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Wie erklär ich das alles kindgerecht?

 
(@bronze)
Registriert

Meine Kinder und ich sprechen desöfteren über meinen anstehenden Auszug. Je nach Wesensart und Bindung in unterschiedlicher Häufigkeit und mit anderem Tiefgang. Gerade meine Jüngste (9) entwickelt dabei sehr präzise Fragestellungen, die mich manchmal an die Grenze meiner Erklärungsfähigkeiten bringen. An diese Grenzen stoße ich einerseits, weil immer Trauer und eine gewisse Abgeschlagenheit in mir bei solchen Gesprächen mitschwingen, die ich nicht zu offensichtlich einfließen lassen möchte. Ich sage ihnen schon, dass ich mich manchmal machtlos fühle, gerne anders wollte, wenn ich könnte, verbinde das jedoch immer mit den schönen Perspektiven die sich abzeichnen. Und die gibt es zu Hauf, man darf beides nur nicht gegeneinander stellen. Auf der anderen Seite fällt es mir schwer, die Vielschichtigkeit der Hintergründe für die jetzt gefällten und fälligen Entscheidungen und die daraus entstehenden Schritte leicht verständlich und ohne Tendenzen zu erläutern.

Gestern war wieder so ein Punkt erreicht. Meine Jüngste und ich sprachen über meinen Auszug. Die Folgen (die schönen Folgen), den noch nicht feststehenden Zeitpunkt, die Gründe für diesen elenden Wartezustand. Genau ab diesem Punkt, Gründe für den elenden Wartezustand, wurde sie sehr konkret. Ich schilderte ihr, dass Mama und ich noch Regelungen finden müssen die uns helfen, in Zukunft Streit besser zu vermeiden. Sonst hätten wir aus dieser Trennung ja nichts gelernt und würden uns allen das Leben weiter sauer machen. Darüber kamen sie auf die Regelung des Sorgerechts und  Umgangsfrage. Ich habe versucht ihr das neutral und trotzdem so gut wie möglich zu erklären. Dass wir beide die Kinder gerne bei uns haben wollen, sie deswegen jederzeit entscheiden dürften mit wem sie ihre Zeit verbringen möchten, dass ich nicht gerne ausziehe und es mir ziemlich weh tut von der Familie wegzugehen. Weshalb ich denn dagegen nichts machen würde, fragte sie. Ich erklärte ihr also, dass wir dann immer weiter streiten müssten, was sie ja auch nicht gut findet. Dass wir so versuchen, für uns alle wieder Frieden zu finden. Dafür würde ich eben nachgeben, um Schlimmeres abzuwenden. Danach hätte ich mir am liebsten auf die Zunge gebissen, denn dann gings los. Was das Schlimmere denn sei, fragte sie – und im Grunde wusste sie das schon. Die Kleine sondiert inzwischen nämlich sämtliche Scheidungs- und Trennungsfälle in ihrem Schulumfeld. Also habe ich erläutert, dass, wenn die Eltern miteinander nicht klarkommen können, andere für uns alle Fünf entscheiden könnten. Das wäre das Schlimmste, das es zu verhüten gälte. Ab da wurden ihre Fragen nach Gesetzeslage, gesellschaftlichen Normvorstellungen und Sorgerechtsverteilung so präzise, dass ich um eine Denkpause gebeten habe. Wie geht man damit um, verdammte Scheiße?
Ich will die doch nicht belügen! Ich kann von meinen Kindern doch nicht Aufrichtigkeit verlangen und Ihnen gleichzeitig blöde Beruhigungspillen anbieten, was sie ohnehin glasklar durchschauen. Die sind zu schlau für sowas! Ich kann meine Kinder doch nicht für dumm verkaufen, wenn ich ihnen abverlange, und damit vorleben will und muss, dass man a) andere nicht für dumm verkauft, b) zu dem steht, was man tut und, damit man das auch kann, c) erklären können muss, weshalb man etwas tut. In einer heilen Welt ist das problemlos durchzuziehen. Aber jetzt? Wie? Ich kann denen doch jetzt nicht plötzlich rethorisches Zuckerwerk anbieten, wenn die ganz unmissverständlich an Fleisch und Mark wollen. Ich kann meinen Kindern doch nicht über Jahre die Grundsätze einreiben "Fragen verlangen Antworten", "Es gibt keine dummen Fragen, es gibt höchstens dumme Antworten", " Es gibt nichts, was ihr nicht versteht, es gibt nur schwer verständliche Antworten, dann fragt erneut nach. Die Unfähigkeit liegt im Zweifel beim Erklärenden." und dann einfach schweigen oder um den heissen Brei reden. Die Mutter machts sich einfach, die wartet einfach ab oder tut genau das, was ich nicht tun möchte. Und genau diese dummen Antworten werden von den Kindern mit stillen Zweifeln lediglich registriert. Und das tut ihnen auch nicht gut. Ich sehe das.
Wie mache ich das besser, ohne zu schaden?? Weiß da irgendjemand Rat?

Kriegt nichts! Hat nur seine verfluchte Schuldigkeit getan!
(Friedrich der Große 1712 - 1786)

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 27.02.2007 11:20
(@papi74)
Registriert

Hallo,

alles kann man Kindern nicht sofort und gleich erklären.

Ich denke du solltest ehrlich gegenüber den Kindern bleiben.

Wenn du im Moment keine Antwort parat hast, so sage es den Kid's, mit dem Hinweis auf einen späteren Zeitpunkt der Erklärung.

Ich denke das verstehen die Kid's und lernen auch gleich was dabei 🙂

mfg

papi74

Der Morgen ist immer klüger als der Abend.

AntwortZitat
Geschrieben : 27.02.2007 12:43
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Moin,

Gerade meine Jüngste (9) entwickelt dabei sehr präzise Fragestellungen

und

Darüber kamen sie auf die Regelung des Sorgerechts und  Umgangsfrage

ängstigt mich und zeigt, dass das Kind in die Thematik fachlich viel zu tief involviert ist. Ein 9-jähriges Kind hat von all dem Null Komma Null Periode Ahnung.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

AntwortZitat
Geschrieben : 27.02.2007 19:33
(@lavendel)
Rege dabei Registriert

Hallo, bronze,

es gibt bei manchem Erziehungsberatungsstellen sehr gute Broschüren, die eine Hilfestellung sein können!
In denen gibt es Empfehlungen zum Umgang mit Kindern bei Trennung / Scheidung (Verhalten gegenüber den Kindern/ Gesprächsthemen, Dinge, die die Eltern ohne Involvierung der Kinder regeln sollten, etc.)

Viele Grüße: Lavendel.

Das Dasein ist eine Tatsache, das Leben aber ist eine Kunst.

AntwortZitat
Geschrieben : 27.02.2007 20:51
(@milan)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Hi Bronze!

Ich würde bei Deinen klugen Grundsätzen bleiben und sie kindgerecht einpacken. Dumme Antworten, Mund halten oder gar Lügen fände ich die schlechtesten Wege. Und wenn die Kids eh schon einigermassen informiert sind, dann würden sie Deine Lügen und Dummantworten erkennen und Du würdest Dich selbst ins Abseits schiessen.

Als mein Kleiner (3,5) mit der für mich erschreckenden Frage kam, was denn ein Richter sei (Mama hats ihm gesagt), habe ich ihm ein Fussballspiel erklärt und die Sache mit den Schiedsrichtern. Auch wenn er mit 3 viel zu jung ist um mit so etwas konfrontiert zu werden, war ich doch der Meinung, ihm diese Frage beantworten zu müssen. Eben weil man Fragen nicht unbeantwortet lassen sollte.

Und nun kennt er auch die Regeln beim Fussball und will immer Schieri sein beim Bolzen, damit er sich selbst die Tore zählen kann .... letztens schoss er doch glatt dreihundertfünftausendmillionen Tore.
:rofl2:

Greetz,
Milan

AntwortZitat
Geschrieben : 27.02.2007 21:43
(@bronze)
Registriert

ängstigt mich und zeigt, dass das Kind in die Thematik fachlich viel zu tief involviert ist. Ein 9-jähriges Kind hat von all dem Null Komma Null Periode Ahnung.

Hi Deep,
sie ist nicht fachlich involviert, sie beobachtet sehr genau innerhalb wie außerhalb der Familie und kombiniert. Sie nimmt die Erzählungen anderer Trennungskinder und leitet daraus Schlüsse ab. Natürlich hat sie nicht diese Begriffe verwendet, sie hat Fragen und Ideen in diese Richtung entwickelt. Zum Beispiel kommt ihr ganz selbstverständlich der Gedanke, dass sie nach der Trennung meiner Frau und mir die Tests, Arbeiten und Hausaufgaben zeigen wird. Weils gerecht ist und ich ja woanders wohne, so ihr Ausgangsgedanke. Und in diesem Zusammenhang stellte sie sich die Frage, ob denn jetzt wir beide die Arbeiten und Zeugnisse unterschreiben müssen, oder ob das wie bisher handhaben. Beide sehens, beide loben und wer Zeit hat unterschreibt. Natürlich wirds wie bisher gehandhabt. Oder sie wünscht sich Urlaub in Schweden und im Schwarzwald. Sie weiß, das wird nicht mit meiner Frau zusammen stattfinden, will aber gerne den Zeitpunkt erfahren. Die Möglichkeiten zähle ich dann auf und so kommen wir auf geteilte Urlaube, wie die Aufteilung gedacht ist usw. Oder sie spricht mich einfach darauf an, ob ich traurig bin (ich renne nicht ständig wie ein Trauerkloß durch die Wohnung). Dann mache ich keinen Hehl daraus, dass mir der Gedanke an den Auszug nicht leicht fällt. Sie spricht daher zum Beispiel mit ihren Lösungs-Vorstellungen ein Wechselmodell an, von dem ich jetzt schon weiß, dass meine Frau das keinesfalls dulden wird. Da fängt die Lüge mit dem "ihr dürft das entscheiden" schon an. Sie weiß von einigen, dass der Vater nur dann und dann kommen darf und die Kinder abholt, ob das bei uns auch so werden wird. Warum ist das so bei denen. Wer entscheidet das usw. usw.. "Warum sind eigentlich die meisten Scheidungskinder bei der Mutter?" will sie wissen. Der Dings wohnt bei der Mama, die Sowieso wohnt bei der Mama, die XY ist mit der Mama weggezogen, obwohl sie das nicht wollte und der Papa hat die doch auch lieb. Warum wohnt die nicht bei dem? Gibt es da ein Gesetz, das das vorschreibt? - so war genau ihre Frage. Was sagt man dann?

Aber genau darum geht es mir, Deep und Lavendel, ich will diese Tiefe nicht. Ich will's leichter machen. Die Broschüren kenne ich. Andererseits wiederstrebt mir dieses Ausklammern, das Lavieren. Die durchschauen das nämlich. Ich denke, papi74 hat schon recht. Thema verschieben und Bedenkzeit erbitten, wenn zu heikel und die weitere Entwicklung gibt dann vielleicht auch schon die Antwort.

Kriegt nichts! Hat nur seine verfluchte Schuldigkeit getan!
(Friedrich der Große 1712 - 1786)

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 27.02.2007 22:26
(@bronze)
Registriert

hi milan,
genau das. Dumme Antworten und Lügen durchschauen sie sofort. Weils bisher einfach nicht dazugehört hat, zur Erziehung. Und Gott sei Dank - das scheint gelungen! Jetzt noch das Kindgerecht einpacken dieser furchtbaren Sache wuppen, dann wirds. Ich denke weiter darüber nach, in den Bedenkzeiten.

Grüße
Till

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(Friedrich der Große 1712 - 1786)

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 27.02.2007 22:31
(@lesemaus)
Registriert

Hallo Bronze,

(also Du bist in meinen Augen rhetorisch gesehen Oberliga, aber dies nur am Rande). Ihr scheint in der Familie bisher sehr präzise über alle Themen der Welt gesprochen zu haben, und das spiegelt sich jetzt im Verhalten und den Fragen der Kinder wider. Ich finde das toll, nichts ist mir mehr Graus, als Eltern, die ihre Kinder (generell) mit nichtssagenden und dünnen Antworten abspeisen, Fragen nur unvollständig oder oberflächlich beantworten.

Im Falle Eurer Trennung jetzt und in Zusammenhang mit Deinem baldigen Auszug stellen sie logischerweise genau so viele Fragen, wie bisher wahrscheinlich zu allem. Aber: Alle Fragen, die mit Eurer gescheiterten Beziehung zusammen hängen, das KÖNNEN sie doch gar nicht verstehen, egal wie gut und ausführlich du es erklären würdest (nicht die Neunjährige, wie alt sind denn die anderen Kinder?). Diesen Teil würde ich konsequent heraus halten.
Was zukünftige Regelungen betrifft, da weißt Du selbst doch anscheinend noch nicht, wie es sich entwickeln wird. Das kannst Du doch so erklären, dass vieles noch zwischen ihrer Mutter und Dir geregelt werden muss, dass ihr aber versuchen werdet, für die Kinder schmerzarme Lösungen zu suchen und umzusetzen (Vorausgesetzt, dem ist auch so, und die Mutter strebt das ebenfalls an, was ich leider nicht weiß).

Lügen würde ich auf gar keinen Fall, zuviel im Voraus spekulieren allerdings auch nicht. Falsche Versprechungen auf gar keinen Fall. Dann lieber mal weniger anstatt zu viel sagen. Du hast deine Kinder dazu erzogen, Fragen zu stellen und sich kritisch und gründlich in der Welt umzusehen. Hinter die Kulissen zu blicken und nicht nur die Oberfläche zu sehen. Das kriegst du jetzt natürlich selbst zu spüren, denn ihr Leben wird sich ja verändern. Wenn Du sie jetzt mit dünnen oder unglaubwürdigen Antworten abspeisen würdest, dann würden sie Dir das sicherlich mehr als übel nehmen, wenn sie dahinter kommen (und so, wie Du sie schilderst, würden sie das wohl recht bald!)
Dass es mit Sicherheit von Dir und Deiner Frau abhängen wird, inwieweit sich ihr Leben ändert, das haben sie wahrscheinlich schon durchschaut.
Bleib auf jeden Fall Deinen Grundsätzen treu, überfordere sie aber nicht mit Gesprächen über Dinge, die du jetzt noch nicht hundertprozent absehen kannst.

Liebe Grüße, Lesemaus

Getretener Quark wird breit, nicht stark

AntwortZitat
Geschrieben : 28.02.2007 00:00
(@bronze)
Registriert

also Du bist in meinen Augen rhetorisch gesehen Oberliga, aber dies nur am Rande

Artigen Dank, Lesemaus. Kleine Anekdote am Rande: Du legst mit Deinem Kompliment  allerdings den Finger eine tiefe Wunde. Meine Frau beendet für sie ungünstig verlaufende Diskussionen gerne mit den Worten"Jetzt hast Du das rethorisch wieder so hingekriegt, dass man das alles glauben muss, was Du sagst."  :knockout:

Du hast schon recht. Man kann nicht alles erklären, dazu kommen die unterschiedlichen Sichtweisen. Inzwischen habe ich auch einen Ansatz gefunden, wie ich mit diffizilen Fragen umgehen werde. Ich stelle Gegenfragen in der Weise, dass meine Töchter zunächst ihre eigene Vorstellung von der Antwort entwickeln können. Hat zwei Vorteile: Ich kann erspüren, wie weit die Antwort eigentlich gehen soll und ich kann bei unklaren Perspektiven ihre Wünsche berücksichtigen und mehr darauf eingehen.

Haben mir schon sehr geholfen Eure Beiträge. Die kritischen wie die aufmunternden. Danke dafür an Dich und all die anderen.
Grüße
Till

Kriegt nichts! Hat nur seine verfluchte Schuldigkeit getan!
(Friedrich der Große 1712 - 1786)

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 28.02.2007 00:51