Unterhaltsrechtliche Leitlinien OLG Thüringen (Jena) – Stand 01.01.2020

Unterhaltsrechtliche Leitlinien OLG Thüringen (Jena) – Stand 01.01.2020

Die Familiensenate des Thüringer Oberlandesgerichts verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH.

Die “Düsseldorfer Tabelle”, Stand: 01.01.2020 ist einbezogen.

Die Leitlinien orientieren sich weitgehend an den Leitlinien des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

1. Einkünfte aus Erwerb und Vermögen

1.1 Auszugehen ist vom regelmäßigen Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.
1.2 Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf 1 Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z. B. Abfindungen) sind grundsätzlich auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen.
1.3. Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten.
1.4. Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind abzuziehen.
Bei Aufwendungspauschalen (ausgenommen km-Geld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.
1.5. Bei Ermittlung des Einkommens eines Selbständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zu Grunde zu legen.
1.6. Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Für Gebäude ist keine AfA anzusetzen.

2. Einkünfte aus Sozialleistungen

2.1. Arbeitslosengeld (§§ 136 ff. SGB III) und Krankengeld.
2.2. Leistungen nach den §§ 19 ff SGB II beim Verpflichteten; Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II sind beim Berechtigten kein Einkom-men, es sei denn die Nichtberücksichtigung der Leistungen ist in Ausnahmefällen treuwidrig (vgl. BGH FamRZ 1999, 843; 2001, 619); nicht subsidiäre Leistungen nach dem SGB II sind Einkommen, insbesondere befristete Zuschläge (§ 24 SGB II), Einstiegsgeld (§ 16 b SGB II), Entschädigung für Mehraufwendungen „1 Euro-job” (§ 16 d SGB II).
2.3. Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.
2.4. BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.
2.5. Elterngeld ist, soweit es über den Sockelbetrag i.H.v. 300,– EUR, bei verlängertem Bezug über 150,– EUR, hinausgeht, Einkommen. Der Sockelbetrag des Elterngeldes und das Betreuungsgeld sind kein Einkommen, es sei denn, es liegt ein Ausnahmefall des § 11 Satz 4 BEEG vor.
2.6. Unfallrenten
2.7. Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Versorgungsrenten, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen; §§ 1610 a, 1578 a BGB sind zu beachten.
2.8. Der Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.
2.9. In der Regel Leistungen nach §§ 41 – 43 SGB XII (Grundsicherung) beim Verwandtenunterhalt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt.
2.10. Kein Einkommen sind sonstige Sozialhilfe nach SGB XII und Leistungen nach dem UVG.

3. Kindergeld

Kindergeld mindert den Unterhaltsbedarf der Kinder nach Maßgabe des § 1612b BGB und unterstützt den betreuenden Elternteil bei der Erbringung der Betreuungsleistungen. Es stellt kein Einkommen des Bezugsberechtigten dar.

4. Geldwerte Zuwendungen

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers (z. B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis) sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Vorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen. Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und jene Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt. Während des Getrenntlebens ist zunächst regelmäßig die ersparte Miete anzusetzen, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten, sind Ausnahmen von der Berücksichtigung des vollen Mietwertes grundsätzlich nicht mehr gerechtfertigt (BGH, FamRZ 2008, 963 ff.), es sei denn, es ist nicht möglich oder zumutbar, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern. Die in den Selbstbehaltsätzen ausgewiesenen Kaltmiet-Wohnkosten können im Mangelfall als Maßstab für die Anrechnung mietfreien Wohnens herangezogen werden.

6. Haushaltsführung

Die Führung des Haushalts eines leistungsfähigen Dritten kann dem Nichterwerbstätigen als (fiktives) Einkommen zugerechnet werden. In der Regel kann ein Betrag von 450,00 € monatlich dafür angesetzt werden.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z. B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind regelmäßig nicht als Einkommen zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 01.07.2015, Az. XII ZB 240/14). Keine freiwilligen Zuwendungen Dritter sind Leistungen, die einem Ehegatten im Rahmen des Familienunterhalts zufließen.

9. Fiktives Einkommen

Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1. Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder tatsächliche, angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen). Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags).
10.2.1. Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind vom Einkommen abzuziehen. Bei entsprechenden Anhaltspunkten kann – auch bei fiktiven Einkünften – eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens – mindestens 50 EUR, bei geringfügiger Teilzeitarbeit auch weniger, und höchstens 150 EUR monatlich – geschätzt werden. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen die Pauschale, sind sie in voller Höhe konkret darzulegen.
10.2.2. Für Fahrten von der Wohnung zum Arbeitsplatz sind – jedenfalls in engen wirtschaftlichen Verhältnissen – in der Regel nur die Kosten öffentlicher Verkehrsmittel absetzbar. Ist die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar, sind die Kosten der PKW-Nutzung in der Regel mit 0,30 € je Kilometer (Formel: Entfernungskilometer x 2 x 0,30 € x 220 Arbeitstage: 12 Monate) abzugsfähig. Wenn die einfache Entfernung über 30 Kilometer hinausgeht, wird empfohlen, die weiteren Kilometer wegen der eintretenden Kostenersparnis nur mit den Betriebskosten von 0,20 €/km anzusetzen. Neben den Fahrtkosten sind regelmäßig keine weiteren Kosten (etwa für Kredite oder Reparaturen) abzugsfähig. Anschaffungs-, Reparatur- und sonstige Betriebskosten sind enthalten.
10.3. Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Kindergartenkosten stellen jedoch Mehrbedarf des Kindes dar, BGH FamRZ 2009, S. 962 ff. Geht ein Ehegatte überobligatorisch einer Vollzeittätigkeit nach, obwohl er minderjährige Kinder betreut, so kann ihm gegenüber dem anderen Ehegatten ein Kinderbetreuungsbonus anrechnungsfrei belassen werden, wenn er darlegt, dass er oder Dritte zusätzliche Kosten durch die Betreuung der Kinder haben.
10.7 Zur ausnahmsweisen Berücksichtigung von Umgangskosten (BGH, FamRZ 2009, 1300; 1391; 1477, 1479; FamRZ 2014, 917-921).

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anlage I).

11.1. In den Tabellenbeträgen sind Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht enthalten.
11.2. Die Tabelle weist monatliche Unterhaltsrichtsätze aus, bezogen auf zwei Unterhaltspflichten ohne Rücksicht auf den Rang. Bei einer größeren/geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere/höhere Gruppen angemessen sein.

12. Minderjährige Kinder

Der Betreuungsunterhalt i. S. d. § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt.

13. Volljährige Kinder

13.1 Bedarf
Der Bedarf des volljährigen Schülers oder Studenten umfasst in der Regel den Wohnbedarf und übliche ausbildungsbedingte Aufwendungen. Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der Eltern / eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.
13.1.1 Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, gilt die Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle. Sind beide Elternteile leistungsfähig (vgl. Nr. 21.3), ist der Bedarf des Kindes in der Regel nach dem zusammengerechneten Einkommen zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt Nr.13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt. Dies gilt auch für ein Kind im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB. Erzielt das volljährige Kind eigenes Einkommen, beträgt der Unterhaltsbedarf (ohne Kranken-/Pflegeversicherungsbedarf und ohne Studiengebühren) mindestens monatlich 610 EUR. Die Ausbildungsvergütung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, ist vor ihrer Anrechnung in der Regel um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf von monatlich 100 EUR zu kürzen. Die Anrechnung darf nicht zu unangemessenen Ergebnissen führen.
13.1.2 Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel monatlich mindestens 860 EUR (darin sind enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 375 EUR), ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie ohne Studiengebühren. Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.
13.2 Einkommen des Kindes
Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch das Kindergeld (siehe Nr. 14), BAföG-Darlehen und Ausbildungsvergütung bzw. -beihilfen angerechnet. Bei in der Berufsausbildung befindlichen Volljährigen sind von diesen Einkünften des Kindes ausbildungsbedingte Aufwendungen abzuziehen. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend.
13.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht / Haftungsanteil
Für den Bedarf des Volljährigen haften die Eltern anteilig nach dem Verhältnis ihrer verfügbaren Einkommen. Vor der Bildung der Haftungsquote sind der angemessene Selbstbehalt jedes Elternteils (vgl. Nr. 21.3.1) und der Unterhalt vorrangig Berechtigter abzusetzen. Die Haftung ist auf den Tabellenbetrag nach Maßgabe des eigenen Einkommens des jeweils Verpflichteten begrenzt. Diese Berechnung findet für den Bedarf des volljährigen Schülers im Sinne des § 1603 Abs.2 Satz 2 BGB entsprechende Anwendung. In diesem Fall ist vor der Bildung der Haftungsquote der notwendige Selbstbehalt jedes Elternteils (vgl. Nr. 21.2) abzusetzen.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Kindergeld wird zur Deckung des Barbedarfs verwandt, bei Minderjährigen, die von einem Elternteil betreut werden, zur Hälfte, ansonsten insgesamt (§ 1612 a BGB).

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1. Maßgeblich sind jeweils die die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einkünfte der (geschiedenen) Ehegatten.
Bei Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das (Mehr-) Einkommen als prägend. Verfügt der Berechtigte über die ehelichen Lebensverhältnisse nicht prägendes eigenes Einkommen, so kommt die sog. Anrechnungsmethode zur Anwendung. Hier wird das Erwerbseinkommen des Berechtigten mit 6/7 angerechnet.
15.2. Hat der Berechtigte kein eigenes Einkommen, beträgt der Bedarf 3/7 des bereinigten Nettoeinkommens zuzüglich ½ der anrechenbaren sonstigen Einkünfte des Verpflichteten.
Hat der Berechtigte eigenes Einkommen, beträgt der Bedarf 3/7 der Differenz zwischen dem anrechenbaren Nettoeinkommen der (geschiedenen) Ehegatten bzw. ½ der anrechenbaren sonstigen Einkünfte, jeweils begrenzt durch den vollen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB).
15.3. Bei einem Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags (also derzeit 2 * 5.500 € = 11.000 €) ist davon auszugehen, dass dieses vollständig für den Lebensbedarf der Familie verwendet worden ist. Der Unterhaltsbedarf kann in diesem Fall ohne Darlegung der konkreten Einkommensverwendung nach der Einkommensquote bemessen werden. Bei einem höheren Familieneinkommen muss der Unterhaltsberechtigte jedoch, wenn er dennoch Unterhalt nach der Quotenmethode begehrt, die vollständige Verwendung des Einkommens für den Lebensbedarf darlegen und bei substantiiertem Bestreiten in vollem Umfang beweisen (BGH, Beschluss vom 15.11.2017, Az. XII ZB 503/16, juris). Eigenes Einkommen des bedürftigen Ehegatten – Erwerbseinkommen ohne Abzug des Erwerbstätigenbonus – ist hierauf anzurechnen (BGH, FamRZ 2011, 192)

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche nach § 1615 l BGB

Der Bedarf nach § 1615 l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Erleidet dieser einen konkreten Verdienstausfall, ist er auch für den Unterhalt zu Grunde zu legen. Der Mindestbedarf entspricht in der Regel dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen (Ziff. 21.2 a), vgl. BGH, FamRZ 2010, S. 357 ff. Die Lebensstellung des unterhaltsberechtigten Elternteils richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte (BGH FamRZ 2015,1369).

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Verpflichteten

21.1. Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB), dem eheangemessenen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) sowie dem billigen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).
21.2 Er beträgt gegenüber Minderjährigen und gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegierten volljährigen Kindern (notwendiger oder kleiner Selbstbehalt)
a) für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige: 960 EUR
b) für erwerbstätige Unterhaltspflichtige: 1160 EUR
Darin enthalten sind 430 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete). Der Selbstbehalt kann erhöht werden, wenn die Wohnkosten (Warmmiete) den ausgewiesenen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind. Verursacht der Umgang des Unterhaltspflichtigen mit den minderjährigen Kindern besondere Kosten, die er nur unter Gefährdung seines Selbstbehalts aufbringen könnte, kommt eine maßvolle Erhöhung in Betracht.
21.3 Der angemessene Selbstbehalt gilt insbesondere gegenüber volljährigen Kindern, die minderjährigen Kindern nicht gleichgestellt sind, sowie gegenüber den Eltern des Unterhaltsverpflichteten und gegenüber Ansprüchen nach § 1615 l BGB. ei Deckung des Mindestunterhalts gilt auch gegenüber Ansprüchen minderjähriger Kinder und ihnen gleichgestellter volljähriger Kinder der angemessene Selbstbehalt nach 21.3.1.
21.3.1. Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern, die nicht gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert sind (angemessener oder großer Selbstbehalt): 1400 EUR
Darin ist eine Warmmiete in Höhe von 550 EUR enthalten.
21.3.2. gegenüber dem getrennt lebenden und geschiedenen Ehegatten (eheangemessener Selbstbehalt) sowie dem nach § 1615l BGB Unterhaltsberechtigten: 1280 EUR
Darin enthalten sind bis 490 EUR für Warmmiete.
21.3.3. Der Selbstbehalt beträgt gegenüber den Eltern 2000 EUR, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt. Darin enthalten sind Kosten des Wohnbedarfs in Höhe von 700 EUR (Warmmiete). Der angemessene Unterhalt eines mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (Halbteilungsgrundsatz), beträgt jedoch mindestens 1600 EUR; darin sind Kosten des Wohnbedarfs in Höhe von 560 EUR enthalten (Warmmiete). Bei Zusammenleben beträgt der Familienselbstbehalt (2000 + 1600 =) 3600 EUR, wobei 45 % des darüber hinausgehenden Einkommens anrechnungsfrei verbleiben (BGH, FamRZ 2010, 1535-1541). Der Elternselbstbehalt berücksichtigt die sich aus dem Angehörigenentlastungs-gesetz möglicherweise ergebenden Veränderungen nicht.
21.3.4. Der Selbstbehalt der Großeltern beträgt 2000 EUR, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt. Bei Zusammenleben der Großeltern beträgt der Selbstbehalt 3600 EUR, wobei 45 % des darüber hinausgehenden Einkommens anrechnungsfrei verbleiben (BGH, FamRZ 2010, 1535-1541). Die Haushaltsersparnis, die bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Erwerbseinkommen eintritt, ist regelmäßig mit 10 % dieses Mehreinkommens zu bemessen. Aufwendungen für eine Hausrat- und Haftpflichtversicherung sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht als vorweg abziehbare Verbindlichkeiten zu behandeln (BGH, a.a.O.).
21.4 Der billige Selbstbehalt des Unterhaltsverpflichteten beim Ehegattenunterhalt (§ 1581 BGB) beläuft sich in der Regel auf die Mitte zwischen angemessenem und notwendigem Selbstbehalt (derzeit: 1.280 €, bei Warmmiete bis 490 €), unabhängig davon, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist oder nicht.
21.5 Vorteile durch das Zusammenleben mit einer anderen Person können eine Herabsetzung des Selbstbehalts rechtfertigen, es sei denn das Einkommen des Partners unterschreitet den Betrag des um 10 % verminderten notwendigen Selbstbehalts, derzeit also 864 € (vgl. Wendl/Dose/ Guhling, Unterhaltsrecht, 10. Auflage, § 5, Rn. 20).

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

Das Existenzminimum des unterhaltsberechtigten Ehegatten einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs beträgt in der Regel:
1. falls erwerbstätig: 1160 EUR
2. falls nicht erwerbstätig: 960 EUR

23. Bedarf des vom Pflichtigen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig

1. Monatlicher notwendiger Eigenbedarf des von dem Unterhaltspflichtigen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig:
a) gegenüber einem nachrangigen geschiedenen Ehegatten 1280 EUR
b) gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern 1400 EUR
c) gegenüber Eltern des Unterhaltspflichtigen 2000 EUR
2. Monatlicher notwendiger Eigenbedarf des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt, unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig:
a) gegenüber einem nachrangigen geschiedenen Ehegatten 1024 EUR
b) gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern 1120 EUR
c) gegenüber Eltern des Unterhaltspflichtigen 1600 EUR
(s. Anm. 21.3.3.)

24. Mangelfall

24.1 Ein Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zur Deckung seines Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche der Berechtigten nicht ausreicht. Für diesen Fall ist die nach Abzug des Eigenbedarfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse auf die gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen.
24.2 Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich
bei minderjährigen und diesen nach § 1603 Abs. 2, S. 2 BGB gleichgestellten Kindern auf den Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe nach der Düsseldorfer Tabelle nach den jeweiligen Zahlbeträgen. Beim Kindesunterhalt ist im Mangelfall gegenüber Berechtigten im Sinne von § 1609 Nr. 2 BGB trotz Vorrangs nur der Mindestunterhalt anzusetzen, BGH FamRZ 2008, 2189 ff.
Die nach Abzug des Eigenbedarfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf die gleichrangigen Unterhalts-berechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen. Anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten ist vom Einsatzbetrag abzuziehen.

Sonstiges

25. Rundungen

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle EUR aufzurunden.

Anmerkung:
Die nicht durchgängige Nummerierung beruht auf der einheitlichen Gliederung der Leitlinien in den Oberlandesgerichtsbezirken. Die fehlenden Punkte wurden beim Thüringer Oberlandesgericht nicht besonders geregelt.

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