Hallo Forummitglieder,
bin neu hier im Forum und vielleicht gar nicht am richtigen Platz... denn eigentlich suche ich die Möglichkeit zum *persönlichen* Erfahrungsaustausch mit alleinerziehenden bzw. getrenntlebenden Vätern. Gibt es vielleicht so etwas wie eine Gruppe im Plz-Raum 64xxx, die sich regelmäßig trifft?
Bin 49, habe drei Kinder im Alter von 7(w), 12(w) und 15(m) Jahren und bin zum Jahresbeginn 2013 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Die Kids wohnen also bei der Mutter. Wohne jetzt in 10min-Fahrraddistanz von den Kindern. Mein Hauptthema ist im Moment die emotionale Distanz, die ich zu den Kindern empfinde. Habe eigentlich erst in der Trennungsphase begonnen, mich um die Kinder zu kümmern. Vor dieser etwa 1 1/2 Jahre dauernden Trennungsphase (getrenntes Schlafen innerhalb der gemeinsamen Wohnung) habe ich mich kaum um die Kids gekümmert. Dabei beziehe ich mich auf die emotionale Seite des Vaterseins - für praktische und finanzielle Dinge war ich immer da. "Nur" emotional war ich hauptsächlich abwesend, wie mir mittlerweile klar geworden ist.
Jetzt sehe ich die 3 wöchentlich kurz und 14tägig am Wochenende. Zu Beginn habe ich mir immer ein besonderes Wochenendprogramm für die Kids ausgedacht, habe das Lieblingsessen gekocht, sie gefragt was sie gerne machen möchten etc. und wünschte mir, sie so näher bei mir zu haben. Die Distanz zu überwinden, um die ich mich viele Jahre lang wenig gekümmert habe. Jetzt fehlen mir die Drei so sehr und ich fühle mich ihnen gegenüber entfremdet. Weniger der kleinen 7jährigen gegenüber, dafür umsomehr den beiden Älteren gegenüber. Es ist wie ein aufwachen und feststellen, was ich so lange Zeit alles versäumt habe...
Das "Papa on tour mit den Kids"-Programm hat nicht dazu beigetragen, dass die Kinder sich mir mehr anvertrauen, dass wir einander näher kommen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass dieses Papa-Programm nur bedeutet, ein Programm zu absolvieren, aber nicht wirkliche Nähe erzeugt. Mir liegt sehr viel daran, diese Nähe entstehen zu lassen - und fühle mich dabei gleichzeitig unfähig, das zu erreichen. So hatte ich mit ihnen eigentlich noch nie richtig über meine Trennung von ihrer Mutter, den Auszug usw. gesprochen. Weiß gar nicht, wie ich ein solches Gespräch beginnen könnte oder den passenden Moment dafür entstehen zu lassen.
Wie gehen andere Väter mit dieser Situation um? Wie eingangs beschrieben, am liebsten wären mir persönliche Begegnungen und Gelegenheit zu ebensolchem Austausch... das Geschreibe dauert bei mir jedenfalls immer so lang, es kann zu Mißverständnissen kommen usw. - daher mein Wunsch. Aber wer weiß, vielleicht werde ich ja eines Besseren belehrt?
Danke und Grüße
- Karl
Hi lieber Karl und herzlich willkommen,
Also für persönlichen Austausch ist die Entfernung wohl zu groß und ich bin auch selber kein KV. 🙂
Aber ich kann Dir ein wenig aus meiner persönlichen Erfahrung als Scheidungskind berichten und vielleicht hilft Dir das ein bißchen, die Kids zu verstehen.
Ich war 9 als meine Eltern sich getrennt haben (mein Bruder war acht) und auch mein Vater hat sich vor der Scheidung nicht wirklich um uns gekümmert.
Und dann war er an den Wochenenden plötzlich alleine mit uns und ich hab auch gemerkt, dass er sich verändert. Er wollte gerne irgendwas mit uns unternehmen und mit uns reden, wußte aber nicht wirklich, wie er anfangen soll - Deine Beschreibung erinnert mich sehr an ihn und die Situation damals.
Er hat dann versucht, sowas wie Alltag einkehren zu lassen - z.B. haben wir uns einfach als erstes, wenn wir zu ihm gekommen sind, vor den Fernseher gesetzt und DuckTales geschaut. Aber nicht, weil wir nichts mit ihm zu tun haben wollten, sondern weil wir uns erst einmal aklimatisieren mußten.
Es war für ihn auch ok, wenn wir mit unseren Freunden etwas unternehmen wollten oder einfach nur lesen wollten - er hat versucht, uns die Wochenenden möglichst streßfrei zu gestalten.
Kleine Gesten - wie z.B. das Lieblingsfrühstück, oder die Frage: "Hast du alles, was du brauchst? Kann ich dir bei irgendwas helfen?" haben mir gezeigt, dass er sich um uns sorgt.
Und so hat sich nach und nach das Vertrauen aufgebaut. Heute ist mein Vater derjenige aus der Familie, zu dem ich als erstes gehen würde, wenn ich Hilfe brauche.
Was ich Dir damit sagen möchte: Laß dir und den Kindern Zeit.
Wenn Du in dieser Sache unbedingt etwas erreichen möchtest, dann geht eher was dabei kaputt. Geh es ruhig an.
Sei für die Kids da, zeig ihnen, dass Du für sie da bist - aber sei nicht überbesorgt.
Nimm Dir Zeit für sie und hör ihnen zu. Wenn sie reden wollen, dann werden sie reden. Und wenn nicht, dann nicht.
Jedes Kind ist anders und hat andere Bedürfnisse. Lern sie kennen und geh auf sie ein.
Die Nähe entwickelt sich dann, da kannst Du nichts erzwingen oder beschleunigen und da gibt es auch kein Rezept dafür.
Hast Du einen guten Freund oder einen Pastor oder Therapeuten, mit dem Du mal über Deine Gefühle reden kannst?
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und die richtigen Worte zur rechten Zeit!
lg
vj
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. (Röm 12,21)
Hallo vj,
danke für deine liebe Willkommensnachricht. Habe mich sehr gefreut, einen so ausführlichen Erfahrungsbericht zu erhalten. Ja, ich habe eine Therapeutin, mit der ich über meine Gefühle sprechen kann. Sie hat mir unter anderem geraten, mich auf der einen Seite aktiver zu verhalten, auf die Kids zuzugehen und gleichzeitig gemeint, ich solle ihnen Zeit lassen. Dein Rat ist davon also gar nicht weit entfernt...
Bezüglich des "auf die Kinder zugehen" suche ich nach Ideen, Anregungen, Erfahrungen anderer.
Ich bin auch ein Scheidungskind, mein Vater zog aus, als ich etwa 17 war. Danach habe ich ihn für mehrere Jahre nicht gesehen. Während meiner Kindheit war er emotional abwesend, nach der Trennung meiner Eltern hat sich daran nichts geändert, eher im Gegenteil. Von daher habe ich kaum persönliche Erfahrung, wie es ein Vater anders machen könnte.
Danke und viele Grüße,
Karl
- Karl
Hi Karl,
Ich glaube, da gibt es keine Standard-Antworten, weil es so viele verschiedene Kinder wie Sand am Meer gibt.
Die einen mögen es, wenn man sie direkt fragt, wie es ihnen geht, von den anderen bekommst Du bei einer solchen Frage nur einen fragenden Blick so wie "was meinst Du denn???".
Manche fühlen sich wohl, wenn man beim Fernsehen am Abend mit ihnen kuschelt, andere halten eher Abstand.
Usw usw.
Mach Dir nicht zu viele Gedanken darüber, wie ein Vater sein sollte, sondern schau, was Deine Kinder brauchen und gern haben.
Mach Angebote, frag sie - aber achte dabei auch auf deine eigenen Grenzen.
lg und alles Gute für die Zukunft!
vj
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. (Röm 12,21)
Hallo Karl,
Deine Kinder sind ja schon einem "verständigen" Alter. Was spricht dagegen sich mit ihnen zusammenzusetzen und ganz offen zu sagen, dass auch Du aufgrund der geänderten Situation unsicher bist was sie von Dir erwarten und auch Sorge hast, dass Du das ein oder andere Mal ander reagierst, als sie es sich vorgestellt haben/wünschen? Sag ihnen, dass sie keine Angst haben müssen, das dann auch zu sagen, so dass ihr darüber reden könnt.
lg
sleepy
Sleepy
Hallo sleepy und vj,
danke für eure Rückmeldungen. Den einen oder anderen eurer Vorschläge habe ich schon umgesetzt bzw. werde es demnächst versuchen.
Schade, dass sich bisher keiner mit Interesse an persönlichem Austausch gemeldet hat. Vielleicht berichte ich es ja hier schriftlich, wenn ich etwas Neues zu erzählen habe - weiß noch nicht.
Grüße
Karl
- Karl