Ein Funstück von durchaus spannender Aussage - gerade in unserer immer mehr elektronisch dominierten Welt.
Geschrieben und eingestellt von Herrn >Rechtsanwalt Gerhard Kaßing, München<.
Ein Thema, das immer virulenter wird: Der Datendiebstahl von Eheleuten untereinander...
Man hat miteinander gelebt, sich gut verstanden, alles miteinander geteilt, auch den Comuter und den Internet-Zugang. Die Passwörter des anderen waren kein Geheimnis.
Nun ist man getrennt. Die Diskussionen beginnen, wie das Vermögen auseinander dividiert wird. Einer verlangt vom anderen Unterhalt und muss zu seinem Erstaunen erfahren, dass "es mit dem Verdienst gerade nicht sehr gut ausschaut - die Wirtschaftskrise, Du weisst schon", und dass deshalb bedauerlicher Weise keine Zahlung möglich ist.
Jetzt naht die Versuchung. Mal schnell nachsehen, was der andere am Konto hat. Das Passwort kenne ich ja noch. Oh - er hat es geändert. Aber ich kenne ihn gut genug. Er ist nicht sehr einfallsreich. Wie könnte sein neues Passwort lauten ? Mal probieren... So...? Oder...so? ... AAh! Sooo!
Und schon surft man über elektronische Kontoauszüge und informiert sich ,ohne die Folgen zu bedenken.
Diese Folgen zeigen Frank und Haußleiter in der aktuellen NJW Spezial ( 2010, S. 196) sehr übersichtlich auf. Handelt es sich tatsächlich um Daten-Diebstahl, steht die Strafverfolgung durch Polizei und Staatsanwalt ins Haus.
Selbst wenn der Straftatbestand aber nicht erfüllt ist, kann die Datenschnüffelei zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führen:
Das Ausspähen von Daten - Datendiebstahl
... ist nach § 202a StGB strafbar. Daten späht aus, wer
unbefugt
unter Überwindung der Zugangssicherung
sich Zugang zu Daten beschafft
die nicht für ihn bestimmt und
gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind.
Und damit schränkt sich der Kreis der tatsächlich strafbaren Ehegatten-Datendiebe auch schon stark ein. Denn die Daten, auf die der Wissbegierige Zugriff nimmt, müssen "gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert" sein. Und das sind sie nicht, wenn derjenige, der zugreift, das Passwort (noch) kennt, oder es erraten kann, wenn das Passwort auf dem Rechner gespeichert ist und sich die Daten auf Mausklick ohne Passwort-Eingabe präsentieren. Geschützt ist also strafrechtlich nur der Ehegatte, der nach der Trennung sein Passwort abändert und das so tut, dass der andere es beim besten Willen nicht mehr erraten kann. Andernfalls ist der Datenklau nämlich nicht strafbar.
Verlust von Unterhaltsansprüchen
Ist der Datenklau strafbar, hat sich also der andere Ehegatte unter Überwindung des Passwortschutzes in die Daten hinein "gehackt", hat das mit einiger Wahrscheinlichkeit des Verlust des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 3 BGB zur Folge. Der Unterhaltsberechtigte hat sich dann ein schweres Vergehen gegen den Unterhaltsverpflichteten begangen. Diese Tat wird auch praktisch immer "grob unbillig" im Sinne dieser Vorschrift sein. Was sogar Ermittlungsbehörden verboten ist, kann auch Eheleuten nicht erlaubt sein, selbst wenn sie befürchten müssen, nicht mit der Wahrheit bedient zu werden.
Ist der Datenklau nicht strafbar, weil es keinen Passwortschutz gab oder er mit einfachen Mitteln zu überwinden war, kann das trotzdem den Verlust des Unterhaltsanspruchs zur Folge haben, nämlich nach § 1579 Nr. 7. BGB. Allerdings wird man hier genauer prüfen müssen, ob das Vorgehen "grob unbillig" war. Wenn die Daten auf dem "noch" gemeinsamen Rechner in der "noch" gemeinsamen Wohnung, in der man gerade getrennt lebt, so einfach zu lesen sind, wie die berühmte herumliegende Postkarte, dann kann es zweifelhaft sein, ob es tatsächlich grob unbillig ist, wenn der andere diese Daten tatsächlich liest.
Frank und Haußleiter tendieren jedoch dazu generell den Unterhalt zu streichen:
"Das Ausspionieren fremder Daten stellt einen massiven Vertrauensbruch dar und grundsätzlich – würde dieser durch einen Akt öffentlicher Gewalt erfolgen – einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. GG Artikel 2 GG Artikel 2 Absatz I i. V. mit Art. GG Artikel 1 GG Artikel 1 Absatz I GG. Im Strafprozess führen Eingriffe in dieses Recht zu Beweiserhebungsverboten und daraus resultierenden Beweisverwertungsverboten, was den bedeutenden Rang dieses Rechts zeigt. Eine gewichtige Berücksichtigung solcher Eingriffe im Rahmen der Gesamtabwägung scheint damit, auch in Ansehung des Schädigungspotenzials solchen Vorgehens, geboten."
Fazit
Und seien sie auch noch so interessant, die Mails und Online-Banking-Infos, des anderen - es gilt die Devise: Finger weg! Die Folgen können dramatisch sein.
Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!
interessanter Artikel....
Wenn ich da so zurückdenke, welche Briefe meine Ex geöffnet hatte, die an mich adressiert waren....
Ist der Datenklau nicht strafbar, weil es keinen Passwortschutz gab oder er mit einfachen Mitteln zu überwinden war, kann das trotzdem den Verlust des Unterhaltsanspruchs zur Folge haben, nämlich nach § 1579 Nr. 7. BGB.
In der Folge könnte es aber dann einige zusätzliche Sozialfälle für die Staatskasse geben.
Ob hier die Gerichte mitgehen?
Gruß, Michael
sol lucet omnibus - die Sonne scheint für alle
Moin,
grundsätzlich bin ich dafür, ein Unterhaltsgesuche der (H)exe bei so einem Vergehen zurückzuweisen.
Inwiefern natürlich dann die eheliche Solidarität noch eine Mitrolle spielt, weiss ich nicht. Jedenfalls kann es
nicht sein, dass (H)exen einen Straftatbestand in Betracht ziehen, um dann abzuzocken.
Wer fair fragt, bekommt eine faire Antwort, bzw. Unterstützung. Wenn es lediglich auf Heimtücke ausgelegt
ist, kann niemand erwarten, dass einem die Kooperationsbereitschaft wie gebratene Tauben in den Mund
fliegt.
Ein heikles Thema. Ja ja, man ist sehr durchsichtig in der heutigen Zeit.
Gruss
Agent
Mantra:
NEIN, NICHT nächste Woche. Heute noch oder morgen. Und schreib jetzt nix vom Anwalt (...), sondern heb Deinen Hintern samt Eiern hoch und werde aktiv.
Zitat Brille007, 22. August 2008, 22:44:25
Hallo,
sehr interessant, meine Post kommt ja teilweise immer noch bei BaldExe an.
So wie sie informiert war/ist nehme ich an, sie hat wie auch immer INhalte aus diversen Briefen gewusst.
Ich gebe ihr grundsätzlich keine Auskunft, wenn sie was wissen will, muss sie
schon ihren Anwalt bemühen.
Leider kann ich ihr das nicht nachweisen, weil sie die Briefe dann doch immer alle ungeöffnet bei
mir abgibt.
Gruss Karlo
Moin,
ich denke nicht, dass man das isoliert betrachten kann. Also den Datendiebstahl - egal, wie leicht oder schwer er war - mit Unterhaltsversagung ahnden, aber den realen Diebstahl - beispielsweise durch komplettes und unabgesprochenes Abräumen des gemeinsamen Kontos oder des Kontos des Partners - straflos lassen mit der Begründung "in der Ehe gibt es keinen Diebstahl".
Überdies dürfte der Datendiebstahl im Einzelfall schwer zu beweisen sein, wenn der Ex-Partner nicht gerade doof genug ist, illegal beschaffte Daten und Dokumente als "Beweismittel" einzusetzen. Dann genügt ihm ggf. eben die Indizwirkung (ähnlich wie bei den verbotenen Vaterschaftstests) - und der eigentliche Beweis wird anderweitig und legal beschafft.
Ich persönlich hätte mich über einen Straftatbestand namens "Diebstahl in der Ehe" gefreut: Dann wäre meine zauberhafte Ex nach dem Abräumen meines (!) Geschäftskonstos mit ihrem Unterhaltsbegehren nämlich gleich durch den Rost gefallen und nicht erst nach 3,5 Jahren. Meine Scheidung wäre nach einem Jahr durch gewesen und die Kosten dafür vermutlich erheblich geringer. Aber was soll's - ist Schnee von gestern.
Grüssles
Martin
When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.
Versuchter Prozeßbetrug ist natürlich auch strafbar. Manchmal hat man/frau gar keine andere Möglichkeit, dies sonst zu beweisen. In so einem Fall könnte so manches OLG damit argumentieren, dass man ledigliche berechtigte Interessen wahrgenommen hat.
RTFM = Read the fucking manual
Moin,
In so einem Fall könnte so manches OLG damit argumentieren, dass man ledigliche berechtigte Interessen wahrgenommen hat.
Genau das denke ich nämlich auch. Ich habe selbst in einer anderen Sache auch mächtig auf die Buschtrommeln
gehauen.
Die Antwort war, obige. Man kann eine Sache also primär erst einmal drehen und wenden wie man möchte. Was dann
letztendlich entschieden wird, ist Auslegungssache.
Gruss
Agent
Mantra:
NEIN, NICHT nächste Woche. Heute noch oder morgen. Und schreib jetzt nix vom Anwalt (...), sondern heb Deinen Hintern samt Eiern hoch und werde aktiv.
Zitat Brille007, 22. August 2008, 22:44:25
Moin,
Die Antwort war, obige. Man kann eine Sache also primär erst einmal drehen und wenden wie man möchte. Was dann
letztendlich entschieden wird, ist Auslegungssache.
wenn eine Ex, die auf die beschriebene Weise im Online-Konto ihres Noch-Ehegatten unterwegs war, nicht mit dem Klammerbeutel gepudert ist (oder wahlweise einen halbwegs pfiffigen Anwalt hat), wird sie von den gefundenen Kontoständen und -bewegungen einen Papierausdruck machen, diesen zerknüllen und wieder glattstreichen und mit treuherzigem Augenaufschlag sagen, sie habe diesen im Papierkorb gefunden und mit Computern kenne sie sich sowieso kaum aus.
Damit ist das Beweismittel für die Ex legalisiert; dem Ex dürfte der Beweis des Gegenteils unmöglich sein;
Grüssles
Martin
When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.
Moin,
Ein Thema, das immer virulenter wird: Der Datendiebstahl von Eheleuten untereinander...
(...)
Das Ausspähen von Daten - Datendiebstahl... ist nach § 202a StGB strafbar. Daten späht aus, wer
unbefugt
unter Überwindung der Zugangssicherungsich Zugang zu Daten beschafft
die nicht für ihn bestimmt undgegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind.
(...)
Geschützt ist also strafrechtlich nur der Ehegatte, der nach der Trennung sein Passwort abändert und das so tut, dass der andere es beim besten Willen nicht mehr erraten kann. Andernfalls ist der Datenklau nämlich nicht strafbar.
hierzu ist mir heute etwas passiert, dass ziemlich kniffelig in diese Schiene fällt:
Mein Notebook befindet sich immer noch bei meiner Exe, da sie es nicht freiwillig heraus gibt. Nun hat sie mir mit breitem Grinsen erzählt, dass ich damit eh nichts anfangen könnte, da sie ja alle Passwörter geändert habe. Sie hatte ursprünglich nur Passwort freie Benutzerrechte. Heute nannte sie mir das von ihr geknackte Adminpasswort und grinste mich dabei an. Dadurch hat sie natürlich auch Zugriff auf meinen Benutzeraccount von damals vor der Trennung. Ich forderte sie auf, mir die Daten zukommen zu lassen. Sie behauptete, da wären keine.
Hui, das erfüllt aber ganz genau jenen Tatbestand. Allerdings:
(...) Überdies dürfte der Datendiebstahl im Einzelfall schwer zu beweisen sein, wenn der Ex-Partner nicht gerade doof genug ist, illegal beschaffte Daten und Dokumente als "Beweismittel" einzusetzen. (...)
Ich werde vermutlich noch nicht einmal einen Beschluss zur Herausgabe des Notebooks erwirken können. Somit bringt dieser tolle Paragraph auch mich nicht weiter...
Lieben Gruß
Schattenpaps
Ein Kind zu lehren, nicht auf eine Raupe zu treten,
ist ebenso wichtig für das Kind wie für die Raupe.
(Bradley Miller)