Liebe Forumsteilnehmer,
Es geht darum, dass die Kindsmutter überraschend einen Unterhaltstitel beantragt hat, obwohl die Unterhaltszahlung stets ununterbrochen monatlich stattfindet. Das Schreiben hat mir das Amtsgerichtvzugestellt.
Da ich bis dato noch nie was von einem Unterhaltstitel gehört habe, habe ich mich in den letzten Wochen damit beschäftigt.
Ich weiß, dass ich den Unterhaltstitel unterschreiben muss und nicht drum herum kommen werde. Ich habe gelesen, dass der vorgegebene Unterhaltstitel nicht unbedingt unterschrieben werden muss und man den Unterhaltstitel im gewissem Spielraum anpassen kann, so dass man vom Jugendamt nicht übervorteilt wird.
Daher meine Frage:
Wer hat damit Erfahrungen und welche Schritte kann ich gehen?
Liebe Grüße
Du kannst zum Notar gehen und den Unterhalt, den du zahlst, titulieren lassen. Da ein dynamischer Titel erfolgreich eingeklagt werden kann, würde ich ihn auch dynamisch (xxx%, derzeit yyy Euro) titulieren.
Achten würde ich darauf, dass er bis zum 18. Geburtstag beschränkt wird.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Also würdest du mir auch empfehlen eher einen dynamischen statt statischen Titel zu titulieren?
Im Grunde ist der Unterhaltstitel für mich kein Problem. Ich möchte nur nicht, dass, wenn meine finanzielle Situation sich ändert, die Anpassung des Unterhalts durch das Jugendamt abgelehnt wird, ich eine Abänderungsklage über den Anwalt einreichen muss.
Hallo,
ein Unterhaltstitel bedeutet, dass der titulierte Betrag ohne vorherige Prüfung bei Rückstand/nicht Zahlung/teilweiser Zahlung sofort gepfändet werden kann, auch eine Gehaltspfändung kann durchgeführt werden. Deshalb ist es wichtig, dass richtig gerechnet wird.
Grundlage für die Berechnung sind die letzten 12 Gehaltsnachweise und letzte Steuererklärung, daraus ergibt sich das durchschnittliche monatliche Einkommen, ggf. Weihnachts- und Urlaubsgeld, Kapitalerträge, sowie Steuererstattungen, die alle in das durchschnittliche monatliche Einkommen einfliessen.
Außerdem wird beim Wohnen im Eigentum (Eigentumswohnung, Haus) ein Wohnvorteil angerechnet und wenn es einen Dienstwagen zur privaten Nutzung auch dieser angerechnet.
Danach wird das so bestimmte Einkommen um berufsbedingte Aufwendungen, in aller Regel der Fahrtweg (hin- und zurück für die ersten 30km jeweils 30 Cent, alle restlichen dann mit 20 Cent) zur Arbeit anerkannt und nachgewiesene Altersvorsorge bis maximal 4% vom Brutto.
Nachlesen kann man das alles in den Unterhaltsleitlinien des <a href="https://www.famrz.de/arbeitshilfen/unterhaltsleitlinien.html>zuständigen" OLG</a> (wo das Kind wohnt).
Problematisch ist der Mangelfall (also Du bist nicht in der Lage zumindest den Mindestunterhalt zu zahlen, da dann härter gerechnet wird).
Du musst die Rechnung des JA nicht akzeptieren, eine rechtsverbindliche Berechnung liefert nur ein Familiengericht. Du kannst die Rechnung hier gern einstellen und wir schaun dann mal drüber.
Die Formulare des JA enthalten keine Befristung auf den 18. Geburtstag des Kindes, es wäre aber sinnvoll diesen mit aufzunehmen. Allerdings hat das OLG Hamm entschieden, dass das Kind einen Anspruch auf einen unbefristeten Titel hat, deshalb verweigern JA die Befristung. Versuchen kannst Du es. Alternativ kann der Titel auch bei einem Notar erstellt werden. Wenn es nur das Aufschreiben ist, dann ist die Schreibgebühr gering, ist eine Beratung inklusive, dann wird es teuerer.
Außerdem ist der Titel dynamisch, d.h. Du musst immer gemäß dem aktuellen Zahlbetrag zahlen. Du kannst aller 2 Jahre zu einer Einkommensauskunft aufgefordert werden damit der Unterhalt und der Titel angepasst werden können. Nach oben ist das kein Problem, nach unten i.Allg. schon, aber auch nicht aussichtslos.
Nachtrag: Das Kind hat einen Anspruch auf einen dynamischen Titel. Ein statischer Titel steht also nur in Ausnahmefällen überhaupt zur Diskussion.
Wenn du den titulieren Unterhalt nicht mehr zahlen kannst, geht eine Änderung nur mit Zustimmung der Mutter oder nach ca 6 Monaten auf dem Klageweg.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Moin,
die Dynamisierung bezieht sich nur auf Änderungen der DD´er-Tabelle, Einkommensänderungen müssen nicht ohne Aufforderung bei den Unterhaltszahlungen angepasst werden.
„Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“ H. Ford
L.G.
Sturkopp
Moin
Also würdest du mir auch empfehlen eher einen dynamischen statt statischen Titel zu titulieren?
Statisch kann auch seine Tücken haben.
Wie LBM schon sagte, um einen dynamischen Titel kommst Du nicht umhin, wenn die Gegenseite darauf besteht. Nennt sich u.a. Prozessrisiko wenn man es drauf anlegt - und fast 100%-ig unterliegt - nebst Nebenwirkungen.
Ich möchte nur nicht, dass, wenn meine finanzielle Situation sich ändert, die Anpassung des Unterhalts durch das Jugendamt abgelehnt wird, ich eine Abänderungsklage über den Anwalt einreichen muss.
Nur - so ist es eben nun. Bevor das Kind in nicht vorhersehbare Situationen schlingert, darfst Du laut Gesetz dies für Dich allein in Kauf nehmen. Heißt, solange das Kind minderjährig ist, liegt allein bei Dir das Risiko.
die Dynamisierung bezieht sich nur auf Änderungen der DD´er-Tabelle, Einkommensänderungen müssen nicht ohne Aufforderung bei den Unterhaltszahlungen angepasst werden.
Es wäre hinzuzufügen, dass die Gegenseite nur alle 2 Jahre (i.d.R. - heißt ohne Vorliegen wahrscheinlicher Annahme) Auskunft verlangen darf. Der Text von Susi64 - wenn auch wie immer reichlich trocken 😉 - sollte ernst genommen werden.
Gruss oldie
Wenige sind das, was sie vorgeben zu sein.
Und wenn ich es mir recht überlege - niemand.
Es geht darum, dass die Kindsmutter überraschend einen Unterhaltstitel beantragt hat, obwohl die Unterhaltszahlung stets ununterbrochen monatlich stattfindet. Das Schreiben hat mir das Amtsgerichtvzugestellt.
Was hast Du da bitte genau bekommen?
Gruss von der Insel
Hallo,
vielen, vielen Dank für die zahlreichen Antworten. Ich bin überwältigt von eurer Hilfe!
Außerdem wird beim Wohnen im Eigentum (Eigentumswohnung, Haus) ein Wohnvorteil angerechnet und wenn es einen Dienstwagen zur privaten Nutzung auch dieser angerechnet.
Bisher bin ich davon ausgegangen, dass Wohnvorteile keine Rolle in der Berechnung spielen, da dieser als Vorteil für den Vater gesehen wird, da dieser ein Vermögen aufbaut. Vielen Dank Susi64 für deinen ausführlichen Text. Das hilft mir ungemein und bringt Licht ins Dunkel.
Wenn du den titulieren Unterhalt nicht mehr zahlen kannst, geht eine Änderung nur mit Zustimmung der Mutter oder nach ca 6 Monaten auf dem Klageweg.
Das hätte ich gerne vermieden. Aktuell gehe ich nicht davon aus, dass meine finanzielle Situation sich verschlechtert, sondern eher besser wird. Trotzdem würde ich gerne eure Meinung dazu hören, wie hoch der Erfolg einer Abänderungsklage bei nachweislich Verschlechterung der finanziellen Situation ist?
Es wäre hinzuzufügen, dass die Gegenseite nur alle 2 Jahre (i.d.R. - heißt ohne Vorliegen wahrscheinlicher Annahme) Auskunft verlangen darf. Der Text von Susi64 - wenn auch wie immer reichlich trocken 😉 - sollte ernst genommen werden.
Damit ich das richtige verstehe: Wenn der dynamische Titel festgelegt ist, wird dieser nur von der Änderung der DD-Tabelle beeinflusst. Bei Gehaltsveränderungen nach oben oder unten kann die Festsetzung des dynamischen Titels auf 2 Jahre nicht geändert werden?
Was hast Du da bitte genau bekommen?
Ich habe einen „Antrag auf Festsetzung von Unterhalt für das Kind“ erhalten. Zum Hintergrund: Während der Schwangerschaft hat sich die KM von mir getrennt und ist zu Ihren Eltern gezogen. Zu dieser Zeit befand ich mich noch im Studium und hatte Sie gebeten den Unterhalt für das erste halbe Jahr auszusetzen. Ihr Angebot war: Wenn ich die Vaterschaft nicht anerkenne, brauche ich nichts zahlen, da ihre finanzielle Situation durch Ihre Familie unterstützt wird. Ich habe mich in der Hinsicht geweigert und wollte unbedingt die Vaterschaft. Seit die Kleine 6 Monate alt ist, zahle ich ununterbrochen Unterhalt. Vor zwei Jahren hatte Sie das Jugendamt beauftragt meine finanzielle Situation zu überprüfen, da Sie mir nicht geglaubt hatte, dass ich die richtige Summe zahle. Der Gehaltsnachweis hat dann mein damaliger Arbeitgeber dem Jugendamt geschickt. Seitdem kam nichts mehr und ich hatte meine Ruhe.
In dem Schreiben stand nichts von einem Unterhaltstitel. Dies habe ich erfahren als ich mit dem zuständigem JA-Mitarbeiter gesprochen hatte. Die Frage, warum das gemacht wird, beantwortete mir der Mitarbeiter, das ich nach Aussage der KM Unterhalt unregelmäßig zahle. Das war für mich natürlich wie ein Schlag ins Gesicht. Nachweislich kann ich das widerlegen.
Zusammengefasst geht es um die ersten 6 Monate Unterhalt, angeblich unregelmäßige Unterhaltszahlung sowie die Durchsetzung eines Unterhalttitels. Schade finde ich, dass in den letzten drei Jahren die KM mich nicht einmal darauf angesprochen hat und plötzlich dieses Schreiben bei mir lag.
Du musst die Rechnung des JA nicht akzeptieren, eine rechtsverbindliche Berechnung liefert nur ein Familiengericht. Du kannst die Rechnung hier gern einstellen und wir schaun dann mal drüber.
Mein letztes Jahr war recht turbulent.
In den letzten 12 Monaten war ich ein halbes Jahr arbeitslos und habe während der Zeit weiterhin Unterhalt gezahlt.
Mein Grundgehalt liegt bei 2000 Euro. Für das nächste Jahr variiert dieser bis zu 25% nach oben. D.h. den tatsächlichen Durchschnittswert kann ich für das nächste Jahr kaum berechnen.
Ich arbeite größtenteils im HomeOffice und fahre in der Regel mit der Bahn zum Kunden. Die Bahnfahrt wird direkt über das Unternehmen abgerechnet.
Wie würde da eine Berechnung unter Umständen aussehen?
Leider ist mir die Reihenfolge der kommenden Schritte noch nicht klar. Der JA-Mitarbeiter meinte, dass der Unterhaltstitel nach der einmonatigen Frist als akzeptiert gilt und ich im Grunde nichts machen muss.
Wenn ich diesen anpassen möchte, gehe ich dann wie folgt vor?
1. Widerspruch über einen Anwalt, damit die Frist eingehalten wird
2. Unterhaltstitel über einen Notar aufsetzen (versuchen Befristung aufzunehmen, durchschnittliche Einkommensberechnung)
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie dankbar ich euch bin 🙂
Liebe Grüße
Hallo,
wenn Du einen <a href="https://justiz.de/formulare/zwi_bund/festsetzung_unterhalt_ab_01_01_17.pdf>Antrag" auf Festsetzung des Unterhalts</a> erhalten hast, dann will die KM (bzw. die Beistandschaft) den Unterhalt im vereinfachten Verfahren festlegen lassen. <a href="https://www.justiz.nrw.de/WebPortal/BS/formulare/familiensachen/zp_360_01_2017.pdf>Hier</a>" ist ein Merkblatt, das erläutert worum es dabei geht.
Wenn Du keinen Widerspruch einlegst und eigene Angaben machst, dann wird der Unterhalt gemäß Antrag beschlossen und das stellt dann auch einen Unterhaltstitel dar. Deshalb solltest Du darauf unverzüglich reagieren.
Insbesondere steht in den Hinweisen:
"Diesen Einwand lässt das Gericht nur zu und setzt den Unterhalt nur dann nicht in der für das Kind beantragten Höhe fest, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil
1. Auskunft über seine Einkünfte und sein Vermögen erteilt,
2. Belege über seine Einkünfte vorlegt (z. B. Lohnabrechnung des Arbeitgebers, Einkommensteuerbescheid) und 3. eine Erklärung darüber abgibt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und sich insoweit zur Erfüllung des Unterhaltsanspruchs verpflichtet.
Kommt er diesen gesetzlichen Vorgaben nicht rechtzeitig in allen Punkten nach, lässt das Gericht den Einwand unberücksichtigt und setzt den Unterhalt in der für das Kind verlangten Höhe fest."
Du solltest also Auskunft über Deine Einkünfte (Lohnabrechnungen, Einkommenssteuerbescheid) an das Gericht schicken und erklären für wieviel Unterhalt Du Dich leistungsfähig erklärst. Bei einem vereinfachten Verfahren kann nicht mehr als das 1,2-fache des Mindestunterhalts gefordert werden.
Allerdings kann das vereinfachte Verfahren auch in ein Unterhaltsverfahren münden, wo dann mehr Unterhalt gefordert und auch ausgeurteilt werden kann.
Ein Wohnvorteil setzt voraus, dass die Wohnung bzw. das Haus Dir gehört, dann musst Du keine Miete zahlen und das wird Dir dann als Wohnvorteil angerechnet. Dein Einkommen erhöht sich damit.
Da in Unterhaltsfragen Anwaltspflicht besteht solltest Du auch einen Anwalt aufsuchen.
VG Susi