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wann ist ein Vater ein guter Vater?

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(@andreadd)
Registriert

Hi,

mein Vater war oft ein unbequemer Mensch, ein Fighter. Wohl auch bedingt durch seine Jugend in der Nazizeit hat er nichts so verachtet wie Obrigkeitsdenken und Hörigkeit. Er hat schnell "gebissen", wenn er das Gefühl hatte, dass jemand auch nur annähernd versucht, ihm so zu kommen. Er verfügte aber auch über einen sehr ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.

Für uns Kinder war er Respektsperson, im positiven Sinne. Er stand klar hinter seiner Familie und hat da auch nie einen Zweifel aufkommen lassen. Er hat uns gefordert (noch heute denke ich mit Schaudern an seine Nachhilfestunden). Aber hinter seiner manchmal rauhen Schale verbarg sich viel Herz. Und je älter ich wurde, je mehr habe ich seinen Humor verstanden und wir haben manchmal wirklich schallend gelacht. Er war immer Anlaufstelle, wenn ich einen Rat brauchte. Ich bekam nicht immer sofort eine Antwort, aber wenn ich eine bekam, hatte sie Hand und Fuß und ich konnte ihr blind folgen.

Inzwischen ist er tot, aber er wird mir immer in Erinnerung bleiben als eine Persönlichkeit, die ihresgleichen sucht.

Andrea

Die 7 Todsünden der modernen Gesellschaft? Reichtum ohne Arbeit. Genuss ohne Gewissen. Wissen ohne Charakter. Geschäft ohne Moral. Wissenschaft ohne Menschlichkeit. Religion ohne Opfer. Politik ohne Prinzipien.
Dalai Lama

AntwortZitat
Geschrieben : 20.09.2006 02:22
 kuwe
(@kuwe)

Moin, ich war gestern abend zu müde und hatte eine zu schlechte Stimmung, um auf das Thema "Erinnerungen" einzugehen.
Aber ich muß halt denke ich doch ein bißchen erläutern.
Eigentlich hätte ich bei "meiner Geschichte" noch die Vorgeschichte platzieren müssen, die auch nicht so ohne ist.
Vieles von dem Verhalten, daß mich zur Zeit prägt , ist auch in dieser Zeit zu suchen.
Denn vieles von dem , was ich selbst erleben mußte, möchte ich meiner Tochter gern ersparen.
Mein Vater hat sich , als ich sieben Jahre alt war (mein Bruder war 5), das Leben genommen. Ich habe bis zum heutigen Tag nicht erfahren, warum. Obwohl ich nichts unversucht ließ, hinter die Gründe zu kommen. Aber in meiner Verwandtschaft herrscht diesbezüglich eisiges Schweigen - bis heute.
Abgesehen davon habe ich mit meiner Verwandtschaft nicht allzuviel am Hut - und das ist auch gut so.
Meine Mutter hat sich dann später einen Mann gesucht, der mein Leben in meine persönliche Hölle verwandelte, der völlig autoritär war , und sein Versagen im zwischenmenschlichen Miteinander damit kompensierte, daß er gewalttätig, launisch und laut war. Meine Mutter kopierte dieses Verhalten meiner Stiefschwester, die er mit in die Familie brachte, eigentlich kopierte sie es nicht nur, sondern sie behandelte die Kleine (war damals 6) eigentlich noch viel schlimmer. Wenn er uns nicht schlug, beschimpfte oder fertigmachte, kümmerte er sich nicht um uns - sondern verschwand in seinem Werkzeugkeller oder im Schrebergarten (unter der Hinsicht ist es verwunderlich, daß ich selber einen habe). Meine ganze Jugend war durch ein Klima der Unterdrückung und Angst dominiert. Wenn ich nicht an den Wochenenden zu meiner Oma hätte fliehen können, i ich hätte mich irgendwann ganz sicher auch umgebracht.
Ich habe unter diesem Regime noch sehr lange, auch nachdem ich (mit 18) von zu Hause geflohen bin, gelitten und war auch lange nicht in der Lage, so etwas wie gesundes Selbstbewußtsein zu entwickeln. Nach dem Freitod meines Vaters, den ich ihm irgendwo auch nicht verzeihen kann , hat sich mein bis dahin unbeschwertes Leben in eine Richtung entwickelt, deren Auswirkungen sich immer wieder auf mein Leben niedergeschlagen hat. Es kamen Exzesse bei uns zu Hause vor, die viele hier nicht für möglich halten würden und die ich erst lange Jahre später zumindest halbwegs verarbeiten konnte. Ich wache oft heute noch schweißgebadet auf, wenn ich von Dingen träume, die sich früher bei uns abgespielt haben. Meine "Eltern" sind bis heute unfähig zur Selbstkritik oder Selbstreflektion. Es wird totgeschwiegen . Und ich bin ehrlich gesagt auch nicht mehr daran interessiert, diese Leichen nochmal auszubuddeln. Es wurde mir aber klar vor Augen geführt, welche Macht Eltern haben, das Leben von Kindern nachhaltig zu zerstören. Das zieht sich natürlich auch in meine eigene Vaterschaft hinein. Ich pflege zu meinen Eltern, auch zu meinem Stiefvater, einen höflich-distanzierten Kontakt und lasse diese Dinge ruhen. Viele Dinge, die z.B. meine Mutter getan hat, hat sie - auf ihre hilflose, naive Art an meiner Schwester und deren Tochter auf eine andere Art auch wieder versucht gutzumachen.
Das ist eins der wenigen Dinge, die ich ihr z.B. zum positiven anrechne.
Meine Eltern waren sich trotzdem immer nur selbst wichtig und haben IHR Wohl in den Vordergrund gestellt. Wir Kinder, wir waren ja alle von anderen Partnern der Eltern, waren nur unnötiger Ballast und bekamen das auch ständig zu hören. Da entwickelt sich automatisch nicht besonders viel Selbstbewußtsein, was sich auch natürlich in der Schule, später auf der Arbeit oder sonstwo bemerkbar macht. Mein teils nicht mehr gesundes Mißtrauen zum Beispiel, diesen Grundstein haben ganz klar meine Eltern erzeugt. Ich sehe diese Entwicklung, nachdem er vorher eine ganz andere als ich genommen habe, auch zur Zeit bei meinem Bruder, mit dem ich eine sehr herzliche Beziehung pflege. Und das, nachdem wir früher mal fast 10 Jahre nicht  miteinander gesprochen haben.
Es ist richtig, die schlechten Erinnerungen haben die paar Erinnerungen an meinen richtigen Vater so gut wie getilgt. Ein paar alte Fotos, so ein zwei Fragmente - das war´s. Leider....
Was ich mit dem allen sagen will, ist: Ich persönlich - und darin sehe ich die Aufgaben eines "guten Vaterseins", will vermeiden - das meine Kleine nur mit Fragezeichen versehen durch das Leben taumelt, wie es mir vorbehalten geblieben ist, das man auf die elementaren Fragen wie : Wer bin Ich? Woher komme ich? Wer war mein Vater? halt nur unzureichende oder im schlimmsten Fall gar keine Antwort bekomme.

Gruß Kuwe

AntwortZitat
Geschrieben : 20.09.2006 12:48
 AJA
(@aja)
Registriert

lonesomewolf

es soll menschen geben, die eine trennung nicht "mal so eben" wegstecken,
vor allem, wenn sie diese selbst nicht gewollt haben ...

Nur zur Erklärung: ER war derjenige, der zwei Jahre vor der Geburt unseres ersten Kindes davon gesprochen hat, dass wir nicht zusammen passen. ICH war diejenige, die um diese Beziehung gekämpft hat.

Aber das ist Schnee von gestern und ich muss mir einfach den Vorwurf machen, dass ich die Kinder von eben diesem Mann bekommen habe, der einfach nur auf dem Papier ein Mann ist.

Ansonsten wird mir dieser Thread langsam zu kompliziert, denn meine eigenen Vatererlebnisse habe ich auch, die passen aber nicht unbedingt zu meiner Frage.

Gruß AJA

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 20.09.2006 23:08
 Uli
(@Uli)

dass ich die Kinder von eben diesem Mann bekommen habe, der einfach nur auf dem Papier ein Mann ist.

Hmmm, ich denke mal, er ist ein wenig mehr Mann als nur auf dem Papier. Mit Papiertigern kann man keine Kinder machen!  :rofl2:

Uli

AntwortZitat
Geschrieben : 20.09.2006 23:24
(@roman3)
Rege dabei Registriert

Nun, um das mal nachträglich aus meiner Sichtweise zu erläutern, ist für mich ein guter Vater auf Grundlage der Deutschen Gesetze...

1) wer pünktlich seinen Unterhalt zahlt, auch wenn er manchmal nicht mehr weiß wie

2) wer sich raushält aus allen Fragen der Erziehung, weil er eh nichts zu sagen hat

3) wer sich einredet daß ein Kind immer zur Mutter gehört

4) und der sich verkneift an sein Kind zu denken, weil er es kaum oder garnicht mehr sieht

Das ist Realität in Deutschland und trifft auch auf mich zu.
Deswegen bleibt mein Verhältnis zu meiner Tochter aber dennoch ungebrochen, denn Blut ich schwerer als Wasser.

Es lebe die Gleichberechtigung.

Gruß Roman

AntwortZitat
Geschrieben : 21.09.2006 00:40
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