Hallo zusammen,
langsam bereite ich mich darauf vor das meine unterhaltspflichtige Tochter
volljährig wird. Ist zwar erst 2019, aber besser vorher informieren und die
offenen Fragenk klären, als zu spät. Daher hoffe ich auf Eure Hilfe um meine
Fragen zu beantworten. Danke dafür schon einmal.
Wie gesagt meine Tochter wird 2019 volljährig (Geburtsjahr 2001).
Ich habe 2003 beim Jugendamt die "Urkunde über die Festsetzung eines Unterhaltstitel"
unterschrieben (107% des Regelbetrages). Zu diesem Zeitpunkt war mir nicht klar das man diesen begrenzen kann, durch
meinen damaligen Rechtsbeistand wurde dies leider auch nie erwähnt. Somit besteht keine Altersgrenze.
2008 habe ich eine "Urkunde über die Änderung einer Unterhaltsverpflichtung" unterschreiben müssen (115% des Regelbetrages),
hier ist ebenfalls keine Begrenzung enthalten. Es handelt sich wohl um einen dynamischen Titel, denn die Änderungen
der Düsseldorfer Tabelle kommen auch bei mir an und ich zahle dann entsprechend den neuen Satz.
Nun meine Frage(n) zu dem Titel:
1. Was bzw welche Bedeutung hat der Titel ?
So wie ich das erlesen habe geht es hier um die Pfändbarkeit, wenn der Unterhalt nicht bezahlt wird. Richtig ?
Ich habe seit Geburt auf den Tag genau alle Unterhaltszahlungen termingerecht vorgenommen, keine einzige Zahlung
wurde verspätet angewiesen.
2. Welcher Vorteil besteht für mich wenn mit Volljährigkeit der Titel herausgegeben wird,
bzw Vollstreckungverzichts-Erklärung und die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung an mich
übergeben wird ?
Ich lese hier halt sehr oft das gefragt wird ob der Titel befristet ist und wenn nicht
das die Herausgabe angestrebt werden soll.
Ist hiermit lediglich die Pfändbarkeit gemeint, oder hätte die Herausgabe noch andere "Vorteile/Auswirkungen",
wenn ja welche ?
3. Kann der Titel schon vor der Volljährigkeit herausgegeben/abgeändert werden bzw die Verzeichtserklärung aufgesetzt
werden, oder darf das nur mit Eintritt der Volljährigkeit umgesetzt werden ?
Ich frage deshalb weil die KM etwas von mir möchte und ich dadurch im Gegenzug den Titel von Ihr "einfordern" würde.
5. Die KM ist Arbeitslos und wird in diesem Leben vermutlich auch nicht mehr arbeiten. Wie verhält sich nach der Volljährigkeit
denn die Situation wenn sie ebenfalls Unterhaltspflichtig wird aber aufgrund von Sozialleistungen (Arbeitslos) nicht in der Lage ist.
Muss ich dann den vollen Satz bezahlen oder lediglich die Hälfte ?
Muss die KM, um den Unterhaltsanteil aufzubringen, dann ebenfalls wie es bei den Vätern gefordert wird alles daran setzen
den Unterhalt zu bezahlen (Minijob / 1 Euro Job) etc oder hat ein Sozialempfänger dann "Sonderrechte" ?
6. Wenn der Titel wirklich abgeändert wird, wird dann zusätzlich eine komplette Neuberechnung stattfinden ?
Sonstiges:
Meine Tochter wird wohl voraussichtlich nach der Volljährigkeit weiter zu Hause wohnen und zur Schule gehen,
falls dies zur Beantwortung der Fragen hilfreich ist. Kontakt besteht aktuell nicht mehr.
Vielen vielen Dank für Eure Hilfe. Ich hoffe das jemand ein wenig Zeit opfert und meine offenen Fragen
beantworten kann. Danke schön.
Hallo,
der Titel dient der sofortigen Vollstreckung der titulierten Forderung und zu nichts anderem. Ein Unterhaltsanspruch der Tochter besteht bis zum Ende der ersten beruflichen Ausbildung.
Mit der Herausgabe bzw. einem (teilweisen) Vollstreckungsverzicht schützt Du Dich vor unberechtigten Pfändungen.
Prinzipiell kann der Titel jederzeit herausgeben werden. Der Unterhaltsanspruch erlischt damit nicht.
Mit Volljährigkeit der Tochter ändert sich vieles.
Ansprechpartner ist Deine Tochter alleine und auch nur noch sie kann aus dem bestehenden Titel vollstrecken und nicht mehr die KM. Außerdem muss Deine Tochter ihre Bedürftigkeit nachweisen (z.B. Schulbescheinigung) und ein Konto angeben auf das der Unterhalt gezahlt werden soll.
Das Kindergeld wird voll (und nicht nur zur Hälfte) auf den Unterhaltsanspruch angerechnet.
Beide Eltern sind barunterhaltspflichtig und der Unterhalt errechnet sich aus dem gemeinsamen Einkommen der Eltern. Dazu müsste das Kind von beiden Eltern die Unterlagen zu den EInkommensverhältnissen anfordern und dem jeweils anderen zur Kontrolle der Rechnung aushändigen.
Außerdem muss keiner mehr zahlen als er alleine zu zahlen hätte.
Bei privilegierten Volljährigen darf das JA beraten, manche übernehmen auch die Anforderung der Unterlagen, sie dürfen auch für das Kind rechnen. Das JA kann den Unterhalt aber nicht selbst einfordern, dass muss das Kind alleine machen.
Außerdem unterscheidet man zwischen privilegierten volljährigen Kindern (Kind unter 21, unverheiratet, wohnt noch zu Hause und befindet sich noch in der allgemeinen Schulausbildung) und nicht mehr privilegierten volljährigen Kindern.
Bei privilegierten Kindern gelten ansonsten die gleichen Regeln (Privilegien) wie bei minderjährigen Kindern. Bei nicht mehr privilegierten Kindern gibt es keine gesteigerte Erwerbsobliegenheit mehr und Dein Selbstbehalt steigt auf 1300 Euro.
Wenn die KM leistungsunfähig ist (bei H4 ist sie das) und Du leistungsfähig (war bisher der Fall), dann wird niemand die KM zu einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit zwingen, weil es einen zahlungsfähigen Elternteil gibt.
Zwar steigt mit dem 18. Geburtstag der Unterhaltsanspruch, da aber das volle KG abgezogen sollte für Dich der Zahlbetrag niedriger sein als jetzt.
Du solltest versuchen den Titel zu bekommen, da Du vermutlich weniger zahlen musst. Sezte Dich mit Deiner Tochter zusammen und mache ihr klar, was ihre Verantwortlichkeiten als junge Erwachsene sind und wie ihr den Unterhalt regeln wollt.
Sollte Sie ein Studium aufnehmen, dann ist Bafög vorrangig zu beantragen, sollte sie eine Lehre machen, dann werden 100 Euro nicht angerechnet und der Rest als Einkommen auf den Unterhaltsbedarf angerechnet. Sollte sie nicht mehr zu Hause wohnen, dann ist ihr Unterhaltsanspruch 735 Euro (abzüglich eigenem Einkommen).
VG susi
Hallo Susi,
vielen lieben Dank für die schnell und umfangreiche Antwort, lieb von Dir.
Einige Deiner Antworten habe ich hier aus Forum schon erlesen und herausgefunden, aber
super das Du mit nochmal einen Gesamtüberblick verschaffst, was die Volljährigkeit betrifft.
Wenn die KM leistungsunfähig ist (bei H4 ist sie das) und Du leistungsfähig (war bisher der Fall), dann wird niemand die KM zu einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit zwingen, weil es einen zahlungsfähigen Elternteil gibt.
Zwar steigt mit dem 18. Geburtstag der Unterhaltsanspruch, da aber das volle KG abgezogen sollte für Dich der Zahlbetrag niedriger sein als jetzt.
Das heißt also mit H4 ist die KM leistungsfähig ? Hört sich ja erstmal gut an.
Wie der Unterhalt dann berechnet wird, ist wohl klar. Das Einkommen beider wird zusammengerechnet.
Aber wie ist dann die Verteilung ? 50/50 wird wohl nicht gehen, da ich durch meine volle Erwerbstätigkeit ein viel höheres
Einkommen habe als die KM.
Genau aus diesem Grund hatte ich ja gefragt ob man die KM dazu "auffordern" kann
einen Job zu suchen um gleichberechtigt den UNterhalt aufgringen zu können. Ich mach das ja auch, dann kann man das der
KM auch zumuten, meiner Auffassung nach.
Da dies aber wohl nicht so ist und es ja einen einen Zahlungsfähigen Elternteil gibt, vermute ich das ich wohl den größten Teil
davon zahlen darf, oder ? Natürlich unter berücksichtigung aller Abzüge, die Du genannt hast.
Der Titel dient der sofortigen Vollstreckung der titulierten Forderung und zu nichts anderem. Ein Unterhaltsanspruch der Tochter besteht bis zum Ende der ersten beruflichen Ausbildung.
Mit der Herausgabe bzw. einem (teilweisen) Vollstreckungsverzicht schützt Du Dich vor unberechtigten Pfändungen.
Prinzipiell kann der Titel jederzeit herausgeben werden. Der Unterhaltsanspruch erlischt damit nicht.Du solltest versuchen den Titel zu bekommen, da Du vermutlich weniger zahlen musst. Sezte Dich mit Deiner Tochter zusammen und mache ihr klar, was ihre Verantwortlichkeiten als junge Erwachsene sind und wie ihr den Unterhalt regeln wollt.
Wenn ich den Titel (Das Schriftstück) und den Vollstreckungsverzicht unterschrieben bekommen würde, heißt das aber nicht das
danach sofort eine Neuberechnung stattfindet oder ? Die neue Berechnung wird dann mit Volljährigkeit erneuert, da die Voraussetzungen
ja andere sind, als jetzt. Richtig ?
Wie läuft denn sowas dann genau ab, denn das Jugendamt ist ja dann nicht mehr dafür zuständig ?
Ich lege meine Einkünfte offen, ebenso die KM und es wird nach der DDT unter Berücksichtigung aller Abzüge
der Unterhaltsanspruch errechnet ? Dieser Betrag wird dann entsprechend aufgeteilt auf mich und der KM ?
(Hier kommt erneut die Frage wie die Aufteilung funktioniert, wenn die KM H4 erhält)
Dies ist dann eine "mündliche Absprache" ohne das dieser Unterhalt dokumentiert wird oder wie wird das gehändelt ?!
Vielen Dank für die Antworten
LG
Hallo @Loewenpower,
Nur mal auf die Schnelle (und bevor die Diskussion in die falsche Richtung läuft):
@Susi hat geschrieben, dass die KM wegen Hartz4 -Bezug Nicht Leistungsfähig (=leistungsunfähig) ist...
Gruß Kakadu59
"Die Lüge fliegt, und die Wahrheit hinkt hinterher; so ist es dann, wenn die Menschen die Täuschung erkennen, schon zu spät - der Hieb hat gesessen und die Lüge ihre Wirkung getan." - Jonathan Swift (1667- 1745)
Ups, ich habe anstatt "leistungsunfähig", "leistungsfähig" gelesen (war wohl Wunsch des Gedanken) .. Danke für den Hinweis.
Leider kann ich meinen Post nicht mehr anpassen 🙁
Hallo,
Titel und Unterhaltsanspruch exisiteren unabhängig voneinander. Wird der Titel herausgegeben/Vollstreckungsverzicht gegeben, dann besteht der Unterhaltsanspruch nach wie vor.
Es gibt keine offizielle Stelle, die den Unterhalt berechnet, außer dem Gericht. Die Grundlage für die Berechnung bilden die <a href="https://www.famrz.de/arbeitshilfen/unterhaltsleitlinien.html>Unterhaltsleitlinien" der OLG</a> und die <a href="https://www.famrz.de/files/Media/dokumente/duesseldorfer_tabelle/duesseldorfer-tabelle-1-1-2018.pdf>Düsseldorfer" Tabelle</a>.
Prinzipiell haben sich die Eltern oder die Eltern und das Kind gemäß der gesetzlichen Regelungen auf Unterhalt zu einigen. Im Fall einer Beistandschaft vertritt das JA das Kind und berechnet den aus seiner Sicht zutreffenden Unterhaltsanspruch und setzt ihn durch, wobei hier jedem der Rechtsweg offen steht, wenn er mit der Rechnung nicht einverstanden ist.
Für den Unterhalt bei Volljährigkeit gilt, dass das Kind den Anspruch berechnen soll und die Eltern entsprechend zu zahlen haben. Dabei kann das JA das Kind beraten. Prinzipiell kann das Kind, kannst aber auch Du, rechnen und ihr müsst euch dann am Ende einigen oder das Gericht einschalten.
VG Susi