Bei zeitlich umfangreichem Aufenthalt des Kindes beim nichtsorgeberechtigten Elternteil ist der Barunterhaltsbedarf aufgrund der Ersparnisse des sorgeberechtigten Elternteils zu kürzen.
Entscheidung:
Auszüge aus den Gründen:
Der Antrag der Kl. v. 12. 2. 1993, dem Bekl. aufzugeben, einen Prozesskostenvorschuss [PKV] i. H. von 1.094,91 DM zu zahlen, ist nur teilweise begründet. Der zum PKV Verpflichtete hat nur diejenigen Kosten vorzuschießen, die für eine Rechtsverfolgung mit hinreichender Aussicht auf Erfolg voraussichtlich anfallen werden.
I.
Für die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Kl. ist von folgendem Einkommen des Bekl. auf der Grundlage der von ihm vorgelegten Jahreslohnbescheinigung für das Jahr 1992 auszugehen: [wird ausgeführt]
II.
Bei diesem Einkommen schuldet der Bekl. nach den Unterhaltstabellen vom 01.01. bis 30.06.1992 monatlich je 440 DM – 35 DM Kindergeldanteil = 405 DM und vom 1. 7. 1992 je 495 DM – 35 DM Kindergeldanteil = 460 DM.
Die nach den Unterhaltstabellen zu leistenden Zahlungen sind um 26,67 % zu kürzen, so dass sich für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.1992 ein Unterhaltsanspruch von je 322,65 DM – 35 DM Kindergeldanteil = 287,65 DM und 01.07. 1992 ein Anspruch von je 362,98 DM – 35 DM Kindergeldanteil = 327,98 DM ergibt.
1. Aufgrund des zwischen der Mutter der Kl. und ihm geschlossenen Vergleichs v. 29.01.1991 zum Umgangsrecht des Bekl. kann sich dieser nicht darauf berufen, er erfülle seine Unterhaltspflicht schon dadurch, dass er im Rahmen der Besuchskontakte Naturalunterhalt leiste.
a) Nach § 1606 III S. 2 BGB erfüllt in der Regel allein der sorgeberechtigte Elternteil seine Unterhaltspflicht durch die Betreuung der gemeinschaftlichen Kinder, während der andere Elternteil barunterhaltspflichtig ist. Auch bei einem zeitlich umfangreichen Umgang des anderen Elternteiles wird der sorgeberechtigte Teil nicht barunterhaltspflichtig. Die durch das Umgangsrecht bedingte zeitweilige Abwesenheit der Kinder führt nicht zu einer Unterbrechung der Betreuungspflicht. Nur bei einer solchen Unterbrechung wäre es aber gerechtfertigt, dass dann auch der Sorgeberechtigte Unterhaltszahlungen zu leisten hätte.
b) Auf ein Bestimmungsrecht gemäß § 1612 II S. 3 BGB kann sich der Bekl. nicht berufen. Der mit dem Umgang verbundene Aufenthalt der Kinder in seinem Haushalt stellt keine ,,Aufnahme” i. S. der Bestimmung dar, weil damit der bei der sorgeberechtigten Mutter liegende Lebensmittelpunkt der Kinder nicht verlagert wird. Die Räumlichkeiten des Bekl. werden den Kindern lediglich zum Zwecke der Durchführung des Umganges zur Verfügung gestellt, ohne dass sie deshalb Haushaltsangehörige des Bekl. werden.
c) Schließlich ist der Regelfall des § 1606 III S. 2 BGB vorliegend auch nicht deshalb zu verneinen, weil etwa das Einkommen der Mutter der Kl. das des Bekl. erheblich übersteigt (vgl. dazu BGH, FamRZ 1980, 994 = NJW 1980, 2306); denn die Einkünfte der Ehefrau übersteigen auch nach dem Vorbringen des Bekl. nicht seine Einkünfte; in Folge der Unterhaltszahlungspflicht gerät er außerdem auch nicht in Gefahr, seinen angemessenen Unterhalt wegen dieser Verpflichtungen nicht bestreiten zu können.
2. Bei einer längeren Dauer des Aufenthaltes der Kinder bei dem nicht sorgeberechtigten Elternteil sind allerdings die dabei von ihm erbrachten Naturalleistungen auf die Unterhaltszahlungsansprüche anzurechnen, weil er ansonsten doppelt belastet wäre und der Sorgeberechtigte mangels Bedarfs der Kinder nicht die Aufwendungen hat, die bestehen, solange die Kinder bei ihm leben. Dabei ist jedoch zu beachten, dass dem Sorgeberechtigten ein Teil der Kosten auch in Zeiten verbleibt, zu denen sich die Kinder bei dem anderen Elternteil aufhalten; denn auch bei längerer Abwesenheit wie im hier zu entscheidenden Fall bleiben die Wohn- und die damit verbundenen Nebenkosten ebenso wie sonstige Aufwendungen, etwa für Kleidung, Kindergarten, Schule, Spiele, Bücher u.s.w. bestehen. Nach Schätzung des Senates machen diese verbleibenden Aufwendungen etwa 1/3 der Lebenshaltungskosten für die Kinder aus (vgl. dazu auch KG, FamRZ 1979, 327).
Unter Berücksichtigung der Dauer des Aufenthaltes der Kl. bei dem Bekl. i. J. 1991 ist mangels weiteren Vorbringens der Parteien hierzu auch für die Folgezeit davon auszugehen, dass diese Verweildauer jahresdurchschnittlich 40 % betrug; weil nur in dieser Zeit die Mutter der Kl. eine Ersparnis von 2/3 der Lebenshaltungskosten der Kl. hatte, ergibt sich eine jahresdurchschnittliche Ersparnis von 26,67 %.
3. Eine weitere Kürzung des Unterhaltsanspruchs der Kl. wegen der eigenen Aufwendungen des Bekl. in Folge der mit seiner früheren Ehefrau vereinbarten Umgangsregelung ist nicht vorzunehmen. Auch wenn der Kontakt zu dem Bekl. im Interesse der Kl. liegt, kann ihnen nicht zugemutet werden, deshalb eine Kürzung ihrer Unterhaltsforderungen und damit eine Minderung ihres Lebensstandards hinzunehmen. Da der Umgang mit seinen Kindern außerdem auch im Interesse des Bekl. liegt, hat er die dadurch bedingten finanziellen Nachteile i. ü. hinzunehmen, zumal ihm nach Abzug der Unterhaltsleistungen einschließlich derjenigen für seinen Sohn ein monatliches Einkommen von ca. 3.000 DM monatlich verbleibt.
III.
Weil die Mutter der Kl. diesen gegenüber aus den oben angeführten Gründen nicht barunterhaltspflichtig ist, ist allein der Bekl. gemäß der §§ 1610 II, 1360a IV BGB PKV-pflichtig.
Unter Berücksichtigung der oben angeführten Unterhaltsansprüche von 287,65 DM bzw. 327,98 DM ist entsprechend der Berechnung in dem den Vorschuss anfordernden Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten v. 25.01.1993 nur ein Kostenvorschuss der Kl. nach einem Streitwert von insgesamt 7.871,52 DM gerechtfertigt (Berufung des Bekl.: 287,50 DM x 12 Monate x 2 = 6.900 DM; Erfolg versprechende Berufung der Kl.: 327,98 DM – 287,50 DM = 40,48 x 12 Monate x 2 = 971,52 DM).
OLG Hamm, Beschluss vom 25.02.1993
1 UF 429/92