a) Das Vorhandensein von für den Enkelunterhalt leistungsfähigen Großeltern führt dazu, dass sich die Leistungsfähigkeit der Eltern für den Kindesunterhalt allein nach § 1603 Abs. 1 BGB richtet und damit unter Berücksichtigung des sog. angemessenen Selbstbehalts zu ermitteln ist. Die gesteigerte Unterhaltspflicht des § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB mit der Reduzierung auf den sog. notwendigen Selbstbehalt greift dann nicht ein.
b) Der auf Unterhalt für sein minderjähriges Kind in Anspruch genommene Elternteil trägt die Darlegungs- und Beweislast für seine eigene Leistungsunfähigkeit und damit sowohl dafür, dass bei der begehrten Unterhaltszahlung sein angemessener Selbstbehalt nicht gewahrt wäre, als auch dafür, dass andere leistungsfähige Verwandte im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB vorhanden sind.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2021 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 23. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. Februar 2021 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
A.
Das antragstellende Land macht als Träger der Unterhaltsvorschusskasse Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht für den Zeitraum von Juni 2016 bis einschließlich Dezember 2017 gegen den Antragsgegner geltend.
Der Antragsgegner ist der Vater der im August 2010 geborenen M., die aus seiner inzwischen geschiedenen Ehe mit der Kindesmutter hervorgegangen ist, sowie eines im März 2004 geborenen Sohnes, dem er ebenfalls unterhaltspflichtig ist. Er zahlte an die Kindesmutter monatlichen Unterhalt für M. in Höhe von 100 €. Die Unterhaltsvorschusskasse leistete für die Monate Juni und Juli 2016 Unterhaltsvorschuss für M. in Höhe von jeweils 45 €, für die Monate August bis Dezember 2016 von jeweils 94 € und für das Jahr 2017 von monatlich 101 €; bereits im September 2015 war der Antragsgegner von dem Antrag der Kindesmutter auf Unterhaltsvorschussleistungen in Kenntnis gesetzt und zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufgefordert worden.
Bis zum Ende des Jahres 2016 betrug das monatliche Nettoeinkommen des Antragsgegners 1.440,62 €, im Jahr 2017 dann 1.465,82 €; die monatlichen Fahrtkosten zur Arbeit beliefen sich auf 61,56 €. Die Kindesmutter hatte im gesamten Zeitraum ein monatliches Nettoeinkommen aus einer Teilzeittätigkeit (25 Wochenstunden) von 1.015,99 €. Die Eltern des Antragsgegners (im Folgenden: Großeltern) hatten als Polizeibeamter bzw. Briefzustellerin der Deutschen Post monatliche Nettoeinkünfte von 3.473,09 € bzw. 2.248,87 € bei kurzem Arbeitsweg und keinen Schulden.
Der Antragsteller hat als den 100 € übersteigenden Unterhaltsanspruch von M. für den streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt 758,29 € errechnet und beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen und Mahnkosten zu verpflichten. Der Antragsgegner hat eingewandt, er hafte angesichts der leistungsfähigen Großeltern nur bis zur Höhe des angemessenen Selbstbehalts, so dass er für einen über die erfolgten Unterhaltszahlungen hinausgehenden Unterhaltsanspruch nicht leistungsfähig sei. Das Amtsgericht hat dem Antrag in vollem Umfang entsprochen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung abgeändert und den Antrag abgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er sein Zahlungsbegehren in vollem Umfang weiterverfolgt.
B.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I.
Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2021, 932 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
Der Antragsgegner wäre bei Anwendung des notwendigen Selbstbehalts von seinerzeit 1.080 € im Jahr 2016 monatlich in Höhe von 299,06 € und im Jahr 2017 monatlich in Höhe von 324,26 € leistungsfähig. Unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht für seinen Sohn errechneten sich daher monatliche Unterhaltsansprüche von M. für Juni und Juli 2016 von jeweils 119,42 €, für August bis Dezember 2016 von jeweils 134,21 € und für das Jahr 2017 von jeweils 145,70 €. Gleichwohl sei er über die von ihm erbrachten Unterhaltsleistungen hinaus nicht zur Zahlung von weiterem Kindesunterhalt verpflichtet. Denn er könne gegenüber M. seinen angemessenen Selbstbehalt von seinerzeit 1.300 € verteidigen, indem er auf die Unterhaltspflicht der Großeltern väterlicherseits verweise. Die gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern gelte nicht, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden sei. Dies seien hier die Großeltern, deren Ersatzhaftung nicht erst dann eintrete, wenn die Eltern den notwendigen Selbstbehalt unterschritten. Die Großeltern väterlicherseits könnten auch unter Berücksichtigung eines wie beim Elternunterhalt erhöhten Selbstbehalts von seinerzeit 1.800 € den Kindesunterhalt leisten.
Das habe zwar zum Ergebnis, dass sie indirekt dem eigenen Kind Unterhalt trotz Ende der Unterhaltspflicht gewährten, indem sie es in Höhe der Differenz zwischen notwendigem und angemessenem Selbstbehalt entlasteten. Gleichwohl sei der Gesetzeswortlaut eindeutig, auch wenn im Ergebnis mangels Möglichkeit des Regresses gegen die Großeltern die öffentliche Hand an deren Stelle eintreten müsse. Auf die Frage, ob die Großeltern mütterlicherseits als weitere Verwandte im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB in Betracht kommen würden, komme es nicht an. Denn für den Ausschluss der erweiterten Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners genüge es, wenn er mindestens einen anderen Unterhaltsverpflichteten nachweisen könne. Gleiches gelte für die Frage, ob die Kindesmutter eine weitere leistungsfähige Verwandte wäre, denn der Antragsgegner wolle nicht auf sie verweisen. Erst bei einer Inanspruchnahme der Großeltern selbst wäre zu prüfen, ob die Kindesmutter vorrangig verpflichtet sei. Dies sei im Übrigen auch nicht der Fall, denn sie sei selbst bei Zurechnung eines fiktiven Einkommens nicht leistungsfähig, weil sich bei unterstellter Vollzeittätigkeit ein bereinigtes anrechenbares Nettoeinkommen von monatlich 1.279,22 € ergebe, das jedenfalls unterhalb des angemessenen Selbstbehalts liege.
II.
Die angefochtene Entscheidung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dem Antragsteller steht für den streitgegenständlichen Zeitraum gegen den Antragsgegner kein gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG übergegangener Anspruch auf Kindesunterhalt nach §§ 1601 ff. BGB zu, weil der Antragsgegner jedenfalls nicht über die von ihm erbrachten Unterhaltszahlungen hinaus leistungsfähig im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB war. Eine gesteigerte Unterhaltspflicht gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB bestand nicht, da jedenfalls mit dem Großvater väterlicherseits ein unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB vorhanden ist.
1. Verwandte in gerader Linie sind gemäß § 1601 BGB verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften dabei die näheren vor den entfernteren (§ 1606 Abs. 2 BGB), so dass die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder derjenigen der Großeltern für ihre Enkel vorgeht. Unterhaltspflichtig ist nach § 1603 Abs. 1 BGB nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Der hieraus abgeleitete angemessene Selbstbehalt eines Elternteils gegenüber seinem Kind betrug nach den vom Oberlandesgericht angewandten Unterhaltsleitlinien (dort Ziffer 21.3.1.) für die Jahre 2016 und 2017 monatlich 1.300 €. Allerdings trifft Eltern minderjähriger Kinder gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB diesen gegenüber eine gesteigerte Unterhaltspflicht, weshalb ihnen insoweit nur der notwendige Selbstbehalt zusteht, den die hier angewandten Unterhaltsleitlinien (dort Ziffer 21.2.) für Erwerbstätige im fraglichen Zeitraum mit 1.080 € bemessen haben. Diese gesteigerte Verpflichtung tritt nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB wiederum nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Soweit schließlich ein Verwandter nach § 1603 BGB nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt im Wege der Ersatzhaftung nach § 1607 Abs. 1 BGB zu gewähren.
2. Es ist umstritten, ob das Vorhandensein von für den Enkelunterhalt leistungsfähigen Großeltern dazu führt, dass sich die Leistungsfähigkeit der Eltern für den Kindesunterhalt allein nach § 1603 Abs. 1 BGB richtet, die gesteigerte Unterhaltspflicht des § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB hingegen ausgeschlossen ist.
a) Dies wird von Teilen der Rechtsprechung und Literatur vor allem unter Hinweis auf den Nachrang der Unterhaltspflicht von Großeltern und darauf, dass deren Ersatzhaftung eng begrenzt werden müsse, sowie auf praktische Probleme in der Rechtsdurchsetzung verneint (vgl. OLG Hamm FamRZ 2005, 57 f.; LG Kleve FamRZ 1988, 1085; BeckOK BGB/Reinken [Stand: 1. August 2021] § 1607 Rn. 4; Büte FuR 2005, 433, 434; Duderstadt FamRZ 2018, 489 f.; Johannsen/Henrich/Althammer/Maier Familienrecht 7. Aufl. § 1607 Rn. 4; wohl auch NK-BGB/Reuter/Knatz 4. Aufl. § 1607 Rn. 2).
b) Demgegenüber argumentiert die gegenteilige Auffassung vor allem mit dem Wortlaut des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB, der beim Verwandtenbegriff keine Einschränkungen vorsehe (vgl. OLG München FamRZ 2013, 793, 795; OLG Bamberg OLGR 2007, 520, 521; BeckOGK/Gerlach [Stand: 1. August 2021] BGB § 1607 Rn. 20 ff.; Botur in Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 3. Aufl. § 1603 Rn. 97 ff.; Erman/Hammermann BGB 16. Aufl. § 1607 Rn. 3; Gutdeutsch FamRZ 2018, 5, 7 und FamRZ 2018, 492; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand: 31. August 2021] § 1603 Rn. 1214 f.; MünchKommBGB/Langeheine 8. Aufl. § 1607 Rn. 7; Palandt/von Pückler BGB 80. Aufl. § 1603 Rn. 46; Soyka in Scholz/Kleffmann Praxishandbuch Familienrecht [Stand: September 2020] Teil J Rn. 84 ff.; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1607 Rn. 4, 7 und § 1603 Rn. 383; Volker FuR 2015, 136; Wendl/Dose/Guhling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis* 10. Aufl. § 5 Rn. 4; Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis* 10. Aufl. § 2 Rn. 396; Wendl/Dose/Wönne Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis* 10. Aufl. § 2 Rn. 1035; vgl. auch Senatsurteil vom 8. Juni 2005 XII ZR 75/04 FamRZ 2006, 26, 28).
3. Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend. Sie entspricht nicht nur dem Gesetzeswortlaut, sondern auch dem Willen des Gesetzgebers und der Systematik der Bestimmungen zum Verwandtenunterhalt.
a) Die gesteigerte Unterhaltspflicht des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB für Eltern minderjähriger Kinder tritt nach der sprachlich eindeutigen Maßgabe des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist (vgl. BeckOGK/Gerlach [Stand: 1. August 2021] BGB § 1607 Rn. 20.3; Gutdeutsch FamRZ 2018, 5, 7). Dabei schränkt das Gesetz den Verwandtenbegriff nicht weiter ein, so dass dieser dem in § 1601 BGB verwendeten, nicht nach dem Verwandtschaftsgrad differenzierenden entspricht. Verwandter in diesem Sinne kann daher nicht nur der andere Elternteil selbst wenn er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind durch Betreuung erbringt (vgl. BGHZ 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 41 mwN) sein, sondern auch ein Großelternteil (vgl. Senatsurteile vom 8. Juni 2005 XII ZR 75/04 FamRZ 2006, 26, 28 und vom 31. März 1982 IVb ZR 667/80 FamRZ 1982, 590, 591).
Die Unterhaltspflicht der gegenüber den Eltern gemäß § 1606 Abs. 2 BGB nachrangig haftenden Großeltern tritt als Ersatzhaftung im Sinne des § 1607 Abs. 1 BGB dann ein, wenn die vorrangig haftenden Eltern auf Grund des § 1603 BGB und damit mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig sind. Das Gesetz verweist dabei in vollem Umfang auf § 1603 BGB, so dass hiervon auch dessen Bestimmungen zur Subsidiarität der gesteigerten Unterhaltspflicht in Absatz 2 Satz 3 umfasst sind. Nach dem Gesetzeswortlaut soll das Vorhandensein eines im Rang nach den Kindeseltern Unterhaltspflichtigen mithin dazu führen, dass die verschärfte Elternhaftung für den Kindesunterhalt suspendiert ist.
b) Dieser Wortlaut gibt auch den gesetzgeberischen Willen wider.
Bereits seit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches ist die Leistungsfähigkeit für den Verwandtenunterhalt in § 1603 Abs. 1 BGB geregelt. Unterhaltspflichtig war danach nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande war, ohne Gefährdung seines standesgemäßen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Von Anfang an sah das Gesetz eine gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern in § 1603 Abs. 2 BGB vor, die jedoch nicht eintrat, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden war (vgl. RGBl. 1896 S. 195, 470).
Ausweislich der Gesetzesmaterialien ging schon der historische Gesetzgeber davon aus, dass das Recht und die Pflicht der Selbsterhaltung der Pflicht, andere zu unterhalten, vorgeht, weshalb die Unterhaltspflicht nur eintreten solle, wenn und soweit derjenige, gegen welchen der Unterhaltsanspruch geltend gemacht wird, fähig sei, den Unterhalt zu gewähren. Er sei zwar auch verpflichtet, seine Kräfte dementsprechend anzuspannen. Andererseits könne es aber vorbehaltlich der gesteigerten Unterhaltspflicht nicht als Anforderung der sittlichen Pflicht angesehen werden, dass ein Verwandter, um einen anderen Verwandten unterstützen zu können, sich so einschränken müsse, dass er selbst nicht mehr seinem Stand entsprechend leben könne. Von dieser Regel sei zwar zugunsten minderjähriger unverheirateter Kinder gegenüber ihren Eltern eine Ausnahme zu machen. Diese Erweiterung der Unterhaltspflicht sei wegen der für die Eltern damit verbundenen Härte jedoch nicht gerechtfertigt, so lange ein anderer zur Gewährung des Unterhalts verpflichteter Verwandter vorhanden sei. Die Gefahr, dass in Folge dieser Subsidiarität der besonderen Unterhaltspflicht der Eltern diese, statt sich selbst einzuschränken, möglichst bestrebt sein würden, die Unterhaltspflicht von sich auf andere Verwandte, insbesondere die Großeltern, abzuwälzen, sah der Gesetzgeber als fernliegend an. Es verstehe sich von selbst, dass die Eltern sich zunächst soweit einzuschränken hätten, als dies mit ihrer Lebensstellung vereinbar sei (vgl. Motive IV S. 685 f., zitiert nach Mugdan Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bd. IV S. 363 ff.; Protokolle I S. 7542 f., 7546 f., zitiert nach Jakobs/Schubert Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Familienrecht II S. 251, 253).
Mithin liegt § 1603 Abs. 2 BGB die gesetzgeberische Konzeption zugrunde, dass die gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern als von der allgemein für die Leistungsfähigkeit im Verwandtenunterhalt geltenden Regel des § 1603 Abs. 1 BGB abweichende Sonderregel ihrerseits subsidiär zur Haftung auch weiter entfernter auch damals schon gemäß § 1606 Abs. 2 BGB nachrangiger (vgl. RGBl. 1896 S. 195, 470) Verwandter wie der Großeltern sein sollte. Die mit der gesteigerten Verpflichtung zum Unterhalt einhergehende Härte sah der Gesetzgeber dann nicht als gerechtfertigt an, wenn anderen Verwandten die Unterhaltsgewährung ohne eine solche Härte möglich war. Dementsprechend hat bereits das Reichsgericht Großeltern und andere Verwandte der aufsteigenden Linie als Verwandte angesehen, deren Unterhaltspflicht die verschärfte Elternhaftung suspendiert (vgl. RGZ 57, 69, 74). An dieser gesetzgeberischen Konzeption des Verwandtenunterhalts hat sich bis heute nichts geändert.
c) Die Verneinung einer gesteigerten Unterhaltspflicht der Eltern bei Vorhandensein leistungsfähiger Großeltern steht im Einklang mit der Systematik der §§ 1601 ff. BGB, die den Verwandtenunterhalt regeln.
aa) Die Bestimmung des § 1603 Abs. 1 BGB stellt die für den gesamten Verwandtenunterhalt geltende Regel auf, wonach leistungsfähig nur ist, wer seinen angemessenen Unterhalt verteidigen kann. Mit Blick auf die besondere Verantwortung für ihre minderjährigen und privilegiert volljährigen Kinder verlangt § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB den Eltern zwar erhöhte Anstrengungen ab, schränkt diese Regelerweiterung aber auf die Fälle ein, in denen bei Anlegung des von § 1603 Abs. 1 BGB vorgegebenen Maßstabs allein die Eltern, jedoch kein anderer Verwandter im Sinne des § 1601 BGB zur Unterhaltsgewährung in der Lage ist (vgl. Gutdeutsch FamRZ 2018, 5, 7). Dies fügt sich in die Konstruktion des Verwandtenunterhalts als Ausdruck der generationenübergreifenden Solidarität ein.
Werden daher Großeltern für den Unterhalt ihrer Enkel herangezogen, stellt dies keine verdeckte Unterhaltsgewährung an die Kindeseltern dar, denen die Differenz zwischen angemessenem und notwendigem Selbstbehalt verbleibt. Vielmehr handelt es sich bei § 1607 Abs. 1 BGB um eine originäre Haftung der Großeltern auf Unterhalt gegenüber ihren Enkelkindern. Die Kindeseltern müssen demgegenüber ihren eigenen angemessenen Unterhalt selbst sicherstellen; erspart werden ihnen nur über diese allgemein gültige Grenze hinausgehende finanzielle Einschränkungen, die der Gesetzgeber als lediglich ausnahmsweise hinzunehmende Härte angesehen hat. Mithin zielt die Subsidiaritätsregel des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB auch nicht auf eine Entlastung der Kindeseltern (so aber Gutdeutsch FamRZ 2018, 5, 7), sondern dient der Beschränkung der mit der gesteigerten Unterhaltspflicht einhergehenden besonderen Belastung auf diejenigen Fälle, in denen anderenfalls mit Blick auf alle Verwandten der aufsteigenden Linie der Unterhaltsanspruch des Kindes ungedeckt bliebe. Würde man dies anders sehen, verbliebe als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB im Übrigen nur noch der andere Elternteil (vgl. auch Gutdeutsch FamRZ 2018, 5, 7; MünchKommBGB/Langeheine 8. Aufl. § 1607 Rn. 7). Ein so eingeschränkter Anwendungsbereich der Vorschrift ist ersichtlich nicht der Sinn des Gesetzes.
bb) Dieses Gesetzesverständnis widerspricht auch nicht den grundlegenden Wertentscheidungen, die der Gesetzgeber mit der Festlegung der Rangverhältnisse unter mehreren Pflichtigen in § 1606 BGB getroffen hat (so aber OLG Hamm FamRZ 2005, 57, 58; Duderstadt FamRZ 2018, 489, 490). Denn das gesetzliche Rangverhältnis wird nicht in Frage gestellt (vgl. BeckOGK/Gerlach [Stand: 1. August 2021] BGB § 1607 Rn. 20.3; aA Duderstadt FamRZ 2018, 489, 491); vielmehr bleibt es bei der vorrangigen Haftung der Eltern, wenn auch nur im Rahmen des jeweils angemessenen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen (vgl. MünchKommBGB/Langeheine 8. Aufl. § 1607 Rn. 7). Dass dieser Vorrang nicht auch die gesteigerte Unterhaltspflicht des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB umfasst, beruht wiederum auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung.
cc) Auch mit dieser Maßgabe ist zudem gewährleistet, dass die Ersatzhaftung der Großeltern nach § 1607 Abs. 1 BGB die Ausnahme darstellt. Dafür sorgt nicht nur die Anordnung des Vorrangs der elterlichen Unterhaltspflicht. Wie das Oberlandesgericht dem Grundsatz nach zutreffend erkannt hat, ist dies auch dadurch sichergestellt, dass den Großeltern gegenüber ihren Enkeln ein deutlich höherer angemessener Selbstbehalt im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB zusteht als den Eltern gegenüber ihren Kindern.
Nach der Rechtsprechung des Senats, die auch die Auswirkungen des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB in den Blick nimmt, können Großeltern gegenüber ihren Enkeln als angemessenen Selbstbehalt den Betrag verteidigen, der auch erwachsenen Kindern gegenüber Eltern zugebilligt wird. Denn eine Inanspruchnahme wird in der Regel erst stattfinden, wenn der Unterhaltsverpflichtete sich selbst bereits in einem höheren Lebensalter befindet, seine Lebensverhältnisse demzufolge bereits längerfristig seinem Einkommensniveau angepasst hat, Vorsorge für sein eigenes Alter treffen möchte oder sogar bereits Rente bezieht und sich dann einer Unterhaltsforderung ausgesetzt sieht, für die nach der natürlichen Generationenfolge die Eltern aufzukommen haben und für die er deshalb nur nachrangig haftet (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2006 XII ZR 137/04 FamRZ 2007, 375, 376; vom 3. Mai 2006 XII ZR 35/04 FamRZ 2006, 1099 f. und vom 8. Juni 2005 XII ZR 75/04 FamRZ 2006, 26, 28).
d) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, führen die Bestimmungen zum sozialrechtlichen Regress nicht zu einer abweichenden Gesetzesauslegung. Zwar ist zutreffend, dass weder nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG noch nach § 94 Abs. 1 SGB XII ein Übergang der gegen Großeltern gerichteten Unterhaltsansprüche stattfindet. Soweit eine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung der Kindeseltern wegen eines gegen Großeltern bestehenden Unterhaltsanspruchs des Kindes ausscheidet, ist daher der öffentlichen Hand nach aktueller Gesetzeslage ein Rückgriff versagt.
Der Umfang dieser sozialrechtlichen Rückgriffsmöglichkeiten kann jedoch nicht dafür maßgeblich sein, welchen Umfang die zivilrechtliche Unterhaltspflicht hat. Denn der Regress knüpft an das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs an, was umgekehrt nicht der Fall ist. Dies gilt umso mehr, als auch hinsichtlich des eingeschränkten Rückgriffs eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung vorliegt. Ursprünglich konnten nämlich auch die Großeltern von den Sozialhilfebehörden aus übergegangenen Unterhaltsansprüchen in Anspruch genommen werden (vgl. etwa jurisPKSGB XII/Armbruster [Stand: 11. Februar 2020] § 94 Rn. 11). Erst mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes vom 25. März 1974 (BGBl. I S. 777) wurde § 91 BSHG geändert und der Rückgriff auf Verwandte zweiten (und weiteren) Grades ausgeschlossen. Nach Auffassung des Gesetzgebers entsprach die Inanspruchnahme auch entfernter Verwandter nicht mehr den gewandelten gesellschaftlichen Anschauungen. Persönliche Bindungen seien vielfach so weit gelockert, dass kein Verständnis für die Heranziehung zum Ausgleich gewährter Sozialleistungen mehr vorhanden sei. Dieser Entwicklung solle Rechnung getragen werden, ohne dass dadurch einer Neuordnung des bürgerlichen Unterhaltsrechts vorgegriffen werde (vgl. BT-Drucks. 7/308 S. 19). An diese Regelungen lehnte sich nicht nur das Unterhaltsvorschussgesetz an (vgl. BT-Drucks. 8/1952 S. 4, 7), sondern sie wurden auch im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch insoweit unverändert übernommen (vgl. BT-Drucks. 15/1514 S. 26, 66). Mithin entließ der Gesetzgeber aufgrund einer politischen Entscheidung die Großeltern aus der sozialrechtlichen Haftung für ihre Enkel in dem Wissen, dass dies einen Widerspruch zu den zivilrechtlichen Unterhaltsbestimmungen bedeutet.
e) Schließlich geben auch Praktikabilitätserwägungen keine Veranlassung zu einer abweichenden Gesetzesauslegung (aA Duderstadt FamRZ 2018, 489, 490).
aa) Der Senat verkennt dabei nicht den aus dem dargelegten Verständnis von § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB unter Umständen folgenden Aufwand, um die Erfolgsaussichten der Inanspruchnahme eines Elternteils auf Kindesunterhalt einzuschätzen (vgl. Duderstadt FamRZ 2018, 489, 490 f.). Denn es kann im Einzelfall notwendig werden, die Leistungsfähigkeit der Großeltern im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB zu klären. Allerdings ist dieses Erfordernis zum einen von vorneherein auf die Fälle beschränkt, in denen der Mindestunterhalt unter Zugrundelegung einer gesteigerten Unterhaltspflicht des Elternteils nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB geltend gemacht werden soll und der andere Elternteil nicht als nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB unterhaltspflichtiger Verwandter anzusehen ist. Zum anderen wird es angesichts des vergleichsweise hohen angemessenen Selbstbehalts der Großeltern zuallermeist insoweit keiner intensiveren Nachforschungen etwa in Form von gerichtlichen Auskunftsbegehren bedürfen. Mithin relativieren sich die Auswirkungen auf die Praxis (aA Duderstadt FamRZ 2018, 489, 490).
bb) Hinzu kommt, dass in derartigen Fällen der auf Unterhalt in Anspruch genommene Elternteil nicht nur die Darlegungs- und Beweislast für seine eigene Leistungsunfähigkeit und damit dafür trägt, dass bei Unterhaltszahlung sein angemessener Selbstbehalt nicht gewahrt wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Mai 2019 XII ZB 613/16 FamRZ 2019, 1415 Rn. 19 mwN), sondern auch dafür, dass andere leistungsfähige Verwandte im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB vorhanden sind (vgl. BeckOGK/Gerlach [Stand: 1. Februar 2021] BGB § 1607 Rn. 20.3; Luthin FamRB 2005, 19, 21; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand: 13. April 2021] Rn. 1224 f.; Pauling/Maier in Schulz/Hauß Familienrecht 3. Aufl. § 1603 Rn. 78; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis* 10. Aufl. § 6 Rn. 731).
(1) Dies ist allerdings nicht unumstritten. Teilweise wird auch angenommen, die Darlegung und der Beweis der Leistungsunfähigkeit der anderen Verwandten sei Sache des Unterhaltsberechtigten (vgl. etwa Dehmer in Baumgärtel/Laumen/Prütting Handbuch der Beweislast 4. Aufl. § 1603 Rn. 21; Eschenbruch/Schürmann/Menne/Maaß Der Unterhaltsprozess 7. Aufl. Kap. 2 Rn. 313; Johannsen/Henrich/Althammer/Maier Familienrecht 7. Aufl. § 1603 Rn. 34; RGRK/Mutschler 12. Aufl. § 1603 Rn. 24; NK-BGB/Saathoff/Knatz 4. Aufl. § 1603 Rn. 31; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1603 Rn. 393; van Els in Göppinger/Wax Unterhaltsrecht 9. Aufl. Rn. 1931; vgl. auch RGZ 57, 69, 76), wobei mitunter wiederum eine abweichende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für den betreuenden Elternteil als anderen Verwandten befürwortet wird (vgl. etwa Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1603 Rn. 393). Andere sind der Meinung, dass der Elternteil für das Vorhandensein und die Leistungsfähigkeit von Großeltern darlegungspflichtig sei, die Beweislast für die Leistungsunfähigkeit der Großeltern aber das Kind treffe (vgl. BeckOK BGB/Reinken [Stand: 1. August 2021] § 1603 Rn. 111; MünchKommBGB/Langeheine 8. Aufl. § 1603 Rn. 209; Empfehlungen des 5. Familiengerichtstags FamRZ 1983, 1199, 1201).
(2) Jedenfalls soweit es um Großeltern als andere Verwandte im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB geht, hat der auf Kindesunterhalt in Anspruch genommene Elternteil nach zutreffender Auffassung deren Leistungsfähigkeit darzulegen und zu beweisen, um seine verschärfte Haftung und damit die Anwendung des notwendigen Selbstbehalts abzuwenden. Soweit der Senat in seiner früheren Rechtsprechung vom Gegenteil ausgegangen ist (vgl. Senatsurteile vom 31. März 1982 IVb ZR 667/80 FamRZ 1982, 590, 591 und vom 28. März 1984 IVb ZR 53/82 NJW 1984, 1614), hält er daran nicht fest.
Grundsätzlich hat das Unterhalt fordernde Kind diejenigen Umstände vorzutragen und zu beweisen, die seinen Unterhaltsbedarf und seine Bedürftigkeit betreffen, wohingegen der Unterhaltspflichtige die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit hat (vgl. etwa Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis* 10. Aufl. § 6 Rn. 700 ff. mwN). Welcher Selbstbehalt hierbei zugrunde zu legen ist, ist eine originäre Frage der Leistungsfähigkeit. Bereits dies weist deutlich dahin, die hierfür maßgebenden Umstände der Darlegungs und Beweislast des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen. Dem steht nicht entgegen, dass § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB lediglich von „unterhaltspflichtigen“, nicht aber von „leistungsfähigen“ Verwandten spricht. Denn die Leistungsfähigkeit des anderen Verwandten im konkreten Einzelfall ist selbstverständliche Voraussetzung der angeordneten Subsidiarität einer gesteigerten Unterhaltspflicht.
Zudem ordnet § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB die gesteigerte Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern als von der Grundregel des § 1603 Abs. 1 BGB abweichende spezielle Regel an, um der besonderen familienrechtlichen Verantwortung von Eltern gegenüber ihren Kindern Rechnung zu tragen (vgl. schon BGH Urteil vom 23. Januar 1980 IV ZR 2/78 FamRZ 1980, 555, 556), und beschreibt auf diese Weise den insoweit bestehenden grundsätzlichen Umfang der unterhaltsrechtlichen Elternverpflichtung. Durch § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB wird hiervon eine Ausnahme angeordnet, auf die sich der Elternteil berufen muss und die eine für ihn günstige Verschiebung seines Selbstbehalts bewirkt. Mithin entspricht es der allgemeinen Systematik des Beweisrechts, den Elternteil als für das Vorliegen der zu dieser Ausnahme führenden Tatsachen beweisbelastet anzusehen. Im Übrigen erscheint dies auch deshalb als sachgerecht, weil der Elternteil mit der Berufung auf § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB geltend macht, seine Unterhaltspflicht sei wegen des Eintritts eines eigentlich nachrangigen Verwandten suspendiert. Darin liegt der Einwand, trotz primärer Leistungsverpflichtung und damit in Abweichung von §§ 1601, 1606 Abs. 2 BGB mangels Leistungsfähigkeit nicht zum Unterhalt verpflichtet zu sein, was die Auferlegung der Darlegungs- und Beweislast rechtfertigt (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 1981 IVb ZR 573/80 FamRZ 1981, 347, 348; jurisPK-BGB/Viefhues [Stand: 31. August 2021] § 1603 Rn. 1224).
4. Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßgaben hat das Oberlandesgericht einen auf den Antragsteller übergegangenen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner zu Recht verneint.
Es ist zum einen rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht unter Berücksichtigung des angemessenen Selbstbehalts im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB in Höhe von seinerzeit 1.300 € und der weiteren Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners für seinen ebenfalls noch minderjährigen Sohn für den gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom Fehlen der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners für Unterhaltszahlungen an M., die den monatlich geleisteten Unterhalt in Höhe von 100 € übersteigen, ausgeht. Dies zieht die Rechtsbeschwerde auch nicht in Zweifel.
Zum anderen ist das Oberlandesgericht aber auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass den Antragsgegner keine gesteigerte Unterhaltspflicht im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB trifft. Jedenfalls der Großvater väterlicherseits ist bei einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von fast 3.500 € in vollem Umfang leistungsfähig für den vom Antragsteller geltend gemachten Kindesunterhalt. Das gilt ohne weiteres auch dann, wenn man nicht wie das Oberlandesgericht als angemessenen Selbstbehalt des Großvaters lediglich 1.800 € ansetzt (vgl. Ziffer 21.3.2. der Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts), sondern der Senatsrechtsprechung entsprechend (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2006 XII ZR 137/04 FamRZ 2007, 375, 376; vom 3. Mai 2006 XII ZR 35/04 FamRZ 2006, 1099 f. und vom 8. Juni 2005 XII ZR 75/04 FamRZ 2006, 26, 28) diesem Selbstbehalt auch die Hälfte des 1.800 € übersteigenden Betrags, mithin hier [(3.473 € – 1.800 €) : 2 = rund] 837 €, hinzurechnet.
Ob auch die Kindesmutter (teilweise) leistungsfähig für den Kindesunterhalt ist was das Oberlandesgericht verneint hat und wogegen die Rechtsbeschwerde sich nicht wendet , kann ebenso dahinstehen wie die Leistungsfähigkeit der weiteren Großeltern. Für das Eingreifen des § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB ist die Feststellung ausreichend, dass ein anderer Verwandter vorhanden ist, der für die Zahlung des ungedeckten Kindesunterhalts leistungsfähig ist. Inwieweit weitere leistungsfähige Verwandte zur Verfügung stehen, erlangt erst bei tatsächlicher Inanspruchnahme des anderen Verwandten gemäß § 1606 Abs. 2 und 3 Satz 1 BGB Bedeutung.
Keiner weiteren Erörterung bedarf schließlich, dass das Oberlandesgericht für die Monate Juni und Juli 2016 offensichtlich von einem Bedarfsbetrag für M. ausgeht, der geringfügig unter dem in den angewandten Unterhaltsleitlinien enthaltenen liegt.
BGH, Beschluss vom 27.10.2021
XII ZB 123/21
AG Leipzig, Entscheidung vom 27.05.2020
340 F 3031/19
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.02.2021
23 UF 474/20