Umgang mit dem Kind – eine Frage des Geldes?

Umgang mit dem Kind – eine Frage des Geldes?

Ein Beispiel aus dem Leben: Eine Mutter zieht von München nach Düsseldorf. Der Vater arbeitet und lebt in München, nachdem er auf Drängen der Mutter zwei Jahre zuvor extra dorthin gezogen ist, um regelmäßig Umgang mit seiner Tochter zu haben. Der Vater arbeitet Vollzeit und in der Regel mehr als 40 Stunden in der Woche. Nach der aktuellen Regelung könnte er Freitag abends nach Düsseldorf fliegen, das Kind abholen, sich dort eine Unterkunft suchen, das Wochenende dort verbringen und Sonntagabend wieder zurückfliegen.

Das Wochenende wird ihn geschätzt 750 Euro kosten. Alternativ holt er das Kind ab und fliegt mit ihm zu sich nach München und am Sonntag noch einmal hin und zurück. Oder das Kind ist alt genug und fliegt allein als begleiteter Passagier. Jede dieser Varianten bedeutet für den Vater immense Kosten und die Frage, ob er sich das jedes zweite Wochenende finanziell überhaupt erlauben kann.

Allein für das Jahr 2007 verzeichnete das Statistische Bundesamt Deutschland rund 187.000 Ehescheidungen, unfreiwillig mit betroffen waren 144.981 minderjährige Kinder. Addiert man dazu noch die unverheirateten Paare mit Kindern, die sich jährlich trennen, bekommt man eine Vorstellung von der großen Zahl Kinder, die auf ein Elternteil zeitweise oder manchmal nahezu vollständig verzichten müssen.

Dabei ist das Recht der Kinder auf beide Eltern im Bürgerlichen Gesetzbuch verbrieft. § 1684 BGB besagt: „Ein Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. (Abs. 1)“.

Das gilt sowohl beim gemeinsamen Sorgerecht, als auch beim alleinigen Sorgerecht des Elternteils, bei dem die Kinder leben. Umgekehrt hat auch der getrennt lebende Elternteil ein eigenes, einklagbares Umgangsrecht mit dem Kind. Aus dieser Vorschrift erwachsen den Eltern Loyalitätspflichten untereinander – die möglicherweise nicht leicht zu erfüllen sind, ist doch die Paarbeziehung einmal schmerzhaft gescheitert.

In der Praxis verbleiben die gemeinsamen Kinder meistens bei der Mutter. Der umgangsberechtigte Vater verbringt in der Regel mit den Kindern jedes zweite Wochenende und muss laut aktueller Rechtssprechung auf eigene Kosten die Kinder bei der Mutter abholen und dort wieder abliefern. Doch häufig muss ein Elternteil aus beruflichen Gründen in eine andere Stadt ziehen, im Zuge der Globalisierung auch mal in ein anderes Land. Wie kann in diesem Fall der Umgang mit dem Kind weiter durchgeführt werden? Wer reist am Wochenende von A nach B und wer kommt für die Reisekosten auf?

Die Familienrechtsexpertin Dr. Sabine Kramer vertritt in ihrer Kanzlei elblaw einige getrennt lebende Väter, deren berufliche Situation häufig das Umgangsrecht mit den Kindern erschwert. „Wenn Väter einen gut bezahlten Job im Ausland annehmen, um beispielsweise auch die hohen Unterhaltszahlungen an die Ex-Frau bezahlen zu können, geht das immer auf Kosten der Beziehung zu den Kindern.“ Die aktuelle Rechtslage sieht vor, dass die Kosten des Umgangs allein der Umgangsberechtigte – meistens der Vater – trägt. Der andere Elternteil braucht sich nicht zu beteiligen. Er kann sich darauf beschränken, das Kind zum verabredeten Zeitpunkt an der Wohnungstür zu übergeben.

Die Mutter kann nur dann zur Übernahme von anteiligen Reisekosten verpflichtet werden, wenn der Vater sich diese Ausgaben finanziell definitiv nicht leisten kann und ein Umgang mit dem Kind sonst ausgeschlossen wäre. Das bedeutet aber in der Praxis, dass normal verdienende Väter auch hohe Fahrtkosten in Kauf nehmen müssen, wenn die Mutter aus privaten Gründen, z.B. wegen eines neuen Lebensgefährten, mit dem gemeinsamen Kind weggezogen ist. “Hier hat der Vater keinerlei Mitspracherecht, muss aber die Reisekosten allein tragen, wenn er sein Kind sehen möchte“, bringt Rechtsanwältin Dr. Kramer das Dilemma auf den Punkt. „Hier wird ein klarer Reformbedarf der Gesetzgebung deutlich, schließlich darf die Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern nicht allein von finanziellen Umständen abhängen.“

Dr. Sabine Kramer gibt Antwort auf häufige Fragen zum Thema:

Können die Kosten des Umgangs vom Einkommen abgezogen werden, wenn der Unterhalt berechnet wird?
Fahrt, Verpflegungs- und Unterbringungskosten für das Kind können bei der Unterhaltsberechnung grundsätzlich nicht vom Einkommen abgezogen werden. Bei überdurchschnittlich hohen Fahrtkosten, die dadurch entstehen, dass das Kind weit weggezogen ist, können nur die reinen Mehrkosten abgesetzt werden, also die Kosten der Fahrkarte bzw. die Benzinkosten.

Kann der Kindesunterhalt für die Zeit gekürzt werden, in der sich das Kind beim umgangsberechtigten Elternteil aufhält?
Nein, da die meisten Kosten weiterlaufen, egal ob das Kind zu Hause ist oder nicht (z.B. anteilige Miete, Nebenkosten, auf den Monat umgelegte Kosten für Kleidung, Schulbedarf etc.). Anders sieht es aus, wenn der umgangsberechtigte Elternteil in so schlechten finanziellen Verhältnissen lebt, dass er sich den Umgang gar nicht mehr leisten könnte, falls die Kosten nicht bei der Unterhaltsberechnung abgezogen werden könnten.

Bekommen Sozialhilfeempfänger Unterstützung zu den Kosten des Umgangs?
Wenn der umgangsberechtigte Elternteil Sozialhilfe bezieht, dann kann er vom Sozialamt einen Zuschuss zu den Kosten des Umgangs erhalten. Für jeden Tag des Umgangs und für jedes Kind stehen ihm 1/30 des Sozialsatzes für Kinder zu (Verwaltungsgericht Schleswig, NJW 2003, 79).

Haben Geschwister und Großeltern auch ein Umgangsrecht?
Umgangsrecht gilt auch für Geschwister und Großeltern sowie für Stiefeltern oder Pflegeeltern, sofern der Umgang dem Wohl des Kindes dient.

Wie oft und wie lange soll der Umgang stattfinden?
Zur Dauer und Häufigkeit hat der Gesetzgeber keine Richtlinien gegeben. Erfahrungsgemäß sollten bei kleinen Kindern die Kontakte eher häufiger, dafür jedoch kürzer sein. Mit Vollendung des dritten Lebensjahres können Kinder bereits in die Diskussion mit einbezogen werden. Je älter die Kinder werden, desto wichtiger wird die Ausgestaltung und Dauer des Umgangs.

Was tun, wenn es bei der Ausübung des Umgangsrechts Probleme gibt?
Wenden Sie sich in diesem Fall dringend an das örtliche Jugendamt oder eine geeignete Beratungsstelle. Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz haben Sie sogar den Anspruch auf Beratung und Unterstützung. Auch andere für das Kind wichtige Personen, wie z. B. Großeltern oder Pflegeeltern, haben diesen Anspruch.

Kann das Umgangsrecht gesetzlich eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen werden?
Das ist möglich, wenn dies zum Wohl des Kindes und zur Vermeidung von Gefahren für das Kind erforderlich ist (§ 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB.) Das gilt zum Beispiel bei Gefahr des sexuellen Missbrauchs des Kindes, bei Alkoholismus oder auch drohender Kindesentführung. Möglich ist auch die Durchsetzung eines Umgangsrechts unter Beisein einer weiteren Aufsichtsperson, zum Beispiel vom Jugendamt.

Anregungen und Tipps zum Umgang mit dem Kind
Je leichter und unbefangener das Umgangsrecht von den Eltern umgesetzt wird, desto schneller und besser bewältigen Kinder die Trennung oder Scheidung ihrer Eltern. Unter den Schwierigkeiten zwischen den Eltern leiden auch immer die Kinder. Deshalb sollten Eltern folgende Regeln und Tipps beherzigen:

  • Das Kind muss pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt fertig zur Abholung sein und auch wie vorher verabredet wieder zurückgebracht werden.
  • Müssen vereinbarte Treffen abgesagt werden, so ist der umgangsberechtigte Elternteil umgehend zu benachrichtigen; und dem Kind muss eine offene und ehrliche Erklärung gegeben werden, warum der Besuch beim anderen Elternteil ausfällt.
  • Besuche sollten normalerweise in der Wohnung des umgangsberechtigten Elternteils stattfinden.
  • Unterlassen Sie es, Ihr Kind nach einem Besuch beim anderen Elternteil auszuhorchen. Dies ruft nur eine Abwehrhaltung Ihres Kindes gegen Sie hervor.
  • Keine materielle Verwöhnung des Kindes durch den umgangsberechtigten Elternteil! Ihr Kind braucht Ihre persönliche Zuwendung und nicht ein Mehr an Spielzeug oder teure Ausflüge in Vergnügungsparks!
  • Es ist durchaus möglich, dass nach Umgangskontakten Ihr Kind ganz durcheinander ist (vielleicht auch traurig, aggressiv, launisch usw.). Manche Eltern versuchen dann, den Umgang einzuschränken oder ganz zu verhindern. Bedenken Sie jedoch, dass Ihr Kind Zeit braucht, die Folgen der Trennung zu verdauen. Die Gefühlsregungen sind nicht unbedingt unmittelbare Reaktionen auf die Besuchskontakte.


Über elblaw:
elblaw ist die junge Hamburger Anwaltskanzlei für Menschen mit modernen Arbeits- und Lebenskonzepten. Sie berät umsichtig, agiert kompetent und entlastet von juristischen Problemen. Die Anwälte Matthias Möller, Reinald Berchter, Jan Tobias Behnke sowie die Anwältin Dr. Sabine Kramer helfen gemeinsam mit einem weiteren Anwalt in Bürogemeinschaft zuverlässig und mit großem Einfühlungsvermögen. Sie sind erfahrene Kompetenzpartner in Sachen Arbeits- und Beamtenrecht, Familien- und Erbrecht, Mediation, Zivilrecht, Sozial- und Verwaltungsrecht, Schul- und Hochschulrecht, Miet- und Verkehrsrecht sowie Ausländer- und Strafrecht . Weitere Informationen unter www.elblaw.de.

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