AG Berlin: Kein ehebedingter Nachteil wenn Unterhaltsberechtigter weniger verdient

  1. In Abänderung des gerichtlichen Vergleichs vom 2003 – – wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte anstelle einer nachehelicher Unterhaltsverpflichtung von monatlich 2.700,00 EUR mit Wirkung vom 1.1.2008 einen Elementarunterhalt von 565,00 EUR sowie einen Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von 127,05 EUR bis zum 31.12.2008 zu zahlen.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
  3. Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am.1961 geborene Kläger und die am.1962 geborene Beklagte hatten am die Ehe geschlossen, aus der zwei am1988 und am1989 geborene Kinder hervorgegangen sind. Nachdem sich die Parteien im März 2000 auf Dauer voneinander getrennt hatten, wurde ihre Ehe auf den im März 2001 zugestellten Scheidungsantrag durch Verbundurteil vom.2003 geschieden.

Der Scheidungsausspruch ist seit diesem Tage rechtskräftig.

Über den nachehelichen Unterhalt hatten die Parteien folgenden Vergleich geschlossen:

Der Antragsteller zahlt an die Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 2.700,00 EUR unter Einschluss des Vorsorgeunterhalts für Alter und Krankheit.

Beide Parteien können erstmals mit Wirkung ab 1. Januar 2007 eine Änderung der Unterhaltsvereinbarung verlangen, sofern sich unter Anwendung der dann geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine andere Unterhaltsverpflichtung ergibt. Eine Bindung an diesen Vergleich besteht dabei nicht.

Dem Antragsgegner bleibt jedoch vorbehalten, nur in dem Fall eine Abänderung dieses Vergleiches zu beantragen, sofern er vor dem 1. Januar 2007 krankheitsbedingt berufsunfähig werden oder unverschuldet seine Berufsanstellung verlieren und mindestens drei Monate arbeitslos sein sollte.

Bei einer Abänderung bis zum 31.12.2006 gelten für den Unterhalt die gesetzlichen Bestimmungen, allerdings ist eigenes Einkommen der Antragsgegnerin nicht zu berücksichtigen.

Am.2003 hat der Kläger erneut geheiratet. Er ist Vater zweier weiterer Kinder, geboren am.2002 und.2005. Das Kindergeld in Höhe von jeweils 154,00 EUR erhält die Ehefrau des Klägers. Sie ist berufstätig; sie arbeitet einmal in der Woche mit einem Durchschnittsverdienst von 800,00 EUR bis 900,00 EUR. Als die Parteien sich 1987 kennen gelernt hatten, absolvierte der Kläger seine Facharztausbildung im Krankenhaus und die Beklagte leistete dort das praktische Jahr ihrer Ausbildung als Physiotherapeutin ab. Im Frühjahr 1988, mithin kurz nach der Hochzeit, schloss sie ihre Ausbildung ab.

Der Kläger begehrt den Wegfall der titulierten nachehelichen Unterhaltsverpflichtung mit Wirkung vom 1.1.2008.

Er behauptet, die Beklagte habe keine ehebedingten Nachteile erlitten. Sie habe während der Ehe in ihrem erlernten Beruf als Physiotherapeutin gearbeitet und mache das auch nach Rechtskraft der Scheidung. Aufgrund ihrer Ausbildung sei sie in der Lage, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Mehrere von ihm finanzierte Ausbildungen habe sie angefangen, die sie aber grundlos und ohne weitere Absprache mit ihm wieder abgebrochen habe. Hierbei handele es sich um eine Cyriaxausbildung im Jahr 1987 und um eine Weiterbildung im Fach manuelle Therapie im Jahr 1988. Diese Fortbildungen hätten es ihr ermöglicht, besser dotierte Leistungen gegenüber den Krankenkassen abzurechnen. Die Beklagte habe stets als Physiotherapeutin von 1992 – 1995 in Berlin gearbeitet, allerdings nicht in Vollzeit. Als die Parteien nach G. (bei Bremen) verzogen seien, habe die Beklagte in der Praxis von Herrn S. gearbeitet, der nach einem Umzug nach Berlin sie hier weiter beschäftigt habe. Eine Notwendigkeit im Jahr 2000 nach Berlin zu ziehen, habe überhaupt nicht bestanden. Wäre sie in G. geblieben, hätte sie den Kindern die Umschulung erspart und sie hätte weiterhin volltags ihrer Beschäftigung nachgehen können, wozu er sie auch stets aufgefordert habe. Dies sei in Gesprächen zu zweit als auch in Gesprächen mit Freunden erfolgt. Er habe immer eine Ehefrau gewollt, die – wie er – ebenfalls vollschichtig erwerbstätig sei. Sie hätten einmal pro Woche über eine Zugehfrau verfügt. Im Übrigen habe sie – die Beklagte – stets darauf bestanden, dass auch er sich um die Kinder kümmere und sich am Haushalt beteilige, wenn er abends aus der Klinik gekommen sei. Das während der Ehe aufgenommene Studium der Medizin habe sie bereits nach drei Semestern wieder abgebrochen, weil sie hierzu keine Ambition gehabt habe. Sie habe keinen einzigen Schein gemacht. Das Studium habe sie nicht wegen des 2. Sohnes, der behindert zur Welt gekommen sei, abgebrochen. Seine Erkrankung sei erst ein halbes Jahr nach der Geburt diagnostiziert worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sie ihr Studium schon nicht mehr weiter verfolgt. Wenn die Beklagte der Ansicht sei, sie könne im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ein monatliches Einkommen von 2.700,00 EUR erzielen, müsse sie sich fragen lassen, weshalb sie das nicht bereits getan habe. Einerseits habe er sie stets aufgefordert, erwerbstätig zu sein, so dass er sie auch in Bezug auf ihre Selbständigkeit unterstützt hätte. Andererseits habe sie im Rahmen der ehelichen Auseinandersetzungen einen Betrag in Höhe von 100.000,00 DM aus dem Verkauf des gemeinsamen Hauses erhalten.

Aufgrund der abhängigen Tätigkeit könne sie monatlich mindestens 1.643,01 EUR verdienen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 3.4.2008 Bezug genommen. Der Beklagten stehe ab dem 1.1.2008 kein nachehelicher Differenzunterhalt mehr zu. Die Parteien lebten seit März 2000 von einander getrennt. Die Ehedauer rechtfertige keine lebenslange Unterhaltsverpflichtung .Die Kinder seien selbständig und bedürften keiner Betreuung mehr. Die Beklagte sei jetzt 45 Jahre alt, mithin mindestens noch 20 Jahre vom Renteneintrittsalter entfernt und daher in der Lage, für ihr eigenes Einkommen aufzukommen. Ein besonderer Vertrauensschutz, der die Weitergewährung ihres Unterhalts begründen soll, bestehe nicht. Das ergebe sich bereits aus dem Inhalt des Vergleichs. Dort sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die Parteien mit Wirkung von Januar 2007 an eine Änderung verlangen könnten. Er habe auch noch für das Gesamtjahr 2007 nachehelichen Unterhalt und auch den Kindesunterhalt von insgesamt 950,00 EUR gezahlt, obwohl die Beklagte sich hieran wegen der Volljährigkeit dieser Kinder hätte beteiligen müssen. Unzutreffend sei, dass die Erkrankung von M. einen höheren Betreuungsaufwand erfordert habe. Er leide lediglich unter einer armbetonten spastischen Hemiparese, was mit “inkompletter Kraftminderung” übersetzt werden könne. Aufgrund dieser Beschwerden habe er einen BVG-Freifahrschein und benutze seit Jahren regelmäßig und alleine öffentliche Verkehrsmittel. Er besuche die 12. Klasse des Gymnasiums, spiele im Verein Tischtennis und bestreite regelmäßig Wettkämpfe. Die Erkrankung von M. hindere sie nicht, vollschichtig arbeiten zu können.

Er sei mittlerweile wieder verheiratet und sei Vater zweier weiterer Kinder.

Er meint, dass der Beklagten aufgrund des UÄndG kein Unterhalt mehr zustehe. Wegen des Grundsatzes der Eigenverantwortung gebe es keine dauerhafte Lebensstandardgarantie mehr. Er hätte schon mit Wirkung vom 1.1.2007 nach der Geltung des alten Rechts den Wegfall des nachehelichen Unterhalts begehren können. Hiervon habe er aber abgesehen, um ihr eine weitere Schonfrist einzuräumen. Da er nunmehr aber fünf Jahre lang nachehelichen Unterhalt gezahlt habe und die Kinder nunmehr volljährig seien, sei sie verpflichtet, vollschichtig erwerbstätig zu sein. Mit Schreiben vom 21.12.2007 habe er sie daher darauf hingewiesen, dass ihr ab dem 1.1.2008 kein Unterhalt mehr zustünde. Da keine ehebedingten Nachteile vorhanden seien, müsse ihr in Bezug auf den Vertrauensschutz auch keine weitere Frist mehr eingeräumt werden. Ebenso scheide eine betragsmäßige Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts aus. Sein Einkommen werde nach der Steuerklasse III versteuert, da er wieder verheiratet sei. Da der Steuervorteil nur der neuen Ehe zugute kommen dürfe, sei das Einkommen fiktiv nach der Steuerklasse I umzurechnen. Im Übrigen sei sein Einkommen teilweise überobligatorisch. Er habe eine wöchentliche Arbeitszeit von etwa 70 Stunden. Unterhaltsrechtlich wäre er nur verpflichtet, 40 Stunden pro Woche zu arbeiten. Sein Einkommen aus der Tätigkeit als Chefarzt sei nicht eheprägend. Er habe diese Stelle seit März 1999 inne, die Parteien hätten aber niemals in M. zusammen gelebt. Ferner seien seine Belastungen zu berücksichtigen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 9.4.2008 (Bd. I, Bl. 122 ff.) vom 19.5.2008 (Bd. II Bl. 266 d. A) und vom 28.5.2008 (Bd. III Bl. 25 ff. und 71 ff.d. A.) Bezug genommen. Schließlich müsse sie das aus dem gemeinsamen Hausverkauf erhaltene Geld gewinnbringend anlegen. Ihr Vortrag, dass dieser Betrag nicht mehr in ihrem Vermögen sei, werde bestritten. Denn er habe jahrelang Unterhalt in beträchtlicher Höhe bezahlt, so dass sie hieraus ihre Belastungen hätte bestreiten können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 19.5.2008 (Bd. II, Bl. 272 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

die Unterhaltsverpflichtung des Klägers aus dem gerichtlichen Vergleich vom …2003, geschlossen vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Aktenzeichen, dahingehend abzuändern, dass der Kläger ab 1. Januar 2008 an die Beklagte keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, ihr stünde weiterhin wegen ehebedingter Nachteile der Differenzunterhalt zu. Sie habe während der Ehe in ihrem erlernten Beruf nur stundenweise gearbeitet, weil sie sich fast ausschließlich der Betreuung und der Erziehung der gemeinsamen Kinder gewidmet habe. Eine Fremdbetreuung sei für sie nicht in Betracht gekommen. Erst ab 1994 und nicht schon ab 1992 habe sie stundenweise als Physiotherapeutin gearbeitet. Diese Arbeit habe sie unterbrochen und sie sei wegen der Betreuung des schwer behinderten M. erst wieder von 1997 bis 1999 eingeschränkt berufstätig gewesen. Eine Volltagsbeschäftigung sei daher nicht möglich gewesen. Zur Zeit arbeite sie ca. 25 bis 28 Stunden wöchentlich. Aufgrund der langen Ehe seien auf ihrer Seite berufliche Nachteile entstanden. Sie habe ein Vertrauen darauf, dass der Unterhalt weiter gezahlt werde, zumal der Kläger in guten Einkommensverhältnissen lebe. Ihr Medizinstudium habe sie wegen der Behinderung des zweiten Kindes abbrechen müssen. Sie habe die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin und zur Physiotherapeutin abgeschlossen, im Hinblick auf die Wartezeit auf einen Medizinstudienplatz. Ihr eigentlicher Berufswunsch sei aber immer das Medizinstudium gewesen. Ohne die Ehe hätte sie ihr Medizinstudium beenden können. Sie habe sich niemals einer Neuberechnung des Unterhaltes verschlossen. Allerdings müssten die Gegebenheiten des konkreten Falles beachtet werden. Hier läge eine lange Ehezeit vor, in der sie im Einverständnis mit dem Kläger die Betreuung der Kinder übernommen und deswegen ihre Berufstätigkeit eingeschränkt habe. Aufgrund des in Kraft getretenen UÄndG entfalle der titulierte Unterhalt nicht sofort. Ein sofortiger Wegfall der Unterhaltsverpflichtung führe bei ihr zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Sie sei zur Zeit in abhängiger Beschäftigung tätig. Sie habe einen 20 Stundenvertrag wöchentlich, wofür sie pro Stunde 13,00 EUR erhalte. Darüber hinaus sei sie im eingeschränkten Maße auch selbständig tätig. Sie habe während der Ehe den von Geburt an schwer behinderten Sohn vorwiegend allein betreut. Dadurch habe sie ehebedingte Nachteile erlitten. Ohne Rücksicht auf familiäre Belange hätte sie monatlich 2.700,00/2.800,00 EUR verdienen können. Ein Vermögen von ca. 100.000,00 DM habe sie nicht mehr. Dieser Betrag sei verbraucht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 30.4.2008 (Bd. I, Bl. 137 ff d. A.) Bezug genommen. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers teilten seine jetzige Ehefrau und sie den gleichen Rang. Der Berechnung des Unterhalts sei sein Einkommen aus der Position des Chefarztes zugrunde zu legen. Denn er habe diese Tätigkeit schon zu einer Zeit vor der Trennung inne gehabt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Abänderungsklage nach § 323 Abs. 1 ZPO ist zulässig.

Der Kläger behauptet, dass er nach Abschluss des gerichtlichen Vergleichs am.2003 vor dem Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg wieder geheiratet und eine am.2005 geborene Tochter habe, die überwiegend von seiner jetzigen Frau betreut werde. Seit Vergleichsschluss gebe es zwei weitere Unterhaltsberechtigte. Diese Begründung hat eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Umstände zum Inhalt. Andererseits vertritt er die Rechtsansicht, dass seine jetzige Ehefrau wegen der Betreuung der am2002 und am.2005 geborenen Kinder der Beklagten im Range vorgehe und dass die Beklagte wegen des am 1.1.2008 in Kraft getretenen UÄndG eine unterhaltsrechtliche Eigenverantwortung treffe. Diese Begründung hat aber eine Rechtsänderung nach der Vorschrift des § 36 Nr. 1 EGZPO Bezug zum Inhalt. Die Vorschrift des § 36 Nr. 1 EGZPO besagt u. a. dass dann, wenn über einen Unterhaltsanspruch vor dem 1.1.2008 ein vollstreckbarer Titel errichtet worden ist, Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das UÄndG erheblich geworden sind, zu berücksichtigen sind, allerdings nur, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Diese Bestimmung begründet aber keinen eigenen, neu geschaffenen Abänderungsrechtsbehelf (BT – Drucks. 16/1830 S. 32). Vielmehr erfolgt die Anpassung von bestehenden Titeln allein im Wege der Abänderungsklage nach § 323 ZPO (Klein, Das neue Unterhaltsrecht 2008, S. 209). Während die Abänderungsklage nach § 323 ZPO die Änderung von tatsächlichen Voraussetzungen erfordert, ist das nach § 36 Nr. 1 EGZPO nicht der Fall. Hier genügt allein die Änderung der Rechtslage. Die Abänderungsklage ist zunächst nur zulässig, wenn sich nach den Behauptungen des Klägers diejenigen tatsächlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben, die für die Bestimmung der Höhe der Leistungen oder die Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren (BGH FamRZ 1997, 281, 282 = NJW 1997, 735, 736; OLG Koblenz, FamRZ 1999, 675, 676).

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.5.2008 (Bd. II, B. 302 ff. d. A.) darauf hinweist, dass zur Schlüssigkeit der Abänderungsklage nach § 323 Abs. 1 ZPO unabdingbar auch die Tatsachengrundlage, d. h. die Darstellung der Vergleichsgrundlage gehört (Oelkers/Grün, Aktuelles Unterhaltsrecht von A – Z, 23. Lfg., Stand Februar 2008, Stichwort Abänderungsklage, S. 7 (1), ist das im Grundsatz zutreffend (OLG Zweibrücken, FamRZ 2007, 1998). Eine Ausnahme besteht hier aber für den Fall, dass die Parteien in dem Scheidungsfolgenvergleich ausdrücklich vereinbart hatten, dass eine Bindung an den Inhalt des ursprünglichen Vergleichs gerade nicht mehr bestehen soll, sondern dass beide Parteien mit Wirkung vom 1.1.2007 eine Neufestsetzung des Unterhalts verlangen können, wenn sich unter Anwendung der dann geltenden Bestimmungen eine andere Unterhaltsverpflichtung ergibt. Aber auch im Rahmen der Vorschrift des § 36 Nr. 1 EGZPO bedarf es zur Schlüssigkeit des Klagebegehrens, das sich auf die Änderung der Gesetzgebung stützt, keiner Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Nur in Fällen, in denen die Abänderung begehrende Partei eine Änderung auf § 323 Abs. 1 ZPO allein mit der Behauptung stützt, die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich geändert, spielt die Frage der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eine Rolle (Klein, Das neue Unterhaltsrecht 2008, S. 211).

Die Abänderungsklage nach § 323 ZPO ist teilweise begründet.

Sie beruht auf den §§ 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 1, S. 1, 1578 b BGB. Die Abänderung ist nur bei einer wesentlichen Änderung der Unterhaltsverpflichtung möglich (BT-Drucks. 16/1830, S. 33). Für die Wesentlichkeitsschwelle gelten die von der Rechtsprechung bei Unterhaltsverträgen nach § 313 BGB entwickelten Grundsätze (Göppinger/Wax/ Vogel, Unterhaltsrecht 2003, 8. Aufl., Rnr. 2424 ff). Es kommt darauf an, wie sich die Änderung bei einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Verhältnisse, auf das Bestehen, die Höhe oder Dauer des im gerichtlichen Scheidungsfolgenvergleich festgelegten Unterhalts auswirkt. Ob die Opfergrenze bereits überschritten ist (Göppinger/Wax/ Vogel, a.a.O., Rnr. 2425), lässt sich nur unter umfassender Würdigung aller Umstände ausschließlich nach materiellem Recht beantworten (Graba, FF 2008, 63, 64; Borth, FamRZ 2008, 105, 107).

Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB besteht für die Beklagte nur, soweit sie nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 – 1572 BGB hat. Eine Subsidiarität liegt hier nicht vor. Denn eine Betreuung von Kindern nach § 1570 BGB scheidet aus; die gemeinschaftlichen Kinder der Parteien sind schon volljährig (Kemper, Das neue Unterhaltsrecht, 2008, Rnr. 202; Hoppenz/Hülsmann, Der reformierte Unterhalt, 2008, § 1570 n. F. BGB I, Rnr. 11; Borth, Unterhaltsänderungsgesetz, 2007, Rnr. 66 b – d; Palandt-Brudermüller, BGB, 67. Aufl. 2008, § 1570 Rnr. 7; Klein, Das neue Unterhaltsrecht 2008, S. 60; Menne/Grundmann, Das neue Unterhaltsrecht, S. 51).

Die Beklagte hat einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB, aber nur dann, wenn ihre Einkünfte aus ihrer angemessenen Tätigkeit zur Deckung des vollen Unterhalts i. S. von § 1578 Abs. 1 BGB nicht ausreichen. Dieser bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Maßgebend hierfür sind die Einkünfte der Parteien.

Aufgrund der eingereichten Einkommenssteuerbescheide für 2004 und 2005 (Bd. II, Bl. 9 – 24) und der Berechnung der Einkommenssteuer, des Solidaritätszuschlages und der Kirchensteuer bei Einzelveranlagung für das Jahr 2006 (Bd. II, Bl. 231) setzt sich das Einkommens des Klägers zusammen aus Einkünften aus unselbständiger Tätigkeit und aus Gewinn/Verlust aus freiberuflicher Tätigkeit, sowie aus Negativeinkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Soweit der Kläger die Ansicht vertritt (Bd. II, Bl. 11), dass sein Einkommen mit mindestens 30 % des bereinigten Einkommens wegen überobligatorischer Tätigkeit zu kürzen sei, folgt das Gericht dem nicht. Zwar ist es zutreffend, dass Tätigkeiten, die über einen vollschichtigen Beruf hinaus ausgeübt werden, grundsätzlich überobligatorischer Natur und daher nicht bedarfsprägend sind. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn die Nebentätigkeiten zum Berufsbild gehören (OLG Zweibrücken, DAVorm 2000, 914, 916, = FamRZ 2001, 103 (LS)). Gehen die Überstunden nicht über das berufstypische Maß hinaus, sind sie wie Einkünfte aus zumutbarer Tätigkeit zu bewerten und nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Einzelumstände anzurechnen (Oelkers, Aktuelles Unterhaltsrecht von A – Z, Stichwort “Überstundenvergütungen”).

Für die Abgrenzung der zumutbaren von der unzumutbaren Tätigkeit ist in diesem Fall zu beachten, dass der Kläger Chefarzt ist und daher Einkünfte aus unselbständiger und selbständiger Tätigkeit hat. Überstunden bei unselbständiger Tätigkeit gehören nach der allgemeinen Lebensanschauung grundsätzlich noch zum normalen Arbeitsumfang (Born, FamRZ 97, 129, 136). Vom BGH (FamRZ 1980, 984) sind bereits 7 Stunden monatlich als Überstunden geringen Umfangs angesehen worden. Das OLG Hamburg FamRZ 1986, 1212 hat sogar das Mehreinkommen eines Assistenzarztes, das dieser durch eine erhebliche Anzahl von Bereitschaftsdiensten (50 – 88 Stunden monatlich) erzielt hat, im vollen Umfang bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt.

Bei der selbständigen Tätigkeit des Klägers ist der notwendige Umfang hingegen schwerer zu bestimmen. Im Einzelfall kann sich durchaus ergeben, dass erst mehrere Verrichtungen zusammen den vollen, üblichen Arbeitseinsatz ergeben (Born, FamRZ 1997, 129, 136). Das lässt sich aber nur anhand des Arbeitsvertrages feststellen (Oelkers, a.a.O, Stichwort “Überstundenvergütungen” S. 2), den der Kläger bislang nicht eingereicht hat. Seine Behauptung, er arbeite überobligatorisch, ist daher unsubstantiiert.

Seine Behauptung, er arbeite wöchentlich mindestens 70 Stunden (Bd. II., Bl. 13), hat für sich mithin allein keinen Aussagewert. Denn hierin sind nach Angaben des Klägers auch wöchentlich 2 – 3 Stunden (11 Stunden mtl. : 4,33) enthalten, für die er kein Entgelt erhält. Seine entgeltliche Arbeitszeit beträgt demnach nur “noch” 67 Stunden. Bei Zugrundelegung der Rechtsansicht des OLG Hamburg, dass auch Überstunden bis 88 Stunden monatlich oder wöchentlich von 20 Stunden (88 : 4,33 = 20,32) das Normalmaß noch nicht übersteigen, ergibt sich, dass die vom Kläger als Chefarzt geleisteten weiteren 7 Stunden sich noch im Rahmen des üblichen halten (67 Stunden ./. 40 Stunden normale Arbeitszeit ./. 20 Überstunden) und daher berufstypisch sind.

Soweit der Kläger steuerliche Verluste aus Grundbesitz steuerlich geltend gemacht hat, haben diese unterhaltsrechtlich unberücksichtigt zu bleiben. Sie mindern das Einkommen nicht. Zum Ausgleich dafür sind aber die hieraus erzielten Steuervorteile außer Betracht zu lassen (BGH FamRB 2005, 287, 288), weil diese ohne die negativen Einkünfte nicht entstanden wären. Es hat dann eine fiktive Steuerberechnung zu erfolgen (Soyka, Fk 2005, 168; Borth, FamRB 2005, 287, 289). Es ist daher zu ermitteln, in welche Höhe Steuern auf das nicht durch die Verluste reduzierte übrigen Einkommen des Klägers zu entrichten waren.

In den Jahren 2004 – 2006 beträgt der Jahresdurchschnittsbruttoverdienst aus beiden Tätigkeiten 224.961,33 EUR (674.884,00 EUR : 3). Dieses Jahresdurchschnittsbruttoeinkommen ist um folgende Positionen zu bereinigen:

Werbungskosten ggf. Arbeitnehmer-Pauschbetrag   920,00 €

Werbungskostenpauschbetrag
(0 € – 102 € + 0 € = 102 € : 3 = 34,00 €
Sparerfreibetrag
0 € – 48 € + 0 € = 48 € : 3 = 16,00 €
Summe 970,00 €

Das Jahresdurchschnittsbruttoeinkommen beträgt danach 223.991,33 €.

Bei diesem zu versteuernden Einkommen beträgt die Einkommensteuer nach der Grundtabelle 86.176,00 EUR, der Solidaritätszuschlag 4.739,68 EUR und die Kirchensteuer 7.755,84 EUR, sodass der Kläger über ein Jahresnettoeinkommen von 125.319,81 EUR oder monatlich 10.443,32 EUR verfügt.

Dieses Einkommen des Klägers reduziert sich auch nicht durch den Splittingvorteil aus der neuen Ehe. Dieser Steuervorteil, der im Rahmen der Zusammenveranlagung nicht dauerhaft getrennt lebender Ehegatten gemäß § 26 EStG entsteht, verbleibt bei Wiederverheiratung des Pflichtigen grundsätzlich in der neuen Ehe (BVerfG, FamRZ 2003, 1821). Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt aber uneingeschränkt nur bei Vorrang des ersten Ehegatten gegenüber dem zweiten Ehegatten (FamRZ 2003, 1821, 1824). Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist aber nicht bei Gleichrang anwendbar (FA-FamR/Gerhardt, 6. Aufl. 2008, 6. Kapitel, Rnr. 69; Gerhardt/Gutdeutsch, FamRZ 2007, 778, 779; Gerhardt, FamRZ 2007, 945, 947; Empfehlungen des Arbeitskreises 3 des 17. DFGT 2007, S. 141, Nr. 3; a. A. Palandt/Diederichsen, BGB 67. Aufl. 2008, § 1609, Rnr. 29; Schürmann, FamRZ 2008, 313, 323; Reinken, FPR 2008, 9,11).

Die Beklagte und die jetzige Ehefrau des Klägers sind aber gleichrangig. Sie befinden sich jeweils im 2. Rang. Für die Ehefrau des Klägers streitet die Tatsache, dass sie die minderjährigen Kinder aus 2. Ehe betreut und daher unterhaltsberechtigt ist. Für die Beklagte spricht das Tatbestandsmerkmal der langen Ehe. Hierunter ist die Dauer der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages zu verstehen. (OLG Karlsruhe, FF 2008, 205, 207; Kemper, Das neue Unterhaltsrecht, Rnr. 270). Die Parteien haben am.1987 die Ehe geschlossen. Die Scheidungsantragsschrift ist der Beklagten am.2001 zugestellt worden. Die Ehe dauerte demnach über 13 Jahre.

Da der Gesetzgeber bewusst von einer konkreten zeitlichen Vorgabe abgesehen hat, von der ab eine lange Ehe angenommen werden kann (BT Drucks. 16/830 S. 24), kann weder allein auf die Zeitdauer noch allein auf die entstandenen ehebedingten Nachteile abgestellt werden, um die Frage zu beantworten, nach wie vielen Jahren eine Ehe von langer Dauer ist (Gutdeutsch FamRB 2008, 186, 187). Das ergibt sich einerseits bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 1578 b Nr. 2 BGB, wonach bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer auch Nachteile im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu berücksichtigen sind. Andererseits muss aber auch bedacht werden, dass die Unterhaltstatbestände nach den §§ 1570 ff. BGB nicht durchgängig dazu dienen, ehebedingte Nachteile auszugleichen. Nur die Vorschriften der §§ 1570, 1573 und 1575 BGB sollen ihrem Inhalt nach ehebedingte Nachteile ausgleichen. Hingegen sind die Ansprüche aus den §§ 1571, 1572 und wohl auch § 1576 BGB keine, die auf die Ehe kausal zurück zu führen sind (Peschel-Gutzeit, Unterhaltsrecht aktuell Rnr. 106). Dem Hinweis des Gesetzes auf die Ehebedingtheit der Bedürfnislage kann daher nur entnommen werden, dass im Einzelfall die zeitlichen Anforderungen gesenkt werden können (Hoppenz/Hülsmann a.a.O. § 1609 n.F. Rnr. 20). Damit entspricht die Struktur des § 1609 BGB der vergleichbaren des § 1582 a. F., wo der Zweck des Vertrauensschutzes im Einzelfall die Durchberechnung der Zeitgrenze nach unten ermöglicht hat.

Zwar hat der BGH sich bislang nie auf eine konkrete Zeitdauer einer Ehe festgelegt, von der an die Ehe als “lang” anzusehen ist. Er hat allerdings nach Einführung der Befristungsmöglichkeiten im Jahr 1986 ausgeführt, dass der Grenzbereich einer Ehe von langer Dauer etwa bei 10 Jahren beginne (BGH FamRZ 1990, 857, 858).

Auch das UÄndG hat auf zeitliche Vorgaben zum Tatbestandsmerkmal der Ehen von langer Dauer verzichtet (OLG Karlsruhe, FF 2008, 205, 208; FA Komm – FamR/ Klein, § 1609 BGB Rnr. 66). Die Gewährung des Unterhaltsvorranges wegen langer Ehedauer beruhte insbesondere auf dem Gedanken, das Vertrauen desjenigen Ehegatten zu schützen, der sich unter Verzicht auf die eigene berufliche Entwicklung in der Ehe überwiegend der Pflege und Erziehung der gemeinsamen Kinder und der Führung des Haushalts dauerhaft gewidmet hat. Die Beklagte hat die gemeinschaftlichen Kinder vornehmlich allein betreut, vor allem hat sie den eingeschränkt gehfähigen M. intensiv betreut. Angesichts der Tatsache, dass die bisherigen Fristen zu § 1582 BGB a.F. an der Regelung orientiert waren, dass die Kindererziehungszeit der Ehedauer gleichstehen sollte, was nunmehr nach dem UÄndG nicht mehr der Fall ist, spricht einiges dafür, die Frist für den Beginn der langen Dauer einer Ehe gegenüber dem bisherigen Standard herabzusetzen (Schwab, FamRZ 2005, 1417, 1424).

Eine 10-jährige Ehe ist daher schon als eine lange Ehe anzusehen (Kemper, a.a.O, Rnr. 462; a. A. Hoppenz/Hülsmann, Der reformierte Unterhalt, § 1609 BGB, Rnr. 20: lange Ehe grundsätzlich erst bei 15 Jahren), ebenso Bamberger/Roth/ Bentler, BGB, 2. Aufl. 2008, § 1578 b Rnr. 16, Niebling, FF 2008, 193, 195), was zur Folge hat, dass die in diesem Rechtsstreit vorliegende Ehe von 13,3 Jahren als lang anzusehen ist.

Der Gleichrang der Beklagten mit der Ehefrau des Klägers hat nunmehr zur Folge, dass der Splittingvorteil aus der neuen Ehe für alle Ehegatten zu berücksichtigen ist. Darüber hinaus weist Gerhardt (FA FamR a. a. O. Rnr. 69) zutreffend darauf hin, dass bei gleichrangigem Ehegattenunterhalt für die erste und zweite Ehe immer mit verschiedenen Verteilungsmassen gerechnet werden müsste, wenn man den Steuervorteil aus der Wiederverheiratung allein der zweiten Ehe belassen würde. Dies würde aber der Intention des Gesetzgebers, das Unterhaltsverfahren zu vereinfachen, widersprechen (Menne/Grundmann Das neue Unterhaltsrecht, S. 18). Entscheidend ist aber, dass bei der Beibehaltung des Splittingvorteils in der neuen Ehe bei Wiederverheiratung des Pflichtigen zu dem widersinnigen Ergebnis käme, dass die zweite Familie trotz Gleichrangs durch eine größere Verteilungsmasse bei der Unterhaltsberechnung künftig bevorzugt würde, was weder vom Gesetzgeber noch vom BVerfG beabsichtigt wurde. Da der Splittingvorteil den Ehegatten und den Kindern des Klägers gleichermaßen zu Gute kommt, braucht der Splittingvorteil bei der Wiederverheiratung nicht herausgerechnet zu werden.

Das Einkommen des Klägers ist auch nicht um 1.000,00 EUR zu bereinigen, das den Parteien angeblich nicht zur Lebensführung zur Verfügung gestanden, sondern der Vermögensbildung gedient haben soll. Aus dem in Bezug genommenen Schreiben vom 30.10.2002 (Bd. II, Bl. 291 f. d. A.) ergibt sich diese Ansicht nicht, denn dort heißt es lediglich:

Damit wird auf pauschale Weise dem Umstand Rechnung getragen, dass die Eheleute möglicherweise nicht das gesamte Einkommen für Unterhaltszwecke verbraucht haben.

Es kann mithin keine Rede davon sein, dass die Parteien einen bestimmten Betrag ihrer Einkünfte von vornherein für Vermögensbildung zur Seite gelegt haben.

Ausgangspunkt für die weitere Berechnung bleibt das Einkommen des Klägers von monatlich 10.443,32 EUR. Von diesen Einkünften sind folgende Positionen abzuziehen:

1. Krankenversicherung: 187,64 EUR  (Bd. II, Bl. 233, Bd. III, Bl. 75)
(5010 : 12 = 417,50 ./. 229,86)
2. Pflegeversicherung: 10,56 EUR  (Bd. II, Bl. 234, Bd. III, Bl. 75)
(253,44 :12 = 21,12 – 10,56 )
3. Unfallversicherung: 15,34 EUR  (Bd. II, Bl. 235)
4. Krankenversicherung für C. 113,88 EUR  (Bd. II, Bl. 236)
5. Krankenversicherung für X. 113,88 EUR  (Bd. II, Bl. 236)
6. Krankenversicherung für M. 114,65 EUR  (Bd. II, Bl. 241)
7. Krankenversicherung für Y.: 87,26 EUR  (Bd. II, Bl. 240)
8. Kindergartenkosten für C.: 296,30 EUR  (Bd. II, Bl. 239)
9. Tagesmutter für C.: 160,00 EUR  (Bd. II, Bl. 6)
10. Beitrag zur Ärztekammer: 85,50 EUR  (Bd. II, Bl. 247)
11. Berufsunfähigkeitsversicherung: 30,97 EUR  (Bd. II, Bl. 8)
12. Gehalt an jetzige Ehefrau: 400,00 EUR  (Bd. II, Bl. 8)
13. Sozialabgaben:     68,40 EUR  (Bd. II, Bl. 8)
1684,38 EUR,
sodass das Einkommen 8758,94 EUR beträgt.

Ferner hat der Kläger einen Anspruch darauf, einen Höchstbetrag von bis zu 4 % seines Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres (Soyka, Fk 2008, 91, 93) als zusätzliche Altersversorgung abzusetzen. Worauf diese sich bezieht, ist unerheblich. Es kann in Grundbesitz oder auch in Lebensversicherungen investiert werden. Voraussetzung ist nur, dass solche Aufwendungen für die eigene Altersversorgung auch tatsächlich geleistet werden (BGH, FamRZ 2007, 793, 795). In Betracht kommen daher auch Tilgungsleistungen, wenn sie sonst wegen einseitiger Vermögensbildung außer Betracht bleiben müssten.

Da der Kläger über Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und aus nichtselbständiger Tätigkeit verfügt, kann er als Selbständiger 23,9 % (19,9 % + 4 %) seines letzten Gesamtbruttoeinkommens (Gerhardt, FamRZ 2007, 945, 947; Borth, NJW 2008, 326, 328) und als Nichtselbständiger 4 % seines letzten Gesamtbruttoeinkommens einsetzen.

Das Bruttoeinkommen des Jahres 2006 aus der freiberuflichen Tätigkeit betrug 140.371,00 EUR.

Hiervon sind 23,9 % = 33.548,67 EUR.

Das Bruttoeinkommens des Jahres 2006 aus der nichtselbständigen Tätigkeit betrug 100.547,00 EUR.

Hiervon sind 4 % = 4.021,88 EUR.

Insgesamt kann daher der Kläger maximal für die sekundäre Altersvorsorge jährlich einen Betrag von 37.570,55 EUR (33.548,67 EUR + 4.021,88 EUR) oder monatlich 3.130,88 EUR absetzen.

Soweit der Kläger hingegen Beträge in Höhe von insgesamt 6.301,37 EUR für die Altersvorsorge größtenteils nachgewiesen hat, bleiben die über den Höchstbetrag von 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres geleisteten tatsächlichen Aufwendungen außer Ansatz.

Diese setzen sich wie folgt zusammen:

Risikolebensversicherung mtl.:  41,83 EUR  (Bd. II Bl. 266)
Immobilie mtl.: 1.653,17 EUR  (Bd. II, Bl. 243)
Lebensversicherung () mtl. 197,66 EUR  (Bd. II, Bl. 7)
Zinszahlungen mtl.: 2.703,82 EUR  (Bd. II, Bl. 245/246)

Lebensversicherung
(): 1.373,93 EUR
Lebensversicherung: 299,99 EUR
Berufsunfähigkeitsversicherung:       30,97 EUR
6.301,37 EUR.

Die Rechtsansicht der Beklagten, dass die sekundären Aufwendungen für die Altersvorsorge nur für Unselbständige gilt und nicht auch auf Selbständige zu übertragen ist und hierzu Bezug nimmt auf die Entscheidung des BGH, NJW 2003, 1660, 1662 teilt das Gericht nicht. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich geradezu das Gegenteil. Dort wurde ausgeführt, dass es einem Nichtselbständigen der nicht mehr der Sozialversicherungspflicht unterliegt, genauso wie einem Selbständigen zuzubilligen ist, anderweit für sein Alter in angemessener Weise Vorsoge zu treffen.

Das bereinigte Einkommen des Klägers beträgt 5.628,06 EUR (8.758,94 EUR – 3.130,88 EUR).

Hinzuzurechnen ist aber noch der Wohnvorteil auf Seiten des Klägers wegen der Nutzung eines Hauses. Da der Kläger nach der Scheidung eine neue Immobilie erworben hat und dadurch mietfrei wohnt, ist nunmehr ebenfalls die objektive Marktmiete als Wohnwert anzusetzen (Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 6. Aufl. 2004, Rnr. 320 a). Die Parteien haben sich auf einen Wohnwert von 1.400,00 EUR geeinigt (Bd. III, Bl. 61).

Soweit der Kläger bei der Höhe des Wohnwertes die Grundsteuern von monatlich 14,20 EUR in Abzug bringen will, ist das nicht zulässig. Denn bei der Berechnung des Wohnvorteils sind auch verbrauchsunabhängige Nebenkosten nicht abzugsfähig (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2008, 672; Soyka, Fk 2008, 3, 8). Denn dieser Posten kann auch auf die Mieter umgewälzt werden, so dass für den Abzug keine Rechtfertigung besteht.

Soweit der Kläger beim Wohnwert auch die Kreditbelastung berücksichtigt haben will, greift hier das Verbot der Doppelberücksichtigung von (bzw. der doppelten Teilhabe an) Vermögenspositionen, das vor allem bei Zugewinn einerseits und Unterhalt andererseits erörtert wird (Kogel, FamRB 2005, 207; Büte, Fk 2006, 177; Hermes, FamRZ 2007, 184; Dauner-Lieb, FuR 2008, 209) ein, mit der Folge, dass diese Schulden nicht doppelt bewertet werden dürfen, bei der sekundären Altersvorsorge und bei der Berechnung des Wohnwertes. Da der Kläger diese Verbindlichkeiten aber bereits bei der sekundären Altersvorsorge in Abzug gebracht hat, scheiden sie nunmehr bei dem Wohnwert aus.

Da der erneut verheiratete Kläger das Eigenheim mit seinem Ehegatten und seinen beiden weiteren Kindern bewohnt, ist der Wohnwert nur anteilig zu berücksichtigen (OLG München, FamRZ 1999, 251, 252; Manderscheid, ZFE 2008, 87, 90). Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung nach Köpfen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruches auf Barunterhalt zu berücksichtigen (OLG Köln, Unterhaltsleitlinien (Stand: 1.1.2008) Anm. 21.5; Wendl/Gerhardt, a.a.O., Rnr. 397). Der Wohnwertvorteil beträgt 603,60 EUR (1.400,00 EUR – 96,40 EUR (20 % vom Kindesunterhalt in Höhe von 482,00 EUR) – 96,40 EUR = 1.207,20 EUR : 2), aufgerundet 604,00 EUR.

Das Gesamteinkommen des Klägers beträgt 6.033,00 EUR (5.429,54 EUR + 603,60 EUR).

Der Kläger unterliegt, bezogen auf die Berechnung des Kindesunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1.1.2008) der Gruppe “nach den Umständen des Falles”. Da die Stufensprünge jeweils 399,00 EUR betragen und der Kläger 6 Personen zum Unterhalt verpflichtet ist, ist er in die Gruppe “nach den Umständen des Falles” der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen.

Auch bei außerordentlich guten Einkommensverhältnissen kommt für den Kindesunterhalt lediglich eine maßvolle Erhöhung der (Höchst-)Sätze der Düsseldorfer Tabelle in Betracht. Das Gericht berechnet den Kindesunterhalt jeweils nach dem Höchstsatz zuzüglich 25 % (OLG Koblenz, NJW-RR 1999, 1597 = FamRZ 2000, 605), weil auch für Kinder “vermögender” Eltern die Befriedigung ihres “gehobenen” Lebensbedarfs nicht Teilhabe am Luxus bedeutet (BGH, FamRZ 1983, 473; Oenning, FF 1997, 71, 74).

Der Unterhaltszahlbetrag für C. und Carla beliefe sich jeweils auf 482,00 EUR (447,00 EUR + 111,75 EUR ./. 77,00 EUR = 481,75 EUR). Unter Abzug des Kindesunterhalts für C. und Carla beträgt das Einkommen des Klägers 5.268,00 EUR (6.232,00 EUR ./. 482,00 EUR ./. 482,00 EUR).

Abzuziehen ist ferner noch der Unterhalt für die volljährigen Kinder aus 1. Ehe. Da die Parteien anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen hierfür haften und der Bedarf sich aus dem zusammengerechneten Einkommen der Parteien ergibt, ist nunmehr das Einkommen der Beklagten zu ermitteln.

Sie hat ausweislich der Gehaltsabrechnung für Dezember 2007 (Bd. I, Bl. 48 d. A.) nach der Steuerklasse I, 0,5 einschließlich von 15,5 Überstunden und Weihnachtsgeld von 350,00 EUR einen monatlichen Bruttoverdienst von 1.591,50 EUR. Bei einer Regelarbeitszeit von 38,5 Stunden (Bd. I, Bl. 132 d. A.) hätte sie ein fiktives Bruttoeinkommen von 3.063,64 EUR (1.591,50 : 20 x 38,5):

Steuerjahr 2008
Bruttolohn: 3.063,64 EUR
LSt-Klasse 1
Lohnsteuer: – 569,16 EUR
Solidaritätszuschlag – 31,30 EUR
Kirchensteuer 9 % – 51,22 EUR
Rentenversicherung (19,9 %) – 304,83 EUR
Arbeitslosenversicherung (4,2 %) – 64,34 EUR
Krankenversicherung AN-Anteil (13,3 % / 2 + 0,9 %)  – 231,30 EUR
Pflegeversicherung (AN-Anteil 0,85 %)    – 26,04 EUR
Nettolohn: 1.785,45 EUR
abzüglich pauschaler berufsbedingter Aufwendungen    – 89,27 EUR
bleibt 1.696,18 EUR.

Statt eines monatlichen fiktiven Nettoverdienstes von 1.696,00 EUR aus abhängiger Beschäftigung hat die Beklagte zur Zeit eine Teilzeitbeschäftigung von 20 Stunden mit einer monatlichen Nettovergütung von 1.205,66 EUR und eine selbständige Beschäftigung inne, bei der sie aufgrund der eingereichten Einkommenssteuerbescheide für 2004 – 2006 folgenden Gewinn/Verlust hatte:

2004 – 375,35 EUR
2005 744,85 EUR
2006   432,42 EUR
801,92 EUR
801,92 EUR : 3 = 267,31 EUR : 12 =  22,28 EUR.

Mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 22,28 EUR aus selbständiger Tätigkeit wird aber die arbeitsfähige Beklagte ihrer unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung durch den Antritt einer Vollzeitstelle nicht gerecht. Auch der in sicherer Halbtagsstelle beschäftigte Unterhaltsberechtigte muss mit der gleichen Intensität eine Vollstelle suchen, wie derjenige, der gar keine Arbeit hat (OLG Düsseldorf, NJW-Spezial 2004, 57, 58). Dementsprechend trägt die Beklagte auch die Darlegungs- und Beweislast für die Erfolglosigkeit der Suche einer Vollzeitstelle. Die Beklagte hat bislang keine Anstrengungen zur Erlangung einer auskömmlichen Erwerbstätigkeit aus abhängiger Beschäftigung dargetan. Hierzu war sie aber verpflichtet, zumal der Kläger mit Schriftsatz vom 19.5.2008 Stellenangebote für Physiotherapie in Vollzeitbeschäftigung in Berlin nachgewiesen hat (Bd. II, Bl. 293).

Dem Unterhaltsrechtsstreit ist daher auf Seiten der Beklagten ein fiktiver Durchschnittsnettoverdienst von 1.700,00 EUR monatlich zugrunde zu legen. Zwar hat die Beklagte bislang nur die Dezemberabrechnung 2007 vorgelegt, obgleich der Kläger mit Schriftsatz vom 19.5.2008 (Bd. II, Bl. 267 d. A.) die Beklagte bislang erfolglos aufgefordert hat, die Gehaltsbescheinigungen für die Monate September 2007 bis Mai 2008 vorzulegen. Das Gericht ist aber nicht davon überzeugt, dass die Beklagte wesentlich mehr als 1.700,00 EUR netto im Monat verdienen kann. Aufgrund einer Internetrecherche bei GehaltsCheck.de unter dem Begriff Gehalt-Physiotherapeut/Physiotherapeutin beträgt das Gehalt in Berlin-Brandenburg für eine Physiotherapeutin bei 25 Stunden 13.440,00 EUR. Das ergibt bei 38,5 Stunden einen Betrag von 1.724,80 EUR (13.440,00 EUR : 25 Stunden = 537,60 EUR x 38,5 Stunden = 20.697,60 EUR : 12).

Dem Betrag von 1.700,00 EUR sind auf Seiten der Beklagten aber noch Zinserträge aus der Schenkung von 100.000,00 DM hinzuzurechnen. Zur Obliegenheit eines Unterhaltsberechtigten gehört es, geschenktes Kapital zinsbringend anzulegen (OLG Koblenz, FamRZ 90, 51, 52, OLG Hamm, ZFE 2003, 221). Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 30.4.2008 (Bd. I, Bl. 138 d. A.) darauf hinweist, dass dieser Betrag wegen inzwischen getätigter Anschaffungen verbraucht sei, kann dem nicht gefolgt werden. Da der Kläger dem Verlust widersprochen hat (Bd. II, Bl. 271), war die Beklagte verpflichtet, über die Käufe Quittungen vorzulegen. Das hat sie aber bislang unterlassen. Letztlich ist ihr diesbezüglicher Vortrag auch nicht überzeugend. Denn die Beklagte erhielt vom Kläger monatlich 2.700,00 EUR Unterhalt, aufgrund des Vergleichs vom.2003, hatte darüber hinaus ihren eigenen Verdienst und erhielt für die beiden gemeinschaftlichen Kinder insgesamt 950,00 EUR (Bd. I. Bl. 80) sowie das Kindergeld von 308,00 EUR. Die Beklagte verfügte für sich und ihre Kinder über mindestens monatlich 5.163,66 EUR (2.700,00 EUR + 950,00 EUR + 308,00 EUR + 1.205,66 EUR), wovon sie die außerplanmäßigen Anschaffungen unschwer hätte bezahlen können. Bei einer Verzinsung von 4 % betrüge der Zinsvorteil 170,43 EUR monatlich (100.000,00 DM : 1.95583 = 51.129,19 EUR x 4 % = 2.045,17 EUR : 12). Das monatliche Einkommen der Beklagten beträgt 1.870,57 EUR (1.700,00 EUR + 170,43 EUR) = gerundet 1.871,00 EUR.

Der Bedarf der volljährigen unverheirateten Kinder aus der Ehe der Parteien, ist der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen (Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate des Kammergerichts, Stand: 1.1.2008). Aufgrund der zusammengerechneten Einkünfte der Parteien von 7.139,00 EUR (5.268,00 EUR + 1.871,00 EUR) fallen die Kinder in die Gruppe “nach den Umständen des Falles”. Ihr Bedarf beträgt 653,00 EUR + 25 % (= 163,25 EUR) = 816,25 EUR ./. 154,00 EUR = 662,25 EUR.

Der Anteil, den der Kläger zu tragen hat, beträgt 81,81 %.

Er errechnet sich wie folgt:

Kläger: 5.268,00 EUR ./. 900,00 EUR = 4.368,00 EUR
Beklagte: 1.871,00 EUR ./. 900,00 EUR =    971,00 EUR
5.339,00 EUR
4.368,00 EUR : 5.339,00 EUR = 0,8181 x 100 = 81,81 %.

Der Kläger haftet daher anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB in Höhe von 541,77 EUR (662,25 EUR x 81,81 %) pro Kind. Tituliert sind aber bislang nur 475,00 EUR pro Kind. Der Kläger muss daher den titulierten Unterhalt in voller Höhe weiterbezahlen.

Sein Einkommen von 5.268,00 EUR reduziert sich um den Unterhalt seiner volljährigen Kinder und beträgt bereinigt 4.318,00 EUR (5.268,00 EUR ./. 475,00 EUR ./. 475,00 EUR).

Bei einer Unterhaltsregelung nach bisherigem Recht hätte die Beklagte lediglich noch einen Elementarunterhaltsanspruch in Höhe von 1.048,71 EUR (3/7 von 2447,00 EUR (4318,00 EUR – 1871,00 EUR). Diese Reduzierung ist allein die Folge der veränderten tatsächlichen Verhältnisse im Rahmen der Abänderungsklage nach § 323 ZPO und hat nichts mit dem Vertrauensschutz nach § 36 Nr. 1 EGZPO zu tun. Dieser Vertrauensschutz kommt erst zum Tragen durch den Gleichrang der ersten und der zweiten Ehefrau nach dem UÄndG.

Die Unterhaltsberechnung eines Aufstockungsunterhalts der Beklagten nach § 1573 Abs .2 BGB bei Gleichrang mit der jetzigen Ehefrau des Klägers außerhalb eines Mangelfalles errechnet sich nach der sog. Drittelmethode (Gerhardt, FuR 2008, 194, 199; derselbe in FamRZ 2007, 778, 779; Grandel, NJW 2008, 796, 798, Gerhardt/Gutdeutsch, FamRZ 2007, 778, 779).

Auszugleichen ist hierbei von dem bereinigten Einkommen der Parteien und der jetzigen Ehefrau des Klägers unter Abzug der Erwerbstätigenboni allein auf die Erwerbseinkünfte (BGH, FamRZ 1997, 806, 807 = NJW 1997, 1919; FamRZ 1990, 503, 504 = NJW-RR 1990, 514; FamRZ 1990, 1090 = NJW-RR 1990, 1346).

Kläger: 4.318,00 EUR  – 604,00 EUR (Wohnwertvorteil)
3.714,00 EUR  : 1/7 (= 531,00 EUR gerundet) =
3.183,00 EUR
Beklagte: 1.700,00 EUR  – 5 % berufsbedingte Aufwendungen (= 85 EUR)
= 1.615,00 EUR  : 1/7 (= 231,00 März gerundet) =
1.384,00 EUR  + 171 EUR = 1555,00 EUR.

Ehefrau des Klägers: 850,00 EUR  (Bd. I Bl. 131 d. A.)
+ 400,00 EUR  (Bd. II Bl. 8 d. A.) =
1.250,00 EUR  – 5 % berufsbedingte Aufwendungen (= 62,50 EUR)
= 1.187,50 EUR  ./. 1/7 (= 170,00 EUR) =
gerundet: 1.071,00 EUR

Lösung nach der Drittelmethode:

Einkommen Kläger: 3.183,00 EUR + 604,00 EUR Wohnwert = 3.787,00 EUR
Einkommen Beklagte: 1.384,00 EUR + 171,00 Zinsen = 1.555,00 EUR
Einkommen jetzige Ehefrau des Klägers: 1.018,00 EUR
Summe:          6.360,00 EUR.

Daher Bedarf des Klägers 1/3 aus 6.360,00 EUR = 2.120,00 EUR
Bedarf der Beklagten 1/3 aus 6360,00 EUR = 2.120,00 EUR
Bedarf der jetzigen Ehefrau des Klägers zu 1/3 aus 6.360,00 EUR = 2.120,00 EUR

Daraus ergibt sich ein Unterhaltsanspruch wie folgt:
Unterhaltsbedarf der Beklagten 2.120,00 EUR
./. eigene Einkünfte          1.555,00 EUR
ergibt Unterhaltsanspruch          565,00 EUR

Unterhaltsbedarf der jetzigen Ehefrau des Klägers  2.120,00 EUR
./. eigene Einkünfte          1.018,00 EUR
ergibt Unterhaltsanspruch          1.102,00 EUR

Dem Kläger verbleiben          2.120,00 EUR
(3.787,00 EUR ./. 565,00 EUR ./. 1.102,00 EUR).
Daraus ergibt sich der Unterhaltsanspruch.

Die weitere Reduzierung des Elementarunterhalts der Beklagten von 1.048,71 EUR auf 565,00 EUR ist die Folge des durch das UÄndG herbeigeführten Gleichranges der ersten und zweiten Frau des Klägers. Dieser Betrag in Höhe von 565,00 EUR ist weiter nach § 1578 b BGB zu begrenzen.

Der Kläger behauptet, dass auf Seiten der Beklagten keine ehebedingten Nachteile vorlägen, sodass auch die Voraussetzungen des § 1578 b BGB nicht vorlagen.

Da der abzuändernde Titel am 27.1.2003 ergangen ist, mithin aus einer Zeit vor dem 12.4.2006 (BGH, FamRZ 2006, 1006) stammt, hatte der BGH die gesetzlichen Möglichkeiten zur Begrenzung des nachehelichen Unterhalts damals bedeutend zurückhaltender angewendet und noch nicht so entscheidend auf die Fortdauer ehebedingter Nachteile abgestellt (Dose, FamRZ 2007, 1289, 1296), wie heute. Das hat zur Folge, dass eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578 b BGB nunmehr in Bezug auf den Scheidungsfolgenvergleich vom 27.1.2003 nach den Voraussetzungen des § 36 Nr. 1 EGZPO erneut geprüft werden muss.

Nach dieser Vorschrift kann eine Anpassung nur verlangt werden, wenn damit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt. Die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/1830 S. 33) verweist ausdrücklich darauf, dass der Begriff “Wesentlichkeit” genauso zu verstehen ist, wie in § 323 ZPO. Wesentlich ist eine Änderung der Verhältnisse dann, wenn sie nach Maßgabe des materiellen Rechts zu einer anderen nicht unerheblichen Beurteilung des Bestehens, der Höhe oder der Dauer des Anspruchs führt (Göppinger/Wax/Vogel, Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2003, Rnr. 2411). Diese Voraussetzungen liegen – wie bereits dargelegt – vor.

Die Abänderung des Unterhaltstitels nach § 36 Nr. 1 EGZPO muss darüber hinaus auch für die Unterhaltsberechtigte unter Berücksichtigung ihres Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar sein. Das bedeutet, dass das Vertrauen der Beklagten in den Bestand der Regelung gegen das Interesse des Klägers an der Anpassung an die neue Rechtslage ins Verhältnis zu setzen ist. Die durch die alte Regelung begünstigte Beklagte kann aber nicht erwarten, dass ihre Position stets gewährt bleibt (Graba, FF 2008, 63, 64). Das Schutzbedürfnis der Unterhaltsberechtigten kann durchaus eine gestufte Anpassung an die neue Rechtslage erforderlich machen (Rasch, FPR 2008, 15, 17).

Der Grundsatz der Eigenverantwortung nach der Ehe ist durch das UÄndG erhöht worden. Zwar bestimmt sich das Maß des Unterhalts weiterhin nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB). Diese Ausrichtung ist aber nunmehr nach Inkrafttreten des UÄndG nicht mehr allein maßgebend. Denn die Möglichkeiten der zeitlichen Begrenzung nach § 1578 b Abs. 2 BGB und der Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB sind durch die Vorschrift des § 1578 b BGB erweitert worden (Reinecke, Lexikon des Unterhaltsrechts, 2. Aufl. 2008, Rnr. 526). Der nach § 1573 Abs. 2 BGB zu zahlende Unterhalt ist jetzt nicht mehr in allen Fällen lebenslang oder dauerhaft für eine längere Zeit zu zahlen (Reinecke, a.a.O., Rnr. 526). Die Begrenzung der Unterhaltsansprüche greift ein, wenn keine oder lediglich geringe “ehebedingte Nachteile” vorliegen, § 1578 b Abs. 1 BGB (Bamberger/Roth/Bentler, 2. Aufl. 2008, § 1578 b BGB Rnr. 4). Bei der individuellen Billigkeitsabwägung sind gemäß § 1578 b Abs. 1 S. 3 BGB u. a. die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe und die Dauer der Ehe zu berücksichtigen.

Unstreitig ist, dass die Beklagte die gemeinschaftlichen Kinder überwiegend allein betreut hat. Wenn der Kläger im Schriftsatz vom 3.4.2008 (Bd. I, Bl. 68 d. A.) einräumt, nur am Abend und am Wochenende für die Kinderbetreuung zur Verfügung gestanden zu haben, so handelt es sich hierbei lediglich um eine temporäre, kurzfristige Betreuung, die die Hauptlast der Kinderbetreuung durch die Beklagte noch nicht einmal annähernd auffängt. Im Übrigen trat der Kläger als Chefarzt im März 1999 eine neue Stelle an und ließ die Restfamilie in der Nähe von B. zurück, sodass er für die Kinderbetreuung ohnehin ausfiel. Darüber hinaus ist M. behindert, sodass für ihn beim Versorgungsamt auch Hilfen nach § 53 I SGB XII beantragt wurden (Bd. I, Bl. 162 R d. A.). Auch dieser Umstand erfordert eine intensive Betreuung durch die Beklagte, weil der Kläger hierfür berufsbedingt nicht in Betracht kam. Darüber hinaus hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30.4.2008 (Bd. I, B. 143 ff) im Einzelnen dargelegt, welche Aufgaben sie für die gemeinschaftlichen Kinder zusätzlich erbracht hat (Voltigierkurs, Therapiemaßnahmen und Fahrdienste für M. u. a.). Schließlich darf nicht außer Betracht bleiben, dass der Kläger während der Ehe promoviert hat und schon allein deswegen kaum Zeit für die Kinderbetreuung gehabt hat. Dieses räumt er selbst mit Schreiben vom.1991 ein, das folgenden Inhalt hat.

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Der Beklagten oblag aber auch die Haushaltsführung . Zwar hat der Kläger die Beklagte stets zur Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung aufgefordert (Bd. I, Bl. 4 d. A.). Die Tatsache bleibt aber bestehen, dass ihr gleichwohl faktisch die Haushaltsführung oblag. Auf die Gründe aus denen die Eheleute die Aufteilung in dieser Weise vorgenommen haben, kommt es letztlich nicht an (Kemper, a.a.O, Rdr. 262).

Schließlich lag auch eine lange Dauer der Ehe vor, was bereits schon zuvor dargelegt worden ist.

Wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 1578 b Abs .1 S. 3 BGB “vor allem” ergibt, handelt es sich bei diesen Abwägungskriterien aber nicht um eine abschließende Aufzählung. Vielmehr sind in die Gesamtbetrachtung noch alle weiteren Umstände des Einzelfalles in Betracht zu ziehen (Kemper, Das neue Unterhaltsrecht, Rnr. 253). In Betracht kommt hierfür auch die Aufgabe von beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten (Viefhues, ZFE 2004, 262, 265; Brudermüller, FF 2004, 101, 104; Reinken, ZFE 2008, 58, 60). Derartige ehebedingte Nachteile hat die Beklagte bislang nicht dargetan. Sie hat ihren Beruf als Physiotherapeutin vor, während und nach der Ehe ausgeübt.

Soweit sie behauptet, ohne Rücksichtnahme auf familiäre Belange hätte sie als selbständige Physiotherapeutin 2.700,00 EUR/2.800,00 EUR (brutto oder netto?) verdienen können (Bd. I, Bl. 47 d. A.), ist ihre diesbezügliche Behauptung unsubstantiiert. Sie trifft aber eine erhöhte Darlegungslast, wenn sie aus besonderen Gründen den Verlust von Entwicklungsungleichheiten behauptet. Bereits in den Jahren 2004 – 2006 hat sie neben ihrer abhängigen Tätigkeit in ihrem Beruf auch als selbständige Physiotherapeutin gearbeitet und hat hieraus lediglich ein monatliches Bruttoeinkommen von 22,28 EUR erwirtschaftet. Dieser Verdienst aus selbständiger Tätigkeit ist so gering, dass es für die Beklagte wirtschaftlich besser gewesen wäre, eine Vollzeitbeschäftigung in abhängiger Stellung zu suchen. Auch ihr Hinweis im Schriftsatz vom 30.4.2008 (Bd. I, Bl. 164 R d. A.) dass ein selbständiger Physiotherapeut durchaus 5.850,00 EUR verdienen kann, ändert hieran nichts. Dieser Verdienst bezieht sich auf einen Selbständigen mit einer Kollegin und sieben weiteren Mitarbeitern. Diese Fallkonstellation trifft hier nicht zu.

Auch ihr Hinweis, dass im Wintersemester 89/90 aufgenommene Studium der Humanmedizin wegen der Kinderbetreuung im Wintersemester 90/91 wieder beendet zu haben (Bd. I, Bl. 163 R f d. A.), begründet ebenfalls keinen weiteren ehebedingten Nachteil. An sich liegt zwar ein klassischer ehebedingter Nachteil dann vor, wenn ein Ehegatte während der Ehe seine Ausbildung abgebrochen hat. Die wirtschaftlichen Nachteile werden aber durch § 1575 BGB ausgeglichen. Die Beklagte hätte nach § 1575 Abs, 1 S. 1 BGB nach Beendigung der Betreuungssituation sobald wie möglich ihre medizinische Ausbildung wieder aufnehmen müssen. Das hat sie aber nicht getan. Unabhängig hiervon hat die Beklagte in den 3 Semestern an der FU Berlin keine Leistungsnachweise erbracht, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, das Studium zielstrebig verfolgt zu haben. Die Beklagte hätte daher durch Vorlage von Scheinen, darlegen müssen, dass sie wirklich an der Fortbildungsmöglichkeit “Arztstudium” interessiert war. Hierzu bestand schon vor allem deswegen Veranlassung, weil der Kläger behauptet hat, dass sie keinen “drive” am Abschluss des Studiums gehabt habe. Letztlich reicht der Kläger auch ein Schreiben des damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein, wonach sie das begonnene Medizinstudium abgebrochen habe, weil sie Zweifel gehabt habe, ob das Studium ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen werde. Hieraus ergibt sich, dass die Dauer der Ehe letztlich nicht kausal war, für den Abbruch des Studiums.

Auch durch die Kinderbetreuung war sie an der Fortsetzung des Medizinstudiums nicht gehindert. Denn unstreitig ist, dass die Erkrankung von M. erst zu einem Zeitpunkt diagnostiziert worden war, als sie bereits das Studium aufgegeben hatte.

Dass die Beklagte letztlich weniger verdient als der Kläger, reicht für einen ehebedingten Nachteil allein ebenfalls nicht aus (Kemper, Das neue Unterhaltsrecht, Rnr. 245). Denn ohne eine Einkommensdifferenz gäbe es niemals einen Unterhaltsanspruch.

Die nacheheliche Einkommensdifferenz der Parteien beruht auf einem schon bei der Heirat bestehenden, nicht zu beseitigendem Ausbildungsniveau. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Heirat am1987 schon ausgebildeter Mediziner, der nur noch seine Facharztausbildung im Krankenhaus absolvieren musste. Hingegen war die Beklagte Krankenpflegehelferin, die kurz nach der Eheschließung im Frühjahr 1988 ihre Ausbildung als Physiotherapeutin beendete.

Deshalb ist der Beklagten nach einer Übergangszeit zumutbar, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den sie auch ohne die Ehe erreicht hätte (OLG Zweibrücken NJW 2008, 1893, 1894).

Da die Beklagte während und nach der Ehe stets in ihrem erlernten Beruf als Physiotherapeutin berufstätig war und dass sie in abhängiger Tätigkeit einen Stundenlohn von 13,00 EUR brutto verdient, während im Durchschnitt nur 10,00 EUR – 13,00 EUR bezahlt werden (Bd. I, Bl. 30 d. A.) zeigt, dass es ihr gelungen ist, den beruflichen Anschluss zu finden. Bei Wiederaufnahme einer Vollzeittätigkeit in abhängiger Stellung könnte sie 1.700,00 EUR verdienen. Bei diesem Einkommen liegt sie im Bundesland Berlin-Brandenburg im oberen Bereich. Denn nach dem GehaltsCheck.de – Der Gehaltsberater – liegt das Gehalt einer Physiotherapeutin bei monatlich 1.724,80 EUR (13.440,00 EUR : 25 Stunden = 537,60 EUR x 38,7 Stunden = 20.697,60 EUR : 12). Materielle Einbußen hat die Beklagte daher trotz Kinderbetreuung, Haushaltsführung und langer Ehe nicht gehabt. Die konkrete Eheführung wirkte sich mithin nicht nachteilig auf ihre berufliche Stellung als Physiotherapeutin aus. Eine bessere berufliche Stellung konnte sie in ihrem erlernten Beruf nicht erlangen.

Soweit ein ehebedingter Nachteil darin liegen könnte, dass sie Fortbildungsmaßnahmen nicht hat durchführen können, hat die Beklagte hierzu nichts vorgetragen. Hierzu hätte aber Veranlassung bestanden. Denn der Kläger hat behauptet, dass er ihre Fortbildungen finanziell getragen habe (Bd. I, Bl. 3,).

Schließlich ist festzustellen, dass der Höhepunkt der Verdienstmöglichkeiten generell üblicherweise erst mit Anfang 40 erreicht ist, sodass jeder Ehegatte die Möglichkeit hat, seine eigene Karriere weiter zu verfolgen und den Lebensstandard selbst zu verdienen (BGH NJW – Spezial, 2007, 597 = NJW-RR 2008, 1 = FamRB 2008, 3 = FamRZ 2007, 2049). Die jetzt 45 Jahre alte Beklagte hat noch mindestens 20 Jahre zur Verfügung, um sich von den ehelichen Lebensverhältnissen weiter wirtschaftlich zu entflechten.

In diesem Zusammenhang darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie über ein Vermögen von ca. 51.000,00 EUR verfügt und dass sie im Rahmen des Versorgungsausgleichs einen Betrag von insgesamt 586,79 EUR erhalten und bis Ende 2007 auch den Kindesunterhalt von monatlich 950,00 EUR erhalten hat, obgleich sie sich wegen der Volljährigkeit der Kinder anteilsmäßig hieran zu beteiligen gehabt hätte.

Schließlich ist auch zu beachten, dass die gemeinschaftlichen Kinder der Parteien bereits volljährig sind. Spätestens seit Dezember 2004, dem Erreichen des 15. Lebensjahres des jüngsten Sohnes M., war die Beklagte nach altem Recht bereits zur Aufnahme einer Volltagsbeschäftigung verpflichtet .Diese Situation wurde nun durch das am 1.1.2008 in Kraft getretene UÄndG wegen des Prinzips der Eigenverantwortung verschärft.

Bei Abwägung dieser individuellen Billigkeitsgründe, ist ihr Unterhaltsanspruch wegen fehlender ehebedingter Nachteile nach der Vorschrift des § 1578 b Abs. 2 BGB zu befristen. Nach Ansicht des Gerichts reicht hierfür ein Jahr aus. Bei dieser Prüfung ist stets auf den Einzelfall abzustellen, wobei der Gesetzgeber eine Zeitvorgabe für die Übergangszeit nicht gegeben hat (Stellungnahme der ständigen Fachkonferenz 3 “Familienrecht und Beistandschaft, Amtsvormundschaft” des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht vom 7.4.2008, JAmt 2008, 192). Der immer wieder genannte Übergangszeitraum von 6 Monaten ist keine verbindliche Größe (AG Düsseldorf, FF 2008, 211, 212; a.A. AG Mönchengladbach, FF 2008, 212). Unter Beachtung der Tatsache, dass die Beklagte erst seit dem 27.1.2003 nachehelichen Unterhalt erhält, dieser Zeitraum noch nicht sehr lang ist, um sich nicht auf neue Gegebenheiten einzustellen (Menne, FamRB 2008, 180, 182), sie spätestens seit Dezember 2004 verpflichtet war, eine Volltagsbeschäftigung aufzunehmen und die bevorstehende neue gesetzliche Unterhaltsregelung in den Medien verstärkt bereits seit 2007 im Gespräch war, musste sie sich darauf einstellen, dass demnächst die neue für sie nachteilige Unterhaltsgesetzgebung in Kraft treten wird. Dass sie letztlich mit Wirkung vom 1.1.2008 eintrat, hat zur Folge, dass die Beklagte noch in dem Gesamtjahr 2008 die Möglichkeit hat, sich auf die neue Rechtslage einzustellen.

Mit Wirkung vom 1.1.2009 ist von ihr zu erwarten, dass sie entweder bei ihrem Arbeitgeber eine Vollzeitstelle übernimmt, sofern dort die Möglichkeit besteht, oder dass sie sich um einen anderen Arbeitsplatz bewirbt (AG Mönchengladbach FF 2008, 211, 212).

Soweit das OLG Zweibrücken NJW 2008 1893, 1894 die Übergangsfrist auf sechs Jahre festgelegt hat, greifen die dort maßgebenden Überlegungen hier nicht. Das OLG Zweibrücken hat die Festschreibung der Zahlungsfrist auf sechs weitere Jahre mit der ungesicherten beruflichen Zukunft der Unterhaltsberechtigten begründet. Dieser Gesichtspunkt liegt hier nicht vor. Denn die Beklagte ist seit Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit in einer gesicherten Erwerbslage. Das Risiko des Arbeitsplatzverlustes ist ohnehin niemals ehebedingt (Kemper a.a.O, Rnr 285). Auch die Begrenzungsgesichtspunkte der Entscheidung des OLG Bremen FF 2008 259 lagen hier nicht vor. Dort war die unterhaltsbegehrende Partei schon über 50 Jahre alt und hatte aufgrund ihres Alters, ihr Erwerbseinkommen zu verbessern. Hier hingegen ist die Beklagte jünger, hat einen gesicherten Arbeitsplatz und kann sich u. U. selbständig machen, was einen Mehrverdienst zur Folge haben kann.

Neben der zeitlichen Befristung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b Abs. 2 BGB kommt hier zugleich eine Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1 BGB in Betracht. Mit Wirkung vom 1.1.2009 wird ihr nachehelicher Unterhaltsanspruch auf ihren eigenen vorehelichen Unterhaltsbedarf herabgesetzt. Ausschlaggebend für das Gericht war, dass die Beklagte bei einer 38,5 Stundenwoche bereits 1700 EUR verdienen kann, während dem Kläger bei mindestens 70stündiger Wochenarbeitszeit nur 2120,00 EUR verbleiben. Dieses Missverhältnis zwischen Arbeitseinsatz und Verdienst muss zur Folge haben, dass die Beklagte auf ihren eigenen angemessenen Unterhalt mit Wirkung vom 1.1.2009 herabgesetzt wird. Das Gesetz ließe eine Kombination von Herabsetzung und zeitlicher Begrenzung zu, § 1578 b Abs. 3 BGB.

Dem angemessenen Bedarf sind nach dem Inhalt des Vergleichs auch die Kosten der Altersvorsorge hinzuzurechnen. Denn der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf (§ 1587 Abs. 1 und 3 BGB. Die Altersvorsorge beträgt 127,05 EUR (565 EUR + 13 % (= 73,45 EUR) = 638,45 EUR, hieraus 19,9 %).

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.5.2008 (Bd. II, Bl. 309) darauf hinweist, dass der durch den Vergleich geregelte Anspruch auf Krankenvorsorge auf jeden Fall bestehen bleiben muss, gibt der Vergleich aber keinen Hinweis darauf, wie der Betrag von 2.700,00 EUR sich verhält zum Elementarunterhalt und zum Krankenvorsorgeunterhalt. Mit Rücksicht hierauf kann das Gericht nicht anordnen, dass der subsidiäre Teil der Krankenvorsorge weiterhin bestehen bleibt. Nach Erinnerung des amtierenden Richters haben die Parteien in dem Scheidungsverbundverfahren bewusst bei der Unterhaltsregelung auf die Wiedergabe von Grundlagen verzichtet. Es ging ihnen allein um eine schnelle Erledigung dieses Streitpunktes im Zusammenhang mit der im Verbundverfahren grundsätzlich notwendigen, einheitlichen und insgesamt abschließenden Entscheidung. Diese damalige Motivlage wirkt sich daher mit ihren Folgen nun fort (OLG Düsseldorf, FamRZ 2008, 1002).

Da der Kläger den Wegfall der Unterhaltsverpflichtung bereits mit dem 1.1.2008 begehrt, dieser aber nach Ansicht des Gerichts unter den individuellen Billigkeitsgesichtspunkten erst zum 31.12.2008 zum Tragen kommt, hat das Auswirkungen auf die Kostenfolge (Kemper, a.a.O., Rnr. 329, Borth, a.a.O., Rnr. 181, Kühner, FamRB 2008, 136, 137). Der Kostenstreitwert errechnet sich nach dem Jahresbetrag des geforderten Unterhalts (§ 17 GKG). Darauf hat die Befristung keinen Einfluss. Andererseits muss nach § 92 ZPO ein teilweises Unterliegen auch kostenmäßig zum Ausdruck kommen. Bei der Konstellation, dass der Unterhalt zunächst unbefristet geltend gemacht wird und im Urteil zeitlich befristet wird, richtet sich die Kostenquotelung nach § 9 ZPO analog (Kemper, a.a.O., Rnr. 329, Borth, a.a.O., Rnr. 181, Kühner, FamRB 2008, 136, 137). Nichts anderes kann gelten, wenn im Wege der Abänderungsklage der titulierte Unterhalt herabgesetzt werden soll. Da der Kläger den Wegfall der titulierten Forderung bereits ab dem 1.1.2008 begehrt, dieser aber nach Ansicht des Gerichts erst zum 31.12.2008 zur Geltung kommt, liegt ein gleich gelagerter Fall vor, d. h. der besondere Bewertungsmodus, der für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert nach § 9 ZPO gilt, ist hier entsprechend anzuwenden. Das hat zur Konsequenz, dass sich der Gebührenstreitwert nach dem Wert der ersten zwölf Monate der noch im Streit befindlichen Monate bemisst (OLG Stuttgart, FamRZ 2008 1205). Der Streitwert beträgt zusätzlich 8304,60 EUR (12 x 692,05 EUR). Der Kläger ist insgesamt unterlegen in Höhe von 16.609,20 EUR (692,05 EUR x 12 x 2). Er ist unterlegen in Höhe von 51,26 %.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Die Nebenentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und Abwendungsbefugnis beruht auf § 708 Nr. 8, 711 ZPO.

AG Berlin (Tempelhof), Urteil vom 30.06.2008
142 F 2233/08

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