1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – B. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.1. Der vor dem Amtsgericht – Familiengericht – B. am 10.10.2022 im Verfahren … abgeschlossene Vergleich wird in Ziffer 5. c) dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller für den Monat September 2023 verpflichtet wird, Trennungsunterhalt in Höhe von 1.434 Euro an die Antragsgegnerin zu bezahlen, und er ab Oktober 2023 nicht mehr verpflichtet ist, Trennungsunterhalt an die Antragsgegnerin zu bezahlen.
1.2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den vom Antragsteller für die Monate Februar 2024 bis einschließlich Mai 2024 bezahlten Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 6.000 Euro an den Antragsteller zurückzubezahlen.
1.3. Im Übrigen werden die Anträge des Antragstellers abgewiesen.
1.4. Der Widerantrag der Antragsgegnerin wird abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
3. Bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung verbleibt es. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
4. Der Gegenstandswert der ersten Instanz beträgt 50.793 Euro.
5. Der Beschwerdewert wird auf 35.151 Euro festgesetzt.
6. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Abänderung des am 10.10.2020 im Verfahren … vor dem Amtsgericht B. abgeschlossenen Vergleichs zum Trennungsunterhalt.
Die Beteiligten sind seit dem …2021 getrenntlebende Eheleute. Aus der am … geschlossenen Ehe ist das gemeinsame Kind M., geboren am …2017, hervorgegangen. Dieses hielt sich nach der Trennung der Beteiligten zunächst bei der Antragsgegnerin auf.
Die Antragsgegnerin äußerte Anfang September 2022, M. habe nach einem Umgangskontakt am 04.09.2022 Schwellungen und Rötungen im Genitalbereich gehabt und Hämatome an den Oberschenkeln. Sie fertigte Bilder vom Genitalbereich des Kindes und zeigte diese verschiedenen Ärzten, welche aufgrund der Schilderungen der Antragsgegnerin und des gezeigten Bildmaterials ärztliche Stellungnahmen und Atteste erstellten. So erhielt sie eine ärztliche Stellungnahme des Hausarztes F. vom 05.04.2023, welchen sie am 07.09.2022 zu Rate zog und welcher aufgrund der Schilderungen der Antragsgegnerin und der ihm vorgelegten Lichtbilder selbständig die Polizei kontaktierte. Weitere Atteste, datiert vom 06.09.2022 und 31.07.2022, erhielt sie von ihrem Gynäkologen Herrn J., welchen sie am 05.09.2022 und 06.09.2022 aufsuchte, sowie von der Kinderärztin Frau Dr. S., datiert vom 26.09.2022. Am 06.09.2022 stellte sie das Kind bei der Frauenklinik S. und in der Kinderklinik S. vor, welche jeweils einen Behandlungsbericht, bzw. Notfallbrief erstellten. Eine Untersuchung des Genitalbereichs des Kindes fand am 06.09.2022 durch die Frauenklinik statt. Rötungen und Schwellungen waren zu diesem Zeitpunkt nicht feststellbar. Dem Gesundheitsamt zeigte die Antragsgegnerin am 07.09.2022 das angefertigte Bildmaterial, wodurch die Ärztin Frau Dr. F. in ihrem Bericht vom 08.09.2022 zu der Einschätzung gelangte, dass aufgrund der Angaben der Antragsgegnerin in Verbindung mit dem Bildmaterial ein dringender Verdacht auf sexuellen Missbrauch des Kindes durch den Vater bestehe. Die Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie A. empfahl in ihrem fachärztlichen Attest vom 26.09.2022, bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts den Umgang mit dem Vater auszusetzen. Am 07.09.2022 erstattete die Antragsgegnerin Strafanzeige gegen den Antragsteller, welche zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, sowie zur Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers führte. Am 26.07.2023 wurde das Strafverfahren eingestellt. Der Antragsteller hatte wegen des geäußerten Verdachts des sexuellen Missbrauchs im Zeitraum vom 04.09.2022 bis 13.02.2023 keinen Umgang mit der Tochter.
In einem vor dem Amtsgericht B. geführten Verfahren wegen einstweiliger Anordnung Umgang, …, schlossen die Beteiligten nach Anhörung der Sachverständigen Dr. C. im Termin vom 06.02.2023 einen Vergleich dahingehend, dass ab 14.02.2023 begleitete Umgangskontakte stattfinden sollten. Vor und nach den begleiteten Umgangskontakten fertigte die Antragsgegnerin Lichtbilder vom Unterleib des Kindes an.
In einem am 08.02.2023 von Amts wegen eingeleiteten Sorgerechtsverfahren (…) hat das Amtsgericht B. mit Beweisbeschluss vom 14.02.2023 ein gerichtsmedizinisches Sachverständigengutachten zur Bewertung der von der Antragsgegnerin angefertigten Lichtbilder im Zusammenhang mit dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs in Auftrag gegeben. Der Antragsgegnerin wurde in diesem Verfahren aufgegeben, die Lichtbilder und Originaldateien vorzulegen, insbesondere die Bilder, die sie bei Anzeigeerstattung vorgelegt hatte. Das gerichtsmedizinische Gutachten vom 04.07.2023 kommt zu dem Ergebnis, dass sich aus den zur Verfügung stehenden Unterlagen und Lichtbildern keine Befunde ergeben, die einen sexuellen Missbrauch von M. durch ihren Vater belegen oder konkret auf einen solchen hindeuten würden. Ein sexueller Missbrauch könne naturgemäß aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht ausgeschlossen werden, da in vielen Fällen auch nach erfolgtem Missbrauch ein Normalbefund bei Kindern festzustellen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das sich in der Akte des Amtsgerichts B. auf Bl. 147 ff. befindliche Gutachten Bezug genommen.
Das in einem weiteren beim Amtsgericht B. geführten Verfahren … eingeholte kinder- und jugendpsychiatrische Sachverständigengutachten von Frau Dr. C. vom 26.07.2023 kommt zu dem Ergebnis, dass es weder Belege für einen sexuellen Missbrauch zum Nachteil von M. durch den Vater gebe, noch einen begründeten Anfangsverdacht dahingehend, aufgrund dessen Kinderschutzmaßnahmen, beispielsweise Umgangsbeschränkungen, erforderlich seien.
Mit Beschluss vom 17.07.2023 im Verfahren … wurde dem Vater im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge vorläufig allein übertragen. Am selben Tag wechselte das Kind in den Haushalt des Vaters, wo es sich aktuell aufhält. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den erstinstanzlichen Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren wurde durch Beschluss des Senats vom 11.10.2023 (…) zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 15.01.2024 wurde im Verfahren … im Hauptsacheverfahren die elterliche Sorge auf den Vater übertragen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin (…) wurde durch Beschluss des Senats vom 22.05.2024 zurückgewiesen.
Unter dem Aktenzeichen … schlossen die Beteiligten am 10.10.2022 vor dem Amtsgericht B. einen Vergleich bezüglich Kindes- und Trennungsunterhalt, wonach der Antragsteller sich in Ziffer 5 c) verpflichtete, ab September 2022 monatlich 1.500 Euro an Trennungsunterhalt an die Antragsgegnerin zu bezahlen unter Aufrechterhaltung seines Verwirkungseinwandes wegen des behaupteten sexuellen Missbrauchs und unter Vorbehalt der Rückforderung.
Wegen des Wortlauts des Vergleichs wird auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen. Hinsichtlich der Vergleichsgrundlagen wird ergänzend auf den Sitzungsvermerk des Amtsgerichts im beigezogenen Verfahren … vom 10.10.2022 und die Anlagen hierzu verwiesen. Die Antragsgegnerin ging zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses wegen der Kindesbetreuung einer Teilzeiterwerbstätigkeit nach, der Antragsteller arbeitete Vollzeit. Er reduzierte seine Erwerbstätigkeit ab 01.09.2023 auf 75 %.
Unter dem Aktenzeichen … wurde die Antragsgegnerin verpflichtet, ab August 2023 Kindesunterhalt in Höhe von 105 % des Mindestunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle für die gemeinsame Tochter zu bezahlen. Unter dem Aktenzeichen … ist beim Amtsgericht B. das Scheidungsverfahren anhängig.
Der Antragsteller vertritt die Ansicht, dass er ab September 2022 keinen Trennungsunterhalt mehr schuldet und stützte seinen Abänderungsantrag in erster Instanz im Wesentlichen auf die durch den Wechsel der Tochter in den Haushalt des Antragstellers eingetretenen Veränderungen hinsichtlich der Einkommensverhältnisse des Antragstellers sowie der Antragsgegnerin und erhob den Einwand der Verwirkung ab September 2022 mit der Begründung, die Antragsgegnerin habe gegen ihn mutwillig und leichtfertig den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs der gemeinsamen Tochter erhoben.
Erstinstanzlich beantragte der Antragsteller folgendes:
1. Der Vergleich vom 10.10.2022 zu Az. … wird unter Ziffer 5. c) dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller ab 01.09.2022 keinen Unterhalt mehr an die Antragsgegnerin zu bezahlen hat.
2. Hilfsweise für den Fall und im Umfang der Begründetheit des Antrages nach Ziffer 1 wird beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den vom Antragsteller an die Antragsgegnerin für die Zeit ab 01.09.2022 bezahlten Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1.500,00 € an den Antragsteller zurückzubezahlen.
Ferner beantragte er die Abweisung des Widerantrags der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin begehrt eine Abänderung des Vergleichs zu ihren Gunsten. Sie ist der Ansicht, ihr stehe nach dem Wechsel des Kindes zum Antragsteller ein höherer Unterhaltsanspruch zu. Sie hält den Unterhaltsanspruch nicht für verwirkt und beruft sich bezüglich des geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs auf Entreicherung.
Sie beantragte erstinstanzlich die Antragsabweisung und im Wege des Widerantrags wie folgt:
Der Vergleich vom 10.10.2022 zum Aktenzeichen … wird unter Ziff. 5 c dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller ab dem 01.10.2023 einen um monatlich 429,00 € erhöhten Trennungsunterhalt zu zahlen hat, mithin 1.928,85 €.
Mit Beschluss vom 06.05.2024 hat das Familiengericht den Abänderungsantrag der Antragsgegnerin zurückgewiesen und den Vergleich vom 10.10.2022 zu Az. … unter Ziffer 5. c) dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller ab 01.08.2023 keinen Unterhalt mehr an die Antragsgegnerin zu bezahlen hat. Die Antragsgegnerin wurde zudem verpflichtet, den vom Antragsteller für die Zeit ab 01.08.2023 bezahlten Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1.500 Euro an den Antragsteller zurückzubezahlen. Das Amtsgericht hält den Unterhaltsanspruch ab August 2023 insgesamt nach § 1579 Nr. 8 BGB für verwirkt und führt aus, dass sich aber auch rechnerisch ab Oktober 2023 keine Erhöhung des Trennungsunterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin ergeben hätte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Beschluss verwiesen. Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 13.05.2024 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 13.06.2024, welcher am selben Tag beim Amtsgericht einging, legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein, die sie mit Schriftsatz vom 12.09.2024 innerhalb der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist begründete.
Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die vom Amtsgericht angenommene Verwirkung und die vollständige Versagung des Unterhalts ab August 2023, sowie die ausgesprochene Verpflichtung zur Rückzahlung von Unterhalt. Sie verfolgt ihre erstinstanzlichen Anträge weiter und erweitert ihren Abänderungsantrag in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitraum ab August 2023. Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und bemängelt, das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller die volle Darlegungs – und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Härtegrundes trage und weder eine Herabsetzung, noch eine zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs infolge der angenommenen Verwirkung erwogen.
In der damaligen Situation hätte der Antragsgegnerin kein leichtfertiges oder vorsätzliches Handeln vorgeworfen werden können, da die Situation so komplex gewesen sei, dass auch das Gericht ein psychologisches und ein rechtsmedizinisches Gutachten benötigt habe. Die objektiven Anhaltspunkte seien von den Ärzten bestätigt worden. Die Antragsgegnerin habe gegenüber den Ärzten nichts Unzutreffendes geschildert. Das Kind sei schüchtern gewesen und habe unter Beschwerden im Genitalbereich, nämlich Rötungen, Schwellungen sowie Hämatomen und Schmerzen gelitten. Ferner habe es unter Nachtschweiß, Einnässen und Mutismus gelitten. Die Strafanzeige habe sie erstattet, da ihr dies von mehreren Seiten angeraten worden sei. Dass die Notwendigkeit vorhanden gewesen sei, den Vorgang damals zu klären, zeige sich auch daran, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet habe. Sie habe aber sämtliche Äußerungen im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung getätigt und nicht in der Öffentlichkeit. Sie müsse auch die Möglichkeit haben, ihre Punkte im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung geltend machen zu können. Sämtliche Umgangskontakte mit dem Vater habe sie so, wie sie vereinbart gewesen seien, wahrgenommen, soweit die gesundheitliche Situation des Kindes nicht dagegen gesprochen habe. Bezüglich der Unterhaltsberechnung des Amtsgerichts greift die Antragsgegnerin an, das Einkommen des Antragstellers sei unzutreffend berücksichtigt worden. Ferner habe ihr konkreter berufsbedingter Aufwand mit Fahrtkosten von monatlich 462 Euro berücksichtigt werden müssen. Sie beanstandet ferner, das Amtsgericht habe nicht nur eine Anpassung, sondern eine vollständige Neuberechnung des Unterhalts vorgenommen. Sie rügt die zugrunde gelegte Berechtigung zur Reduzierung des Einkommens beim Antragsteller und bestreitet, dass dieser seine Erwerbstätigkeit tatsächlich reduziert hat. Ferner habe der Antragsteller eine Steuerrückerstattung erhalten. Die um monatlich 160 Euro erhöhten Mieteinnahmen seien beim Antragsteller zu berücksichtigen. Bei vollschichtiger Tätigkeit könne die Antragsgegnerin 1.960 Euro erzielen. Sie könne jedoch nur auf 80 % aufstocken. Sie ist der Ansicht, dass eine Rückzahlung des Unterhalts nicht hätte zugesprochen werden dürfen, da eine unter Vorbehalt erfolgte Unterhaltsleistung nicht zu einer verschärften Haftung führe.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt in der Beschwerdeinstanz:
Unter Abänderung des vorbezeichneten Beschlusses wird dieser in Ziff. 1 (Abänderung Unterhalt auf null) und Ziff. 2 (Rückzahlungsverpflichtung) aufgehoben und der Vergleich vom 10.10.2022, Az. … wird in Ziff. 5. c) dahingehend abgeändert, dass der Beschwerdegegner ab dem 01.08.2023 einen um monatlich 429,00 € erhöhten Trennungsunterhalt zu zahlen hat, mithin 1.928,85 monatlich.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt:
Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Antragsteller verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und wiederholt und vertieft sein Vorbringen hinsichtlich der Verwirkung.Insbesondere bringt er vor, die Herausgabe des vom Amtsgericht geforderten Bildmaterials auf USB-Stick sei durch die Antragsgegnerin erst mehr als acht Monate nach der Anzeigenerstattung unter Androhung eines Ordnungsgeldes erfolgt. Die Antragsgegnerin habe auch Bildmaterial verfälscht und nicht das Originalmaterial herausgegeben. Auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin das Kind M. vor und nach dem begleiteten Umgang im Genitalbereich im Zeitraum 13.2.2023 bis 17.7.2023 fotografiert habe, zeige, dass sie von einem weiteren Missbrauch des Vaters ausgegangen sei. Nach dem Wechsel in den Haushalt des Vaters sei der Verdacht des sexuellen Missbrauchs auf Bezugspersonen im Umfeld des Vaters erweitert worden. Die Antragsgegnerin könne das Erheben der Missbrauchsvorwürfe auch nicht auf die Einschätzung der Ärzte zurückführen, da sie selber den Missbrauchsvorwurf bei den Ärzten vorgetragen habe und als medizinische Fachangestellte eine Vorstellung darüber gehabt habe, was passieren würde. Die Ärzte seien instrumentalisiert worden und es sei bis heute nicht geklärt, ob das von der Antragsgegnerin vorgelegte Bildmaterial M. abbilde. Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht darauf berufen, sie habe zum Wohle des Kindes gehandelt, da es nicht dem Kindeswohl entspreche, eine aktive Aufklärung der Vorwürfe monatelang zu verhindern und dem Kind zu suggerieren, es sei das Opfer eines sexuellen Missbrauchs. Beim Antragsteller habe am 15.09.2022 eine Hausdurchsuchung stattgefunden, wobei alle Speichermedien, der PC, sein Notebook und Smartphone beschlagnahmt und erst am 19.12.2022 wieder herausgegeben worden seien. Der Makel der geführten Ermittlungen ließe sich trotz der Einstellung des Verfahrens niemals wieder vollständig ausräumen. Der Antragsteller sei nach 25-jähriger Zugehörigkeit aufgrund der persönlichen Belastung aus der örtlichen Feuerwehr ausgetreten. Selbst nach dem Wechsel des Kindes zum Antragsteller halte die Antragsgegnerin ihren Missbrauchsvorwurf aufrecht und verlange mit Schriftsatz vom 11.09.2023 im Verfahren … bzw. …, dass der Antragsteller sich in psychologische Behandlung begeben und mittels einer „objektiven Testung“ überprüfen lassen solle, ob bei ihm pädophile Neigungen vorhanden seien. Sie trage in diesem Schriftsatz u.a. folgendes vor:
„Welche Geschehnisse sich in Bezug auf M. zugetragen haben, weiß keiner.“
„Weder das in der Anlage befindliche Sachverständigengutachten Dr. R. / Dr. C. noch das medizinische Gutachten kommen endgültig zu einem Ergebnis dahingehend, ob nun ein Missbrauch bei M. vorgelegen hat oder nicht.“
„Weiter sollte sich der Kindesvater in eine psychologische Behandlung begeben und sich mittels einer so „objektiven Testung“ als irgendwie möglich dahingehend überprüfen lassen, ob bei ihm pädophile Neigungen vorhanden sind.“
„Diese Ergebnisse sollten ebenfalls im Verfahren zugänglich gemacht werden.“
„Ferner ist es so, dass unsere Mandantin grundsätzlich keine Probleme hat, die Umgangskontakte zum Vater zuzulassen, soweit die vorstehenden Bedingungen erfüllt sind.“
„Dabei geht es unserer Mandantin im Wesentlichen darum, dass der Vater eine Testung unternimmt, die eine für M. gefährliche Neigung ausschließt und dies dem Gericht zugänglich gemacht wird.“
„Ferner ist es so, dass das Gutachten unprofessionell ist, da eine entsprechende Neigung beim Vater hätte begutachtet werden müssen.“
„Es war sogar so, dass M. trocken war und die Probleme erst im Rahmen des Missbrauchs wieder aufgefallen sind, was der Kindergarten unschwer bestätigen kann.“
„Als dringlich würden wir jedoch ansehen, dass der Vater eine Begutachtung vornehmen lässt, dass eine pädophile Neigung bei ihm nicht vorhanden ist.“
Selbst im Scheidungstermin vom 15.04.2024 habe sie verlautbaren lassen, dass sie es nicht nachvollziehen könne, dass das Oberlandesgericht Stuttgart bis dato nicht die pädophilen Neigungen des Antragstellers untersucht habe. Auch gegenüber der Sachverständigen in einem weiteren Umgangsverfahren vor dem Amtsgericht B. (Az. …) spreche sie von einer Zeit vor und nach dem Missbrauch. Sie halte weiter an den Missbrauchsvorwürfen fest.
Der Antragsteller vertritt die Auffassung, ein Rückzahlungsanspruch beruhe darauf, dass er sich im Vergleich der Beteiligten vom 10.10.2022 insbesondere den Einwand der Verwirkung ab September 2022 vorbehalten habe. Die Antragsgegnerin habe einer Vollerwerbstätigkeit nachzugehen. Dass ihr dies nicht möglich sei, gehe aus der Bescheinigung ihres Arbeitgebers, …, vom 12.04.2024 nicht hervor. Der vorgetragene berufsbedingte Aufwand der Antragsgegnerin wird bestritten. Die Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstätte betrage nur 23,8 km. Sie könne öffentliche Verkehrsmittel benutzen oder sich eine näher gelegene Arbeitsstelle suchen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gab die Antragsgegnerin am 19.12.2024 an, dass sie aus Angst um ihr Kind gehandelt habe und es ihr leid tue, was der Antragsteller durchgemacht habe.
Sie sei von der Annahme eines möglichen Missbrauchs abgerückt, als sich die Lebenssituation beim Vater verfestigt habe. Sie habe den Antragsteller allenfalls verdächtigt, einen Missbrauch zum Nachteil des Kindes begangen zu haben und nie behauptet, dass dieser tatsächlich stattgefunden habe.
Die Akte des Amtsgerichts B. zum Kindes- und Trennungsunterhalt … sowie die Akten zu den beim Amtsgericht B. und in der Beschwerdeinstanz geführten Sorge- und Umgangsverfahren … wurden beigezogen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze und den gesamten Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß §§ 58 ff, 117 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nur zum Teil, wie aus dem Tenor ersichtlich, begründet.
Der Antragsteller schuldet der Antragsgegnerin ab Oktober 2023 keinen Trennungsunterhalt mehr, für den Monat September 2023 lediglich noch Trennungsunterhalt in Höhe von 1.434 Euro.
Die Antragsgegnerin ist zur Rückzahlung des im Zeitraum Februar 2024 bis einschließlich Mai 2024 bezahlten Trennungsunterhalts in Höhe von insgesamt 6.000 Euro verpflichtet.
1. Abänderungsantrag des Antragstellers
a.) Der Abänderungsantrag ist nach § 239 Abs. 1 FamFG zulässig, nachdem der Antragsteller seine Abänderung ab September 2022 auf Verwirkung stützt und geänderte Einkommensverhältnisse ab August 2023 vorträgt. Die Abänderung eines Vergleichs ist ohne zeitliche Begrenzung auch rückwirkend grundsätzlich möglich, soweit nicht materiell-rechtliche Gründe entgegenstehen, was allerdings eine Frage der Begründetheit darstellt. Auch soweit der Antragsteller seinen Abänderungsantrag auf Verwirkung ab September 2022 stützt, ist dieser zulässig. Zwar ist ein Abänderungsantrag nur dann zulässig, wenn eine nachträgliche Änderung der Umstände, die dem Vergleichsschluss zugrunde lagen, vorgetragen wird (MüKoFamFG/Witt, 4. Aufl. 2025, FamFG, § 239 Rn. 35).
Grundlage des vorliegenden Vergleichs im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB ist jedoch auch, dass der Antragsteller seinen Einwand der Verwirkung trotz der eingegangenen Verpflichtung zur Zahlung von Trennungsunterhalt ab September 2022 weiter aufrechterhält und sich in dem abzuändernden Vergleich das Recht vorbehalten hat, seinen Verwirkungseinwand in anderen Verfahren geltend zu machen.
Im vorliegenden Fall ist unter Berücksichtigung des Willens der Beteiligten bei Vergleichsabschluss nach §§ 133, 157 BGB davon auszugehen, dass die Beteiligten eine Abänderung allein mit der Begründung der Verwirkung zulassen wollten.
b.) Der Abänderungsantrag ist zum überwiegenden Teil begründet.
Gemäß § 239 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 313 Abs. 1 BGB kann ein Beteiligter die Anpassung eines Vergleichs an veränderte Umstände verlangen, wenn es einem Beteiligten nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann, an der bisherigen Regelung festgehalten zu werden.
Für diese Prüfung sind zunächst die Grundlagen zu ermitteln, die für die Schaffung des abzuändernden Titels maßgeblich waren. Sodann ist festzustellen, welche Änderungen eingetreten sind und welche Auswirkungen dies auf die Berechnung des Unterhaltsanspruches hat (Prütting/Helms*/Bömelburg, a.a.O., Rn. 34). Bei einer Abänderung eines Vergleichs erfolgt grundsätzlich, d.h. insbesondere dann, wenn die Beteiligten nichts Anderes vereinbart haben, keine freie, vom bisherigen Titel unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts. Die Vereinbarungen der Beteiligten, auch zur Behandlung bestimmter Einkunftsarten und zur Berücksichtigung von Einkommen der Beteiligten bleiben vielmehr auch für die Neufestsetzung maßgebend (Prütting/Helms*/Bömelburg, a.a.O., Rn. 35 f.). Die Grundlagen für den Vergleich vom 10.10.2022 ergeben sich aus der Anlage zum Sitzungsprotokoll des Familiengerichts, auf welches Bezug genommen wird.
aa.) Veränderte Einkommensverhältnisse des Antragstellers
(1) Erwerbseinkommen
Der Antragsteller macht Veränderungen hinsichtlich der Einkommensverhältnisse der Beteiligten ab August 2023 geltend. Seine Erwerbstätigkeit reduzierte er jedoch aufgrund der Betreuung der gemeinsamen Tochter erst ab September 2023. Bis zu einer tatsächlichen Reduzierung des Einkommens und damit eingetretenen Änderung, ist mit den Beträgen zu rechnen, welche dem Vergleich zugrunde gelegt wurden. Dem Vergleich wurde ein Nettoeinkommen des Antragstellers von 4.812,18 Euro zugrunde gelegt.
Der Antragsteller hat ausweislich der vorgelegten Einkommensnachweise im Zeitraum September 2023 bis August 2024 ein Bruttoeinkommen von 73.681,10 Euro einschließlich Einmalzahlungen von Jubiläumszahlung im Januar 2024 über brutto 1.000 Euro und Inflationsausgleichsprämie im Dezember 2023 in Höhe von brutto 1.285,71 Euro, bezogen. Unter Berücksichtigung der Steuerklasse 4 und einem Kinderfreibetrag ergibt sich für den Zeitraum September 2023 bis Dezember 2023 ein Nettoeinkommen von 3.643,24 Euro. Für den Zeitraum Januar bis April 2024 ergibt sich unter Berücksichtigung der Steuerklasse 4 und einem Kinderfreibetrag ein Nettoeinkommen von 3.683,33 Euro. Von Mai 2024 bis September 2024 ergibt sich unter Berücksichtigung des Steuerklassewechsels in Steuerklasse 2 und 0,5 Kinderfreibeträgen ein Nettoeinkommen von 3.830,99 Euro.
Ab Oktober 2024 hat sich das Grundgehalt des Antragstellers geändert, jedoch fallen die Einmalzahlungen nicht mehr an, so dass sich unter Berücksichtigung des Grundgehalts von 5.204,39 Euro, von Weihnachtsgeld in Höhe von 3.277,50 Euro (wie 2023) und Urlaubsgeld in Höhe von 3.589,20 Euro (wie im Jahr 2024) ein Gesamtbruttoeinkommen von 69.319,38 Euro und ein Nettoeinkommen von 3.637,98 Euro bei Steuerklasse 2 und 0,5 Kinderfreibetrag ergibt.
(2) Mieteinnahmen
Bis einschließlich Februar 2023 erzielte der Antragsteller aus der Vermietung dreier Mietwohnungen insgesamt monatlich 2.360 Euro. Im März wurde die in der vorgelegten Aufstellung mit „Whg 2“ bezeichnete Wohnung neu vermietet für 1.100 Euro statt bisher 940 Euro, so dass sich höhere Mieteinkünfte von monatlich 2.520 Euro ergeben. Dem abzuändernden Vergleich wurden Mieteinnahmen abzüglich pauschal 10 % zugrunde gelegt. Dies ist fortzuschreiben, da sich die Beteiligten an der Vereinbarung zur Behandlung der Einkunftsarten festhalten lassen müssen. Ab März 2023 sind daher Mieteinnahmen von 2.268 Euro zu berücksichtigen, ohne dass es auf konkrete Instandhaltungsaufwendungen ankommt. Steuervorauszahlungen sind im Vergleich und in der Entscheidung des Amtsgerichts nicht berücksichtigt. Von den Mieteinnahmen wurden stattdessen pauschal 10 % abgezogen. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass in diesem pauschalen Abschlag sämtliche Abzüge betreffend die Mieteinnahmen und damit auch Steuervorauszahlungen enthalten sind.
Das Familiengericht führt hierzu aus, dass die Steuerrückerstattung für das Jahr 2022, bezahlt in 2023, im güterrechtlichen Verfahren berücksichtigt ist und aus diesem Grund im Unterhalt nicht noch einmal berücksichtigt wird.
(3) Wohnwert
Änderungen hinsichtlich des dem Vergleich zugrunde gelegten Wohnwertes haben sich nach Vergleichsabschluss nicht ergeben, weswegen sich der Antragsteller an dem Wohnwert in Höhe von 756 Euro festhalten lassen muss und nicht der von ihm begehrte reduzierte Wohnvorteil von 712 Euro angesetzt werden kann.
(4) Abzüge
Mit Wechsel des Kindes in den Haushalt des Antragstellers am 17.07.2023 fallen beim Antragsteller Abzüge für Kinderbetreuung und Freizeitaktivitäten des Kindes an. Zugleich entfällt die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt.
bb.) Veränderungen sind auch hinsichtlich des unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Einkommens der Antragsgegnerin seit Vergleichsabschluss am 10.10.2022 eingetreten.
(1) Erwerbseinkommen
Dem Vergleich wurde ab September 2022 ein Nettoeinkommen der Antragsgegnerin aus 75%-iger Erwerbstätigkeit in Höhe von 1.753,21 Euro zugrunde gelegt. Mit dem Wechsel des Kindes zum Antragsteller ist die Antragsgegnerin zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet. Unter Berücksichtigung einer angemessenen Übergangszeit von drei Monaten ab Wechsel des Kindes zum Vater am 17.07.2023 und somit ab November 2023, ist von fiktiven Einkünften aus einer Vollzeitbeschäftigung ausgehen. Die Höhe des fiktiven Einkommens ist im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO zu ermitteln, wobei das erzielbare Einkommen maßgeblich ist. Die Antragsgegnerin ist medizinische Fachangestellte und bei … angestellt. Ausgehend von ihrem Jahreseinkommen für 2023, welches ausweislich des vorgelegten Einkommensnachweises für Dezember 2023 17.509,35 Euro, bei einer Erwerbstätigkeit im Umfang 15,4 Stunden pro Woche betrug, ergibt sich hochgerechnet auf eine 100 % – Stelle mit 38,5 Wochenstunden ein Jahreseinkommen von brutto 43.773,37 Euro. Die Antragsgegnerin ist ausweislich der Entgeltabrechnung Juli 2023 in Tarifgruppe E6UK/4 des … eingestuft. Aus der vom Antragsteller vorgelegten Entgelttabelle ergibt sich ein Bruttoeinkommen von monatlich 3.356 Euro, somit ohne Sonderzahlungen ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 40.272 Euro. Dieses fiktive Bruttoeinkommen hat das Amtsgericht der Unterhaltsberechnung zutreffend zugrunde gelegt. Die Antragsgegnerin hat keine durchgreifenden Gründe vorgebracht, aus welchen ihr eine Vollzeittätigkeit nicht möglich oder zumutbar sein soll. Dass sie sich überhaupt um eine vollschichtige Tätigkeit bemüht hätte, wurde nicht vorgebracht. Das Schreiben des Arbeitgebers vom 12.04.2024 bestätigt lediglich, dass zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Aufstockung auf 80 % erfolgen werde und dass eine weitere Aufstockung auf 100 % nicht vorgesehen sei.
Ihr fiktives Nettoeinkommen ab August 2023 beträgt monatlich bei Steuerklasse 4 und einem Kinderfreibetrag für das Jahr 2023 2.218,80 Euro und ab Januar 2024 2.241,56 Euro. Nach dem Steuerklassenwechsel im Mai 2024 auf 1/0,5 verändert sich das Nettoeinkommen nicht.
(2) Abzüge
Konkrete berufsbedingte Aufwendungen der Antragsgegnerin wurden dem Vergleich nicht zugrunde gelegt. An den Grundlagen muss die Antragsgegnerin sich festhalten lassen. Eine Veränderung ist lediglich bezüglich des Umfangs der fingierten Erwerbstätigkeit von 75 % auf 100 % eingetreten. Somit sind weiterhin nur 5 % berufsbedingte Aufwendungen abzuziehen. Nachdem die Antragsgegnerin verpflichtet wurde, ab August 2023 Kindesunterhalt in Höhe von 105 % des Kindesmindestunterhalts für die gemeinsame Tochter an den Antragsteller zu bezahlen, ist der jeweilige Zahlbetrag zu berücksichtigen. Die am 21.11.2017 geborene gemeinsame Tochter ist im November 2023 in die 2. Altersstufe aufgerückt.
cc.) Der Trennungsunterhalt errechnet sich wie folgt:
(Anm.: Hier kommt eine umfangreiche Tabelle)
dd.) Verwirkung
Für den Zeitraum ab Oktober 2023 ist der Trennungsunterhaltsanspruch, welcher der Antragsgegnerin dem Grunde nach zusteht, unter Anwendung von § 1579 Nr. 7 BGB vollumfänglich verwirkt.
Die Antragsgegnerin hat durch den auch nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens und Vorlage der Gutachten und dem Wechsel des Kindes in den Haushalt des Vaters weiterhin geäußerten und aufrechterhaltenen Verdacht des sexuellen Missbrauchs gegen den Antragsteller derart gegen die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende eheliche Solidarität verstoßen, dass es grob unbillig wäre, den Antragsteller ab Oktober 2023 noch zu Trennungsunterhaltszahlungen an die Antragsgegnerin zu verpflichten.
(1) Ein Unterhaltsanspruch ist gemäß §§ 1361 Abs. 3, 1579 BGB unter anderem zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (§ 1579 Nr. 7 BGB) oder ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in § 1579 Nr. 1 bis 7 aufgeführten Gründe (§ 1579 Nr. 8 BGB). Normzweck des § 1579 BGB ist es unter anderem, die Widersprüchlichkeit eines Verhaltens des Unterhaltsberechtigten zu sanktionieren, nämlich auf der einen Seite sich auf die eheliche bzw. nacheheliche Solidarität im Hinblick auf die Geltendmachung von Unterhalt zu berufen und andererseits durch das eigene Verhalten die eheliche und nacheheliche Solidarität massiv zu verletzen (vgl. BeckOGK/Haidl, 1.11.2024, BGB § 1579 Rn. 8, OLG Schleswig, FamRZ 2013, 1132). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Härtegrundes und die grobe Unbilligkeit begründenden Umstände trägt der Antragsteller.
Der Antragsgegnerin ist nach Ansicht des Senats ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Antragsteller vorzuwerfen, so dass der Härtetatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB ab Oktober 2023erfüllt ist.
Zunächst ist die unberechtigte Strafanzeige der Antragsgegnerin gegen den Antragsteller wegen sexuellen Missbrauchs der gemeinsamen Tochter zu betrachten. Bei dieser Strafanzeige, welche am 07.09.2022 erfolgte, geht der Senat noch nicht von einem offensichtlich schwerwiegenden, eindeutig bei der Antragsgegnerin liegenden Fehlverhalten gegenüber dem Antragsteller als Unterhaltsverpflichteten i. S. des § 1579 Nr. 7 BGB oder einem ebenso schwerwiegenden Grund nach § 1579 Nr. 8 BGB aus.
Der Senat berücksichtigt hierbei zum einen, dass sexuelle Gewalt gegen die eigenen minderjährigen Kinder einen Tatbestand darstellt, der nicht nur strafrechtlich sanktioniert wird, sondern auch durch eine ganz besondere gesellschaftliche Ächtung gekennzeichnet ist. Werden solche Vorwürfe bekannt, kann bereits dies zu einer familiären, sozialen und beruflichen Isolation des beschuldigten Elternteils führen (OLG Celle, FamRZ 2008, 1627 ff.; OLG Frankfurt, FuR 2005, 460, 461). Auch wenn ein sexueller Missbrauch nicht positiv und ausdrücklich behauptet, sondern nur angedeutet wird, und im Ergebnis nicht zu strafrechtlichen Ermittlungen führt, stellt der leichtfertig und ohne hinreichend gravierende Anhaltspunkte gegen einen Elternteil geäußerte Verdacht eines solchen Missbrauchs sich als ein schwerwiegendes Fehlverhalten im Sinne des § 1579 Nr. 6 (a.F.) BGB dar, insbesondere dann, wenn er als Mittel im Rahmen einer Trennungsauseinandersetzung gebraucht wird. Ist ein solcher Verdacht erst einmal in der Welt lässt er sich nicht mehr einfangen (vgl. zum Vorstehenden OLG Frankfurt a. M., FuR 2005, 460).Schon aus diesem Grunde darf der Verdacht nicht leichtfertig und ohne gravierende Anhaltspunkte erhoben werden. Auf der anderen Seite besteht aber beim Vorliegen eines entsprechenden Verdachts nicht nur ein Recht der Antragsgegnerin, sondern sogar die Pflicht, das Kind vor etwaigen weiteren Übergriffen zu schützen. Im vorliegenden Fall konnte der Senat nicht ausschließen, dass die Antragsgegnerin bei Anzeigeerstattung aufgrund des von ihr behaupteten Verhaltens des Kindes nach dem Umgang, welches nicht widerlegt werden konnte, und bestärkt durch die eingeholten Empfehlungen der Ärzte, zumindest von der Möglichkeit eines Missbrauchs ausging und es ihr zu diesem Zeitpunkt auch darum ging, diesen Verdacht aufzuklären. Zu sehen ist, dass der Hausarzt F., welcher ausweislich seiner Stellungnahme vom 05.04.2023 (Bl. 214 der Akte des Amtsgerichts) auf den ihm vorgelegten Lichtbildern, welche nach der Behauptung der Antragsgegnerin den Genitalbereich ihrer Tochter M. abbildeten, eine Rötung und Schwellung erkannte und selbständig am 07.09.2022 wegen des im Raum stehenden Verdachts des sexuellen Missbrauchs die Polizei informierte. Bereits am 05.09.2022 schilderte die Antragsgegnerin ihrem Gynäkologen J. anlässlich eines eigenen Termins das Verhalten der Tochter und zeigte ihm Lichtbilder. Am 06.09.2022 suchte sie ihn mit der gemeinsamen Tochter auf. In seinem Attest vom 06.09.2022 und der ausführlichen Stellungnahme vom 06.09.2022, unterzeichnet am 31.07.2023, bestätigte der Arzt daraufhin, dass die Antragsgegnerin glaubhaft angegeben habe, dass es Hinweise auf Kindesmissbrauch gebe und das Jugendamt sofort tätig werden sollte (Bl. 217 und 218 Akte AG). Am 06.09.2022 stellte die Antragsgegnerin das Kind auf Anraten des Jugendamts in der Kinderklinik des Klinikums S. vor. Es erfolgte dort eine allgemeinpädiatrische Untersuchung des Kindes.
Der Genitalbereich wurde nicht untersucht, da dieser bereits am 06.09.2022 in der Frauenklinik B. untersucht worden war. Rötungen und Schwellungen im Genitalbereich waren bei dieser Untersuchung nicht sichtbar (Bl. 314 der beigezogenen Akte …). Am 07.09.2022 suchte die Antragsgegnerin die Sprechstunde des Landratsamts … für Menschen in Krisensituationen auf, berichtet dort über das Verhalten des Kindes und Beschwerden im Genitalbereich und zeigte Bildmaterial vor, so dass die Ärztin Frau Dr. F. zu der Einschätzung gelangte, es könne ein sexueller Missbrauch durch den Antragsteller vorliegen (Bl. 222 Akte Amtsgericht). Frau A., Fachärztin für Jugendpsychiatrie/-psychotherapie, empfahl mit Attest vom 26.09.2022 aufgrund der vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen, den Umgang mit dem Vater auszusetzen, bis eine endgültige Klärung des Sachverhalts erfolgt ist (Bl. 225 Akte Amtsgericht). Dass die Antragsgegnerin zunehmend verstärkt durch die Stellungnahme der Ärzte, welchen sie ihre Wahrnehmungen schilderte und Bildmaterial vorlegte, zum damaligen Zeitpunkt selbst auch den Verdacht eines möglichen Missbrauchs hatte, kann der Senat nicht ausschließen. Ein schuldhaftes Verhalten kann ihr zum damaligen Zeitpunkt nicht nachgewiesen werden, auch wenn das zeitliche Zusammentreffen des Missbrauchsverdachts und des geforderten Umgangsausschlusses mit dem Verlangen des Antragstellers nach Ausweitung des Umgangs und Übernachtungen auffällig erscheint. Auch ein sonstiger ähnlich schwerwiegender und verschuldensunabhängiger Grund nach § 1579 Nr. 8 BGB liegt zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vor, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Antragsgegnerin zum damaligen Zeitpunkt im Interesse des Kindes handelte.
Betrachtet man jedoch das weitere Verhalten der Antragsgegnerin nach September 2022, so ist der Senat davon überzeugt, dass es ihr nicht um die baldmögliche Aufklärung des von ihr in die Welt gesetzten Missbrauchsverdachts, sondern vordringlich darum ging, diesen möglichst lange aufrechtzuerhalten, um einen Vorteil in den familiengerichtlichen Verfahren zu erlangen und das Umgangsrecht des Antragstellers mit dem Kind zu beschränken. Hierbei ist der Senat davon überzeugt, dass die Antragsgegnerin sich der jeweiligen Folgen ihres Handelns bewusst war und sie diese zumindest billigend in Kauf nahm.
Bis Mitte Februar 2023 ließ die Antragsgegnerin keinerlei Umgang mehr zwischen dem Antragsteller und der gemeinsamen Tochter zu. Erst im Anhörungstermin beim Amtsgericht B. vom 06.02.2023 konnten nach mündlicher Stellungnahme der Sachverständigen Frau Dr. C. begleitete Umgangskontakte ab 14.02.2023 vereinbart werden.
Die erstmals am 27.09.2022 vom Familiengericht angeforderten Bilder und Dokumente, welche zur Aufklärung des Missbrauchsverdachts durch das Familiengericht benötigt wurden, reichte die Antragsgegnerin trotz mehrfacher Aufforderung durch das Familiengericht erst am 16.05.2023 ein.
Ein nachvollziehbarer Grund hierfür ist nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin fertigte vor und nach den begleiteten Umgangskontakten Lichtbilder vom Genitalbereich der gemeinsamen Tochter an und gab an, dass „nach jedem Umgang was gewesen sei“, womit sie dem Antragsteller selbst während des begleiteten Umgangskontakts (beim Wickeln) Missbrauchshandlungen unterstellte. Auch nach dem Wechsel des Kindes zum Antragsteller mit Beschluss des Familiengerichts vom 17.07.2023 hielt sie ihren Missbrauchsverdacht weiter aufrecht. Selbst nach Vorlage des rechtsmedizinischen Gutachtens vom 04.07.2023 (Bl. 147 der Akte des Amtsgerichts) geht sie weiterhin von einem möglichen Missbrauch aus, obwohl die Sachverständige zu dem Ergebnis kommt, dass sich auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Lichtbildern bzw. Dateien, soweit sie sich wegen der eingeschränkten Qualität auswerten lassen, allenfalls unspezifische Befunde feststellen lassen, die eine Vielzahl von Ursachen haben können und keinen Rückschluss auf einen stattgehabten Missbrauch zulassen. Sie erläutert zudem, dass auf manchen Lichtbildern die Schamlippen gerötet scheinen und fraglich etwas geschwollen, es sich hierbei aber um einen unspezifischen Befund handele, der bei vorpubertären Kindern häufig vorkomme und unterschiedliche Ursachen haben könne. Sie empfiehlt eine kinderärztliche/kindergynäkologische Untersuchung zur Abklärung der möglichen Ursachen, falls wiederholt Veränderungen oder Entzündungen der Vaginalregion auftreten sollten. Aus Sicht des Senats wäre es auch naheliegend gewesen, die von der Antragsgegnerin behaupteten Rötungen und Schwellungen im Windelbereich des Kindes, vor allem, wenn sie häufiger aufgetreten sind, durch den Kinderarzt abklären zu lassen, d.h ihm das Kind mit den behaupteten Auffälligkeiten im Genitalbereich vorzustellen und nicht lediglich Lichtbilder zu zeigen. Auch diese Herangehensweise der Antragsgegnerin ist für den Senat sehr schwer nachvollziehbar. Das rechtsmedizinische Gutachten wurde der Antragsgegnerin im Termin vom 17.07.2023 vorgelegt. Das Gutachten ist klar in der Aussage, wonach die von der Antragsgegnerin vorgelegten Lichtbilder aus sachverständiger Sicht keinen Rückschluss auf einen etwaigen Missbrauch zulassen. Dennoch ließ sich die Antragsgegnerin am 31.07.2023 von Dr. B. eine weitere Ausfertigung des Attestes ausstellen, welche sie zu den Akten reichte.
Mit Schriftsatz vom 31.07.2023 im Verfahren … verlangte sie über ihren Anwalt, dass der Antragsteller das Kind während des begleiteten Umgangs nicht mehr wickeln darf. Aus dem kinder- und jugendpsychiatrischen Sachverständigengutachten von Frau Dr. C. vom 26.07.2023 geht schließlich hervor, dass es weder Belege für einen sexuellen Missbrauch zum Nachteil von M. durch den Antragsteller gebe, noch einen begründeten Anfangsverdacht dahingehend.
Die Sachverständige Frau Dr. C. empfiehlt den Aufenthaltswechsel zum Vater. Am 26.07.2023 wurde auch das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller eingestellt.
In Kenntnis all dieser Umstände ließ die Antragsgegnerin ihren Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 11.09.2023 zum Verfahren … in der Beschwerdeinstanz dennoch vortragen, durch die Sachverständigengutachten sei nicht endgültig geklärt, ob zum Nachteil von M. ein Missbrauch vorgelegen habe oder nicht. Sie hielt damit weiterhin an ihrem Verdacht fest und forderte zudem, dass sich der Antragsteller in psychologische Behandlung begeben und sich untersuchen lassen solle, ob bei ihm pädophile Neigungen vorliegen. Die Antragsgegnerin kann sich hierbei nicht mehr darauf berufen berechtigte Interessen des Kindes wahrzunehmen oder ihrerseits an einen Missbrauch geglaubt zu haben.
Im September 2023 erhob sie subjektiv vorwerfbar den Verdacht des sexuellen Missbrauchs gegen den Antragsteller und unterstellt ihm pädophile Neigungen, womit der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt ist.
Jedenfalls dann, wenn sich das Verhalten einer Kindesmutter aus dem Blickwinkel eines objektiven und besonnenen Betrachters unter verständiger Würdigung der Interessen des betroffenen Kindes so darstellt, als sei der Kindesmutter neben der Wahrheitsfindung auch an einer Verbesserung ihrer Rechtsposition in einem familiengerichtlichen Verfahren gelegen, kann hierin ein schwerwiegendes und unterhaltsrechtliche Folgen rechtfertigendes Fehlverhalten der Kindesmutter im Sinne des § 1579 Nr. 6 a.F. BGB zu sehen sein (OLG Celle, FamRZ 2008, 1627). Bei dem vorliegenden Sachverhalt konnte spätestens nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens und der Vorlage der Gutachten kein Zweifel mehr daran bestehen, dass es für den von der Antragsgegnerin geäußerten Missbrauchsverdacht keine objektivierbaren Anhaltspunkte gab. Wenn die Antragsgegnerin aber unter diesen Umständen weiterhin an ihrem Missbrauchsverdacht festhält, und Umgangsbeschränkungen verlangt, außerdem eine Untersuchung des Antragstellers auf pädophile Neigungen, so kann sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen.
Die Antragsgegnerin missbraucht ab diesem Zeitpunkt den geäußerten Verdacht des Kindesmissbrauchs, um ihr Ziel der weiteren Umgangsbeschränkung durchzusetzen, bzw. sich Vorteile im Sorgerechtsverfahren zu verschaffen. Das Verhalten der Antragsgegnerin kann auch nicht mit der Formulierung aus dem Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 18.12.2024 entschuldigt werden, es handele sich bei der Antragsgegnerin um „keine hoch geistige Frau“.
Der Senat ist überzeugt davon, dass die Antragsgegnerin als ausgebildete medizinische Fachangestellte sich der Folgen ihres Handelns sehr wohl bewusst war und spätestens im Zeitraum nach der Vorlage der Gutachten darauf abzielte, sich Vorteile im familiengerichtlichen Verfahren durch Aufrechterhalten der Verdächtigungen zu verschaffen. Der Antragstellerin fällt damit ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten im Sinne des § 1579 Nr. 7 BGB zur Last.
Durch die ohne Rücksicht auf Ehre und Integrität des Antragstellers nach sachverständiger Aufklärung des Sachverhalts und Einstellung des Ermittlungsverfahrens neu erhobene Forderung auf Untersuchung des Antragstellers hinsichtlich pädophiler Neigungen und Aufrechterhaltung der Verdächtigungen hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs verstößt sie derart gegen die eheliche Solidarität, dass es unbillig ist, den Antragsteller seinerseits länger an der ehelichen Solidarität festzuhalten und zu Unterhaltszahlungen zu verpflichten. Der Antragsteller leidet erheblich unter den Folgen des geäußerten Missbrauchsverdachts, da dieser an die Öffentlichkeit gelangte und dieser „Makel“ nie wieder zu beseitigen ist, selbst wenn das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. Er musste in Folge des Bekanntwerdens des Verdachts nach langjähriger Zugehörigkeit aus der Feuerwehr ausscheiden und wurde auch hierdurch in seinem sozialen Leben beeinträchtigt. Das Verhalten der Antragsgegnerin nach Vorlage der Gutachten und Einstellung des Ermittlungsverfahrens ist auch nicht mehr mit dem Kindeswohl zu entschuldigen.
Nach Überzeugung des Senats hat die Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt schuldhaft gehandelt und befand sich in keinem die Schuldfähigkeit ausschließenden oder einschränkenden Zustand. Grundsätzlich reicht jeder Verschuldensgrad von leichter Fahrlässigkeit bis zum direkten Vorsatz aus (MüKoBGB/Maurer, 9. Aufl. 2022, BGB § 1579 Rn. 76).
Selbst wenn man aber zu dem Ergebnis käme, dass das offensichtlich schwerwiegende Fehlverhalten der Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt subjektiv vorwerfbar wäre, so wäre jedenfalls der verschuldensunabhängige Auffangtatbestand des § 1579 Nr. 8 BGB erfüllt.
(2) Die geforderte grobe Unbilligkeit als weitere Tatbestandsvoraussetzung liegt ebenfalls vor, nachdem es dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechend würde, den Antragsteller ab Oktober 2023 noch zu Trennungsunterhaltszahlungen an die Antragsgegnerin zu verpflichten. Die Wahl, ob eine Versagung, Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts erfolgt, steht im richterlichen Ermessen. Zwar ist die Versagung des Unterhalts ultima ratio und auf Ausnahmefälle zu beschränken, jedoch ist es im vorliegenden Fall grob unbillig, den Antragsteller ab Oktober 2023 mit Trennungsunterhalt zu belasten. Nachdem das gemeinsame Kind am 17.07.2023 in den Haushalt des Vaters wechselte, ist auch der Vorrang des Kindeswohls gegenüber den Interessen des Unterhaltspflichtigen gewahrt.
Die Antragsgegnerin ist, wie aus der obigen Unterhaltsberechnung ersichtlich, in der Lage, ihr Existenzminimum in Höhe des notwendigen Selbstbehalts eines nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldners von 1.120 Euro im Jahr 2023 und von 1.200 Euro ab dem Jahr 2024 zu sichern.
Der Umstand, dass dem Antragsteller bei Abschluss des Unterhaltsvergleichs die Strafanzeige bereits bekannt war, führt zu keiner anderen Beurteilung, da der Antragsteller sich in dem abgeschlossenen Vergleich den Verwirkungseinwand ausdrücklich vorbehalten hat.
Der abgeschlossene Vergleich ist somit ab Oktober 2023 dahingehend abzuändern, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin keinen Trennungsunterhalt mehr schuldet. Für den Monat September 2023 hat wegen der geänderten Einkommensverhältnisse eine Abänderung auf 1.434 Euro monatlich zu erfolgen. Auf die vorstehende Berechnung zum Trennungsunterhalt wird verwiesen.
2. Rückzahlungsanspruch des Antragstellers
a.) Der Hilfsantrag des Antragstellers auf Rückzahlung des ab 01.09.2022 bezahlten Ehegattenunterhalts in Höhe von monatlich 1.500 Euro ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Ein bereicherungsrechtlicher Herausgabeanspruch des Antragstellers nach § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB bezüglich überbezahlten Unterhalts kommt unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen grundsätzlich ab September 2023 in Betracht.
b.) Diesem Anspruch steht jedoch bis Eintritt der Rechtshängigkeit am 02.02.2024 die von der Antragsgegnerin erhobene Einrede der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB entgegen, so dass ein Herausgabeanspruch bezüglich des überbezahlten Unterhalts erst ab Februar 2024 besteht.
Für die Antragsgegnerin spricht die Vermutung, dass die Überzahlung des Unterhalts für die laufenden Lebenshaltungskosten und zur Verbesserung des Lebensstandards ausgegeben worden und damit verbraucht ist. Insbesondere bei niedrigen und mittleren Einkommensverhältnissen gilt diese Vermutung, weshalb die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall keinen Verwendungsnachweis zu erbringen hatte (Wendl/Dose UnterhaltsR/Siebert, 10. Aufl. 2019, § 6 Rn. 212). Eine Vermutung dahingehend, dass der für einen Monat geleistete Unterhalt bereits am zweiten Tag des Monats vollständig verbraucht ist, besteht jedoch nicht, so dass der für Februar 2024 geleistete Unterhalt bei Eintritt der Rechtshängigkeit am 02.02.2024 noch zurückgefordert werden kann.
Der Antragsteller bestreitet die Entreicherung nicht, sondern wendet ein, die Antragsgegnerin sei bösgläubig. Eine verschärfte Haftung nach § 818 Abs. 4 BGB und § 241 FamFG tritt jedoch erst mit Rechtshängigkeit des Abänderungsantrags am 02.02.2024 ein, so dass der Antragsteller erst ab Februar 2024 den überbezahlten Unterhalt zurückfordern kann. Eine verschärfte Haftung zu einem früheren Zeitpunkt, etwa nach § 820 BGB, scheidet aus, da diese Vorschrift nur auf Leistungen auf rechtsgeschäftlicher Grundlage anzuwenden ist.
Zahlungen auf Grund eines Unterhaltsvergleichs fallen nicht darunter, da der eigentliche Rechtsgrund die gesetzliche Unterhaltspflicht ist, die durch den Vergleich nur auf eine weitere rechtliche Grundlage gestellt wird (BeckOK BGB/Wendehorst, 72. Ed. 1.11.2024, BGB § 820 Rn. 10; BGH NJW 1998, 2433 (2435)). Eine verschärfte Haftung nach § 819 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, da eine Leistung unter Vorbehalt an sich noch nicht zu der Annahme positiver Kenntnis führt (BeckOK BGB/Wendehorst, 72. Ed. 1.11.2024, BGB § 819 Rn.6; MüKoBGB/Schwab BGB 9. Aufl. 2024 § 819 Rn 21; BGH NJW 2000, 740). Die Ungewissheit, ob das Erlangte zurückzugewähren ist, führt allein unter den Voraussetzungen des § 820 BGB zur verschärften Haftung (MüKoBGB/Schwab, 9. Aufl. 2024, BGB § 819 Rn. 21).
c.) Zahlungen des Antragstellers
Der Antragsteller bringt in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2024 vor, er habe bis einschließlich Mai 2024 Unterhalt in Höhe von monatlich 1.500 Euro bezahlt. Er hat deshalb einen Herausgabeanspruch für den Zeitraum Februar 2024 bis Mai 2024 in Höhe von 6.000 Euro.
3. Widerantrag der Antragsgegnerin
a.) Die von der Antragsgegnerin bezüglich ihres Widerantrags in der Beschwerdeinstanz vorgenommene Antragserweiterung um zwei Monate auf die Zeit ab 01.08.2023 ist nach §§ 117 Abs. 1, 113 Abs. 1 FamFG, § 264 Nr. 2 ZPO zulässig.
b.) Der Widerantrag hat aber in der Sache keinen Erfolg.
In zeitlicher Hinsicht käme eine Abänderung in Form einer Erhöhung von Unterhalt ohnehin erst ab Dezember 2023 in Betracht, da der Antragsteller erst mit Schreiben vom 29.11.2023 zur Zahlung von erhöhtem Unterhalt aufgefordert wurde (§§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 3, 1613 BGB). Ein über den titulierten Unterhalt hinausgehender Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ergibt sich jedoch auch ab Dezember 2023 nicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obige Unterhaltsberechnung und die Ausführungen zur Verwirkung verwiesen.
III.
1. Der Verfahrenswert erster Instanz wird gemäß §§ 51, 39 Abs. 1 FamGKG insgesamt auf 50.793 Euro, festgesetzt.
a.) Für den Abänderungsantrag des Antragstellers beträgt der Verfahrenswert 43.500 Euro, § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG. Maßgeblich ist die zwölffache Differenz zwischen erstrebtem und tituliertem Unterhalt. Auf die Zeit von September 2022 bis einschließlich Januar 2024 entfallen 25.500 Euro; 18.000 Euro entfallen auf die begehrte Abänderung ab Februar 2024. Der Hilfsantrag hat keine verfahrenswerterhöhende Wirkung, da – wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat – der Anspruch auf Rückzahlung und der Anspruch auf Abänderung jeweils den gleichen Zeitraum und deshalb wirtschaftlich denselben Gegenstand betreffen (OLG Köln, Beschluss vom 15.06.2010, 4 WF 13/10, BeckRS 2010, 14742; Prütting/Helms*/Dürbeck, FamFG, 6. Auflage 2023, § 238 FamFG, Rdn. 138).
b.) Für den Widerantrag wird der Verfahrenswert auf 7.293 Euro festgesetzt, ausgehend von einer rückwirkend geltend gemachten Erhöhung von Unterhalt um monatlich 429 Euro ab Oktober 2023. Bis Antragseinreichung am 26.02.2024 sind für Rückstände seit Oktober 2023 2.145 Euro angefallen. Hinzu kommen ab März 2023 für 12 Monate jeweils 429 Euro, so dass sich insgesamt ein Wert von 7.293 Euro ergibt.
Insgesamt beträgt der Verfahrenswert erster Instanz 50.793 Euro (§ 39 Abs. 1 FamGKG).
2. Der Beschwerdewert wird auf 35.151 Euro festgesetzt, §§ 40, 51 FamGKG.
Die Antragsgegnerin wehrt sich gegen die Abänderung auf null ab 01.08.2023 und verlangt zugleich ab 01.08.2023 im Wege des erweiterten Widerantrags einen höheren Trennungsunterhalt. Der Verfahrenswert für den Widerantrag erhöht sich um den Wert von 858 Euro (für August und September 2023) auf insgesamt 8.151 Euro. Hinsichtlich des Abänderungsantrags des Antragstellers beträgt der Beschwerdewert ausgehend von einer Abänderung bezüglich des zurückliegenden Zeitraums von August 2023 bis Januar 2024 und seit Antragseinreichung am 17.01.2024 abzuändernder 12 Monate ab Februar 2024 somit insgesamt 27.000 Euro (18 x 1.500 Euro).
3. Kostenentscheidung
a.) Bei der Kostenentscheidung erster Instanz verbleibt es trotz des geringfügig geänderten Verfahrenswertes.
b.) Die Kostenentscheidung der Beschwerdeinstanz beruht auf § 243 S.1, S. 2 Nr. 1 FamFG. Abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenentscheidung entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen auch in der Beschwerdeinstanz nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Vorliegend ist hierbei insbesondere das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz zu berücksichtigen. Dabei sind für die Kosten und die Bestimmung des Gegenstandswertes die rückständigen Beträge bzw. die Werte der begehrten Abänderung bis zu dem Monat nach Eingang des Antrags in der ersten Instanz und die darauffolgenden 12 Monate relevant.
Die Antragsgegnerin unterliegt in dem für den Verfahrenswert relevanten Zeitraum mit ihrer Beschwerde hinsichtlich des Abänderungsantrags des Antragstellers ab Oktober 2023 vollumfänglich und für September 2023 teilweise. Auf diesen Zeitraum entfällt ein Verfahrenswert von 24.066 Euro (66 Euro + 1.500 Euro x 16). Mit ihrem Widerantrag unterliegt sie vollumfänglich. Sie unterliegt damit bezüglich eines Wertes von 32.217 Euro (24.066 Euro + 8.151 Euro).
Hieraus ergibt sich eine Verlustquote für die Antragsgegnerin von 91,65 %. Bei dieser Quote entspricht es auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 92 Abs. 2 ZPO dem billigen Ermessen, die Kosten insgesamt der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Zu berücksichtigten ist bei der Billigkeitsabwägung auch, dass sie mit ihrem Rechtsmittel nur teilweise und zwar lediglich bezüglich der zurückliegenden Zeiträume Erfolg hatte. Es erscheint daher im Hinblick auf das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen unter Berücksichtigung der Dauer der Unterhaltsverpflichtung unbillig, den Antragsteller an den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu beteiligen. Zu sehen ist auch, dass sich durch die unbegründete Antragserhöhung in zweiter Instanz der Verfahrenswert für den Widerantrag erhöht hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 70 Abs 2 FamFG).
OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.01.2025
11 UF 117/24
AG Böblingen, Entscheidung vom 06.05.2024
15 F 51/24