OLG Stuttgart: Prozesskostenhilfe in Umgangssachen

I. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für den 1. Rechtszug unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin K., …, bewilligt für einen Antrag in der Hauptsache auf Regelung des Umgangs mit seinen Kindern M. Y., geb. 6.02.1998, und T. Y., geb. 12.12.1995, mit folgendem Ziel

In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Bad Saulgau – Familiengericht – vom 17.11.2004 (2 F 32/04) steht dem Antragsteller ein Umgangsrecht mit seinen beiden Kindern M. Y., geb. 6.2.1998, und T. Y., geb. 12.12.1995, zu, und zwar:

– jedes 2. Wochenende jeweils von Freitag, 18.00 h, bis Sonntag 18.00 h, erstmals an dem der Rechtskraft der Entscheidung nachfolgenden Wochenende,

– jeden Mittwochnachmittag von 13.00 h bis 18.00 h, erstmals an dem der Rechtskraft der Entscheidung nachfolgenden Mittwoch,

– abwechselnd an den Weihnachts- und Osterfeiertagen sowie

– jeweils die Hälfte der Schulferien.

Die Antragsgegnerin hat die Kinder zu den festgelegten Terminen an den Antragsteller herauszugeben.

II.. Der Antragsteller hat auf die Prozesskosten monatliche Raten aus seinem Einkommen in Höhe von 60,- Euro an die Staatskasse zu bezahlen.

2. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Saulgau – Familiengericht – vom 14.5.2008 betreffend die Versagung von Prozesskostenhilfe für den Antrag des Antragstellers auf Regelung des Umgangs mit gemeinsamen Kindern im Wege der einstweiligen Anordnung wird

als unzulässig verworfen.


Gründe

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für den Antrag auf Regelung des Umgangsrechts in der Hauptsache ist zulässig, insbesondere gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO i. V. m. § 14 FGG statthaft und form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch begründet:

1. Der Antrag auf Regelung des Umgangs mit den Kindern hat die gem. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht. Für eine Änderung der bisherigen Umgangsregelung durch Beschluss des Amtsgerichts Bad Saulgau vom 17.11.2004 trägt der Antragsteller triftige Gründe i. S. v. § 1696 Abs. 1 BGB vor, die bisherige gerichtliche Umgangsregelung i. S. v. § 1684 Abs. 3 BGB im beantragten Sinne abzuändern.

2. Beide Kinder zeigen nach den Behauptungen des Antragstellers bereits gewisse Entfremdungstendenzen, denen im Interesse einer unbelasteten und konfliktfreien Vater – Kind – Beziehung, die eine gesunde Entwicklung der Kinder fördert, entgegenzuwirken gälte. Auch haben beide Kinder ein Alter erreicht, in dem Übernachtungs- und Ferienumgang allgemein üblich und für die Intensivierung einer guten Eltern – Kind – Beziehung förderlich ist.

Beide Gesichtspunkte haben solch erhebliches Gewicht, das Abänderungsbegehren des Antragstellers tragen zu können, so dass eine gerichtliche Prüfung ermöglicht werden muss, welche Regelung tatsächlich dem Kindeswohl am besten entspricht.

Den vom Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung angesprochenen behutsamen Aufbau der Vater – Kind – Beziehung muss der Antragsteller in eigener Verantwortung bewerkstelligen. Die Berichte des Kinderschutzbundes – … – und des Landratsamts … – Kreisjugendamt – an das Amtsgericht Bad Saulgau zum Verfahren 2 F 32/04 geben – jedenfalls im summarischen Prozesskostenhilfe – Verfahren – keinen hinreichenden Anlass zu Zweifeln, dass der Antragsteller diese Aufgabe bewältigt.

3. Der Antrag ist nicht mutwillig.

a. Der Antragsteller hat zwar im Jahr 2005 selbst auf die Wahrnehmung des ihm durch den oben genannten Gerichtsbeschluss vom 17.11.2004 eingeräumten Umgangsrechts verzichtet. Wie sich der Begründung des Antragstellers in seinem Schreiben vom 5.7.2005 an die Antragsgegner – Vertreterin (Bl. 83 der beigezogenen Akte 2 F 32/04 AG Bad Saulgau entnehmen lässt, beruhte diese Entscheidung nicht auf Gleichgültigkeit gegenüber den Kindern, sondern auf der Einschätzung des Antragstellers, die Kinder litten aufgrund der abwehrenden Einstellung der Mutter zu den Umgangskontakten unter Loyalitätskonflikten, die ihnen erspart werden sollten. Ob diese Beurteilung zutraf und die Reaktion des Antragstellers hierauf richtig war, kann dahinstehen; jedenfalls ist es nachvollziehbar, dass der Antragsteller nach der nunmehr verstrichenen Zeit zu einer anderen Beurteilung gelangt ist. Bei der gegebenen Sachlage liegt es nahe, dass auch eine Partei, die das Verfahren aus eigener Tasche bezahlen müsste und die den Maßstab für die Beurteilung der Mutwilligkeit darstellt (h. M., vgl. statt aller Thomas / Putzo – Reichold, ZPO, 28. A., § 114 Rdnr. 7), ein solches Verfahren betreiben würde.

b. Der Antrag auf Einräumung von Übernachtungs- und Ferienumgang ist auch nicht deshalb mutwillig, weil die Antragsgegnerin hierzu – angeblich – freiwillig bereit sei. Das Amtsgericht hat den Umgang in seinem Beschluss vom 17.11.2004 knapp bemessen, so dass die zahlreich geäußerten Wünsche des Antragstellers nach Erweiterung der Umgangsmöglichkeiten nachzuvollziehen sind. Dennoch kam es nicht zu einer einvernehmlichen Erweiterung des Umgangsrechts; nach dem Vorbringen des Antragstellers sollen nicht einmal die ihm zugebilligten Telefonkontakte zuverlässig funktionieren. All dieses wirft die Frage auf, ob die Antragsgegnerin tatsächlich in dem bekundeten Maße kooperationsbereit ist. Jedenfalls muss der Antragsteller bei diesen Gegebenheiten in einem gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit erhalten, die bekundete Bereitschaft der Antragstellerin zur Einräumung von Übernachtungsumgang kritisch überprüfen zu lassen.

4. Die Einkommensverhältnisse des Antragstellers ermöglichen und erfordern die festgesetzten Raten, die er auf die Prozesskosten an die Staatskasse zu zahlen hat. Auf das als Anlage – nur für den Antragsteller beigefügte Berechnungsblatt (§ 127 Abs. 1 S. 3 ZPO) – wird verwiesen.

II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für den Antrag auf Regelung des Umgangsrechts im Wege einstweiliger Anordnung ist unstatthaft und damit unzulässig.

a. Es ist anerkannt, dass im Verfahren über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kein Instanzenzug eröffnet wird, der über denjenigen in der Sache selbst hinaus geht, für die Prozesskostenhilfe begehrt wird (BGH NJW 2005, 1659; OLG Hamm FamRZ 2006, 352).

b. Gerade ein solcher Fall liegt vor:

Obwohl es sich bei dem vorliegenden Umgangsrechtsverfahren um ein isoliertes Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, ist § 620 c ZPO anwendbar (§§ 64 Abs. 3 S. 1 FGG, 621 Abs. 1 Nr. 2, 621 a Abs. 1, 621 g S. 1, 2 ZPO) mit der Folge, dass gem. § 620 c S. 2 ZPO jede Entscheidung über das Umgangsrecht im Wege einstweiliger Anordnung der Beschwerde entzogen ist, folglich ist auch gegen die Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein solches Eilverfahren keine Beschwerde statthaft.

III. Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, bestand nicht (vgl. §§ 14 FGG, 127 Abs. 2, 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 ZPO).

IV. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, da außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren gem. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden und der Ansatz der gerichtlichen Beschwerdegebühr gem. KV 1812 in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG – die vorliegend nur für die als unzulässig verworfene Beschwerde in Betracht kommt – eine Kostengrundentscheidung nicht erfordert.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.07.2008
16 WF 150/08
16 WF 151/08

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