OLG Bamberg:  Bestimmung des Geburtsnamens eines Kindes

OLG Bamberg: Bestimmung des Geburtsnamens eines Kindes

1. Die Beschwerde der Kindsmutter gegen den Teilbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bayreuth vom 30.01.2024, Az. 001 F 1232/23 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

5. Der Antrag der Kindsmutter auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegenstand der Beschwerde ist die Benennung des Geburtsnamens des am …2023 geborenen männlichen Kindes.

1. Die beiden im Jahr … geborenen Eltern führten seit dem Frühjahr 2022 eine Beziehung. Ende August 2023 zog die Kindsmutter in die Wohnung des Kindsvaters, verließ sie jedoch bereits zehn Tage nach der Geburt des Kindes wieder und lebt seitdem mit dem Kind im Haushalt ihrer Eltern. Die elterliche Sorge steht den Kindseltern aufgrund einer am …2023 abgegebenen Sorgeerklärung (Anlage 2 zum Schriftsatz v. 30.11.2023) gemeinsam zu.

Während zwischen den Kindseltern über den Vornamen des Kindes im Grundsatz Einigkeit besteht, konnten sie über den Geburtsnamen kein Einverständnis erzielen. Am 07.11.2023 erfolgte eine Mitteilung über die ausstehende Bestimmung des Geburtsnamens gemäß § 168g Abs. 2 FamFG durch das Standesamt B. an das zuständige Amtsgericht. Im daraufhin von Amts wegen eingeleiteten Verfahren gemäß § 1617 Abs. 2 BGB konnte ein Einvernehmen zwischen den Kindseltern weiterhin nicht erzielt werden.

Die Kindsmutter beantragte mit Schriftsatz vom 30.11.2023, ihr die alleinige elterliche Sorge für das Kind einschließlich des Rechts zur Namensbestimmung zu übertragen. Es bestehe ein auf Fehlverhalten des Kindsvaters zurückgehendes tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den Eltern. Das Kind habe seinen zukünftigen Aufenthalt bei der Kindsmutter, so dass es dem Kindeswohl entspreche, wenn es auch deren Familiennamen „M“ trage. Zwar habe es in ihrer Familie Bestrebungen gegeben, ihren eigenen Familiennamen zu ändern, dies sei aber rechtlich nicht mehr möglich gewesen.

Der Kindsvater beantragte mit Schriftsatz vom 13.12.2023 seinerseits, ihm die alleinige elterliche Sorge für das Kind einschließlich des Rechts zur Namensbestimmung zu übertragen. Zwischen den Kindseltern habe bis zur Trennung Einigkeit bestanden, dass das Kind seinen Familiennamen „V“ trage. Der Streit zwischen den Kindseltern sei in erster Linie von den Eltern der Kindsmutter herbeigeführt worden.

2. Das Amtsgericht hat die Beteiligten im Termin vom 29.01.2024 angehört. Dem gerichtlichen Vorschlag eines Losverfahrens zur Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes hat nur der Kindsvater zugestimmt.

Mit Teilbeschluss vom 30.01.2024 hat das Amtsgericht sodann das Bestimmungsrecht über den Nachnamen für das am …2023 geborene Kind dem Kindsvater übertragen und diesem eine Frist zur Ausübung des Rechts gegenüber dem Standesamt bis zum 01.03.2024 gesetzt. Zur Begründung hat es in prozessualer Hinsicht ausgeführt, dass über das Namensbestimmungsrecht als abgrenzbarem und von Amts wegen zu entscheidendem Teilbereich der elterlichen Sorge aufgrund Eilbedürftigkeit vorab zu entscheiden gewesen sei. Materiell seien nur auf die Namensgebung bezogene Kindeswohlbelange zu berücksichtigen, so dass elternbezogene Kriterien wie Kontinuität und Bindungen nicht maßgeblich wären. Nachdem ein Losverfahren nicht gewünscht worden sei, orientiere sich die Entscheidung am Alphabet, bei dem der Anfangsbuchstabe des Vornamens des Vaters als erster erscheine. Zudem bestünden bei der Schreibweise des Nachnamens der Mutter „M“ größere Unklarheiten als beim Familiennamen des Vaters, was das Kind zukünftig entlaste. Möglich erscheine es ferner, dass die Wahl des Namens des Vaters diesen eher zu Betreuungs- und Unterhaltsleistungen zugunsten des Kindes motivieren könne.

3. Gegen diese ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 31.01.2024 zugestellte Entscheidung wendet sich die Kindsmutter mit ihrer am 27.02.2024 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Sie beantragt, ihr unter Aufhebung des Teilbeschlusses vom 30.01.2024 das Bestimmungsrecht über den Nachnamen für das am ….2023 geborene Kind zu übertragen. Kindeswohlbezogene Belange seien bei der Bestimmung der Namensgebung zu berücksichtigen, wie vorliegend die Stärkung des Gefühls der Familienzusammengehörigkeit, nachdem das Kind zukünftig bei der Kindsmutter leben werde. Die vom Amtsgericht angeführten Erwägungen bis hin zu Alphabet und Losentscheid seien willkürlich und nicht nachvollziehbar.

Mit Verfügung vom 04.03.2024 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass aufgrund des Ablaufs der bis zum 01.03.2024 eingeräumten Frist zur Rechtsausübung Erledigung eingetreten sein könnte. Der Kindsvater hat hierzu erklärt, dass aufgrund der fristgerechten Ausübung Erledigung eingetreten sei. Die Kindsmutter hat eingewendet, dass das zuständige Standesamt die Beschwerdeentscheidung abwarte und sich die Sache somit mangels abgeschlossener Namensgebung noch nicht erledigt habe. Auf telefonische Nachfrage des Senats hat das Standesamt B. am 12.03.2024 mitgeteilt, dass der Kindsvater persönlich vor dem Standesamt am 21.02.2024 den Geburtsnamen des Kindes mit „V“ bestimmt hat.

II.

Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde der Kindsmutter ist in Ermangelung eines Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig, da sich die Hauptsache aufgrund der gegenüber dem Standesamt erfolgten Erklärung des Kindsvaters zur Namensgebung erledigt hat.

1. Der Teilbeschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Bayreuth vom 30.01.2024 wurde gemäß § 40 Abs. 1 FamFG mit dessen Bekanntgabe wirksam (Staudinger-Lugani, BGB, Stand 2020, § 1617, Rn. 75). Die Übertragung der Ausübung des Namensbestimmungsrechts gemäß § 1617 Abs. 2 BGB betrifft kein Rechtsgeschäft im Sinne von § 40 Abs. 2, 3 FamFG, bei dem die Wirksamkeit der gerichtlichen Genehmigung erst mit Rechtskraft der Entscheidung eintritt. Es bestand somit eine wirksame Ermächtigung des Kindsvaters zur Ausübung des Bestimmungsrechts für den Geburtsnamen des Kindes.

2. Auf die Namenserklärung sind grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften über die Willenserklärungen gemäß §§ 104 ff. BGB anwendbar. Als amtsempfangsbedürftige Willenserklärung wird sie gemäß § 130 Abs. 1, 3 BGB erst mit Zugang beim Standesbeamten wirksam (vgl. BGH, Beschluss v. 20.07.2016, Az. XII ZB 489/15; BayObLG, Beschluss v. 19.02.2004, Az. 1Z BR 100/03; MüKo/BGB-v. Sachsen Gessaphe, 9. Aufl., § 1617 Rn. 23 m.w.N.). Die Eintragung im Geburtenregister nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PStG ist hingegen nur deklaratorisch. Für die Wirksamkeit der Erteilung des Geburtsnamens kommt ihr keine Bedeutung zu (OLG Hamm, Beschluss v. 14.09.2004, Az. 15 W 22/04). Die Ausübung des Bestimmungsrechts hat demnach dieselbe Wirkung wie eine gemeinsame Bestimmung nach § 1617 Abs. 1 BGB. Der Geburtsname des Kindes ist mit Zugang der Erklärung beim zuständigen Standesamt festgelegt (Staudinger-Lugani, a.a.O., § 1617, Rn. 77).

3. Vorliegend hat der Kindsvater am 21.02.2024 gegenüber dem Standesamt B. persönlich den Geburtsnamen des Kindes mit „V“ bestimmt. Er war zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Bayreuth vom 30.01.2024 zur alleinigen Ausübung des Namensbestimmungsrechts ermächtigt. Die Bestimmung erfolgte auch formgerecht, nachdem § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PStG die mündliche oder schriftliche Namensanzeige gegenüber dem Standesamt vorsieht. Das Kind trägt somit seit dem 21.02.2024 den Nachnamen des Kindsvaters als Geburtsnamen.

Es kann daher dahinstehen, dass im Fall des fruchtlosen Ablaufs der zur Namensbestimmung gemäß § 1617 Abs. 2 Satz 3 BGB gesetzten Frist das Kind auch gesetzlich ab dem 02.03.2024 den Nachnamen des bestimmungsberechtigten Kindsvaters erhalten hätte. Für eine nachträgliche Namensbestimmung durch die Eltern gem. § 1617 BGB wäre auch in diesem Fall ebenso wie für Gestaltungsmöglichkeiten in einem gerichtlichen (Beschwerde-)Verfahren kein Raum mehr gewesen (vgl. OLG Hamm, Beschluss v. 17.07.2003, Az. 15 W 459/02; Staudinger-Lugani, a.a.O., § 1617, Rn. 85). Es ist verfahrensrechtlich hinzunehmen, dass mit der wirksamen Geltendmachung des Namensbestimmungsrechts durch den Berechtigten bzw. durch den Fristablauf nach § 1617 Abs. 2 Satz 4 BGB die Möglichkeiten der Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung aufgrund der regelmäßig drohenden Erledigung der Hauptsache vorbehaltlich der Möglichkeit des § 64 Abs. 3 FamFG eingeschränkt sind. Inhaltlich findet dies seine Begründung zudem in dem Interesse an einer Bestimmung des Namens des Kindes zeitnah zu seiner Geburt, welches in der kurzen gesetzlichen Frist des § 1617 Abs. 2 Satz 1 BGB gesetzgeberischen Ausdruck gefunden hat.

4. Aus der wirksam erfolgten Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes folgt die Erledigung der Hauptsache (Staudinger-Lugani, a.a.O., § 1617 Rn. 62) und damit das Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses der Beschwerdeführerin, so dass das Rechtsmittel unzulässig ist (vgl. BGH, Beschluss v. 19.10.2022, Az. XII ZB 493/21; Beschluss v.10.07.2019, Az. XII ZB 579/17). Die Voraussetzungen des § 62 FamFG liegen bereits aufgrund des Fehlens eines entsprechenden Antrags der Beschwerdeführerin nicht vor.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Nach Zurückweisung der Beschwerde entspricht es billigem Ermessen, der Beschwerdeführerin gemäß allgemeinen Grundsätzen die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

2. Die Festsetzung des Verfahrenswerts folgt aus §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG. Das Verfahren betrifft mit dem Namensbestimmungsrecht einen zu übertragenden Teilbereich der elterlichen Sorge.

3. Da die Sache weder eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern, ist die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG).

4. Der Ausspruch zur Verfahrenskostenhilfe beruht auf §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Beschwerde kam von vornherein keine Erfolgsaussicht zu, nachdem bereits vor deren Einlegung vom 27.02.2024 aufgrund der am 21.02.2024 wirksamen erfolgten Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes Erledigung eingetreten ist.

OLG Bamberg, Beschluss vom 11.03.2024
2 UF 44/24 e

Schreibe einen Kommentar