Die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremerhaven vom 27.5.2024 wird zurückgewiesen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Im vorliegenden Verfahren geht es um die Vormundschaft für den am […] 2020 geborenen X.
Der jetzt vierjährige X ist schwerbehindert (Trisomie 21), stark entwicklungsverzögert und benötigt intensive Förderung. Er lebt seit dem […] 2021 bei Pflegeeltern, den Beteiligten zu 2. und 3., in A. Zuvor hatte das Amtsgericht A der seinerzeit drogenabhängigen, allein sorgeberechtigten Kindesmutter – die Vaterschaft für X war damals noch nicht geklärt – mit deren Einverständnis durch Beschluss vom 16.3.2021 die elterliche Sorge für X entzogen und sie dem Jugendamt […] als Vormund übertragen. Dieses bat am 11.8.2021 im Hinblick auf Xs gewöhnlichen Aufenthalt in A um Entlassung aus der Vormundschaft. Mit Beschluss vom 12.11.2021 bestellte das Amtsgericht A das Jugendamt B zum neuen Vormund, das die Ausübung der Aufgaben des Vormunds gem. § 55 Abs. 2 S. 1 SGB VIII auf seine Bedienstete Frau Z übertrug.
Am 2.12.2022 beantragten die Pflegeeltern beim Familiengericht zunächst die Einsetzung einer von ihnen benannten, ihr Vertrauen genießenden Person als Einzelvormund für X. Zur Begründung führten sie insbesondere aus, der zeitliche Aufwand für Antragstellungen, Erreichbarkeit, Begleitung zu Krankenhausaufenthalten etc. könne vom Amtsvormund nicht im erforderlichen Umfang geleistet werden.
Der Amtsvormund sprach sich gegen die Einsetzung eines Einzelvormunds aus. Die Zusammenarbeit mit den Pflegeeltern sei schwierig. Einem vom Amtsvormund beim Familiengericht vereinbarten begleiteten Umgang des – nach erfolgter Anerkennung der Vaterschaft mittlerweile feststehenden – Kindesvaters mit X ständen die Pflegeeltern ablehnend gegenüber. Es falle ihnen schwer, andere Sichtweisen und Meinungen zu akzeptieren. Gerade mit Blick auf Xs Behinderung sei es wichtig, dass die Vormundschaft von einer neutralen Person ausgeübt werde.
Am 9.5.2023 beantragten die Pflegeeltern beim Familiengericht sodann, das Jugendamt B als Vormund zu entlassen und sie selbst als Vormünder für X zu bestellen. Es sei ihr Wunsch, für Xs Wohl und Entwicklung Verantwortung tragen zu dürfen und ihn auch rechtsverbindlich nach außen hin vertreten zu können. Die vom Amtsvormund vorgebrachten Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit entfielen bei antragsgemäßer Entscheidung. Die Fallzahlen-Überlastung führe erfahrungsgemäß dazu, dass ein Amtsvormund sich um die Beibehaltung der Vormundschaften bemühe, die außer Unterschriften wenig Aufwand verlangten. Der Amtsvormund besuche X nur selten zuhause und erscheine ihnen unzuverlässig. Er verlasse sich in jeder Hinsicht auf ihre
Kompetenzen, Erfahrungen und ihr Engagement. Fragen des Umgangs des Kindesvaters mit X hätten für das vorliegende Verfahren keine Relevanz. Die individuelle Erziehung habe Vorrang vor der bürokratischen Amtsvormundschaft. Dadurch erhöhe sich die Sicherheit des Pflegekindes, weil stabile und verlässliche Bezugspersonen für seine Entwicklung besonders wichtig seien.
Etwaige Schwierigkeiten oder Unstimmigkeiten mit dem Jugendamt änderten nichts am Vorrang der Einzelvormundschaft. X sei bei ihnen bestens aufgehoben. Seit vielen Jahren seien sie gerichtlich zur Übernahme rechtlicher Verantwortung für ihnen anvertraute Pflegekinder bestellt und hätten die Besuchskontakte zu deren jeweiligen Herkunftsfamilien auch über eine gerichtlich beschlossene Kontaktfrequenz hinaus eigenständig geregelt. Alles in allem erfüllten sie die gesetzlichen Vorgaben für die Übernahme der Vormundschaft für X am besten.
Der Amtsvormund trat dem Antrag der Pflegeeltern entgegen. Aufgrund der kritischen Haltung der Pflegeeltern zu Umgangskontakten des Kindesvaters, dem die Pflegeeltern nicht unvoreingenommen gegenüberständen, bestehe ein Interessenkonflikt, dem X im Falle der Übertragung der Vormundschaft auf die Pflegeeltern schutzlos ausgeliefert wäre. Die Pflegeeltern hätten mehrfach mit unterschiedlicher Begründung kurzfristig Umgänge abgesagt. Mündelkontakte des Amtsvormunds durch Hausbesuche hätten die Pflegeeltern ebenfalls wiederholt abgesagt.
Am 25.3.2024 meldete sich auch der Kindesvater zur Akte und beantragte, den Antrag der Pflegeeltern zurückzuweisen. Unbeschadet ihrer Eignung zur tatsächlichen Betreuung des Kindes seien diese nicht als Vormund für X geeignet. Soziale und rechtliche Elternschaft dürften nicht vermischt werden. Seine Umgangskontakte mit X verliefen unkompliziert. Zwischen dem Amtsvormund und den Pflegeeltern beständen unterschiedliche Ansichten zur Frage von Umfang und Dauer der Umgangskontakte. Es sei daher unrealistisch anzunehmen, dass die Pflegeeltern die von ihm gewünschte Erweiterung der Umgangskontakte und die in Art. 6 GG primär vorgesehene Rückführung des Kindes zu den leiblichen Eltern unterstützen würden. Es bestehe im Übrigen kein
Grund, ihn auf Dauer von der elterlichen Sorge für X auszuschließen.
Der vom Familiengericht für X bestellte Verfahrensbeistand sprach sich für die Entlassung des Amtsvormunds und die Übertragung der ehrenamtlichen Vormundschaft auf die Pflegeeltern aus. Vorbehalte gegen die Pflegeeltern, die bereits langjährig als solche tätig seien und einen guten Leumund sowie ein liebevolles Verhältnis zu X hätten, beständen nicht. Umgangswünsche könne der Kindesvater bei Bedarf im Rahmen eines Umgangsverfahrens durchsetzen. Dies stehe aber in keinem Zusammenhang mit der Vormundschaft.
Das Jugendamt (Sozialdienst) machte Bedenken gegen eine Übertragung der Vormundschaft auf die Pflegeeltern geltend. Die Bedienstete Frau Z sei bewusst mit der Ausübung der Aufgaben des Vormunds betraut worden, da ihre berufliche Qualifikation auf Xs Bedürfnisse abgestimmt sei. Um die positive Entwicklung Xs zu begleiten, werde ein neutraler Vormund für notwendig gehalten.
Mit Beschluss der zuständigen Rechtspflegerin vom 27.5.2024 hat das Familiengericht das Jugendamt als bisherigen Vormund für X entlassen und stattdessen zugleich die Pflegeeltern zu gemeinschaftlichen Vormündern des Kindes bestellt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der entlassene Amtsvormund mit seiner am 19.6.2024 beim Familiengericht eingelegten Beschwerde, die darauf zielt, dass die Vormundschaft weiterhin vom Jugendamt ausgeübt wird. Zur Begründung des Rechtsmittels macht der Beschwerdeführer in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend, die Pflegeeltern hätten überhaupt kein Interesse am Aufbau einer Beziehung des Kindesvaters zu X. Xs Recht auf Umgang mit seinem Vater werde vielmehr massiv missachtet. Der Kindesvater wünsche sich einen Verbleib der Vormundschaft beim Amt, solange er nicht selbst die elterliche Sorge ausüben könne.
Langfristig strebe er die Übernahme der elterlichen Sorge und Betreuung seines Sohnes im eigenen Haushalt an. Das stehe im krassen Gegensatz zu den Interessen der Pflegeeltern. Ein früher von ihnen betreutes Pflegekind, deren Vormünder sie zudem gewesen seien, hätten die Pflegeeltern diversen Ärzten und Einrichtungen vorgestellt, um seine gesundheitlichen Einschränkungen überprüfen zu lassen. Dabei habe das Kind die Diagnosen FAS und ADHS erhalten und sei mit Ritalin behandelt worden. Der Kontakt des Kindes zu seiner Mutter sei von den Pflegeeltern konsequent unterbunden worden. Ferner habe es einen Schwerbehindertenausweis erhalten, der ihm die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung bescheinigt habe. Dieses Kind, das bereits als
Baby bei den Pflegeeltern untergebracht worden sei, habe sich im Alter von 10 Jahren selbständig beim Jugendamt gemeldet und um Inobhutnahme gebeten. Während seiner daraufhin veranlassten Unterbringung in einer Bereitschaftspflege sei festgestellt worden, dass die erstellten Diagnosen nicht haltbar gewesen seien. Auch die mangelnde Selbständigkeit des Kindes habe sich in der Bereitschaftspflege ganz anders dargestellt. Es sei auch Kontakt zu seiner leiblichen Mutter hergestellt worden, die von ihren intensiven Bemühungen eines Umgangskontaktes berichtet habe, der ihr über Jahre durch die weiteren Beteiligten zu 2 und 3 verwehrt worden sei. Während das Kind damals in der Lage gewesen sei, die Pflegeeltern eigenständig zu verlassen, könne X das angesichts seiner Behinderungen nicht. Bei Übertragung der Vormundschaft auf die Pflegeeltern drohe ein massiver Interessenskonflikt. Die Pflegeeltern hätten große Sorge, dass der Kindesvater eine Beziehung zu X aufbaue, um irgendwann die Betreuung von X ganz zu übernehmen. Daher werde von den Pflegeeltern schon im Vorfeld versucht, die Umgangskontakte so gering wie möglich zu halten. Das entspreche nicht dem Kindeswohl. Die Pflegeeltern hätten in der Vergangenheit gezeigt, dass ihre Fähigkeit oder ihre Bereitschaft zur Kooperation mit allen an der Erziehung des Mündels beteiligten Akteuren stark eingeschränkt sei. Eine fachliche und konstruktive Auseinandersetzung mit den Pflegeeltern sei nicht möglich.
Die Pflegeeltern beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen. Diese sei bereits unzulässig. Dem Amtsvormund stehe kein eigenes subjektives Recht auf Fortführung des Amtes zu. Im Vorfeld sei für X „eine Pflegefamilie, die sich der Herausforderung stellt, einem Kind mit Down-Syndrom eine liebevolle Umgebung zu schaffen” gesucht worden. Inzwischen zeige sich bei X eine deutliche Entwicklungsverzögerung. X sei in etwa auf dem Stand eines 18 Monate alten Kindes. Das Umgangsrecht des Kindesvaters unterliege der Richterzuständigkeit und sei nicht vom Rechtspfleger im Rahmen des Vormundwechsels zu prüfen. Bei der gerichtlichen Umgangsvereinbarung vom 27.9.2022 seien sie im Übrigen weder angehört noch anderweitig beteiligt worden, obwohl X damals bereits 14 Monate – also 2/3 seiner Lebenszeit – bei ihnen gelebt habe.
Der Beschwerdeführer habe sich mit ihnen noch nicht einmal im Vorfeld der Vereinbarung abgestimmt. Im Verlauf habe er ihnen gegenüber dann selbstherrlich agiert und einseitige Anordnungen zum Umgang getroffen. Vereinbarte Umgangstermine hätten teilweise stattgefunden und seien teilweise ausgefallen, z.B. wegen Krankheit oder geplanten Urlaubs oder der Verhinderung des Kindesvaters. Seit dem Vormundwechsel würden die Umgänge durch den Träger B im Norden, die für sie zuständige Fachberatung für heilpädagogische Pflegestellen, organisiert und begleitet. Sie könnten sich jetzt unbeschwerter um Xs Belange kümmern als zuvor. Das Verfahren auf Vormundwechsel diene im Übrigen nicht der Überprüfung des zugrundeliegenden Entzugs der elterlichen Sorge. Der Vortrag des Beschwerdeführers, wonach der Kindesvater langfristig die Übernahme der elterlichen Sorge und Betreuung seines Sohnes im eigenen Haushalt anstrebe, erscheine angesichts mangelnder deutscher Sprachkenntnisse und ungeeigneter Wohnverhältnisse des Kindesvaters lebensfremd. Mit den Ausführungen zu
ihrem ehemaligen Pflegekind verstoße der Beschwerdeführer gegen den sozialrechtlichen Datenschutz. Unabhängig davon seien diese Ausführungen für das vorliegende Beschwerdeverfahren irrelevant.
Der Verfahrensbeistand regt unter Bezugnahme auf seine erstinstanzlich abgegebene Stellungnahme die Zurückweisung der Beschwerde an. Die Vormundschaft sei getrennt von der Umgangsfrage zu sehen. Der Kindesvater habe bisher keine elterliche Sorge angestrebt. Das Umgangsrecht werde ihm nicht verwehrt. Der Kindesvater stelle auch die Eignung der Pflegeeltern zur tatsächlichen Betreuung Xs nicht in Abrede. Anscheinend wolle er lediglich, dass die Vormundschaft beim Jugendamt verbleibe. Das widerspreche aber der Gesetzeslage.
Der Kindesvater hat die von ihm gegen den erstinstanzlichen Beschluss eigelegte Beschwerde vom 28.6.2024 am 27.8.2024 zurückgenommen, nachdem er mit dem seinen Verfahrenskostenhilfeantrag zurückweisenden Beschluss des Senats vom 12.8.2024 (FamRZ 2024, 1891) auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen worden war. Er hat im Rahmen seiner nach § 160 FamFG vorgesehenen Anhörung gleichwohl weitere, sein erstinstanzliches Vorbringen vertiefende und das Vorbringen des Beschwerdeführers unterstützende Ausführungen gemacht.
Das Jugendamt (Sozialdienst) hat sich im Beschwerdeverfahren trotz Gelegenheit nicht geäußert. Es hat trotz Ladung auch nicht am Termin vom 9.1.2025 teilgenommen, in dem der Senat die Sache mit dem Beschwerdeführer, den Pflegeeltern und dem Verfahrensbeistand erörtert und dabei auch den Kindesvater sowie auf Anregung der Pflegeeltern Herrn Y, den seit Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung die Umgangskontakte zwischen den Kindsvater und X begleitenden Fachberater des Trägers B im Norden, angehört hat.
II.
Die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1. ist gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1.
Der weitere Beteiligte zu 1. ist beschwerdeberechtigt.
Im Verfahren um die Entlassung des Vormunds gehört neben dem Mündel auch der Vormund zum Kreis der sog. „Muss“-Beteiligten gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (BGH FamRZ 2017, 50). Mag auch die ursprüngliche Übertragung des Amtes nur im Interesse des Mündels erfolgt sein, so wird der Vormund gleichwohl als Inhaber des Amtes Träger von besonderen Rechten und Pflichten, sodass eine Entlassung aus dem Amt einen unmittelbaren Eingriff in seine Rechtsstellung bedeutet. Dem Vormund ist die elterliche Sorge übertragen und diese steht ihm als eigenes Recht zu (BeckOGK BGB/Wentzell, Stand: 1.11.2024, § 1804 Rn. 133 m.w.N.). Weil ihm mit der Bestellung Rechte erwachsen, in denen er durch eine unbegründete Entlassung beeinträchtigt wird, ist der Vormund gegen den seine Entlassung aussprechenden Beschluss beschwerdeberechtigt nach § 59 Abs. 1 FamFG (MünchKommBGB/Schneider, 9. Aufl., § 1804 Rn. 28).
2.
Die angefochtene Entscheidung ist zu Recht ergangen.
Nach § 1804 Abs. 1 Nr. 2 BGB hat das Familiengericht den Vormund zu entlassen, wenn er als Vormund gem. § 1774 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BGB bestellt wurde und jetzt eine andere Person geeignet und bereit ist, die Vormundschaft ehrenamtlich zu führen, es sei denn, die Entlassung des bisherigen Vormunds widerspricht dem Wohl des Mündels.
Diese Voraussetzungen liegen hier für die Entlassung des zunächst bestellten Amtsvormunds und jetzigen Beschwerdeführers vor.
Der Beschwerdeführer ist als Jugendamt gem. § 1774 Abs. 1 Nr. 4 BGB zum Vormund bestellt worden. Die Pflegeeltern sind bereit, die Vormundschaft ehrenamtlich zu führen. Sie sind dafür auch geeignet. Ihre Eignung ist nach § 1779 Abs. 1 Nr. 1 bis 4. BGB zu beurteilen. Danach muss eine natürliche Person nach (Nr. 1.) ihren Kenntnissen und Erfahrungen, (Nr. 2.) ihren persönlichen Eigenschaften, (Nr. 3.) ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie (Nr. 4.) ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen geeignet sein, die Vormundschaft so zu führen, wie es das Wohl des Mündels erfordert.
Dies trifft nach den vorliegenden Erkenntnissen auf die Pflegeeltern zu.
Dafür, dass sie allgemein über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, spricht bereits, dass sie schon für andere Pflegekinder als Vormund tätig waren. Darüber hinaus lebt X seit nunmehr rund dreieinhalb Jahren bei ihnen. Niemand wird daher die konkreten Bedürfnisse dieses Kindes besser kennen als die Pflegeeltern. Dieser Umstand lässt sie als besonders geeignet zur Ausübung der Vormundschaft für X erscheinen (vgl. MünchKommBGB/Lettmaier, 9. Aufl., § 1779 Rn. 7; Veit, FamRZ 2021 1501, 1508).
Dass persönliche Eigenschaften der Pflegeeltern, etwa ihr Alter oder ihr Gesundheitszustand, ihrer Eignung als Vormund für X entgegenstehen, ist nicht erkennbar. Soweit der Beschwerdeführer andeuten will, die Pflegeeltern hätten sich im Rahmen der von ihnen ausgeübten Vormundschaft für ein früheres Pflegekind kindeswohlwidrig verhalten, indem sie es – wie der Beschwerdeführer wohl meint – als stärker gesundheitlich beeinträchtigt und weniger selbständig behandelt hätten als nötig, lässt sich daraus keine fehlende Eignung der Pflegeeltern ableiten.
Insbesondere erlaubt diese subjektive Einschätzung des Beschwerdeführers nicht den Schluss, dass den Pflegeeltern die Fähigkeit fehlen könnte, Xs spezifische Bedürfnisse adäquat wahrzunehmen und zu befriedigen. Die Umstände des vorliegenden Falles sind bereits nicht mit denen des vom Beschwerdeführer geschilderten Falles betreffend das ehemalige Pflegekind vergleichbar. Denn die für X vorliegende Diagnose „Trisomie 21“ ist unstreitig, von niemandem und somit auch nicht von den Pflegeeltern „manipulierbar“ und für ihre Betreuung und Versorgung von X bestimmend. Unabhängig davon hat das Jugendamt B – Pflegekinderdienst und Adoptionsvermittlungsstelle – den Pflegeeltern unter dem 26.7.2021 ausdrücklich die Eignung auch für die Betreuung eines behinderten Kindes bescheinigt. Dies spricht deutlich gegen die Annahme, die Pflegeeltern würden zu nicht kindeswohlgerechtem Handeln im Allgemeinen oder bezogen auf X im Besonderen neigen.
Hinweise darauf, dass ihre persönlichen Verhältnisse oder ihre Vermögenslage der Eignung der Pflegeeltern zur Ausübung der Vormundschaft entgegenstehen könnten, liegen nicht vor.
Schließlich sind die Pflegeeltern auch als dazu fähig und bereit anzusehen, mit den anderen an der Erziehung Xs beteiligten Personen, also etwa Fachkräften des Jugendamts oder anderer Institutionen, Therapeuten, Personal in Kindergarten oder Schule etc., zusammenzuarbeiten. Anders als die Pflegeeltern und der Verfahrensbeistand meinen, spielen insoweit allerdings auch die Handhabung des Umgangs des Kindesvaters mit X durch die Pflegeeltern und ihre grundsätzliche Haltung dazu eine gewichtige Rolle bei der Beurteilung ihrer Eignung, die Vormundschaft für X so zu führen, wie dessen Wohl es erfordert. Denn zur nötigen Kooperationsbereitschaft gehören auch Fähigkeit und Bereitschaft zu einer am Kindeswohl ausgerichteten Kooperation mit Umgangsberechtigten (vgl. Strube, NZFam 2022, 957, 959). Auch mit nicht (mehr) sorgeberechtigten Eltern muss im Hinblick auf deren Umgangsrecht nach § 1684 BGB ein Mindestmaß an Kommunikation und Kooperation möglich erscheinen (vgl. BeckOGK BGB/B. Hoffmann, Stand: 1.10.2024, § 1779 Rn. 34). Pflegeeltern sind daher jedenfalls dann nicht als Vormünder geeignet, wenn ihre Bestellung den Kontakt des Kindes zur Herkunftsfamilie nicht unerheblich erschweren könnte (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.5.2023 – 5 WF 170/12 = BeckRS 2013, 14849 = FamRZ 2014, 404 (Ls.)). Davon ist hier aber nicht auszugehen. Die Pflegeeltern sind nach dem Eindruck, den der Senat von ihnen im Termin vom 9.1.2025 gewonnen hat, hinreichend in der Lage und bereit, mit dem Kindesvater so zu kooperieren, dass dessen Recht auf und Wunsch nach persönlichem Kontakt zu X unter Beachtung des Kindeswohls angemessen Rechnung getragen werden kann. Eine andere Prognose kann nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht gestellt werden.
Soweit der Beschwerdeführer auf eine Unterbindung von Kontakten des vorerwähnten früheren Pflegekindes zu dessen Mutter durch die seinerzeit zum Vormund bestellten Pflegeeltern hinweist, kann daraus nichts Anderes folgen. Schon mangels hinreichend konkreter Angaben zu dem damaligen Pflegeverhältnis und den Hintergründen des Kontaktabbruchs zwischen dem Pflegekind und dessen Mutter kann daraus für den vorliegenden Fall nichts Belastbares abgeleitet werden.
Im Übrigen hat der Erörterungstermin vom 9.1.2025 ergeben, dass die Pflegeeltern auch nach Erlass der angefochtenen Entscheidung dem Kindesvater weiterhin begleiteten Umgang mit X gewähren.
Dass der Kindesvater sich einen umfangreicheren Umgang als die gegenwärtig einmal monatlich für eineinhalb Stunden begleitet stattfindenden Kontakte wünscht, ist verständlich. Dass dies derzeit sowohl von den Pflegeeltern als auch von der aktuell tätigen Umgangsbegleitung jeweils unter Verweis auf terminliche Kapazitäten als nicht darstellbar abgelehnt wird, ist nicht dazu geeignet, die Kooperationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft der Pflegeeltern mit dem Kindesvater in Fragen des Umgangs zu verneinen.
Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer im Termin geäußerten Zweifel, dass die Pflegeeltern die Umgangskontakte auf Dauer gewähren würden. Die Pflegeeltern haben nämlich glaubhaft versichert, dass sie selbstverständlich beabsichtigen, dem Kindesvater weiterhin Umgang mit X zu gewähren. Der Senat vertraut auf diese Erklärung und nimmt die Pflegeeltern beim Wort. Der für die Pflegeeltern zuständige und gegenwärtig die Umgänge begleitende Fachberater hat zudem seinerseits ausdrücklich bekräftigt, die Fortsetzung der Umgangskontakte des Kindesvaters zu unterstützen.
Dass zwischen den Pflegeeltern einerseits und dem Kindesvater sowie dem Beschwerdeführer andererseits unterschiedliche Ansichten über die konkrete Frequenz und Ausgestaltung der Umgangskontakte bestehen, steht der Eignung der Pflegeeltern zur Führung der Vormundschaft für X nicht im Wege. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine als Vormund in Betracht kommende Person im Einzelfall zum Mündelwohl durchaus eine andere Auffassung vertreten darf als involvierte Institutionen. Es muss aber in dem Umfang, in dem das Mündelwohl es erfordert, die Bereitschaft bestehen, fachliche Unterstützung anzunehmen, die Situation zu erörtern und einer Lösung zum Wohl des Mündels zuzuführen (vgl. Strube, NZFam 2022, 957, 959). In welchem Umfang und auf welche konkrete Weise Umgang des Kindesvaters mit X unter Berücksichtigung seiner konkreten Bedürfnisse und seiner Behinderung dem Kindeswohl am besten entspricht,
ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Dies wird – sollte eine Einigung zwischen dem Kindesvater und den Pflegeeltern als Vormündern nicht möglich sein – gegebenenfalls in einem Umgangsverfahren und möglicherweise mit sachverständiger Hilfe familiengerichtlich geklärt werden müssen. Dass die Pflegeeltern das am Kindeswohl orientierte Ergebnis eines solchen Verfahrens nicht akzeptieren und – gegebenenfalls mit fachlicher Unterstützung – umsetzen würden, kann ihnen nicht unterstellt
werden. Dass sie derzeit mit dem Kindesvater kein Einvernehmen über eine Ausweitung seines Kontakts zu X erzielen können, macht sie aber nicht ungeeignet zur Führung der Vormundschaft. Denn insoweit geht es lediglich um die konkrete Ausgestaltung des Umgangs, den sie – was aus Sicht des Senats für ihre Eignung entscheidend
ist – grundsätzlich gewähren. Zudem kann nach den von ihnen im Termin vom 9.1.2025
gewonnenen Eindruck davon ausgegangen werden, dass sie auch künftig bereit sein
werden, an einer am Kindeswohl orientierten Umgangsgestaltung mitzuwirken.
Die Eignung zur Führung der Vormundschaft für X kann den Pflegeeltern auch nicht mit
Blick auf ihre bisherige Zusammenarbeit mit dem Beschwerdeführer und dem Kindesvater abgesprochen werden.
Zwar kann es an der erforderlichen Eignung fehlen, wenn das Verhältnis zwischen Pflegefamilie und umgangsberechtigten leiblichen Eltern oder zwischen Pflegefamilie und
Jugendamt bzw. bisher bestelltem Amtsvormund belastet ist (vgl. Strube, NZFam 2022,
957, 959). Eine solche Belastung liegt hier aber nicht in einem Maße vor, welches erfolgreich gegen die Eignung der Pflegeeltern zur Führung der Vormundschaft angeführt
werden könnte. Nach übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und der
Pflegeeltern war das Verhältnis zwischen ihnen von Beginn an nicht gut. Die insoweit
bestehenden Spannungen sind auch dem Senat im Erörterungstermin vom 9.1.2025
nicht verborgen geblieben. Welches die konkreten Ursachen dafür sind, bleibt ungeklärt. Während der Beschwerdeführer in Gestalt der Bediensteten Z insbesondere eine
aus deren Sicht vorhandene negative Haltung der Pflegeeltern gegenüber Xs leiblichen
Eltern anführte, verwiesen die Pflegeeltern unter anderem darauf, dass sie sich von
Frau Z „nie richtig abgeholt“ gefühlt hätten, etwa als diese ohne ihre Einbeziehung eine
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gerichtliche Umgangsvereinbarung herbeigeführt oder die Einlegung eines Widerspruchs gegen den für X festgesetzten Grad der Behinderung abgelehnt habe. Dass
die Pflegeeltern grundsätzlich nicht bereit und in der Lage wären, mit dem Jugendamt
zu kooperieren, lässt sich jedenfalls schon deshalb nicht feststellen, weil sie bereits
mehrere Pflegekinder betreut und auch wiederholt Vormundschaften für Pflegekinder
geführt haben, ohne dass dem Senat diesbezüglich – abgesehen von dem wenig substantiierten Vorbringen des Beschwerdeführers zu einem früheren Pflegekind – Beanstandungen bekannt geworden sind. Ihr Verhältnis zum Kindesvater betreffend, haben
die Pflegeeltern im Erörterungstermin vom 9.1.2025 plausibel dargelegt, dass sie zwar
anfangs gewisse, auf Hörensagen beruhende Vorbehalte gegen den Kindesvater gehabt hätten. Nachdem sie den Kindesvater persönlich kennengelernt hätten, habe sich
dies jedoch geändert. Für eine aktuell noch bestehende Belastung des Verhältnisses
zwischen dem Kindesvater und den Pflegeeltern, die von ihrem Ausmaß her deren Eignung zur Führung der Vormundschaft für X in Zweifel ziehen könnte, gibt es keine Anhaltspunkte. Insbesondere hat auch der im Termin vom 9.1.2025 gewonnene Eindruck
keine nennenswerten Spannungen und erst recht keine allgemeine Ablehnung des Kindesvaters durch die Pflegeeltern ergeben. Diese haben im Gegenteil offen kommuniziert, dass sie zwar eine langfristige Aufnahme Xs bei sich geplant haben. Als Pflegeeltern sei ihnen aber klar, dass grundsätzlich immer eine Rückführung des Kindes zu
den leiblichen Eltern denkbar sei. Diese würden sie sich für X zwar nicht wünschen. Sie
würden sie aber, wenn die Voraussetzungen dafür künftig einmal vorlägen, natürlich
auch begleiten. Damit haben die Pflegeeltern nach Einschätzung des Senats glaubhaft
deutlich gemacht, dass sie ihre Rolle als Pflegeeltern professionell akzeptieren, sodass
nicht zu erwarten ist, dass sie allein aus eigenen Interessen den Kindesvater in seinem
Umgangsrecht beschränken werden, um ihn aus ihrem und Xs Leben zu verdrängen.
Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies Xs Wohl widerspricht, hat nach
alledem das Familiengericht den Beschwerdeführer zu Recht als Vormund entlassen (§
1804 Abs. 1 Nr. 2 BGB) und die hierfür geeigneten Pflegeeltern, deren ehrenamtliche
Vormundschaft Vorrang hat, zu neuen Vormündern für X bestimmt (§ 1805 Abs. 1 S. 1
BGB).
Von der persönlichen Anhörung Xs hat der Senat gem. § 159 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG
ausnahmsweise abgesehen. Nach den unstreitigen Angaben der Pflegeeltern im Ter-
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min vom 9.1.2025 ist X entwicklungsmäßig auf dem Stand eines 18 Monate alten Kindes. Abgesehen davon, dass er unabhängig vom Inhalt auf jede an ihn gerichtete Ansprache „Ja.“ sagt, spricht er nicht. Dies stellt einen schwerwiegenden Grund für das
Absehen von der Kindesanhörung dar. Zudem ist X offensichtlich nicht in der Lage,
seine Neigungen und seinen Willen kundzutun.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81, 83, 84 FamFG und berücksichtigt sämtliche
Umstände des konkreten Falles, die es in der Gesamtschau billig erscheinen lassen,
keinen Beteiligten mit Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu belasten und auch
keine Kostenerstattung anzuordnen.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 40 Abs. 1, 42 Abs. 2, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (vgl.
OLG Karlsruhe, FamRZ 2024, 1640, 1641).
