Hallo in die Runde,
beim durchstöbern der vergangenen Threads zum Thema "Betreuender Elternteil (BET)verdient wesentlich mehr als Umgangselternteil (UET)" ist mir doch nochmal eine Frage zum Unterhaltsvorschuss hochgekommen, der ja anscheinend nirgends an das Einkommen des BET gekoppelt ist:
Angenommen der BET eines minderjährigen Kindes verdient monatlich 100.000,00 EUR bereinigt netto, während der UET unter Selbstbehalt liegt und damit keinen Unterhalt zahlen muss ... (ok, ist jetzt um es deutlich zu machen etwas überspitzt).
Kann der BET dann trotzdem Unterhaltsvorschuss vom JA erhalten, da er ja vom UET nicht den Mindestbedarf bezahlt bekommt? ... und er muss den auch überhaupt nicht zurückzahlen?
Das hört sich irgendwie schräg an.
Ja, die Einkünfte des Antragstellers werden nicht geprüft. Das UhVorschG sieht keine Auskunftspflicht über das Einkommen des betreuenden Elternteils vor.
Daher fährt der Antragsteller im Falle, dass er über ein hohes Einkommen verfügt besser, wenn er den Unterhaltsvorschuss beantragt und das Amt machen lässt, als den Unterhaltspflichtigen zu verklagen und ggf. wegen des dreifachen Einkommens unterliegt.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
@lausebackesmama : Danke für die Bestätigung.
Aber da ist doch etwas gewaltig unlogisch im Unterhaltsrecht, wenn selbst ein Spitzenverdiener noch eine Unterhalts-Alimentierung vom Staat erhalten kann, die er gar nicht benötigt.
Oder gibt es irgendeinen Mechanismus, der dieses Geld jemals später von ihm zurückfordert?
Moin,
ja, der gesunde Menschenverstand kommt damit nicht klar. Allerdings: KU ist aufgeteilt in Betreuungsunterhalt und Barunterhalt. Und es ist eine Leistung für das Kind. Das, gepaart mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz, schließt den logischen Kreis.
DeepThought
Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!
Ich sehe das auch als unlogisch, aber nachvollziehbar in der Entstehung. Die Übernahme des Barunterhalts bei dem 3-fachen Einkommen kommt aus der Rechtsprechung, also von Menschen, die versuchen eine ausgewogene Lösung zu finden (zumindest oft). Das UVG kommt aus der Politik, da geht es insb. in der Familienpolitik schon lange nicht mehr um Interessenausgleich, sondern Alleinerziehende werden gepusht.
Daher fährt der Antragsteller im Falle, dass er über ein hohes Einkommen verfügt besser, wenn er den Unterhaltsvorschuss beantragt und das Amt machen lässt, als den Unterhaltspflichtigen zu verklagen und ggf. wegen des dreifachen Einkommens unterliegt.
Interessante Frage - und Antwort. Verstehe ich das richtig?
Das bedeutet, dass der Antragsteller, so er das Jugendamt vorschickt, dort seine Einkünfte gar nicht erst angeben braucht?
Es genügt, zu beantragen, und das Jugendamt nimmt sich dann den anderen Elternteil vor?
@afk Ja, genau das.
Wenn man eine zahlungsunfähiges oder unwilliges anderes Elternteil hat, muss man als Betreuungselternteil nur den Antrag stellen. Die eigenen Einkünfte sind egal, weil man als Betreuungselternteil den Unterhalt durch Betreuung erbringt.
Das JA kümmert sich darum, dass der Barunterhalt nicht an der Allgemeinheit hängen bleibt. Die UHV-Stelle sorgt dafür, dass UHV bei Leistungsfähigkeit des Pflichtigen zurück gezahlt wird, die Beistandschaft, sofern eine beantragt wird, dass der Unterhalt in Höhe der Leistungsfähigkeit durchgesetzt wird.
Der Betreuungselternteil kann sich zurücklehnen und warten.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Wirklich interessant, danke sehr.
Kann der Elternteil, nämlich der, der zahlen soll, dagegen klagen oder sich auf sonst eine weiße davor schützen?
In Eingangs genanntem Fall wäre jener Elternteil dann u.U. bis an sein Lebensende beim Amt verschuldet, oder?
Demzufolge gilt das nur, bis das Kind 12 Jahre alt ist. Ab da wird geprüft, ob es ohne Vorschuss ein "Sozialfall" ist?
Na, dann ist das Ganze ja eine "hübsche" Methode für den gutbetuchten BET, doch noch etwas Unterhalt rauszuschinden, wenn er eigentlich aufgrund der Rechtsprechung (BGH-Beschluss vom 10.07.2013 - XII ZB 297/12 bzw. OLG Schleswig, Beschluss vom 23.12.13 oder OLG Brandenburg und Co.) nix mehr bekommen würde ... und ihm kann es egal sein, ob sich das JA doch noch am UET schadlos hält.
Irgendwie schon, allerdings...
vielleicht kann der arme Zahler sich in dem Fall ja seinerseits an Eltern halten:
Man klammert sich ja an jeden Strohhalm
😉
@afk Voraussetzung für die Rückzahlung des UHV ist die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners. Ist dieser nicht leistungsfähig und wird dies von der UHV-Kasse anerkannt oder auch gerichtlich geklärt, dann muss der arme Zahler nichts zahlen.
Großeltern werden nicht bei der Rückzahlung des UHV in Anspruch genommen (Anwaltsseite bzw.§ 7 UhVorschGesetz oder auch der Link von tomatenfisch und vor allem der Beschluss des BGH XII ZB 123/21 vom 27. Oktober 2021).
Außerdem muss nicht nur der Unterhaltsschulder nicht in der Lage sein den Unterhalt zu begleichen sondern auch der BET nicht in der Lage sein den Unterhalt tragen zu können. Erst dann sind alle Großeltern dran und sie haben auch jeweils einen Selbstbehalt von 2000 Euro plus die Hälfte des über 2000 Euro liegenden Einkommens.
VG Susi
Kann der Elternteil, nämlich der, der zahlen soll, dagegen klagen oder sich auf sonst eine weiße davor schützen?
Bei entsprechend hohem Einkommen des betreuenden Elternteils kann es sein, dass der Barunterhaltspflichtige den Unterhaltsvorschuss nur zum Teil oder auch gar nicht zurückzahlen muss. Er muss die Mithaftung bzw. Alleinhaftung des betreuenden Elternteils geltend machen und hat dabei die volle Beweislast, u.a. auch dafür, dass er alle ihm zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten ausgeschöpft hat.