Der Klägerin zu 1. wird auf ihre sofortige Beschwerde in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremen vom 16.10.2007 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. insoweit bewilligt, als sie für die Zeit von September 2006 bis 13.7.2008 weiteren monatlichen Unterhalt von 700 € verlangt. Sie hat monatliche Raten von 45 € ab April 2008 zu zahlen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt (Nr. 1811 der Anlage 1 zu § 3 II GKG).
Die Klägerin zu 1. (im Folgenden: Klägerin) und der Beklagte sind die Eltern des am 14.7.2005 geborenen, bei der Klägerin lebenden Klägers zu 2. (im Folgenden: Kläger). Sie waren und sind nicht miteinander verheiratet. Nachdem sie sich Anfang 2003 kennen gelernt hatten, haben sie zunächst eine Wochenendbeziehung geführt. Im April 2005 hat die Klägerin ihr zweites juristisches Staatsexamen abgelegt. Sie ist sodann im Mai 2005 zum Beklagten gezogen und hat – mit dem zwei Monate später geborenen Kläger – bis zur Trennung im August 2006 mit ihm zusammen gelebt. Während des Zusammenlebens mit dem Beklagten hatte die Klägerin, sieht man von dem bis zwei Monate nach der Geburt des Klägers gezahlten Mutterschaftsgeld ab, kein eigenes Einkommen. Sie hat vielmehr das gemeinsame Kind versorgt, sich in streitigem Umfang um den gemeinsamen Haushalt gekümmert und vom Einkommen des Beklagten gelebt, der niedergelassener Zahnarzt ist.
Soweit es den von der Klägerin für die Zeit ab September 2006 verlangten Betreuungsunterhalt gem. § 1615l BGB angeht – der vom Kläger begehrte Kindesunterhalt über titulierte Beträge hinaus ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens -, hat der Beklagte diesen in Höhe von monatlich 800 €, begrenzt bis zum 13.7.2008, titulieren lassen. Die Klägerin errechnet sich einen monatlichen Bedarf von 1.500 € und meint, dieser Betrag stehe ihr auch nach Vollendung des 3. Lebensjahres des Klägers zu. Dementsprechend begehrt sie mit der eingereichten Klage, für die sie um Prozesskostenhilfe nachsucht, bis 13.7.2008 monatlich weitere 700 € und für die Zeit danach monatlich 1.500 €. Das Familiengericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht der eingereichten Klage abgelehnt.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nur insoweit begründet, als es den Zeitraum bis zum 13.7.2008, also bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Klägers, betrifft. Nur insoweit verspricht die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S. des § 114 ZPO.
1. Entgegen der Annahme des Familiengerichts hat die Klägerin einen monatlichen Bedarf von 1.500 € schlüssig dargelegt.
Der Bedarf der ein nichteheliches Kind betreuenden Mutter richtet sich gem. §§ 1615l III S. 1, 1610 I BGB nach der Lebensstellung der Mutter. Maßgebend ist, in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen sie bisher gelebt hat (BGH, FamRZ 2007, 1303, 1304). War sie vor der Geburt des Kindes erwerbstätig, ist ihre Lebensstellung durch das erzielte Einkommen geprägt, sofern es sich dabei um ein nachhaltig, also nicht nur vorübergehend erzieltes Einkommen gehandelt hat. Aus dem Einkommen des Vaters des Kindes leitet sich die Lebensstellung der Mutter dagegen grundsätzlich nicht ab. Etwas anderes gilt nach wohl h.M. in Rechtsprechung und Literatur (etwa OLG Düsseldorf, FamRZ 2005, 1772; Wever, in: Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, Hrsg. Schnitzler, 2. Aufl., 2008, § 10 Rn. 53 f.; wohl auch BGH, FamRZ 2005, 442, 443), der der Senat folgt, dann, wenn die Mutter mit dem Vater des Kindes zusammengelebt hat und von ihm nachhaltig unterhalten worden ist. In einem solchen Fall kann sich der Bedarf der Mutter ausnahmsweise nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Vaters, an denen sie teilgehabt hat, richten.
Im vorliegenden Fall streiten die Parteien zunächst um die Frage, ob der Bedarf der Klägerin – leitet man ihn aus ihrer eigenen Erwerbssituation ab – bestimmt wird durch das Referendareinkommen, das sie bis kurz vor der Geburt des Kindes erzielt hat und das sie mit netto knapp 800 € angibt, oder ob bedarfserhöhend zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Geburt des Kindes das zweite juristische Staatsexamen bestanden hatte und ohne die Geburt voraussichtlich ein Erwerbseinkommen als Volljuristin hätte erzielen können (nach Behauptung der Klägerin von mindestens 1.500 € netto), zumal angesichts zweier Prädikatsexamina. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass ein Einkommen, welches die Mutter vor der Geburt des Kindes zu keinem Zeitpunkt erzielt hat, nicht ihre Lebensstellung bestimmen kann, selbst wenn mit ihm mehr oder weniger sicher zu rechnen war (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 19.6.2006, 4 UF 17/06: dort hatte die Mutter aufgrund eines vor der Schwangerschaft abgeschlossenen Arbeitsvertrages während der Schwangerschaft noch fünf Monate vollschichtig als Anwältin gearbeitet). Auf die Beantwortung dieser Frage kommt es aber im Ergebnis nicht an.
Denn nach Ansicht des Senats ist bei der Bedarfsbestimmung vorliegend auf die wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, in denen die Klägerin während des gemeinsamen Wohnens mit dem Beklagten bis zur Trennung im August 2006 gelebt hat, wie auch von der Klägerin hilfsweise geltend gemacht. Aus ihnen ergibt sich ein Bedarf in der verlangten Höhe. Die Parteien haben insgesamt etwa 1 ¼ Jahr zusammengelebt. Während dieser Zeit ist der erwerbstätige Beklagte für den Lebensunterhalt der nicht erwerbstätigen Klägerin vollständig aufgekommen, sieht man von dem Mutterschaftsgeld von monatlich rund 425 € ab, das die Klägerin bis Mitte September 2005 erhalten hat. Angesichts der nicht ganz geringen Dauer und der Umstände des eheähnlichen Zusammenlebens der Parteien in dieser Zeit wird man sagen können, dass die Klägerin vom Beklagten nachhaltig unterhalten worden ist (vgl. zum Erfordernis der Nachhaltigkeit Wever/Schilling, FamRZ 2002, 581 584 f.). Sie hat im Hinblick auf das geplante Zusammenleben als Familie ihre frühere Wohnung in Baden-Württemberg aufgegeben und ist zum Beklagten in seinen Wohnort in Nordrhein-Westfalen gezogen. Ersichtlich ging man seinerzeit davon aus, dass man gemeinsam von dem guten Einkommen des Beklagten leben würde und dass das Zusammenleben von längerer Dauer sein würde. Auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Klägerin sich hinreichend um den gemeinsamen Haushalt gekümmert hat und ob, gegebenenfalls wie lange, das Zusammenleben harmonisch war, kommt es nicht an.
Der Annahme, die Lebensstellung der Klägerin ergebe sich aus dem mehr als einjährigen gemeinsamen Leben und Wirtschaften mit dem Beklagten, steht nicht entgegen, dass die Parteien ihre Lebensgemeinschaft erst zwei Monate vor der Geburt des Kindes eingegangen sind, so dass im Zeitpunkt der Geburt noch keine nachhaltige Unterhaltssicherung der Klägerin durch den Beklagten gegeben war. Denn bei der Frage, ob der Unterhalt der Mutter durch das Einkommen des Vaters nachhaltig bestimmt worden ist, ist nach Ansicht des Senats auch eine Entwicklung zu berücksichtigen, die nach der Geburt des Kindes bis zu dem Zeitpunkt, von dem ab Unterhalt verlangt wird, stattgefunden hat.
Für die Bedarfsberechnung ist hier von einem unterhaltsrelevanten Nettoeinkommen des Beklagten von 4.000 € auszugehen. Ein solches Einkommen stand dem Beklagten nach den nicht substantiiert bestrittenen Angaben der Klägerin während des Zusammenlebens mindestens zur Verfügung. Soweit der Beklagte, bezogen auf seine Leistungsfähigkeit, geltend macht, sein Einkommen sei jedenfalls vorübergehend gesunken, nachdem er nach der Trennung umgezogen und in eine andere Zahnarztpraxis gewechselt sei, wird er sich – sollten seine Angaben richtig sein – die Ausgleichszahlung, die er beim Ausscheiden aus seiner früheren Praxis erhalten hat, zum Zwecke der Aufstockung des gesunkenen Einkommens bis zur frühere Höhe zurechnen lassen müssen. Bei einem Nettoeinkommen von 4.000 € ergibt sich aufgrund der hier, entsprechend der Handhabung beim Ehegattenunterhalt, gebotenen Quotenberechnung (vgl. Wever, in: Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, a.a.O., Rn. 55) nach Vorabzug des Kindesunterhalts ein den verlangten Betrag von 1.500 € übersteigender Bedarf.
2. Für die Zeit ab Februar 2008 wird sich der der Klägerin zustehende Betrag dadurch reduzieren, dass die Klägerin nunmehr halbschichtig erwerbstätig ist. Das erzielte Einkommen, das sie mit voraussichtlich ca. 1.450 € brutto angibt, ist – soweit es die Zeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes angeht – als solches aus überobligationsmäßiger Erwerbstätigkeit anzusehen, denn während der ersten drei Lebensjahre des Kindes trifft die betreuende Mutter nach § 1615l II BGB n.F. einschränkungslos keine Erwerbsobliegenheit (vgl. Wever, FamRZ 2008, 553, 554; Schilling, FPR 2008, 27, 28). Das Einkommen ist daher in entsprechender Anwendung des § 1577 II BGB nach Billigkeit anzurechnen (BGH, FamRZ 2005, 442, mit Anm. Schilling). Auch hinsichtlich der 200 €, die die Klägerin seit Juli 2007 aus einer Assistententätigkeit bezieht, wird die Frage einer teilweisen Anrechnung nach Billigkeit zu prüfen sein.
3. Allerdings verspricht die Klage insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, als sie auf Zahlung von Betreuungsunterhalt auch für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes der Parteien, also für die Zeit ab 14.7.2008, gerichtet ist. Während der ersten drei Lebensjahre des Kindes verlangter Betreuungsunterhalt ist nach Ansicht des Senats wie schon nach früherem Recht (vgl. OLG Oldenburg, NJW-RR 2000, 1249) auch nach der Neugestaltung des § 1615l BGB durch das UÄndG nur zeitlich befristet bis zum dritten Geburtstag des Kindes zuzusprechen, sofern nicht im Zeitpunkt der Entscheidung festgestellt werden kann, dass nach Ablauf der 3-Jahresfrist die Billigkeitsvoraussetzungen für einen verlängerten Anspruch gem. § 1615l II S. 4 f. BGB gegeben sein werden, wobei eine hinreichend sichere Prognose ausreicht (Wever, FamRZ 2008, 553, 558; so auch Schilling, FPR 2008, 27,30; Hauß, FamRB 2007, 367, 368, für § 1570 I BGB n.F.; a.A. Borth, UÄndG, 2007, Rn. 364, 81 ff.). Dies folgt daraus, dass auch nach der Neufassung des § 1615l II BGB der zeitliche „Basisunterhalt“ (so die Formulierung in der Gesetzesbegründung zu § 1570 BGB n.F., BT-Drucks. 16/6980 = FamRZ 2007, 1947) mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes endet, sofern nicht Billigkeitsgründe einen verlängerten Anspruch erfordern. Ein verlängerter Anspruch kann also erst dann zugesprochen werden, wenn vom künftigen Vorliegen von Billigkeitsgründen ausgegangen werden kann.
Dass der Klägerin auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Klägers noch Betreuungsunterhalt zustehen wird, kann auf der Basis ihres bisherigen Vortrags nicht angenommen werden. Zwar wird sie ihren Bedarf durch die jetzt aufgenommene Teilzeittätigkeit nicht vollständig decken können. Ob von ihr eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit erwartet werden kann, hängt davon ab, ob dies im Hinblick auf die Möglichkeiten der Fremdbetreuung des Kindes und im Hinblick auf die Belange des Kindes im Übrigen möglich und zumutbar ist. Umstände, die einer Ausweitung ihrer Tätigkeit entgegen stehen, müsste die Klägerin vortragen. Denn sie trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Umständen, die einen verlängerten Unterhaltsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit rechtfertigen (Wever, FamRZ 2008, 553, 556; Hauß, FamRB 2007, 367, 368, und Viefhues, ZFE 2008, 44, 47, jeweils zu § 1570 I BGB n.F.), wenn ihr gegebenenfalls auch Erleichterungen bei der Darlegung und Beweisführung zuzubilligen sein werden (Wever, a.a.O.). Da die Klägerin ihr Begehren eines verlängerten Anspruchs jedoch nur mit dem Hinweis auf die abgesenkte Billigkeitsschwelle in § 1615l II S. 4 BGB n.F. bzw. dem auf die Entscheidung des BVerfG vom 28.2.2007 (FamRZ 2007, 965) begründet, ist die Klage insoweit unschlüssig.
4. Hinsichtlich der angeordneten Ratenzahlung wird auf die Anlage zu diesem Beschluss verwiesen.
OLG Bremen, Beschluss vom 20.02.2008
4 WF 175/07