Hallo zusammen,
meine Frau hat das alleinige Sorgerecht / Aufenthaltsbestimmungsrecht für unsere Kinder bei Gericht beantragt. Hab die Welt nicht mehr verstanden! Begründung meiner Frau für diesen Schritt:
Seit dem wir getrennt Leben können wir uns zu überhaupt nichts einigen: Friseur für die Kinder, Urlaubsreisen die Sie mit den Kindern machen möchte, ich darf natürlich nicht mit den Kindern verreisen da Sie gerade ein Jahr alt sind, und, und ….. daher entspricht es dem Wohl der Kinder das Sie das alleinige Sorgerecht erhält und alles selbst regelt!?!?!
Sie als Mutter weiß und kann alles Besser!! ICH KANN GARNICHTS!
Während des Umgangs kann ich nicht Windeln wechseln, kann die Kinder nicht richtig füttern, Kinder sind nach dem zurückbringen aufgelöst, Tenor: alles was ich während der Umgangszeiten mache entspricht Ihrer Meinung nicht dem Wohl der Kinder ….) –was natürlich ALLES quatsch ist!!!
Nun hat das Gericht ein Termin beim Jugendamt angeordnet. Da ich mich auf den Jugendamtstermin vorbereiten möchte, benötige ich Tipps von Euch für diesen Termin. Was sind eure Erfahrungen bei solchen Terminen beim Jugendamt? Was wird konkret gefragt und wie sollte man am Besten bei dem Gespräch auftreten?
Da dies ALLES ausgedachte Dinge sind wie kann man diese „Jugendamtgerecht“ verneinen?
Meine Frau hat die Meinung: Brauche nur einige Konflikte künstlich aufbauen- es gibt also keine Einigung, spiele das Opfer und das Jugendamt und Gericht werden mir das alleinige Sorgerecht geben!
Wie groß ist der Einfluß des Jugendamtes für die Entscheidung vor Gericht?
Kann ich wegen solch ausgedachter Dinge das gemeinsame Sorgerecht / Aufenthaltsbestimmungsrecht für unsere Kinder verlieren?
LG und Danke
Thomas
Hi Thomas,
na, Gratulation zu einer solchen Ex 😉 Auf jedenfall hast Du schon mal das GSR - und das ist auf jeden Fall eine Sache um die es sich zu kämpfen lohnt. Frage: Hast Du schon einen guten (!) Anwalt für Famrecht am Start und dort eine Beratung gemacht? Wenn Deine Exe schon solche Geschütze auffährt, solltest Du gewappnet sein. Falls Du kein oder wenig Geld hast, gibt es auch die Möglichkeit eines Beratungsscheins beim Amtsgericht (Kosten 10 Euro).
Was mir auffällt: Warum muss man bei einjährigen Kindern schon um den Friseurtermin streiten bzw. soll sie doch mit den Kids wegfahren (auf ihre Kosten, von ihrem Unterhalt) wenn sie das möchte.
Ihr braucht ein vernünftiges Wechselmodell mit geregelten Umgangszeiten. In der Zeit in der Du die Kinder hast, ist Deine Ex abgemeldet und hat Dir keinerlei Vorschriften zu machen. Das muss ihr und auch Dir in den Kopf. Genauso wie Du nicht in ihr Leben hineinzuregieren, hineinzutelefonieren oder sonstwas hast.
Zum Thema Jugendamt können Dir unsere Experten hier sicher noch mehr sagen. Was man hört ist, dass Du dort von purer Mutterfreundlichkeit (Kinder gehören zur Mutter) bis zu wirklich neutralen Mitarbeitern alles antreffen kannst. Bedenke bitte, dass das Jugendamt allein nichts festschreiben kann für Euch - es kann nur moderieren und ggf. einen Bericht dazu verfassen- und das will wohl auch der Richter sehen. Und deshalb geht es nicht darum, "Dinge" zu verneinen und die Ex schlecht zu reden. Sei freundlich und rede nicht abwertend dort über Deine Ex. Gruß Ingo
Hallo Ingo,
vielen Dank für die schnelle Antwort.
Natürlich sind es Dinge worüber man nicht streiten sollte, sind aber leider Alltag.
Wenn ich die Kinder mit irren Begründungen entweder Stunden später oder an manchen Tagen gar nicht sehen kann, Ersatztermin gibt es gar nicht,… dann platzt mal der Kragen.
Ich kann auch nicht zu allem „ja“ sagen. Dies waren auch nur einige Beispiele um zu zeigen mit welcher Begründung meine Ex jetzt versucht das alleinige Sorgerecht zu erhalten, mit der Begründung: „wir können uns zu gar nichts einigen und besser Sie macht alles alleine in der Zukunft“. Hab mich gewundert wieso von Ihr diese künstlichen Streitigkeiten aufgebaut werden. Und prompt flattert ein Gerichtsschreiben ins Haus.
Kann man mit solchen künstlichen und ausgedachten Geschichten das gemeinsame Sorgerecht verlieren?
Dachte immer es müssen besonders wichtige Dinge sein und nicht solche „Kleinigkeiten“.
Habe auch kommende Woche einen Termin beim Anwalt um eine Stellungnahme ans Gericht zu verfassen.
Benötige noch einige Infos zum Jugendamtstermin: wie läuft eine Anhörung zum Thema Sorgerecht ab, über was wird gesprochen, wie schaut so ein Bericht aus?
Wie weit ist dieser entscheidend für einen Richter?
Eure Erfahrung zum Thema alleiniges Sorgerecht beim Jugendamt und Gericht würden mir sehr helfen und hoffe auch beruhigen.
LG und Danke
Thomas
Hallo Thomas,
zunächst bist Du in einer Rechtsposition, von der viele Väter hier nur träumen - gSR.
Begründung meiner Frau für diesen Schritt:
Seit dem wir getrennt Leben können wir uns zu überhaupt nichts einigen: Friseur für die Kinder, Urlaubsreisen die Sie mit den Kindern machen möchte, ich darf natürlich nicht mit den Kindern verreisen da Sie gerade ein Jahr alt sind, und, und ….. daher entspricht es dem Wohl der Kinder das Sie das alleinige Sorgerecht erhält und alles selbst regelt!?!?!
Diese "Argumente" haben alle rein gar nichts mit dem gSR zu tun, sie sind lediglich Bestandteile der Alltagssorge und betreffen nicht wesentliche Entscheidungen im Leben des Kindes. Informiere Dich zuerst umfänglich, welche Dinge das gSR überhaupt berührt ! (Kita-und Schulwahl; religiöse Bindungen; akkute medizinische Eingriffe etc.)
Während des Umgangs kann ich nicht Windeln wechseln, kann die Kinder nicht richtig füttern, Kinder sind nach dem zurückbringen aufgelöst, Tenor: alles was ich während der Umgangszeiten mache entspricht Ihrer Meinung nicht dem Wohl der Kinder ….)
Das übliche väterdiskriminierende Geschwätz ...
Leitsatz eines Urteils vom OLG Frankfurt vom 14.04.2003 - 4 UF 102/02:
Wer das Kind gerade in Obhut hat, bestimmt nach § 1687 BGB auch was gemacht wird. Der Vater darf genausowenig vorschreiben, was die Mutter unter der Woche mit dem Kind zu tun und zu lassen hat. Der Vater darf mit dem Kind auch ohne mütterliche Genehmigung beispielsweise in einen Kurzurlaub. Solange die Rückgabezeiten eingehalten werden und das Kindeswohl nicht gefährdet ist, ist das mütterliche hineinregieren abzulehnen. Insbesondere damit verbundene Drohungen sind unzulässig.
Aber auch diese Dinge sind für das gemeinsame Sorgerecht völlig irrelevant!
Aber nur wenn mann es - wie Du - schon hat 😉
Also sei ganz entspannt, eine solch schwerwiegende Entscheidung, wie dem Entzug des Sorgerechts kann die KM niemals mit solchen Banalitäten und haltlosen Verleumdungen gerichtlich durchsetzen.
Nun hat das Gericht ein Termin beim Jugendamt angeordnet.
Das ist die übliche Vorgehensweise.
Sei möglichst ruhig und entgegne auf die Verleumdungen der KM auf rein sachlicher Ebene.
Bis dahin solltest Du Dich sehr gut auskennen mit den Kriterien des gSR (wesentliche Entscheidungen im Leben des Kindes).
Dieses Wissen behältst Du aber bei dem Termin beim JA für Dich (um der KM nicht auch noch eine Handlungsanweisung bis zum Gerichtstermin zu bieten. 😉 Beim Gerichtstermin kannst Du dann ausführlich darlegen, dass Ihr Euch bei gSR-relevanten Entscheidungen sehr wohl einigen könnt ...
Kann ich wegen solch ausgedachter Dinge das gemeinsame Sorgerecht / Aufenthaltsbestimmungsrecht für unsere Kinder verlieren?
Kurz und bündig: NEIN
Moin,
ich schließe mich den Anderen an. Die Probleme, die Deine Ex schürt, werden daraus hinauslaufen, dass sie Dir an das Umgangsrecht will. Denn die Dinge, die sie "kritisiert" betreffen weniger Sorgerechtsfragen, als die Art und Ausgestaltung des Umganges.
Selbst wenn sie das ASR bekäme, würde das Dein Umgangsrecht in keinster Weise beschneiden. Das ist es aber, wo sie hin will.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Hab mich gewundert wieso von Ihr diese künstlichen Streitigkeiten aufgebaut werden. Und prompt flattert ein Gerichtsschreiben ins Haus.
Aha.
Diese Streitigkeiten sind neu ?
Also liegt da wohl eine gewisse Strategie vor.
Die KM wurde offenbar (schlecht) beraten 😉
Ihre "Argumente" würden sehr gut passen, wenn Du das gSR gerichtlich beantragt hättest.
Atme tief durch, Du hast nichts zu befürchten :).
Die Probleme, die Deine Ex schürt, werden daraus hinauslaufen, dass sie Dir an das Umgangsrecht will. Denn die Dinge, die sie "kritisiert" betreffen weniger Sorgerechtsfragen, als die Art und Ausgestaltung des Umganges.
Selbst wenn das der Fall sein sollte (ich denke, sie ist einfach nur schlecht gebrieft worden), gibt es jede Menge gewichtige Argumente auch in Sachen Umgangsrecht gegen die KM.
Einige Denkanstöße für Thomas noch:
- Einschränkungen des Umgangsrechts unter Hinweis auf das Kindeswohl bedürfen einer eingehenden Begründung. So verstößt schon der generelle Ausschluss des Umgangs während der Ferienzeiten ohne diesbezügliche Begründung gegen das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (BVerfG, FamRZ 2005, 871). Erst recht kommt eine Einschränkung des Umgangs in der Weise, dass ein bestimmter Ort der Kontaktaufnahme angeordnet bzw. ein Umgang mit Übernachtungen beim umgangsberechtigten Elternteil ausgeschlossen wird, nur in Betracht, wenn dies aus Gründen des Kindeswohls geboten ist (vgl. BVerfG, FamRZ 2007, 105).
OLG Brandenburg, Beschluss vom 20.07.2010 10 UF 25/10- Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts ist nur veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren (vgl. BVerfGE 31, 194 <209 f.>). 18
BVerfG, 1 BvR 3189/09 vom 14.7.2010- Der Elternteil, bei welchem das Kind lebt - hier die Antragstellerin -, hat die Pflicht, aktiv auf die Ausübung der Umgangskontakte des Kindes mit dem anderen Elternteil hinzuwirken. Er muss dem Umgang nicht nur positiv gegenüberstehen, sondern ihn auch fördern. Auf das Interesse eines Elternteils oder den Willen des Kindes kann hierbei nicht allein abgestellt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 4. September 2000 - 9 UF 88 / 00 -, FamRZ 2001, 369).
OLG Saarbrücken Beschluss vom 12.4.2005, 9 UF 106 / 04
Hallo Lausebackesmama, Hallo diskurso,
vielen Dank für die Antworten und den einzelnen herausgesuchten rechtlichen Grundlagen / Paragraphen! Werde diese einzeln aus dem Internet heraussuchen, mir genau durchlesen
und mich hierzu melden.
Bin jetzt durch eure Kommentare was das alleinige Sorgerecht angeht beruhigt.
Wie steht es mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht (ABR)? Wenn meine Ex nicht das alleinige Sorgerecht bekommt, könnte Sie „nur“ das ABR erhalten?
Da die Kinder bei meiner Ex leben überlege ich was dies zur Folge hätte. Ihre Begründung für das ABR ist, dass sie nicht frei hin und her Reisen kann wie sie will und alles vorher mit mir abstimmen muß. Reicht dies als Begründung aus um vom Gericht das ABR zu bekommen? Mit dem ABR könnte Sie einfach entscheiden mit Ihrer neuen Flamme nach Frankreich auszuwandern, oder?
Vielen Dank für den Tipp mit den „Scheingefechten“ welche im Grunde gegen das Umgangsrecht gerichtet sind, hätte eher vermutet es geht um Punkte für das Sorgerecht zu sammeln. Was das Thema Umgang angeht werde ich wohl einen Antrag vor Gericht stellen um eine feste Regelung zu bekommen, damit hier Ruhe hereinkommt. Nur für 2-4 Stunden abspeisen zu lassen und nach Lust und Laune der Ex zu tanzen möchte ich auch nicht mehr.
Wie sind die Erfolgsausichten für Kleinkinder mit einem Jahr und 3 Monate (Kinder werden nicht gestillt) ganztägigen Umgang evtl. mit Übernachtung vor Gericht zu beantragen? Habe hierzu verschiedene Antworten bekommen. Wie würdet Ihr an meiner Stelle vorgehen?
Diskurso, kannst Du mir bitte in kürze diesen Punkt näher bringen:
„Bis dahin solltest Du Dich sehr gut auskennen mit den Kriterien des gSR (wesentliche Entscheidungen im Leben des Kindes).
Dieses Wissen behältst Du aber bei dem Termin beim JA für Dich (um der KM nicht auch noch eine Handlungsanweisung bis zum Gerichtstermin zu bieten. Beim Gerichtstermin kannst Du dann ausführlich darlegen, dass Ihr Euch bei gSR-relevanten Entscheidungen sehr wohl einigen könnt ...“
Gibt es zum Thema „Kriterien des gSR“ einen guten Link?
Bedanke mich sehr für eure Kommentare und Tipps!
LG und Danke
Thomas
Hi Thomas,
für Reisen braucht sie kein ABR, höchstens Deine Zustimmung zur Erteilung eines Passes. Wenn sie aber auswandern will und Du willst, dass die Kinder bleiben, dann bräuchte sie das ABR.
Um das ABR zu bekommen reicht "reisen wollen" nicht aus.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Diskurso, kannst Du mir bitte in kürze diesen Punkt näher bringen:
„Bis dahin solltest Du Dich sehr gut auskennen mit den Kriterien des gSR (wesentliche Entscheidungen im Leben des Kindes).
Dieses Wissen behältst Du aber bei dem Termin beim JA für Dich (um der KM nicht auch noch eine Handlungsanweisung bis zum Gerichtstermin zu bieten. Beim Gerichtstermin kannst Du dann ausführlich darlegen, dass Ihr Euch bei gSR-relevanten Entscheidungen sehr wohl einigen könnt ...“
Denke gründlich nach u. notiere alles, welche wesentlichen Fragen (z.B. Gesundheitsvorsorge, Impfungen, Kita-Platz etc.) ihr als Eltern bisher gemeinsam entschieden habt.
Behalte dieses Wissen aber beim JA-Gespräch für Dich, damit die KM sich bis zur Gerichtsverhandlung nicht noch diverse Widerlegungen ausdenken kann.
Erst in der Gerichtsverhandlung offenbarst Du dann dieses hervorragende Argument, welches eindeutig Deine Kompetenz als verantwortungsvoller Elternteil darlegt und alle von der KM vorgebrachten Albernheiten wie Reisen, Windeln wechseln oder Füttern als irrelavant und egoistisch entlarven.
http://www.trennungsfaq.de/nachtrennung.html
Wenn meine Ex nicht das alleinige Sorgerecht bekommt, könnte Sie „nur“ das ABR erhalten?
Nein, dafür gibt es ebenfalls keinen guten Grund.
Mit dem ABR könnte Sie einfach entscheiden mit Ihrer neuen Flamme nach Frankreich auszuwandern, oder?
Richtig. Solltest Du stichhaltige Hinweise für eine solche Absicht haben, solltest wohl Du eher das ABR beantragen.
Ist möglicherweise diese Absicht der Grund ihrer plötzlichen Klage ?
Wie sind die Erfolgsausichten für Kleinkinder mit einem Jahr und 3 Monate (Kinder werden nicht gestillt) ganztägigen Umgang evtl. mit Übernachtung vor Gericht zu beantragen? Habe hierzu verschiedene Antworten bekommen.
Du hast sicher die volle Bandbreite an Möglichkeiten aufgezeigt bekommen - leider gibt es keine Glaskugel 😉