Liebes Forum,
ich bin das erste Mal hier in dem Forum und würde mich sehr freuen, wenn ihr mir meine kleine Frage beantworten könntet, nachdem ich über die Suchfunktion keine Antwort gefunden habe:
Ich habe an einem vom Gericht beauftragten Gutachten zum Aufenthaltsbestimmungsrecht teilgenommen. In diesem Gutachten soll geklärt werden, ob mein Sohn zusammen mit meiner Frau ca. 500km weit wegziehen darf. Laut Beauftragung des Gerichtes sind 6 Abschriften des Gutachtens beim Gericht einzureichen. Des weiteres steht im dem damaligen Beschluss des Amtsgerichtes, dass ein neuer Termin "nach Eingang des schriftlichen Gutachtens von Amtes anberaumt wird".
Heute habe ich per Post eine Ladung vom Amtsgericht für den 17.05.2021 bekommen. Jedoch definitiv kein Gutachten!
Es stellt sich mir jedoch die Frage, wie ich dieses erhalte (direkt vom Gericht oder über meinen Anwalt, der bisher auch nichts erhalten hat)? Des Weiteren ist mir nicht klar, wieviel Zeit ich überhaupt bekomme, vorab das Gutachten zu lesen und ob mir dann überhaupt noch genug Zeit für eine vorherige Stellungnahme bleibt?
Mit sonnigen Grüßen aus Stuttgart
Rainer
Hallo Reiner_Sg,
normalerweise sollte das Gutachten direkt nach Erstellung dich über deinen Anwalt erreichen. Solange du anwaltlich vertreten bist, wird das Gericht dir nichts direkt zustellen (dies gilt nicht für Terminladungen!). Dein Anwalt bekommt Abschriften von allen Dokumenten des Gerichts, die deinen Fall betreffen. In der regel leiten die Anwälte diese mehr oder weniger direkt an die Mandanten weiter, teils kommentiert.
Wann hast du an dem Gutachten "teilgenommen"?
Wann kam die Ladung zum 17.5.21?
Es gab einen Beschluß des Gerichts, in dem das Gutachten in Auftrag gegeben wurde. In der Regel wird dort auch ein Termin bestimmt, bis wann das Gutachten zu erstatten ist. Welcher Termin wurde da festgelegt?
Gab es seither weitere Kommunikation des Gerichts zu dem Thema, etwa Fristverlängerungsanträge der Beteiligten oder des Gutachters?
Normalerweise würde ich erwarten, dass dein Anwalt das Gutachten bekommt, sobald es bei Gericht eingegangen und bearbeitet ist. Dein Anwalt sollte dieses dann mit dir besprechen und gegebenenfalls eine Stellungnahme dazu verfassen.
Falls das Gutachten bereits erstattet wurde, du bzw dein Anwalt dieses aber nicht erhalten hätten, würde hier u.U. ein Verstoß gegen Artikel 103 Grundgesetz vorliegen.
Kannst du meine Fragen oben beantworten? Das würde wohl einiges erhellen.
Gerne beantworte ich die Fragen:
- Teilgenommen an dem Gutachten habe ich der Zeit: Februar - März 2021.
- Die Ladung zum Gerichtstermin kam heute am 08.05.2021.
- Das Gutachten wurde letztes Jahr im September vom Gericht in Auftrag gegeben und sollte innerhalb von 3 - 6 Monaten durch den Gutachter erstellt werden.
- Die Gegenseite hat das Gutachten auch noch nicht erhalten.
- Es gibt keine weitere Kommunikation mit dem Gericht, außer dass die Gegenseite vor einiger Zeit das Gutachten angemahnt hat. Daraufhin hat der Gutachter die Fertigstellung des Gutachtens bis Ende April zugesagt.
Nächste Woche ist Pfingsten und daher noch weniger Zeit für eine Durchsprache mit meinem Anwalt.
nicht Pfingsten sondern Christi Himmelfahrt
Wenn das Gericht der Meinung ist, das Redebedarf besteht, wird es entsprechend eine Ladung verschicken, dafür muss ein laufendes Gutachten auch noch nicht fertig sein.
Es handelt sich dann nicht um eine Erörterungstermin zum Gutachten sondern um einen Vermittlungstermin.
Kein Grund zur Aufregung, das Gutachten bekommst Du wenn es fertig ist und danach findet auch der entsprechende Erötertungstermin zum Gutachten statt.
Oder könnte es sein, dass der Richter mit dem Termin Druck auf den Gutacher machen möchte, dass Gutachten endlich abzugeben?
Moin,
alles ist möglich.
Zwei mögliche Vorgehensweisen könnten vorliegen.
1) Der Gutachter hat mitgeteilt das er nicht rechtzeitig fertig wird, aber relevante Erkenntnisse gezogen, die dringend einer Erörterung bedürfen.
2) Das Gutachten ist unterwegs verschütt gegangen. Vielleicht mal höflich bei Gericht telefonisch nachfragen (im Geschäftszimmer, telefonisch).
Das übliche Prozedere ist, dass mit Erstellung das Gutachten ebenfalls übersandt wird, man eine First zur Stellungsnahme erhält und dann terminiert wird. Diese Zeit muss in einem Rahmen liegen, in dem man sich auch mit fachlicher Hilfe davon überzeugen kann, dass dieses Gutachten korrekt ist bzw. evtl. ein Gegengutachten erstellt werden soll.
Das bereit eine Terminierung erfolgte, ohne dass das Gutachten vorgelegt wurde, ist sehr ungewöhnlich und hindert dich am notwenigen rechtlichen Gehör. Da der Termin bereits am 17.05.sein soll, dürfte eine vernünftige Erwiderung auf ein Gutachten garnicht mehr möglich sein.
Ich vermute mal, dass da irgendwo auf dem Kommunkationsweg was schief gelaufen ist.
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Was sagt denn dein Anwalt dazu?
Heute ist um 12:00 Uhr das Gutachten bei meinem Anwalt eingegangen. Er hat es gleich an mich weitergeleitet.
Es werden in dem Gutachten ziemlich "wilde" Thesen aufgestellt, die ich gerne wiederlegen möchte. Gibt es einen Gegengutachter, den ihr mir empfehlen könnt?
Unabhängig von den "Thesen" wie ist denn die Empfehlung des Gutachters?
zur Mutter
Wie war denn die Situation bis zum drohenden Wegzug? Wie alt ist dein Kind und wie lange habt ihr zusammen gewohnt, wie gestalten sich die Umgänge usw? Erzähl doch mal eure Geschichte, wenn du magst.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Hallo,
dass in Gutachten "wilde Thesen" stehen ist nicht ungewöhnlich. Darauf mit einem Gegengutachten zu reagieren hat 2 Probleme, erstens kostet es Geld und zweitens muss das Gericht das Gutachten nicht akzeptieren, da es von Dir beauftragt und deshalb parteiisch ist.
Es ist deshalb sinnvoller mal zu ergründen welche Optionen es überhaupt gibt. Ein wesentliches Argument ist immer das Kontinuitätsprinzip.
Also wie wurde bisher gelebt, wer hat Elternzeit genommen, war hauptsächlich zu Hause, bei wem lebt das Kind jetzt.
Weiterhin spielen die Gründe des Wegzugs eine Rolle. Erhofft sich die KM mehr Unterstützung durch ihre Familie, hat sie Arbeit dort?
Das Gutachten soll vermutlich die Erziehungsfähigkeit und die Bindung bzw. Bindungstoleranz bewerten.
Worauf stützt sich die Entscheidung des Gutachters im Wesentlichen?
VG Susi
Das mache ich gerne. Ich muss jetzt ersteinmal schnell einen Gutachter finden.
Moin,
ein Gegengutachten macht meist wenig sinn.
Besser ist es sich darauf zu konzentrieren wie der Gutachter zu seiner Wertung gekommen ist. An welchen Stellen er "falsch" abgebogen ist und aufgrund welcher Sachverhalte er seine Schlussfolgerung zieht.
Auch gibt es die Mindeststandards nach denen ein Gutachten gefertigt werden muss, das erfüllen immer noch sehr wenige Gutachten.
Bei entsprechender Begründung kann es auch sein, dass der Richter dieses Gutachten nicht verwertet. Muss er auch nicht. Da kommt es immer auf die Fragestellungen und deren Auslegung an. Leider kostet das einiges an Zeit und bis zum 17.05. ist eine sinnvolle Stellungnahme fast nicht mehr umsetzbar.
Anwälte können dies zwar leisten, haben aber aufgrund der Zeit meist keine Lust dazu und verlassen sich auch auf Deine Vorarbeit.
Auch ein Gegengutachten bzw. eine Bewertung dessen, benötigt Zeit und wird ebenfalls nicht in 7 Tagen fertig sein.
Gruß
Kasper
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge zu ertragen, die ich nicht Ändern kann, den Mut, Dinge zu Ändern, die ich Ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Hallo Kasper,
hast Du wenigestens eine oder zwei Adressen, an die ich mich wenden könnte, um diese systematischen Fehler "wegzuräumen". Die Vorarbeit werde ich gerne hierfür machen und mich gleichzeitig um eine Terminverschiebung kümmern.
Gruß
Rainer
Hallo Rainer,
du denkst daran, dass das entsprechende Kosten nach sich zieht? Ich hatte auch eine forensische Psychologin, die mich beraten hat. Die nimmt aber auch 100 EUR die Stunde und wenn du mal zusammenrechnest, was die das Lesen + eine Kurzberatung kostet, bist du schnell einen hohen 3-stelligen oder eher 4-stelligen Betrag los. Hat das tatsächlich einen einen Mehrwert zum "ich gehe da mit gesundem Menschenverstand ran"?
Stell doch mal ein, was der Gutachter in seiner Zusammenfassung schreibt. Mehr lesen die Richter doch meist eh nicht.