Teilauskünfte eines Ehegatten über seine unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte führen nicht zu einer teilweisen Erfüllung des Auskunftsanspruchs aus § 1605 BGB, solange nicht auch die übrigen Teilauskünfte nebst einer Erklärung des Auskunftsschuldners vorliegen, dass diese in ihrer Gesamtheit den Auskunftsanspruch vollständig erfüllen sollen.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Familiensenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5. Juli 2013 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
Die beteiligten Ehegatten streiten in erster Stufe eines auf Trennungsunterhalt gerichteten Verfahrens über den Umfang der unterhaltsrechtlichen Auskunftspflicht des Antragsgegners.
Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) begehrt Auskunft über das Einkommen des Antragsgegners (im Folgenden: Ehemann) in den Jahren 2008 bis 2010. Das Familiengericht hat den Ehemann durch Teilbeschluss verpflichtet, Auskunft über seine sämtlichen Einkünfte nach jeweiliger Einkommensart in den Jahren 2008, 2009 und 2010 in Form einer systematischen Zusammenstellung zu erteilen.
Mit seiner hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Ehemann geltend gemacht, die Auskunft bereits genügend erteilt zu haben, während die Ehefrau in der Beschwerdeinstanz auf eine Konkretisierung der Beschlussformel angetragen hat. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Ehemanns zurückgewiesen und ihn auf die Anträge der Ehefrau verpflichtet, ihr Auskunft über sein Einkommen in den Jahren 2008, 2009, 2010 durch Vorlage eines nach Jahren und Einkunftsarten systematisch geordneten Verzeichnisses der Einnahmen und Ausgaben zu erteilen. Die Auskunft habe jeweils geordnet nach Einnahmen und Ausgaben insbesondere zu erfassen:
– Sämtliche Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit
– Sämtliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
– Kapitalerträgnisse
– die wertbildenden Faktoren des Werts des mietfreien Wohnens.
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns, mit der er die Zurückweisung des Auskunftsantrags weiter verfolgt.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die in der Beschwerdeinstanz geänderte Antragstellung der Ehefrau, mit der sie ihr Auskunftsverlangen hinsichtlich konkret bezeichneter Einkunftsarten konkretisiert hat, sei als Anschlussbeschwerde aufzufassen. Gegen die versäumte Anschlussbeschwerdefrist sei ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sie bis zum richterlichen Hinweis des Beschwerdegerichts auf Bedenken gegen die Vollstreckbarkeit des erstinstanzlichen Titels ohne Verschulden an der Einlegung eines eigenen Rechtsmittels gehindert gewesen sei.
Die unterhaltsrechtliche Auskunftspflicht des Ehemanns sei durch Vorlage einer systematischen Aufstellung der erforderlichen Angaben zu erfüllen, die dem Auskunftsberechtigten ohne übermäßigen Arbeitsaufwand die Berechnung des Unterhaltsanspruchs ermögliche. Inhaltlich richte sich die erforderliche systematische Zusammenstellung des Einkommens stets nach dem Einzelfall und der Art der Einkünfte. Die Auskunft sei getrennt nach Einkommensarten unter gesonderter Mitteilung der Abzugspositionen zu erteilen. Sie sei grundsätzlich in einer einheitlichen Erklärung abzugeben und nicht in mehreren Schreiben.
Das Auskunftsverlangen sei nicht treuwidrig, soweit die Ehefrau Auskunft über die wertbildenden Faktoren des mietfreien Wohnens des Ehemanns verlange. Denn wenigstens die genaue Wohnfläche, von der der Wohnwert wesentlich abhänge, kenne die Ehefrau nicht. Sie müsse sich die Kenntnis auch nicht durch Einsicht in Unterlagen des Ehemanns oder durch Befragung der Steuerberaterin selbst verschaffen.
Der Auskunftsanspruch sei auch nicht durch Erfüllung erloschen. Zwar habe der Ehemann Auskunft hinsichtlich der Einkommensarten “selbständige Tätigkeit” und “Kapitalerträgnisse” erteilt. Unvollständig sei jedoch nach wie vor die Auskunft zum Wert des mietfreien Wohnens wegen der fehlenden Angaben zur Wohnfläche. Als Auskunft zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung liege lediglich eine Gesamtauskunft vor, die weder auf die Immobilien noch auf die einzelnen Wohnungen aufgeteilt sei. Diese Aufteilung sei jedoch erforderlich, weil die Ehefrau nur in Kenntnis der auf einzelne Wohnungen bezogenen Leerstände, Mietrückstände und Vermietungsbemühungen eine Prognose zum künftigen Einkommen des Ehemanns anstellen könne.
Es sei auch nicht ausreichend, den Ehemann nur zur Auskunft hinsichtlich der fehlenden Angaben zu verpflichten. Denn die Ehefrau habe Anspruch auf eine einheitliche Auskunft, die gegebenenfalls Grundlage einer eidesstattlichen Versicherung sein könne. Der Ehemann sei daher insgesamt zur Auskunft zu verpflichten. Zur Vermeidung von Streitigkeiten in einem eventuellen Vollstreckungsverfahren werde jedoch darauf hingewiesen, dass es zur ordnungsgemäßen Erteilung der Auskunft ausreiche, die schriftsätzlich bereits mitgeteilten Werte zu den anderen Einkommensarten noch einmal aufzulisten und diese um die geforderte Auskunft zum Wohnwert (Wohnfläche) und zu dem Einkommen aus Vermietung und Verpachtung (Aufteilung nach einzelnen Wohnungen hinsichtlich der Einnahmen bzw. der Immobilien hinsichtlich der Ausgaben) zu ergänzen.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
a) Entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts liegt allerdings keine Anschlussbeschwerde der Ehefrau vor. Wie auch die Rechtsbeschwerde einräumt, hat die Ehefrau ihren Antrag lediglich konkretisiert. Da damit kein weitergehendes Begehren der Ehefrau verbunden war, bedurfte es der Einhaltung der Förmlichkeiten einer Anschlussbeschwerde hierfür nicht (vgl. BGH Beschluss vom 23. April 2009 IX ZR 95/06 FamRZ 2009, 1136 Rn. 5).
b) In der Sache ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Beteiligten aufgrund der Ehe ein Unterhaltsrechtsverhältnis besteht (§ 1361 BGB) und sie gemäß § 1361 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB einander verpflichtet sind, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs erforderlich ist.
Bei einem Auskunftsanspruch gegen einen möglicherweise Unterhaltspflichtigen muss dieser alle Einkünfte und Vermögenswerte angeben, die für die Berechnung des Unterhaltsbedarfs sofern dieser wie hier nach den gemeinsamen Lebensverhältnissen und Erwerbs- und Vermögensverhältnissen bemessen wird (vgl. § 1361 Abs. 1 BGB) bzw. für die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten von Bedeutung sind (vgl. Staudinger/Engler BGB [2000] § 1605 Rn. 22).
aa) Mit der Rüge, ein Auskunftsanspruch der Ehefrau sei zumindest teilweise bereits durch den bei Gericht eingereichten Schriftsatz vom 15. Februar 2013 erfüllt worden, mit dem Auskunft hinsichtlich der Einkommensarten “selbständige Tätigkeit” und “Kapitalerträgnisse” erteilt worden sei, hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg.
Nach § 1605 Abs. 1 Satz 3 BGB sind die §§ 260, 261 BGB entsprechend anzuwenden. Daraus folgt, dass die Auskunftspflicht durch Vorlage einer in sich geschlossenen schriftlichen, systematischen Aufstellung der erforderlichen Angaben zu erfüllen ist, die dem Berechtigten ohne übermäßigen Arbeitsaufwand ermöglicht, den Unterhaltsanspruch zu berechnen (Senatsurteil vom 29. Juni 1983 IVb ZR 391/81 FamRZ 1983, 996, 998).
Zwar wird das in § 260 Abs. 1 BGB aufgestellte Erfordernis, die Auskunft in der Form eines Verzeichnisses zu erteilen, nicht nur durch die Vorlage eines einzigen lückenlosen Gesamtverzeichnisses erfüllt; vielmehr genügt auch eine Mehrheit von Teilauskünften, vorausgesetzt, dass sie nicht zusammenhanglos nebeneinander stehen, sondern nach dem erklärten Willen des Auskunftsschuldners in ihrer Summierung die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen (BGH Urteile vom 6. Juni 1962 V ZR 45/61 LM Nr. 14 zu § 260 BGB und vom 18. Oktober 1961 V ZR 192/60 FamRZ 1962, 21, 23 f.). Ob einzelne Teilauskünfte in Verbindung mit anderen Teilauskünften nach Inhalt und Form dazu geeignet sind, die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darzustellen, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung.
Solche Teilakte führen aber nicht zu einer teilweisen Erfüllung des Auskunftsanspruchs. Die Aussagekraft und damit Erfüllungswirkung einzelner Teilauskünfte kann regelmäßig erst dann beurteilt werden, wenn auch die übrigen Teilauskünfte vorliegen nebst der erforderlichen Erklärung des Auskunftsschuldners, dass diese in ihrer Gesamtheit den Auskunftsanspruch vollständig erfüllen sollen. Denn wesentlich für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist die gegebenenfalls konkludente Erklärung, dass weitere als alle von den Einzelauskünften erfassten Einkünfte nicht bestehen (vgl. FA-FamR/Gerhardt 9. Aufl. Kap. 6 Rn. 772). Erst mit dieser abschließenden Erklärung liegt das nach § 260 Abs. 1 BGB geschuldete Verzeichnis vor. Hingegen stellen bloße Teilelemente einer noch unvollständigen Gesamtdarstellung lediglich Vorarbeiten dar, die den geschuldeten Auskunftsanspruch auch nicht teilweise erfüllen (vgl. Schürmann FuR 2005, 49, 50).
Ungeachtet bereits vorliegender Angaben hat eine gerichtliche Entscheidung somit umfassend über Gegenstand und Umfang der Auskunftspflicht zu befinden (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 1983 IVb ZR 391/81 FamRZ 1983, 996, 998). Daher begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Oberlandesgericht eine Teilerfüllungswirkung im Hinblick auf die im Schriftsatz vom 15. Februar 2013 erteilten Auskünfte nicht angenommen hat.
bb) Es ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bisher erteilte Auskunft deshalb als unzureichend ansieht, weil sie nicht aufgeschlüsselt nach den einzelnen Immobilien und Wohnungen erfolgt ist.
§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB beschränkt zwar den Auskunftsanspruch in der Weise, dass die Auskunft erforderlich sein muss, um einen Unterhaltsanspruch festzustellen (Senatsurteil vom 7. April 1982 IVb ZR 678/80 FamRZ 1982, 680, 681). Insoweit ist anerkannt, dass bei der Darstellung von Angaben zur Gewinnermittlung Sachgesamtheiten zusammengefasst werden können, z.B. Personalkosten, Büromaterial usw. (vgl. OLG München FamRZ 1996, 738, 739; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis* § 1 Rn. 1166, 1168). Die Erforderlichkeit einer getrennten Ausweisung der einzelnen Vermietungen hat das Oberlandesgericht hier aber in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, weil die bisher lediglich erteilte summarische Auskunft weder etwaige Leerstände und Mietrückstände erkennen lässt, denen der Ehemann womöglich im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten zur Nutzung seines Vermögens zu begegnen hätte (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis* § 1 Rn. 635), noch eine Überprüfung der Angemessenheit der für die einzelnen Objekte erbrachten Aufwendungen zulässt. Beides kann jedoch Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch haben und ist deshalb erforderlich, um den Unterhaltsanspruch festzustellen.
Eine nach Einzelobjekten gegliederte Auflistung der Einnahmen und Ausgaben überschreitet bei insgesamt elf vermieteten und verpachteten Wohnungen und Geschäftslokalen auch nicht die Grenze des für den Auskunftspflichtigen Zumutbaren.
cc) Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft über die wertbildenden Faktoren des mietfreien Wohnens des Ehemanns im Tenor insgesamt aufrecht erhalten und in der Begründung seiner Entscheidung dahin konkretisiert hat, dass der Anspruch durch Auskunftserteilung über die Wohnfläche zu erfüllen sei.
Als Auslegungshilfe über den Umfang einer in den Tenor aufgenommenen Auskunftsverpflichtung können die Gründe der Entscheidung herangezogen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 1994 XII ZB 32/94 NJW-RR 1994, 1092, 1093 und Senatsurteil vom 5. Mai 1993 XII ZR 88/92 FamRZ 1993, 1423, 1424). Aus diesen folgt, dass die zum Wohnvorteil geschuldete Auskunft hier durch alleinige Mitteilung der Wohnfläche erfüllt werden kann.
Das Auskunftsverlangen diesbezüglich ist auch nicht treuwidrig. Dass die Wohnfläche zu den wesentlichen wertbildenden Faktoren des mietfreien Wohnens gehört, steht außer Zweifel. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts ist der Ehefrau die genaue Wohnfläche nicht bekannt. Daher hat sie, selbst wenn sie eine ungefähre Vorstellung von der Größe der Wohnung hat, welche sie zuvor als Ehewohnung mit bewohnte und deren Miteigentümerin sie ist, in Unkenntnis der für die Wohnwertermittlung erforderlichen genauen Wohnfläche Anspruch auf Auskunftserteilung durch den Ehemann, der die Wohnung nunmehr allein in Besitz hält.
BGH, Beschluss vom 22.10.2014
XII ZB 385/13
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 05.07.2013
5 UF 242/11
AG Villingen-Schwenningen, Entscheidung vom 18.08.2011
4 F 157/11