Hallo zusammen,
ich habe heute mehrfach (auch hier im Forum) gelesen, dass das Titulieren während nicht existenter Leistungsfähigkeit nicht erlaubt ist. Bezogen war dies jedoch immer auf das JA. Folgendes Szenario. KV ist nicht Leistungsfähig, auf Antrag der KM wird ein Unterhaltsfestsetzungsbeschluss und damit ein Titel durch vereinfachtes Verfahren erwirkt. Es wird keine Beschwerde eingelegt, weil man denkt, die Gerichte wissen schon was sie tun. Der Beschluss wird wirksam. Aber ist der Beschluss dann nicht trotzdem rechtswidrig bzw. unzulässig?
Wenn ja, wie geht man am besten dagegen vor?
Wie lange kann man dagegen vorgehen?
Was ist, wenn aus dem Titel vollstreckt werden sollte, den es eigentlich nicht geben dürfte?
Fragen über Fragen
Hallo,
es tut mir leid, aber ist nicht rechtswidrig einen Titel bei nicht vorhandener Leistungsfähigkeit zu unterschreiben.
Ein Titel soll nicht unterzeichnet werden, wenn man nicht leistungsfähig ist, weil der Titel nämlich unter allen Umständen gültig ist und nur bei Änderung der Umstände geändert werden kann.
Du hattest im vereinfachten Verfahren das Recht dagegen zu widersprechen. Das hast Du nicht gemacht und damit ist der Titel voll gültig. Darauf wird man auch beim vereinfachten Verfahren hingewiesen. Eine Änderung ist nur möglich, wenn sich Deine Verhältnisse ändern.
Sollte aus dem Titel vollstreckt werden, dann muss auch in diesem Fall überhaupt etwas pfändbar sein. Also ein P-Konto einrichten damit nicht zuviel gepfändet wird.
Du solltest versuchen, dass das JC Dir aufstockendes H4 gewährt damit Du den Unterhalt zahlen kannst. Das JC könnte es aber verweigern mit dem Hinweis, dass der Titel schon bei nicht vorliegender Leistungsfähigkeit unterzeichnet wurde.
Perspektivisch solltest Du trotzdem versuchen eine Änderung des Titels zu erwirken. Da in Unterhaltsfragen Anwaltszwang besteht solltest Du Dir einen Beratungsschein beim Amtsgericht holen und mit einem Anwalt das Vorgehen absprechen.
VG Susi
Hallo Susi,
erstmal danke für deine Antwort, aber nachdem ich nun ein bisschen weiter recherchiert habe, und so wie ich das verstehe, sehe ich das ein bisschen anders als du.
Ich sag's mal so wie es ist. Zu der Zeit als das alles passiert ist, war ich sehr jung, hatte große Probleme und habe mich leider nicht wirklich darum gekümmert. Heißt: ich habe nicht auf Briefe reagiert. Der Unterhalt wurde deshalb im Beschluss auf 100% des Mindestunterhalts festgesetzt, das wäre meiner Meinung nach aber vermutlich nicht passiert, wenn das Gericht gewusst hätte, dass ich damals arbeitslos war. Das würde bedeuten ich könnte theoretisch nach § 48 FamFG eine Wiederaufnahme des Verfahrens anstreben und den gesamten Beschluss anfechten.
Bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege.
Zum Thema Beratungsschein: ich war schon 2 Mal da un wollte einen haben, beide Male wurde ich mit leeren Händen nach Hause geschickt, weil es "nicht nötig sei zum Anwalt zu gehen" ich solle doch warten bis das JA vollstrecken will, oder so.
Dein Problem ist aber genau das, dass das Gericht deine Einkommensverhältnisse nicht kannte.
Wie auch, DU hast nicht reagiert und damit ein Versäumnisurteil kassiert.
Eine Wideraufnahme anstreben mit dem Argument "ich war halt jung, hatte Probleme und dachte durch Nichtreagieren löst ich das Problem in Luft auf" wird dazu nicht reichen. Du warst ja nicht daran gehindert auf die Schriftstücke reagieren.
Schreib es für die Vergangenheit als Lebenserfahrung ab.
Interessanter wäre jetzt für die Zukunft die Frage wieviel du heute verdienst und ob du auch heute noch nicht in der Lage bist den Mindestunterhalt zu zahlen. Dann wäre es eine Überlegung dagegen vorzugehen oder zu versuchen aufgrund des Titels und der Unterschreitung des Selbstbehalts ergänzende Sozialleistungen zu bekommen
Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen
Ja verstehe ich.
Aber die Wiederafunahme ist auch nicht, um zu sagen "ich war jung und hab deswegen nicht reagiert" , sondern um darzulegen, dass der Beschluss nicht der damals zugrunde liegenden Sachlage angemessen ist.
Und heute, ja ich habe zwischenzeitlich natürlich bezahlt, bin jetzt jedoch durch Corona leider wieder den Job losgeworden. Wie schon im vorherigen Post erwähnt, rückt die Dame beim Gericht ums Verrecken keinen Beratungsschein raus, daher ist die Sache etwas kompliziert.
Wenn du deine Arbeit verloren hast, dann nimm diesen blöden Titel, geh zum JC und beantrage ergänzende Sozialleistungen zusätzlich zum ALG I. Die müssen nämlich auch den rechtsgültigen Titel in ihrer Berechnung beachten.
Sie können dich auffordern, dass du gerichtlich gegen diesen Titel vorgehst (oder eben dir entsprechend mehr zahlen) und dann kansnt du mit dieser Aufforderung wieder zum Gericht und dir den Beratungsschein holen
Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen
Das ist eine Info die mir bisher nicht bekannt war. Ich habe hier bereits eine Unterhaltsverzichtserklärung vom JA, welche den monatlich zu zahlenden Unterhalt auf 0€ gesenkt hat. Das habe ich auch letztes mal als ich arbeitslos wurde so gehandhabt, ist das ausreichend? Oder kann mir das im nachhinein das Genick brechen, solange der eigentliche Beschluss nicht geändert ist?
Frage:
Wird von Seiten des JA aufden Unterhalt in der Zeit tatsächlich verzichtet oder wird er dir nur gestundet und du musst ihn später nachzahlen?
Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen
Also es existiert ein gewisser Unterhaltsrückstand, da versuchen sie immer wieder eine unterschriebene Stundungsvereinbarung von mir zu bekommen, habe ich aber noch nie unterschrieben, weil ich a) der Summe nicht zustimmen will und b) nicht auf mein Recht auf Einrede der Verjährung verzichten will. Und das was ich hier habe ist eine Unterhaltsverzichtserklärung in der der laufende Unterhalt auf 0€ gesetzt ist solange ich nicht zahlen kann.
Nur für die Verständlichkeit.
Handelt es sich hierbei um die Beistandschaft des Jugendamtes?
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese überhaupt rechtswirksam einen Unterhaltsverzicht rechtskräftig unterschrieben darf. Dies müsste von der KM unterschrieben werden. Meiner Meinung nach ...
Wenn du aber eine rechtsgültige Unterhaltsverzichtserklärung hast, dann kannst du auch keine Änderungsklage herbeiführen, da sie bereits auf deine derzeitige Situation eingegangen sind. Ist diese Verzichtserklärung zeitlich befristet?
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Ja es ist eine Beistandschaft. Ich tippe das einfach mal kurz ab:
Unterhaltsverzichtserklärung
Der Fachbereich Jugend der -Stadt- als Beistand erklärt gegenüber KV für das Kind folgenden Unterhaltsverzicht aus Beschluss des Amtsgerichts -Stadt- vom -Datum- -Urkunden-Nr-:
Ab -Datum_ ermäßigt sich der geschuldete Unterhalt von zur Zeit -Betrag- (100% des Mindestunterhalts abzüglich des hälftigen Kindergeldes) bis zur Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, längstens bis zum Ende des Leistungsbezuges, auf monatlich 0,00€.
Geschäftsgrundlage des Unterhaltsverzichts ist das Schreiben vom -Datum- , aus dem die konkrete Erläuterung hervorgeht.
Mit dem Tag der Beendigung der Beistandschaft für das Kind wird diese Erklärung unwirksam. Ab dann gilt der bisherige Unterhaltstitel.
-Datum-Ort-
Unterschrift
(Mit der Wahrnehmung der Aufgaben nach §55 SGB VIII beauftragt)
Original für Titel
Ausfertigung für U.pflichtigen
Ausfertigung für den betreuende Elternteil
Ausfertigung für Akte.
So sieht das Ding aus.
Hi azu,
also mit 48 FamFG wirst du keinen Erfolg haben mit dieser Begründung. Dass die Sachlage nicht richtig gewürdigt wurde, dazu noch durch dich bedingt, steht da ja nicht drin. Wiederaufnahme nach diesem Paragaphen müsste sich die Sach- oder Rechtslage in der Zwischenzeit geändert haben. Midnightwish hat vollkommen recht, verrenn dich da nicht rein. Investiere deine Zeit und Ressourcen darin, den Titel abzuändern.
Hi Maria,
ja da gehen eure Tipps jetzt etwas auseinander. Laut Kasper ist das ja scheinbar nicht mehr so richtig möglich/nötig, durch die Verzichtserklärung. Oder doch?
Schwierig. Grundsätzlich müsste eine Neutitulierung erfolgen, wenn hier rechtsgültig vollständig auf die Rechte aus dem Titel verzichtet werden. Das sehe ich aber nicht, denn es ist an die Bedingung der Leistungsunfähigkeit geknüpft und außerdem daran, dass die Beistandschaft weiter besteht, der Titel ist also noch da, du könntest also schon dagegen vorgehen, dass er dann ganz abgeändert wird.
Die Formulierung von diesem Schreiben ist komisch. Ein Unterhaltsverzicht wäre gar nicht möglich, man kann lediglich auf die Rechte aus dem Titel verzichten oder auf die Vollstreckung. Schon die Überschfit "Unterhaltsverzichtserklärung" - das geht einfach nicht und wäre angreifbar.
Heißt im Klartext, ist genau so eine Augenwischerei wie die Stundungsvereinbarung, die eine gewisse Sicherheit suggerieren soll, aber mit einem simplen Widerruf seitens des JA aufgehoben werden kann. Wie seht ihr das Thema Vollstreckung des Rückstands bei Leistungsbezug? Ich hab dazu ein Urteil vom 21.01.2016, Az. L 6 AS 1200/13 das es dem JA untersagt, bei ALG II beim Jobcenter anzuklopfen und eine Abzweigung zu beantragen. Ist das konform? Hatte überlegt, das als Argument zu nutzen, wenn sie wegen der Stundungsvereinbarung und bei Nichtunterzeichnung mit "sofortiger Fälligkeit" der Rückstände, also Vollstreckung drohen.
Mal die Formulierung mit dem Unterhaltsverzicht beiseite. Ein Verzicht auf die Rechte aus dem Titel ist schon wirksam und schützt dich zumindest vor der Beistandschaft. Das Jugendamt ist daran gebunden. Die Mutter aber nicht - wenn sie die Beistandschaft beendet, dann ist der Verzicht nicht mehr gültig. Und ja, die Beistandschaft kann durchaus sowas ohne Einverständnis der Mutter machen, bleibt zu hoffen, sie war einverstanden.
Moin,
jein.
Der Verzicht bzw. die Abänderung wurde rechtswirksam erklärt. Da die Beistandschaft die Rechte des Kindes wahrnimmt, ist dieser auch für die KM gültig und bindend.
Sollte die KM anderer Ansicht sein, dann müsste sie die Beistandschaft beenden. Ist sie wiederum der Meinung das die Beistandschaft einen Fehler gemacht hat, dann müsste sie die Beistandschaft auf Schadensersatz verklagen.
Ich verstehe jetzt gerade nicht, warum der Titel geändert werden soll.
Fakt ist, derzeit ist dieser Rechtswirksam auf 0 gesetzt. Seiner persönlichen Einkommenssituation wurde Rechnung getragen.
Grundsätzlich ist er zum Mindestunterhalt verpflichtet, das heißt wiederum, dass wenn wieder alles normal läuft, er mindestens den Mindestens KU bezahlen muss. Über diesen Mindestunterhalt ist der Titel ausgestellt.
Ich prognostiziere eine Bauchlandung, wenn azu96 jetzt einen Änderungsantrag des Titels stellt, um diesen abzusenken. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann steht er auch aktuell bzw. in der Vergangenheit in ihn und Brot und hat dien KU gezahlt. Nur jetzt, Coronabedingt, halt nicht und dafür hat die Beistandschaft ihm eine Verzichtserklärung ausgestellt.
Führen Rückstände bekommt er auch mit einem geänderten Titel nicht aus der Welt.
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Ok, hab ich auch so verstanden, heißt das aber, das wenn die KM die Beistandschaft beendet , es diesen Verzicht niemals gegeben hat und KM trotzdem alles fordern kann, oder ist dieser Verzicht, dann halt einfach nur für die Zeit gültig, bis sich irgendwas ändert? Womit mir ja schon geholfen wäre.
Die "konkrete Erläuterung" von der in dem Verzichtsschreiben die Rede ist beinhaltet übrigens folgendes:
blah blah auf 0,00€ herabgesetzt. Dies können Sie auch der beigefügten Unterhaltsverzichtserklärung entnehmen, "die Bestandteil des Unterhaltstitels wird."
Kasper:
Ja ich habe gezahlt, die Rückstände sind aus früherer Arbeitslosigkeit entstanden, damals wurde leider gar nichts angepasst.
Tausend Dank schon mal, dafür, dass ihr euch soviel mit meinem Thema befasst.
Ja, sobald die Mutter die Beistandschaft beendet, ist auch die Verzichtserkärung nicht mehr gültig. Wie Kaspar sagt, das ist normal nicht automatisch der Fall, hier wurde es aber aus irgendeinem Grund extra dazugenommen.
azu96 könnte mit einer Titelabänderung auch für die Zukunft etwas Sicherheit haben. Muss er sich überlegen, ob es ihm wert ist. Mehr dann aber auch nicht. Meiner Meinung nach könnte er ihn auch jetzt schon abändern lassen, da die Verzichtserklärung an Bedingungen geknüpft ist und der Unterhaltsberechtigte nicht nochmal einen neuen Titel erwirken müsste wie bei einem vollständigen Verzicht. Bin mir aber nicht zu 100% sicher
Ok, jetzt bin ich ein bisschen durcheinander.
Inwiefern kann ich den Titel überhaupt abändern lassen? Zur jetzigen Situation auch auf 0€?
Und wieso bringt mir das etwas Sicherheit für die Zukunft? Ich bin bisher davon ausgegangen, dass der Titel, sobald sich bei mir wieder was ändert(neuer Job), dann seitens des JA eh wieder abgeändert werden wird, wenn ich ihn jetzt abändere.
Heißt es wäre das gleiche wie der Verzicht nur bürokratischer und juristischer, oder liege ich falsch?