen der Kindesmutter – mit Ausnahme der seit Jahren beschriebenen Unruhe – auch nicht verhaltensauffällig und altersgerecht entwickelt.
Die seit Jahren von der Kindesmutter geäußerten Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs durch den Kindesvater und die Vorwürfe der Manipulation des ganzen Systems stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Alle Untersuchungen des Jungen haben nicht dazu geführt, dass der Verdacht des sexuellen Missbrauchs erhärtet werden konnte, obwohl der Junge körperlich und psychisch im L. untersucht worden ist. Auch die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wurden mangels ausreichenden Tatverdachts eingestellt. Es fehlt mithin schon der Anfangsverdacht, dass der Kindesvater das Kind sexuell missbraucht haben könnte. Beispielhaft soll auf den Abschlussbericht des L.s verwiesen werden, in dem es heißt, es hätten sich bei der Interaktionssitzung keine Hinweise auf sexualisierte Verhaltensweisen ergeben und der Junge habe von sich aus wiederholt den Körperkontakt zum Kindesvater gesucht. Alle Fachbeteiligten sind sich vielmehr darüber einig, dass der Junge durch den ganz erheblichen Elternkonflikt belastet ist. Auch im weiteren zeitlichen Verlauf seit 2022 haben sich keine Anhaltspunkte für ein schädliches Verhalten des Kindesvaters gegenüber M. ergeben. Die Sachverständige T.-X. hat detailliert und nachvollziehbar beschrieben, dass die Wohnverhältnisse beim Kindesvater kindgerecht sind, die Atmosphäre in der Familie entspannt ist und die Vater-Kind-Interaktion vertraut und liebevoll. Dies hat sich bei mehreren Gelegenheiten gezeigt. Der Kindesvater sei zugewandt, fürsorglich und empathisch. Ebenso wenig wie durch die Sachverständige wurden durch das Jugendamt Gefährdungsaspekte durch den Kindesvater festgestellt, wobei hier seit zweieinhalb Jahren eine Einzelfallhilfe installiert ist, sodass die Entwicklung oder eventuelle Auffälligkeiten in der Entwicklung von M. und dessen Gesamtzustand fortlaufend beobachtet werden konnten.
Auch die ablehnende Haltung des Kindesvaters zu einer therapeutischen Anbindung von M. führt nicht zu einer Einschränkung seiner Erziehungseignung. Hier ist schon der Abschlussbericht des L.s zu beachten, nach der ein Therapiebedarf des Jungen nicht besteht. Soweit die Kindesmutter insoweit eingewendet hat, dass andere Fachbeteiligten einen Therapiebedarf bei dem Jungen festgestellt haben, ist dies zwar richtig. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die unterschiedlichen Ansichten der Fachbeteiligten zumindest deutlich machen, dass eine zögerliche Haltung des Kindesvaters eine vertretbare Ansicht ist, die damit für sich genommen keine Kindeswohlgefährdung darstellt. Gleiches gilt für die Anschuldigungen der Kindesmutter in Bezug auf die weitere gesundheitliche Versorgung des Kindes durch den Kindesvater. Weder im Rahmen der sachverständigen Begutachtung, noch in der Schule, noch beim Jugendamt liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kindesvater die Gesundheit von M. vernachlässigt.
Der Kindesvater ist zur Überzeugung des Gerichts trotz des Verfahrens ausgesprochen bindungstolerant. Erstinstanzlich wie auch in der Anhörung vor dem Senat hat er betont, er wünsche sich eine gute und enge Bindung von M. an die Kindesmutter und hoffe, dass, wenn nach einer Entscheidung zum Sorgerecht einmal Ruhe einkehre, die Umgänge zur Kindesmutter ausgeweitet werden könnten. Sowohl das Jugendamt als auch die Verfahrensbeiständin haben diesen Eindruck des Senats bestätigt.
Die dem Gericht bereits erstinstanzlich am 09.12.2025 übersandten „Beweisunterlagen“ in einem Umfang von 170 Seiten sind unter anderem Schriftstücke des Jugendamtes, nebst Stellungnahmen der Kindesmutter hierzu, sowie Berichte von dritten Stellen, die auf Angaben der Kindesmutter beruhen, oder Zusammenfassungen der Kindesmutter, die ihre Sichtweise wiedergeben. Ein „Beweis“ für eine Gefährdung von M. im Haushalt des Kindesvaters lässt sich aus diesen Unterlagen nicht ableiten. Im Gegenteil belegt die Zusammenstellung dieser Unterlagen und die Tatsache, dass die Kindesmutter diese Unterlagen als Beweis erachtet, dass die Kindesmutter die Realität verkennt und weiter fest in ihrer Ansicht verhaftet ist, der Kindesvater schade dem Kind und ihr selbst geschehe großes Unrecht.
bb. Demgegenüber ist die Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter erheblich eingeschränkt, wie sich aus den Einschätzungen der Fachbeteiligten und der Sachverständigen ergibt und denen sich der Senat anschließt. Sie verfügt zwar über erzieherische Kompetenzen, wie die Alltagsorganisation und Betreuung, und auch ihre Förderkompetenz ist nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen nicht anzuzweifeln. Die erheblichen Einschränkungen resultieren im Hinblick auf ihre Bindungstoleranz und ihre Bereitschaft und Fähigkeit zur Elternkooperation, ihre Empathie für das Kind und ihre Bereitschaft und Fähigkeit, die Bedürfnisse von M. zu priorisieren, aber auch im Hinblick auf ihre Problemeinsicht und Hilfeakzeptanz. Die Kindesmutter vermag nicht zu erkennen, dass M. an den Kindesvater sicher gebunden ist, dieser eine wichtige Bezugsperson in seinem Leben darstellt, und es ihm schadet, wenn die Kindesmutter M. das Bild von einem für ihn gefährlichen Vater vermittelt, obwohl dies mit seinem Empfinden und der tatsächlichen Lebenswirklichkeit von M. nicht in Einklang steht.
Die Kindesmutter kann, insoweit sind sich alle Fachbeteiligten einig und dies ergibt sich auch aus den zahlreichen Verfahrensakten, nicht akzeptieren, dass der Kindesvater den Jungen nicht sexuell missbraucht haben könnte und ihm auch sonst keinen Schaden zufügt. Bis heute untersucht die Kindesmutter bei ihren begleiteten Umgängen den Gesundheitszustand des Kindes und dessen Pflegezustand und bewertet diesen negativ. In der Vergangenheit hat sie selbst blaue Flecken fotografiert. Sie beharrt auf alten Gründen und findet immer wieder neue Gründe, warum ein Zusammensein des Jungen mit dem Kindesvater für das Kind schädlich ist. Selbst in der Anhörung vor dem Senat hat die Kindesmutter mehrmals und deutlich darauf hingewiesen, dass sich der Kindesvater nicht um die Gesundheit von M. und dessen Körperhygiene kümmere. Aus dieser Haltung der Kindesmutter gehen nach den Ausführungen der Sachverständigen konkrete Schadensrisiken für das Kind hervor, nämlich eine emotionale Belastung durch die Unterstellungen gegen den Vater, die Verursachung bzw. die Verstärkung eines Loyalitätskonflikts, die Beschädigung der emotionalen Vater-Kind-Beziehung bis hin zu ihrer Zerstörung. M. psychische Entwicklung wird durch das Festhalten der Kindesmutter an der Hypothese eines von dem Vater ausgehenden Schadens nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen auch dadurch geschädigt, dass er so behandelt wird, als hätte ein Missbrauch stattgefunden und dadurch unter Umständen ein Leben lang in der Opferrolle gefangen sein wird.
Der Senat folgt im Hinblick auf die Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen T.-X.. Die hiergegen von der Kindesmutter vorgebrachten Einwände vermögen nicht, den Aussagewert des Gutachtens zu schmälern, sondern reihen sich ein in die zunehmend umfassendere Vorstellung der Kindesmutter, sämtliche Gutachter, sowie Jugendamt, Gericht und Verfahrensbeistand würden – vom Kindesvater manipuliert – zu Unrecht zu dessen Gunsten handeln und urteilen:
Sie wirft nach wie vor allen Verfahrensbeteiligten und der Sachverständigen vor, den Sachverhalt falsch darzustellen und das Narrativ des Vaters als wahr zu unterstellen, ohne dass sich hierfür irgendwelche Gesichtspunkte in der Akte ergeben. Das ist im Rahmen der Sitzung des Senats am 06.05.2025 erneut ganz deutlich geworden. Hier hat sie ihre diesbezüglichen Anschuldigungen den Fachbeteiligten gegenüber wiederholt und auch dem Senat, obwohl dieser zur Einleitung in die Sitzung ausführlich den Sachverhalt dargestellt und die Kindesmutter hierzu auch nichts als falsch gerügt hatte, vorgeworfen, vorhandene Beweise und Tatsachen zu ignorieren und sie „unfair“ zu behandeln. Auch für ihre Behauptung, es seien „Beweise verschwunden“, hat die Kindesmutter nichts vorgetragen; es ergeben sich insoweit auch keinerlei Anhaltspunkte. Aus der Sicht des Senats ist vielmehr das Gegenteil der Fall. Nachdem die Kindesmutter erstmalig den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs erhoben hat, ist dem ausführlich nachgegangen und in alle Richtungen – sowohl strafrechtlich als auch kinderschutzrechtlich – ermittelt worden. Der Kindesvater hatte zeitweilig nur noch begleiteten Umgang. Das einstweilige Anordnungsverfahren (39 F 185/22) ist überhaupt erst eingeleitet worden, weil die Psychotherapeutin der Kindesmutter sich aufgrund einer Schweigepflichtentbindung der Kindesmutter beim L. gemeldet hatte, um mitzuteilen, dass sie sich zunehmend große Sorgen um das Kind ihrer Patientin machen würde, da es nach ihrer Einschätzung zu einer massiven Steigerung des „wahnhaften Erlebens“ der Kindesmutter bezüglich der bekannten Verdachtsmomente käme und sie befürchtet hat, dass M. zunehmend in eine bedrohliche Lage geraten könnte, insbesondere, da die Kindesmutter in diesem Zusammenhang benannt habe, dass „wohl erst was ganz Schlimmes passieren müsse, damit etwas geschieht“. Da sich entsprechend keinerlei Anzeichen für die Richtigkeit der von der Kindesmutter aufgestellten Behauptungen zu Lasten des Kindesvaters ergeben haben, sind auch die Strafverfahren eingestellt worden. Das im hiesigen Verfahren eingeholte familienpsychologische Gutachten ist zu dem Ergebnis gekommen, die Kindesmutter viktimisiere M., indem sie ihre Behauptungen immer wieder aufbringt, so dass die Gefahr bestehe, dass M. hierdurch sogar traumatisiert werden könne. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es psychologischem Allgemeinwissen entspricht, dass die Vermittlung solcher falschen Erinnerungen zu einem sog. „false-memory-syndrome“ und damit einer posttraumatischen Belastungsreaktion führen kann (vgl. hierzu MüKo/W., 2024, § 1666 Rn. 66 mwN). Auch der Umstand, dass das Amtsgericht dem Befangenheitsgesuch der Kindesmutter bzgl. der ersten durch das Gericht bestellten Gutachterin für begründet erklärt und ein weiteres Gutachten eingeholt hat, zeigt deutlich, dass die Darstellungen und Behauptungen der Kindesmutter ernst genommen werden und auf diese, sollten sie sich als richtig herausstellen, auch reagiert wird. Eine mangelnde „Fairness“ des Jugendamtes und der Verfahrensbeiständin konnte der Senat auch nicht in der Sitzung feststellen. Sowohl Jugendamt als auch die Verfahrensbeiständin haben die positiven Bereiche in der Erziehungskompetenz der Kindesmutter hervorgehoben und haben deutlich gemacht, dass sie die Bedeutung der Kindesmutter im Leben von M. sehen und auch erhalten wollen.
cc. M. hat eine sichere Bindung zu beiden Elternteilen, wobei die Bindung zu seinem Vater aufgrund des seit zweieinhalb Jahren dort bestehenden Lebensmittelpunktes derzeit etwas enger ausfällt als zu seiner Mutter. M. fühlt sich mit beiden Eltern liebevoll verbundenen. Gleichzeitig hat der Senat deutlich den Eindruck gewonnen, dass der Kindesvater erheblich besser als die Kindesmutter in der Lage ist, M. angemessene Betreuungszeiten durch die Kindesmutter zukommen zu lassen als andersherum, so dass ein Aufrechterhalten der Bindungen des Kindes zur Kindesmutter bei einer Übertragung des Sorgerechts auf den Kindesvater sicher angenommen werden kann, während bei einer Übertragung des Sorgerechts auf die Kindesmutter hier ganz erhebliche Bedenken bestehen. Soweit M. im Rahmen der Anhörung des Senats eine „faire“ Aufteilung des Umgangs gewünscht hat und damit gleichmäßige Betreuungszeiten, wird dies, sollte die Ausweitung des Umgangs in der Zukunft in Betracht kommen, perspektivisch dem Kindesvater besser möglich sein als der Kindesmutter. Denn anders als die Kindesmutter hat der Kindesvater noch zu keinem Zeitpunkt in den letzten Jahren versucht, die Bindungen von M. an den anderen Elternteil zu schwächen und sich sogar selbst im Termin vor dem Senat eine solche Ausweitung für M., wenn sich die Situation einmal beruhigt hat, gewünscht. Nur ergänzend sei erwähnt, dass die Frage, ob und wann eine Ausdehnung des Umgangs zugunsten der Kindesmutter in Betracht kommt, nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens ist, weil die Frage der Ausweitung der Betreuungszeiten durch die Kindesmutter aufgrund der geringen Distanz der Wohnorte keine Frage des Aufenthaltsbestimmungsrechts, sondern des Umgangsrechts ist. Die Beantwortung dieser Frage wird maßgeblich davon abhängig sein, ob und wie die Kindesmutter in der Zukunft ihre Überzeugungen aufgeben kann, der Kindesvater schade M..
dd. Der Aspekt der Kontinuität ist sowohl mit einem Lebensmittelpunkt bei der Kindesmutter als auch mit einem Lebensmittelpunkt bei dem Kindesvater vereinbar, da M. bis vor zweieinhalb Jahren im Haushalt der Kindesmutter aufgewachsen ist, und seitdem im Haushalt des Kindesvaters lebt. Die Wohnungen sind geographisch nah gelegen, sodass M. weder hier noch dort eine große Veränderung seines weiteren Lebensumfelds erleiden würde.
ee. M. Wille geht dahin, gleich viel Zeit bei beiden Elternteilen verbringen zu wollen. M. vermisst auch seine Mutter und möchte mehr Zeit mit ihr als im Moment und auch bei ihr zu Hause verbringen. Dies hat er gegenüber mehreren Verfahrensbeteiligten, der Sachverständigen T.-X. und auch in der persönlichen Anhörung durch den Senat zum Ausdruck gebracht. M. Wille ist nach der fachlichen Einschätzung der Sachverständigen zielorientiert, intensiv und stabil und insofern als autonom einzuordnen, als keine Anhaltspunkte für eine Beeinflussung seitens des Vaters als seiner derzeitigen Hauptbezugsperson vorliegen und seine Willensäußerungen mit seinen Bindungsqualitäten übereinstimmen. Die Tatsache, dass sich M. problemlos auf ein Vieraugengespräch mit der Sachverständigen einlassen konnte, spricht aus Sicht der Sachverständigen dafür, dass der Vater als derzeitiger Hauptbezugsperson ihm ein hohes Maß an Bindungssicherheit vermittelt und seine Zuneigungsbekundungen in Bezug auf die Mutter bei der Exploration und bei seiner gerichtlichen Anhörung sprechen gegen eine negative Beeinflussung seitens des Vaters. Der Umstand, dass M. gleichviel Zeit bei beiden Eltern verbringen möchte, ist im Ergebnis weder ein Indiz für die Übertragung des Sorgerechts auf den Kindesvater noch für die Übertragung des Sorgerechts auf die Kindesmutter. Vielmehr zeigt die wiederholte Betonung des Fairnessprinzps durch M., dass ihm eine gerechte Aufteilung zwischen den Eltern wichtig ist, da beide schlecht damit umgehen können, wenn er bei dem jeweils anderen ist. Hinzu kommt, dass es sich bei der Frage, wieviel Zeit M. bei welchem Elternteil verbringen möchte, nicht um eine Frage des Sorgerechts handelt, sondern um eine solche des Umgangs. Etwas Anderes würde nur dann gelten, wenn die räumliche Distanz zwischen den Elternhäusern so groß wäre, dass eine gleichmäßige Aufteilung der Betreuungszeiten praktisch nicht möglich ist.
ff. Bei einer Gesamtabwägung sämtlicher für das Kindeswohl relevanter Umstände sprechen die im Vergleich zur Kindesmutter bessere Erziehungsfähigkeit des Kindesvaters und die sichere Bindung M. zu diesem für eine Übertragung des gesamten Sorgerechts auf den Kindesvater statt, wie von der Kindesmutter beantragt, auf diese. Hierfür ist ausschlaggebend, dass die Kindesmutter an ihrer Überzeugung, der Kindesvater schädige M., festhält, und in ihrem Einflussbereich das Kind pathologisiert und viktimisiert würde. Soweit das Amtsgericht der Ansicht war, die gute Bindung von M. an beide Eltern spreche gegen eine vollständige Übertragung des Sorgerechts auf den Kindesvater, kann der Senat dem nicht folgen. Denn die gute Bindung des Jungen an beide Kindeseltern hängt, da die bindungsrelevante Phase bei M. abgeschlossen ist, nicht an der Frage, wer die rechtliche Entscheidungskompetenz für M. besitzt, sondern, wie gut die Kindeseltern Bindungen des Kindes an den jeweils anderen Elternteil zulassen können. Hier zeigt sich bei der Kindesmutter eine deutliche Einschränkung, wie der Senat bereits ausgeführt hat. Prognostisch wird der Loyalitätskonflikt bei einer Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach den Ausführungen der Sachverständigen dazu führen, dass er sich von einem Elternteil abwendet, wohingegen der nun alleinsorgeberechtigte Vater prognostisch eher dazu in der Lage ist, die Beziehung von M. zu seiner Mutter aufrecht zu erhalten. Vor diesem Hintergrund steht das alleinige Sorgerecht des Kindesvaters dem derzeitigen Willen von M. nach einer paritätischen Betreuung nicht entgegen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 84, 81 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf §§ 40 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
OLG Köln, Beschluss vom 08.05.2025
14 UF 14/25