Hallo ihr Lieben,
meine Kinder sind ja inzwischen ziemlich erwachsen. So habe ich auch oft zu deren Freunden Kontakte. Einige Scheidungskinder sind darunter. Drei ihrer Geschichten will ich euch mal erzählen:
Fall 1)
Eltern haben zu Ehezeiten häufig Streit, bei dem der Vater die Mutter verprügelt. Der Sohn geht dazwischen, um die Mutter zu schützen und wird auch durchgelassen. Als es zu schlimm wird, flüchtet die Mutter mit dem inzwischen 12-jährigen Sohn und der kleinen Schwester ins Frauenhaus. Von heute auf morgen. Dann Umzug in eine fremde Stadt. Wegen des wenigen Geldes unteres Milieu. Der Sohn, vorher auf dem Gymnasium rutscht ab bis auf die Hauptschule und verläßt diese ohne Abschluss. Die Schwester gerät auf die schiefe Bahn und ist inzwischen im Heim. Der Mutter, die sich nicht wirklich gekümmert hat, wurde das Sorgerecht entzogen. Im Nachhinein sei der Vater zwar sehr streng gewesen, aber er hätte auf Ordnung geachtet.
Fall 2)
Als er gerade 17 Jahre alt ist, wird ein Nachkömmling, die kleine Schwester geboren. Er erfährt, dass das Kind nicht vom Vater ist. Trotzdem einigen sich die Eltern, die Ehe fortzuführen. Das Kind gilt als ehelich, der Vater ist mit sorgeberechtigt. Bei der Geburt des Kindes ist nicht der eigene Vater, sondern der Liebhaber der Mutter dabei. Der Sohn steht mit dem Vater vorm Krankenhaus und der Vater fordert ihn auf, "den" da raus zu holen. Der Sohn erfährt mit der Zeit, dass der wahre Vater des Kindes von der Mutter erpreßt wird, Unterhalt zu zahlen, wenn er sein Kind sehen möchte. Nach 4 Jahren zieht die Mutter zu ihrem Freund. Der eheliche Vater hat inzwischen ein sehr herzliches Verhältnis zu der Kleinen aufgebaut. Obwohl er Unterhalt zahlt, wird ihm der Umgang mit der Kleinen versagt. Selbst der inzwischen erwachsene Sohn darf mit der Kleinen nicht mehr alleine raus, weil er ja den Kontakt zum ehelichen Vater herstellen könnte. Ständig steht der Sohn im Konflikt zwischen den Eltern und hätte am liebsten mit beiden nichts mehr zu tun. Die Mutter zieht permanent über den Vater her, bei dem er lebt. Als Krönung hat er neulich dann eine SMS der Mutter erhalten, wohl versehentlich. Daran erklärt die Mutter, dass man ja vielleicht doch eines Tages wieder zusammen leben könnte. Die war wohl offensichtlich an den Vater gerichtet.
Fall 3)
Der Sohn erzählt, er sei ein Scheidungskind. Anfänglich hätte er bei dem Vater gelebt. Zu der Zeit sei er auf das Gymnasium gegangen. Dann sei die Zeit gekommen, wo er keinen Bock mehr auf Schule hatte. Die Mutter war nicht so streng, also ist er zur Mutter gezogen. Da wurde dann auch kräftig die Schule geschwänzt. Auf seinem 18. Geburtstag hat der Vater dann die Unterhaltszahlungen eingestellt, weil er weder Ausbildung noch Beruf hatte. Ohne zu zögern hat die Mutter ihn rausgeworfen, ohne Frist. Überhaupt hätte die Mutter all die Jahre versucht, ihn gegen den Vater aufzuhetzen. Das sei ihr aber nicht gelungen. Heute würde er denken, wäre er mal beim Vater geblieben. Nach einigen Wochen bei einem Freund und dann betreuten Wohnen sei er heute endlich in einer eigenen, selbst finanzierten Wohnung. Der Kontakt zum Vater sei Gott sei Dank wieder in Ordnung.
Nachdenkliche Grüße
Andrea
Nachdenkliche Grüße
Andrea
Die 7 Todsünden der modernen Gesellschaft? Reichtum ohne Arbeit. Genuss ohne Gewissen. Wissen ohne Charakter. Geschäft ohne Moral. Wissenschaft ohne Menschlichkeit. Religion ohne Opfer. Politik ohne Prinzipien.
Dalai Lama
Hallo Andrea,
ich ergänze mal:
Fall 4. Die Mutter hat sich getrennt, weil der Vater getrunken hat. Der Kontakt zum Vater riss ab. Der junge Mann ist sehr introvertiert, hat eine eigene Wohnung. Seine Mutter hat einen Schlüssel zu der Wohnung, geht da ein und aus, ohne sich anzumelden. Sie steht dann auf einmal in der Wohnung und ruft laut, dass sie da ist. Mutter putzt auch die Wohnung vom Sohn.
Der Vater verstarb und der Sohn hat arge Probleme, weil er seinen Vater eigentlich nie gekannt hat, bzw. sich nie die Mühe gemacht hat, seinen Vater kennen zu lernen. Nun ist es zu spät.
eskima
Hi zusammen,
tut mir leid, aber ich versteh den Thread nicht.
Wer mehr von solchen Themen haben möchte, kann mich gerne in der Kinder- und Jugendpsychiatrie besuchen.....
galaxy
Hallo galaxy,
bei mir ist nicht die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Mich macht noch betroffen, wenn die Jugendlichen ihre Geschichte und die Auswirkungen erzählen. Sie finden sehr deutliche Worte für unser "System". Ebenfalls fällt auf, wie hoch der Anteil der Scheidungskinder ist. Da sind das nicht mehr Statistiken. Alle erzählen, lange Zeit nicht darüber gesprochen zu haben, weil ihnen das alles so peinlich war.
Ich denke, dass da eine Generation heranwächst, die zum großen Teil geprägt ist von Familienpolitik/Familiengerichtsbarkeit und dieser ein ganz anderes Gewicht einräumen wird, als das heute der Fall ist. Die Wut ist jedenfalls nicht zu überhören.
Liebe Grüße
Andrea
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Dalai Lama
Moin,
dies ist ein möglicher Weg den ich einem Telefonat für meine Kinder skizziert habe ... ich habe Angst, dass es wirklich so kommt. Anzeichen dafür gibt es mehr wie genug.
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Hallo zusammen,
klar tut es gut sich belastende Eindrücke von der Seele zu schreiben. Ich hoffe ihr habt mich hier nicht missverstanden.
Eine kleine Anmerkung von mir:
Das DSM-III-R klassifiziert Belastungen bei Kindern.
Die Scheidung der Eltern wird in Stufe 4 als schwere psychosoziale Belastung angesehen.
Schwerwiegender sind noch "sexueller Missbrauch und körperliche Misshandlung" (Stufe5) und der Tod beider Elternteile (Stufe6).
Es sollte jedem die große Verantwortung gegenüber den Kindern in einer Trennungssituation bewusst sein. Zu groß ist die Belastung und damit die Gefahr von kindlichen Fehlentwicklungen.
Es gibt verschiedene Rollen, in die sich Kinder flüchten können.
Insbesondere - der Sündenbock: Das Kind versucht durch sein Verhalten noch auffälliger zu sein als die Elternteile und lenkt dadurch alle Aufmerksamkeit auf sich. Neben dem auffälligen KInd sind die Eltern nur noch halb so schlimm.
Aber da könnte man endlos weiterschreiben.
Grüße
galaxy
Moin,
Die Scheidung der Eltern wird in Stufe 4 als schwere psychosoziale Belastung angesehen.
Schwerwiegender sind noch "sexueller Missbrauch und körperliche Misshandlung" (Stufe5) und der Tod beider Elternteile (Stufe6).Es sollte jedem die große Verantwortung gegenüber den Kindern in einer Trennungssituation bewusst sein. Zu groß ist die Belastung und damit die Gefahr von kindlichen Fehlentwicklungen.
genau da liegt der Hase im Pfeffer: Wer Kinder im Rahmen einer Trennung instrumentalisiert, tut das ja nicht mit dem Wissen, dass es den Kindern schaden könnte; diese Möglichkeit wird konsequent ausgeblendet. Umgangsboykott beispielsweise wird nie mit egoistischen Motiven wie Rache am Ex-Partner begründet, sondern damit, dass Umgang dem Kind schaden würde, weil jeder Kontakt zum Ex-Partner schlecht für's Kind ist - während man selbst sich als Betreuungselternteil ohne jede Selbstkritik für das Beste hält, was dem "eigenen" Kind passieren kann.
Wegen genau dieser dümmlichen und unreflektierten Selbstwahrnehmung mancher Menschen gibt es dieses Forum. Von den (zahlreichen!) Fällen, in denen Eltern das Wohl und das Glück ihrer Kinder auch nach einer Trennung über eigene Egoismen stellen, lesen wir hier nichts; diese Eltern kommen auch ohne ein Internet-Forum zurecht.
Grüssles
Martin
When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.