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Recht aktuell: Umgangskosten sind zu beachten

 
 Torx
(@torx)
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Recht aktuell Umgangskosten sind zu beachten
Bundesgerichtshof hat seine bisherige Rechtsprechung geändert

Vom 15.04.2005

LAMPERTHEIM Bei der Berechnung von Kindesunterhalt wurden bislang die Kosten, die dem Unterhaltsverpflichteten durch den regelmäßigen Umgang mit seinem Kind entstehen, grundsätzlich nicht berücksichtigt. Mit seinem nunmehr veröffentlichten Urteil vom 23. Februar 2005 (im Internet unter www.bundesgerichtshof.de) hat der Bundesgerichtshof als höchste Instanz in Familiensachen, diese bisherige Rechtsprechung geändert.
Von Michael Bohrmann

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aus der geschiedenen Ehe des beklagten Vaters stammen zwei im Jahre 1990 und 1992 geborene Kinder, die im Haushalt der Mutter leben. Nach der damals gültigen Fassung der Düsseldorfer Tabelle schuldete der geschiedene Ehemann für jedes Kind monatlich 431 Mark. Zur Zahlung dieses Unterhalts wurde er auch erstinstanzlich vom zuständigen Familiengericht verurteilt. Hierbei unterblieb eine Anrechnung des hälftigen, auf den beklagten Vater entfallenden Kindergeldes.

Die Gewährung von Kindergeld verfolgt den Zweck, beide Elternteile zu entlasten. Es beträgt für die beiden ersten Kinder zurzeit monatlich 154 Euro. Aus Praktikabilitätsgründen wird es aber nur an den Elternteil ausbezahlt, in dessen Haushalt die Kinder leben. Dieser müsste dann wiederum das auf den anderen Elternteil entfallende Kindergeld an diesen überweisen. Da dieser jedoch für die Kinder in der Regel unterhaltspflichtig ist und um unnötige Hin- und Her-Überweisungen zu vermeiden, ist kraft Gesetzes dieser Kindergeldanteil mit dem Tabellenunterhaltsbetrag der Düsseldorfer Tabelle zu verrechnen. Der Unterhaltspflichtige schuldet daher grundsätzlich den Tabellenbetrag abzüglich des hälftigen Kindergeldes. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Ist nämlich das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils so gering, dass er - je nach Alter des Kindes - nicht wenigstens 192, 249 oder 307 Euro monatlich zahlen kann, wird sein hälftiger Kindergeldanteil genommen, um die Differenz zwischen dem Betrag, der bezahlt werden kann und den vorgenannten "Regelbeträgen" aufzufüllen. Der Unterhaltspflichtige muss also dem ihm zustehenden hälftigen Anteil am Kindergeld zu Unterhaltszwecken einsetzen, bis die oben genannnten Beträge erreicht sind. Als Einkommen müssen ihm selbst zurzeit 840 Euro monatlich verbleiben. Dies ist das unterhaltsrechtliche Existenzminimum, der so genannte notwendige Selbstbehalt.

Der beklagte Vater machte nun im vorliegenden Fall geltend, dass er nach Verrechnung des staatlichen Kindergeldes nicht mehr über ein ausreichendes Einkommen verfüge, um regelmäßig seine Kinder zu sehen, weil hierfür nicht unerhebliche Fahrtkosten anfallen. Sein notwendiger Selbstbehalt müsse deshalb um die Kosten der Ausübung des Umgangsrechts, also die Fahrtkosten, die der Beklagte mit monatlich mindestens 270 Euro bezifferte, erhöht werden. Das Familiengericht folgte unter Berufung auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes diesem Einwand ebenso wenig, wie das zweitinstanzliche zuständige Oberlandesgericht. Der Bundesgerichtshof hob dieses Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das Oberlandesgericht zurück.

Nach seiner bisherigen Rechtsprechung hatte der Umgangsberechtigte die Kosten, die ihm bei der Ausübung des Umgangsrechts entstehen, wie Fahrt-, Übernachtungs-, Verpflegungskosten und Ähnliches, grundsätzlich selbst zu tragen. Bei sehr beengten Verhältnissen wurde der umgangsberechtigte Elternteil auf die Möglichkeit verwiesen, diesbezüglich Sozialhilfe zu beantragen. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich veränderte Gesetzgebung hält das höchste deutsche Familiengericht an dieser bisherigen Auffassung nicht mehr fest. Mittlerweile wurde im Familienrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches der Grundsatz verankert, dass das Kind selbst ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat. Ausdrücklich wurde festgeschrieben, dass jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet ist. Da die bisherige Rechtsprechung dazu führen kann, dass das monatliche Einkommen nicht mehr ausreicht, um Umgangskosten zu finanzieren, kann dies einen Elternteil zu einer Einschränkung der Umgangskontakte veranlassen und läuft damit den Interessen des Kindes zuwider. Da aber das Unterhaltsrecht dem Unterhaltspflichtigen nicht die Möglichkeit nehmen darf, sein Umgangsrecht zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung auszuüben, sind die damit verbundenen Kosten unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen.

Andernfalls müsste der Unterhaltsverpflichtete wegen der betreffenden Kosten Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Er darf aber durch die Gewährung von Unterhalt gegenüber seinen Kindern nicht selbst sozialhilfebedürftig werden. Welcher Umgang mit dem Kind angemessen ist und welche Kosten demgemäß zu berücksichtigen sind, richtet sich maßgeblich nach dem Wohl des Kindes und ist im Einzelfall festzustellen. Nach dem jetzigen Grundsatzurteil soll in der Regel der notwendige Selbstbehalt um das hälftige Kindergeld, also zurzeit um 77 Euro auf insgesamt 910 Euro von den Familiengerichten erhöht werden.

Der Autor ist Rechtsanwalt und Notar sowie Fachanwalt für Familienrecht, Ernst-Ludwig-Straße 48, Lampertheim,

Telefon: 06206/18020.

http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=1860671

_________
Torx

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 19.04.2005 02:30
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Vielen Dank, Torx. Das Urteil ist bereits >hier< im Volltext vorhanden.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

AntwortZitat
Geschrieben : 19.04.2005 09:25
 Torx
(@torx)
Schon was gesagt Registriert

Korrekt, aber leider noch nicht diskutiert worden.

Hat denn schon jemand Erfahrung mit der Berücksichtigung der Fahrkosten ? In welcher Höhe ? KFZ oder Bahn / Bus ?

Verpflegung ? In welcher Höhe ?

Umgang, in welchem Umfang ? Zwei UWE anrechenbar ? Im Zweifel nur auf der Grundlage eines Umgangsbeschlusses ?

Prizipiell Umgangskosten, oder nur, wenn die ominösen 77.- € überschritten werden ?

Hat denn jemand das schon geltend gemacht ?

_________
Torx

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 19.04.2005 10:29
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Moin Torx,

bei mir wurden in 2003 bereits 90 € berücksichtigt. Allerdings machte das nur einen Bruchteil der Kosten aus (einfache Entfernung 270 km; Umgang 14-tägig; Vorschlag Ex 6 wöchig).

Mein Diesel verbrauchte 8 l / 100 Km. Durchschnittlicher Spritpreis 0,95 €
4 Fahrten pro WE * 270 Km * 0,95 € * 8 l / 100 Km * 2 WEs = 164,16
Vom Verschleiß des Fahrzeugs bei 2.160 neben den nicht anerkannten 4.000 km beruflicher Natur mal ganz zu schweigen. Aber doch immerhin etwas.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

AntwortZitat
Geschrieben : 19.04.2005 10:39
(@taccina)
Registriert

Hallo,

dazu habe ich auch mal ne Frage.
Also Unterhaltsberechnung für das Kind war 309€. (Brutto?)
Bekomme aber "nur" 249€ Unterhalt für meinen Sohn.
Mein Anwalt meinte das hat mit dem Kindergeld zu tun.
Sind demnach 60€...ist das das gleiche wie bei der Verrechnung der Umgangskosten? (die er ja nicht hat da er ja nicht kommt)

Liebe Grüße Taccina

Bevor man das Vertrauen eines Menschen mißbraucht, sollte man sich im Klaren darüber sein, das man dann einen Menschen auf dem "Gewissen" hat.
Oder wie würdest Du es finden, Dein ganzes Leben lang nicht mehr wirklich vertrauen zu können?

AntwortZitat
Geschrieben : 19.04.2005 10:55
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

ist das das gleiche wie bei der Verrechnung der Umgangskosten?

Nein, der KG-Anteil resultiert aus der Anlage A zur DT.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
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Geschrieben : 19.04.2005 11:01
(@taccina)
Registriert

Aha......
Also ich glaub, selbst wenn ich mich noch 10 Jahre damit beschäftige, werde ich da wohl nie durchblicken :redhead:

Liebe grüße Taccina

Bevor man das Vertrauen eines Menschen mißbraucht, sollte man sich im Klaren darüber sein, das man dann einen Menschen auf dem "Gewissen" hat.
Oder wie würdest Du es finden, Dein ganzes Leben lang nicht mehr wirklich vertrauen zu können?

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Geschrieben : 19.04.2005 11:05
(@eskima)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Hallo Torx,

Hat denn jemand das schon geltend gemacht ?

mein Mann hat Umgangskosten in Höhe von 70 Euro zugesprochen bekommen. Wir wohnen 5,5 km von seinen Kindern entfernt und haben die Sozialhilfe als Maßstab genommen und anteilig auf die Umgangstage gerechnet. Dazu dann die Fahrtkosten. Der Richter hat in einem Vergleich 30 Euro Umgangskosten vorgeschlagen, dieser Vergleich wurde von der Ex abgelehnt. Dann hat der Richter die von uns beantragten Umgangskosten ausgeurteilt mit der Begründung, dass es sich um mehrere Kinder handelt.

Gruß

eskima

Urteile nie über einen Menschen, bevor du nicht sieben Meilen in seinen Schuhen gegangen bist - Indianische Lebensweisheit

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Geschrieben : 19.04.2005 11:37
(@wolfsfrau)
Rege dabei Registriert

Hallo Deep.

bei mir wurden in 2003 bereits 90 € berücksichtigt. Allerdings machte das nur einen Bruchteil der Kosten aus (einfache Entfernung 270 km; Umgang 14-tägig; Vorschlag Ex 6 wöchig).

von wem wurden die 90 Euro berücksichtigt?

Anwalt, Gericht, Ex?

Herzliche Grüße
Wolfsfrau

AntwortZitat
Geschrieben : 19.04.2005 11:48
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

von wem wurden die 90 Euro berücksichtigt?

Es war ein "richterlicher Vergleich" - also von daher - eigentlich von Ex.

DeepThought

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in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

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Geschrieben : 19.04.2005 11:52




(@wolfsfrau)
Rege dabei Registriert

Danke für die Information Deep...

Wolfsfrau

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Geschrieben : 19.04.2005 12:28
(@paulina)
Nicht wegzudenken Registriert

so und von mir dann mal ein "dumme" frage *kopfeinzieh*

wo soll man das denn beantragen, beim JA ( dauert dann min 3 monate bis antwort kommt ) oder beim gericht.
das wäre ja super, denn alleine schon nach abzug der miete muß der dispokredit ran und für umgang bleibt leider gar kein geld übrig.

grüße,
paulina

„Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten.“  ---  Dieter Nuhr

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Geschrieben : 19.04.2005 16:41
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Das kommt drauf an, Paulina,

Gibt es einen Titel und wurde es bisher nicht berücksichtigt, so geht das nur über eine Unterhaltsabänderungsklage. Ob die Erfolg verspricht, nur weil "neue Kosten" plötzlich akzeptiert werden ist fraglich. Einfach mal den RA fragen.

Gibt es keinen Titel, dann einfach Pi mal Auge kürzen. Natürlich die KM darüber informieren, versteht sich.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

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Geschrieben : 19.04.2005 16:45
 Torx
(@torx)
Schon was gesagt Registriert

@all

Danke erstmal.

Ich schau immer mal vorbei, vielleicht hat ja jemand neue Erkenntnisse und schreibt es dazu.

__________
Gruss
Torx

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 21.04.2005 00:07
(@paulina)
Nicht wegzudenken Registriert

hallo,

so nu bin ich mal ganz frech und stell hier mal meine frage.

da bei uns mangelfall herrscht ( titel ), der selbstbehalt auf 890€ erhöht wird, wir durch den mangelfall kein kindergeld angerechnet bekommen, der umgang aber auch noch irgendwie finanziert werden muß:
wie ist das jetzt mit der abänderung?
es heißt ja 10% veränderung...?
da würden bei uns genau 3 euro von der magischen grenze fehlen.

ABER: die umgangskosten sollen ja nach diesem text auch berücksichtigt werden
der sonderbedarf/mehrbedarf unseres kindes wurde nicht anerkannt, weil wir noch zusammenwohnen.

kann man den titel trotzdem mit erfolg ändern lassen, denn der SB wird erhöht und die umgangskosten sind mit wegfall des erziehungsgeldes einfach nicht mehr machbar. ( gehen jetzt ja schon wöchentlich zur tafel )

danke ( und im falle eines falles....gerne das posting verschieben... )

paulina

„Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten.“  ---  Dieter Nuhr

AntwortZitat
Geschrieben : 18.05.2005 14:37
(@chriwi)
Rege dabei Registriert

1000dank

ich habe das von Deep verlinkte Urteil ersteinmal meinem Anwalt geschickt...super :thumbup: . Genau diese Sache ist bei mir aktuell Thema.

Gruss
Chriwi

Die Wege der Ex(esse) führen zum Palast der Weisheit!

AntwortZitat
Geschrieben : 18.05.2005 19:09