Hallo,
bitte um Hilfe. Meine Ex ist sehr einfallreich. Ich bin Pole und lebe in Polen. Sie ist auch Polin aber lebt in Deutschland. Vor achtzehn Jahren hat sie unseren Sohn aus Polen nach Deutschland entführt. Leider ist mir damals nicht gelungen ihn nach Polen zu wiederholen. Ich habe immer den Unterhalt bezahlt. Regulär habe ich dem Jugendamt Informationen über meine Einkünfte zugesandt und die Beamten haben mit Hilfe der Düsseldorfer Tabelle die Höhe des Unterhalt ermittelt und ich habe brav bezahlt. So lief das bis heute. Im Laufe des Scheidungsverfahrens hat mal das deutsche Familienverfahren das sog. Anerkenntnisteilurteil verabschiedet. Damals war für mich und meinen RA klar dass das sich nur eine Bestätigung des von JA ermitteltes Unterhalts handelt. Jetzt, nach zehn Jahren, kam sie als Bevollmächtigte des Sohnes mit dem deutschen Anerkenntnisteilurteil von damals zum polnischen Gerichtsvollzieher und behautet dass das ein separates (zu den von JA ermittelten voll bezahlten Unterhalt) Titel ist und beantragen hat ihn zu vollstrecken. Ich habe bei dem polnischen zuständigem Gericht ein Gegenvollstreckungsverfahren eingeleitet. Ich zerbreche mir jetzt den Kopf, wie ich dem polnischen Gericht erklären sollte, warum ein gerichtliches Urteil nicht vollstrecken werden soll. Kann mir jemand ein Rat geben?
Gruß
SALI
Hi Sali,
Vor achtzehn Jahren hat sie unseren Sohn aus Polen nach Deutschland entführt.
Das heisst, Dein Sohn ist heute volljährig. Was macht er? Steht ihm überhaupt noch Unterhalt zu? Und wieso beteiligt sich die Mutter nicht am Unterhalt?
Ich gehe zunächst davon aus, dass eine JA-Urkunde und dieses Anerkennungsurteil existiert?!
Im Laufe des Scheidungsverfahrens hat mal das deutsche Familienverfahren das sog. Anerkenntnisteilurteil verabschiedet.
Ein Anerkenntnisurteil ergeht dann, wenn Du (bzw. Dein Anwalt) eine Forderung anerkannt hast. Wenn in dem Urteil nicht steht "in Abänderung der Jugendamtsurkunde vom ..." dann gibt es heute -völlig zu Recht- zwei Titel, die beide bedient werden müssen. Wenn Dein damaliger Anwalt wusste, dass bereits eine JA-Urkunde existiert, hat er das verbockt. Dass das materiell ein Blödsinn ist und man dagegen (einen oder auch beide, s.o.) vorgehen muss, ist eine andere Sache.
Damals war für mich und meinen RA klar dass das sich nur eine Bestätigung des von JA ermitteltes Unterhalts handelt.
Ja, aber nicht wenn dieser bereits tituliert war. Dann wäre diese Klage unbegründet und abzuweisen gewesen!
Sollte hingegen gar keine JA-Urkunde existieren, dann reicht es völlig aus, wenn Du die Zahlungen auf den Kindesunterhalt beim Gerichtsvollzieher nachweist.
Dann braucht es auch keine Vollstreckungsgegenklage. Im Gegenteil, diese könnte (wenn der Unterhalt weiter zu zahlen ist) nach hinten losgehen.
Jetzt, nach zehn Jahren, kam sie als Bevollmächtigte des Sohnes
Wie hat der Sohn sie bevollmächtigt? Ist das nach polnischem Recht zulässig, dass sie als Nichtjurist den volljährigen Sohn vertritt?
Ich zerbreche mir jetzt den Kopf, wie ich dem polnischen Gericht erklären sollte, warum ein gerichtliches Urteil nicht vollstrecken werden soll.
Ganz einfach - was erfüllt wurde, kann nicht mehr vollstreckt werden.
Gruss von der Insel
Danke Inselreif,
das Gericht hat paar Monatespäter unter der gleichen Signatur, unter das Anerkenntnisteilurteil verabschiedet wurde, in einem Schlussurteil die Klage meiner Ex auf Unterhalt abgewiesen. Das Problem ist das deutsche Gericht hat das Anerkenntnisteilurteil nie ausdrücklich annulliert wurde, es sei denn die Abweisung der Unterhaltsklage eine solche Annullierung bedeutet. Die haben die Klage abgewiesen weil damals zwei Scheidungsverfahren in Polen und in Deutschland liefen. Beide Gerichte fühlten sich zuständig. Die Polen waren schneller. Dann mussten die Deutschen den Antrag auf Scheidung und auf die Folgesachen abweisen.
Zu deiner Frage nach JA- Urkunde – sie haben mich regelmäßig die „Bewilligung von Leistungen nach dem Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleistehender Mütter und Väter …“ geschickt. Sie haben den Betrag nach Düsseldorfer Tabellen errechnet und habe bezahlt. Ich habe nie eine zusätzliche Leistung zugestimmt.
Gruß
SALI
Hallo,
ein Titel, Unterhaltstitel, ist keine Berechnung des Jugendamtes sondern eine Urkunde und sieht ungefähr so <a href="https://www.familienrecht-allgaeu.de/uploads/pdf/Jugendamtsurkunde-Muster.pdf>aus" (Muster)</a>.
Es geht dabei immer darum, dass Du Dich der sofortigen Volstreckung unterwirfst (akzeptierst).
Wenn Du so etwas nicht extra unterschrieben hast, dann gibt es auch keinen Titel.
VG Susi
Danke Susi. So was wie Du angehängt hast, habe ich nie unterschrieben.
Susi, noch die letzte Frage. Wenn ich so einen Unterhaltstitel (Urkunde) damals unterschrieben hätte, dann mussten beide Seiten je eine Ausfertigung davon bekommen. Oder?
Ja, beide Seiten sollten eine Ausfertigung haben.
Aber es kann auch sein, dass ein Titel über ein Gerichtsurteil erteilt wurde. Wenn jetzt, nur als mögliches Beispiel, ein Unterhalt gegen Dich festgestellt wurde, und Du nicht einmal von dem Gerichtstermin wusstest ... Für Finige gibt es viele Möglichkeiten.
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Danke Kasper,
jetzt bin ich aber verwirrt. Noch mal die Sachlage. Ich habe immer brav nach den Bescheinigungen von JA bezahlt. Das Gericht hat Urteil in der Sache Scheidungsfolgesachen Kindesunterhalt ein Urteil verabschiedet – „der Beklagte wird verurteilt an den Sohn ….. geboren am …… den Unterhalt in Höhe von monatlich …… zu zahlen“ - Punkt, Gerichtsstempel. Nach sechs Monaten das gleiche Gericht (das gleiche Aktenzeichen) entscheidet in einem neuen Urteil „die Klage wird abgewiesen“. Nach vierzehn Jahren kommt die Ex mit dem ersten Urteil nach Polen und will dass das hier anerkannt wird. Ich weiß, dass ich bei dem polnischen Gericht zuerst beantragen soll, sie mit dem Urteil nach Deutschland zu schicken. Die Frage ist, wie ist das erste Urteil aus deutscher Sicht zu bewerten.
Gruß
SALI
Hallo,
aus meiner Sicht stellt das Anerkennungsurteil einen Titel dar. Ob dieser Titel mit der Klageabweisung erledigt ist, kann ich nicht sagen. Ich würde aber davon ausgehen, dass der Titel = Anerkennungsurteil gültig ist und das 30 Jahre lang.
Um die Pfändung abzuweisen müsstest Du nachweisen (oder zumindest glaubhaft machen), dass der Unterhalt gezahlt wurde. Also durch Überweisungsbelege oder ggf. auch eine Bescheinigung des JA.
Außerdem solltest Du einen Vollstreckungsverzicht von Deinem Sohn fordern, da eine Herausgabe des Titels = Anerkennungsurteil vermutlich nicht möglich ist.
Wie das juristisch genau und sauber geht kann ich leider nicht sagen.
VG Susi
Sorry, noch eine Frage, ist mir gerade eingefallen. Wenn das ein Titel wäre, gilt er immer noch wenn keiner von uns nicht mehr in Deutschland wohnt? Der Sohn ist vor ca. fünf Jahren aus Deutschland ausgereist. Ich habe vor ihm anzufordern mir ein Titel aus dem Land seines jetzigen Aufenthaltes vorzulegen. Was dann mit dem deutschen Titel?
Hallo,
die Sache ist hochgradig kompliziert. Aber z.B: <a href="https://www.kanzlei-hasselbach.de/2016/kindesunterhalt-im-ausland/09/>hier</a>" steht
"Lebt das Kind dauerhaft im Ausland, so müssen seine Unterhaltsansprüche im Ausland nach ausländischem Recht geltend gemacht werden."
Hier kann aber argumentiert werden, dass das Kind nicht dauerhaft im Ausland lebt, da es in Deutschland noch ein Kinderzimmer hat und nach Beendigung des Studiums nach Deutschland zurückkehren wird. Dann deutsches Recht nach wie vor anwendbar und es kann in Polen gepfändet werden.
Es sollten niemals 2 oder gar noch mehr Titel gleichzeitig existieren. Deshalb ist immer erst der alte Titel herauszugeben (ersatzweise ein Vollstreckungsverzicht zu erklären) und dann kann der neue Titel erstellt werden.
Dein Kind kann von Dir einen Titel fordern, aber selber keinen erstellen. Ein Titel ist die freiwillige Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung (Pfändung) seitens des Unterhaltsschuldners, also Dir.
Was Du fordern kannst ist eine Berechnung des Unterhaltsanspruchs nach dem Recht des Landes in welchem sich das Kind befindet. Das funktioniert aber nur, wenn das Kind dauerhaft im Ausland lebt (siehe oben).
Die Abwehr der Pfändung funktioniert nur, wenn Du nachweisen kannst, dass Du Unterhalt gezahlt hast. Das gilt zumindest für die Vergangenheit. Ob und welcher Unterhaltsanspruch jetzt besteht ist natürlich auch eine Frage.
VG Susi