Liebes Forum,
ich bin etwas verwirrt über die Rechtslage in Deutschland.
Hintergrund:
Ich habe für meinen Sohn aufs Jahr hin gesehen immer den Mindestunterhalt im Voraus gezahlt.
Für die Monate, in dem kein Geld floß, beantragte die Kindesmutter Unterhaltsvorschuß. Dem Antrag wurde stattgegeben.
Das Geld verlangt das Jugendamt jetzt von mir zurück. Ich teilte dem Jugendamt mit, daß ich den Unterhalt im Voraus entrichtet hatte. Dieses wurde ohne eine stichhaltige Begründung abzugeben ignoriert, da wohl nach Auffassung des Jugendamtes, Unterhalt nur monatlich gezahlt werden kann.
Fragestellung:
Um die Sache jetzt an dieser Stelle abzukürzen. Der Fall liegt jetzt vor Gericht. Das Gericht sagt, daß Anwaltszwang besteht. Der Anwalt würde mich aber mehr Kosten, als der Streitwert hoch ist.
Das lustige an dieser Sache ist, obwohl ich den Unterhalt bezahlt habe, gegen den Mahnbescheid des Jugendamtes Widerspruch eingelegt habe, dem Widerspruchspruch stattgegeben wurde und der Fall zur Verhandlung steht, hat das Jugendamt jetzt gepfändet.
Ich habe mich mit dem Gericht in Verbindung gesetzt und die erklärten mir, daß alles was ich sage oder schreibe in der Sache keine Relevanz hat. Nur ein Anwalt könnte wirksam etwas vorbringen.
Meine Frage, kann ich einen Antragt stellen, z.B. aufgrund der Einfachheit in der Sache oder der Geringfügigkeit des Streitwertes und vom Anwaltszwang befreit werden?
Ferner habe ja nicht ich geklagt sondern das Jugendamt. Bei mir geht es ja eigentlich um eine Vollstreckungsabwehr. Greift hier § 114 Abs. 4 FamFG?
Danke,
Michael
Hi Michi,
da wohl nach Auffassung des Jugendamtes, Unterhalt nur monatlich gezahlt werden kann.
das ist nicht Auffassung des Jugendamtes, das steht so im Gesetz. Du musst nicht unbedingt in dem betreffenden Monat zahlen und kannst auch Zahlungen (begrenzt) bündeln aber eine eindeutige Zahlungsbestimmung für den/die betreffenden Monat(e) ist erforderlich.
Da Du nicht einmal von einfachsten prozessualen Vorgängen wie dem Mahnverfahren Ahnung hast, wäre ein Anwalt sicherlich nicht verkehrt.
Willst Du Dich wehren, dann kommst Du um den Anwalt nicht herum. Du kannst bei berechtigter Forderung höchstens noch überlegen, gar nichts zu tun und einen Versäumnisbeschluss zu kassieren. Da die Gegenseite nicht anwaltlich vertreten ist, wird das relativ günstig und Du könntest kostenmässig mit einem blauen Auge herausgehen.
Für die Vollstreckungsabwehr gibt es keinen Anwaltszwang. Allerdings wäre schon wichtig, woraus überhaupt vollstreckt wird - es geht hier wahrscheinlich um zwei verschiedene Ansprüche: den laufenden Unterhalt der eingeklagt ist und die Rückforderung des gezahlten UVG. Ohne konkrete Informationen kann man dazu wenig sagen.
Gruss von der Insel
Ahoi an die Insel,
danke für die 1. Stellungnahme.
Leider habe ich bisher kein Gesetz gefunden das eine Aussage darüber trifft, daß Unterhalt jeden Monat fließen muß. Ich kenne nur, daß man das Geld für den Monat indem es fällig wird, spätestens am 3. des Fälligkeitsmonats zahlen muß.
Was spricht dagegen, den gesamten Unterhalt für 6 Monate im Voraus zu bezahlen? Welches Gesetz ist hier gemeint das besagt, daß jeden Monat Geld fließen muß?
Im Fall geht es um Rückforderungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG. Und dieses für die Monate, in dem kein Unterhalt floß.
Um andere Dinge geht es nicht. Die Gegenseite wird anwaltlich vertreten.
Wovon vollstreckt wird weiß ich nicht. Konto, Gehalt, keine Ahnung. Jedenfalls wurde der Betrag bereits im Laufe des Verfahrens gepfändet. Somit spielt die Vollstreckungsabwehr auch keine Rolle mehr es sei denn, die wollen das Geld gleich 2x haben. Wer weiß das schon. Möglich ist alles, habe ich persönlich alles schon erlebt.
Grüße vom Festland, Michi
Moin
Leider habe ich bisher kein Gesetz gefunden das eine Aussage darüber trifft, daß Unterhalt jeden Monat fließen muß.
Da kann ich aushelfen:
§1612 BGB Art der Unterhaltsgewährung
...
(3) Eine Geldrente ist monatlich im Voraus zu zahlen. ...
Das impliziert, dass die monatliche Fälligkeit verpflichtend ist. Da kannst Du anderer Auffassungen sein und Dir sagen, dass 6 Monate im voraus ja viel besser sogar ist. Das ist aber ein verbreiteter Irrtum. Auch in jedem Titel steht das normalerweise drin. Der Titel verpflichtet also auch, diesen Monatsabstand einzuhalten.
Gruss oldie
Wenige sind das, was sie vorgeben zu sein.
Und wenn ich es mir recht überlege - niemand.
Moin Michi,
gibt es einen bestimmten Grund, Deinen Unterhalt ein halbes Jahr im Voraus bezahlen zu wollen? Die Unterhaltsempfängerin kann sich doof stellen und sagen "ja, da kam mal Geld. Ein Teil war Kindesunterhalt und der andere eine Sonderzahlung für Babyausstattung / Kinderzimmereinrichtung / Rückzahlung eines privaten Darlehens, aber seit Monaten bekomme ich keinen Unterhalt mehr." Und dann bezahlst Du ggf. ein zweites mal.
Was spricht denn dagegen, Deine UH-Pflicht monatlich per Einzelüberweisung oder per Dauerauftrag zu erledigen? Oder anders herum: Was soll es bringen, wegen dieser Frage ein Fass aufzumachen?
Grüssles
Martin
When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.
Hi Michi,
selbstverständlich zwingt Dich niemand, Unterhalt jeden Monat einzeln zu überweisen. Du kannst auch Zahlungen bündeln - allerdings muss dann die Zahlung absolut eindeutig bestimmt sein (z.B. überweist Du Anfang Juni 900,- und schreibst dazu "Kindesunterhalt für Max Müller Monate Juni bis August 2012 jeweils 300 Euro").
Und: ein halbes Jahr überweist man niemals im Voraus, denn nach drei Monaten kann der schon bezahlte Unterhalt bei Bedürftigkeit erneut gefordert werden.
Bei dem Verfahrensstand so wie Du ihn schilderst kann es keinen Vollstreckungstitel geben. Da muss noch irgend etwas dazukommen oder anders gelaufen sein. Dir da zu helfen ohne genaue Unterlagen, PfÜb, Anträge usw. zu kennen ist unmöglich. Deshalb noch mal der Rat einen Anwalt zu konsultieren, den Du zur Abwehr der Forderung eh bräuchtest.
Gruss von der Insel
Hi,
ich sehe die Sache im Nachhinein genauso wie ihr. Das war 2010 und ich überweise jetzt jeden Monat, sogar direkt ans Jugendamt.
Zwecks Rückzahlung hat das Jugendamt ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet. Gegen diesen Mahnbescheid habe ich Widerspruch eingelegt und das Amtsgericht hat den Widerspruch akzeptiert und zur Entscheidung ans Familiengericht geleitet.
Jetzt hat das Jugendamt über das Finanzamt den Betrag von meiner Einkommenrückerstattung 2009 pfänden lassen. Soweit ich informiert bin, ist dieses ohne Titel möglich. § 226 AO i.V. mit §§ 387 ff. BGB und nennt sich Aufrechnung.
Ich muß aber gestehen, daß ich mich mit diesem Aufrechnungsverfahren überhaupt nicht auskenne.
Michi
PS: Auf bedeutet Faß aufmachen?
Hi Michi,
dann wird die Sache klarer.
und das Amtsgericht hat den Widerspruch akzeptiert
das Mahngericht "akzeptiert" keine Widersprüche - Du hast widersprochen und damit wird das Verfahren ohne weitere Prüfung an das Gericht der Hauptsache abgebgeben.
von meiner Einkommenrückerstattung 2009 pfänden lassen. Soweit ich informiert bin, ist dieses ohne Titel möglich. § 226 AO i.V. mit §§ 387 ff. BGB und nennt sich Aufrechnung.
Also eine Aufrechnung und eben keine Pfändung. Eine Aufrechnung ist kein Verfahren sondern ein einseitiges Verfügungsgeschäft, in diesem Fall (was die Sache noch kniffeliger macht) ein öffentlich-rechtliches.
Dein Problem ist natürlich jetzt, dass Du selbst im Verfahren keinen Pieps vortragen kannst und alles was Du nach Abschluss des Verfahrens vielleicht noch im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage selbst vortragen könntest, dann verspätet wäre, weil es heute schon bekannt ist.
Du hast uns nicht verraten, um wie viel Geld es hier geht. Eine Alternative wäre, dass Du mit dem Jugendamt sprichst und denen sinngemäss sagst, dass sie durch die Aufrechnung doch bereits ihr Geld bekommen hätten und ob sie die Klage nicht zurücknehmen wollten. Für alles andere musst Du zum Anwalt. Sei es wegen Anwaltszwang, sei es weil die Aufrechnung nach 226 AO nicht ganz trivial ist.
Gruss von der Insel
Hi,
ich habe die Unterlagen im Augenblick leider nicht zu Hand. Soweit ich weiß, hatte das Amtsgericht geschrieben, dem Widerspruch wird stattgegeben oder so. Deshalb schrieb ich im Forum akzeptiert. Somit dürften sie nach meiner Sicht akzeptiert haben, daß der Widerspruch fristgemäß eingegangen ist. Ebenso schreibt das Finanzamt, daß das Geld gepfändet wurde. Das ist der Grund, weshalb ich auch diese Begriffe so übernommen hatte, sorry.
Die ursprüngliche Schuld war 266,-- € . Im Mahnbescheid waren es dann schon über 300,-- €. Jetzt wurden 266,-- € verrechnet. Das Jugendamt besteht allerdings auf die Fortsetzung des Verfahrens, (Info Telefonat von gestern). Der Grund ist wohl, daß der beauftragte RA bezahlt werden muß. Somit kommen zu den bereits verrechneten 266,-- €, 300,-- € + Zinsen + Anwalts- und Prozeßkosten aus der Klage. Der für mich absolute Hohn ist aber, daß ich in den Zeit zwischen 09.2009 - 11.2010 ein Einkommen hatte, was auf HARTZ IV Niveau lag und mir beide Beine ausgerissen habe, damit ich wenigstens in der Summe meinen Mindestunterhalt von monatlich 225,-- € zahlen konnte. Und dieses noch vor dem Hintergrund, daß mein Sohn mehr eigenes Einkommen im Monat hat als 225,-- €. Die Kindesmutter besitzt mehrere Grundstücke und Wohnungen und hat ein Einkommen, was zur damaliger Zeit 4x höher war als meines. Die Bedürftigkeit meines Kindes wurde aber vom Jugendamt nie geprüft. Auch erhält mein Sohn weitere kindergeldähnliche Zuwendungen aus dem Beamtenverhältnis seiner Mutter. Aus insgesamt 3 Punkten, hätte es gar keine Unterhaltsvorschußzahlungen geben dürfen:
1. Bedürftigkeit des Kindes ist nicht gegeben
2. Unterhalt von mindestens 225,-- € wurden bezahlt
3. Vater war zum Zeitpunkt nicht leistungsfähig
Ganz klasse ist noch, daß im Schreiben des Anwalts geschrieben steht, daß das Jugendamt auf die Forderung verzichtet, wenn nachgewiesen wird, daß ich nicht leistungsfähig war. Daß ich eben nicht leistungsfähig war, liegt dem Jugendamt aber bereits mehrfach vor. Dieses wird aber immer mit Ignoranz übergangen.
Michi
Hi Michi,
Du solltest Dir weniger Gedanken machen, ob der KM irgendwelches Geld zusteht oder nicht (wobei Punkt 1 und 3 irrelevant sind und Punkt 2 zumindest zweifelhaft, sonst gäbe es ja kein Verfahren um diese sagenhaften zwei Monate UVG-Leistungen).
Da offenbar die Aufrechnung erst nach Prozessbeginn erfolgte, muss das JA den Antrag nicht zurücknehmen sondern für erledigt erklären. Du bekommst dann die Kosten auferlegt, weil der Antrag ursprünglich begründet war.
Alternativ kannst Du anbieten, die Kosten vorab zu erstatten, wenn der Antrag zurückgenommen wird. Wir reden da von 71,41, günstiger kommst Du ohne Ärger nicht weg.
Möchten sie das beides nicht (auffordern, kurze Frist, dokumentieren), nimmst Du Dir einen Anwalt und der Antrag wird zurückgewiesen. Die Chancen sind einigermassen, dass das Gericht die Kosten dann quotelt, weil der zusätzliche Zinober eigentlich nicht erforderlich gewesen wäre.
Dass so ein Verfahren nicht umsonst geführt wird, sollte sich von selbst verstehen. Der Anwalt jeder Seite kostet bei mündlicher Verhandlung 89,25, hinzu kommen noch 75,- Gerichtskosten. Wenn Du der Auffassung bist, den Unterhalt richtig gezahlt zu haben, leistungsunfähig gewesen zu sein usw. kannst Du natürlich dagegen vorgehen, zahlst im Zweifelsfall aber zum Unterhalt noch mal diese 250 an Kosten drauf.
Gruss von der Insel
Sorry Insel,
verstehe nur Bahnhof.
Was bedeutet (wobei Punkt 1 und 3 irrelevant sind und Punkt 2 zumindest zweifelhaft)
?
Bedürftigkeit des Kindes zählt also nicht.
Leistungsfähigkeit des Vater auch nicht.
Und gezahlt habe ich also demnach auch nicht.
Dem Jugendamt liegt die Leistungsunfähigkeit vor, weil sie nämlich diese Informationen bereits von mir bekommen und haben. Daß die Information vorliegen, wurden sogar vom JA bestätigt!!! Ich habe also einen Beweis der Leistungsunfähigkeit und die Bestätigung des Amtes, daß Leistungsunfähigkeit vorliegt. Trotzdem wurde aufgerechnet, trotzdem will das JA den Prozeß fortsetzen, warum nur?
Ich fühle mich schlecht.
Michi
nochmal: es kann Dir völlig wurscht sein, ob die Ex Unterhaltsvorschuss kassiert hat oder noch kassiert.
Den bekommt sie auch, wenn das Kind "nicht bedürftig" (was immer das sein mag) ist. Den bekommt sie auch wenn Du nicht leistungsfähig bist.
Für Dich ist höchstens interessant, ob Du ihn zurückzahlen musst.
Wenn bestätigt wurde, dass Du leistungsunfähig warst (wobei die Feststellung des JA für das Gericht nicht bindend sein muss), dann nimm Dir halt einen Anwalt und tritt der Forderung entgegen. Stellt das Gericht fest, dass keine Forderung besteht, dann war auch die Aufrechnung unwirksam (ob man da bei der öffentlich-rechtlichen Aufrechnung ggf. vorher tätig werden muss, weiss der Anwalt auch). Dir muss nur klar sein, dass die Brocken genauso teuer kommen können wie die Brühe, wenn das Gericht Deiner Meinung nicht folgt. Und wenn Du die 89,25 für den Anwalt nicht aufbringen kannst, beantragst Du Verfahrenskostenhilfe.
Kann es sein, dass Du beim JA mit zwei verschiedenen Stellen zu tun hattest - einmal der Beistandschaft und einmal der Unterhaltskasse?
Gruss von der Insel