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(@babyoel)
Schon was gesagt Registriert

Hallo zusammen,

ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich hier richtig bin. Denn was ich hier so lese, gibt es scheinbar nur "Opfer". Ich selbst gehöre aber wohl eher zum "Täterkreis". Sei's drum...

Nach einer fast vierjährigen Beziehung, aus der ein heute fast 2 1/2-jähriger Sohn hervorgangen ist, ist seit gestern alles anders. Warum? Tja, wo soll ich anfangen?

Eigentlich war diese Beziehung zum Scheitern verurteilt, weil es fast von Anfang an schon Probleme gegeben hat. Irgendwann hat sich dann aber alles eingerenkt und während einer guten Zeit ist unser gemeinsamer Sohn entstanden. Doch durch einen Schicksalsschalg in der Familie meiner Lebensgefährtin und durch die Geburt wurde alles anders. Von einem Tag auf den anderen gab es keine Beziehung mehr. Es gab nur noch eine WG, in der jeder sein eigenes Leben führte und ich war eigentlich nur noch der, der arbeiten ging um das Geld ranzuschaffen. Zweisamkeit, Beziehung oder Nähe? Fehlanzeige. Dazu kam noch, daß das familiere Umfeld hinten und vorne nicht passte, d. h. ich spielte immer eine Außenseiterrolle. Umgekehrt wurden Versuche von meiner Familie meine LG zu integrieren nicht angenommen.

So entstanden am Ende zwei völlig eigenständige Familien, die nur durch unser Kind verbunden waren. Aber jeder Partner lebte für und in seiner Familie. Nun dachte ich, das gibt sich irgendwann. Denn da war ja noch der tief sitzende Schicksalsschlag. Leider war aber das Gegenteil der Fall und als ich nach weit über einem Jahr ansprach, daß man trotz allen Umständen das eigene Leben nicht vergessen sollte, stieß ich nur auf Unverständnis und Ablehnung. So plätscherte also eine Beziehung vor sich hin, die längst keine mehr war. Da der Mensch jedoch sehr leidensfähig ist und wir beide unser gemeinsames Kind mehr lieben als das eigene Leben wurden die Probleme einfach tot geschwiegen was auch eine ganze Weile wunderbar funktinierte. Bei jedem Streit wurden die gleichen Themen diskutiert und jeder Streit führte zu keinem Ergebnis. Quintessenz des Ganzen ist, daß ich eine tiefe, innige Beziehung inkl. einer Familie wollte, meine LG mir aber nur Eiversucht und Egoissmus unterstellte.

So kam es, daß ich schon vor längerer Zeit (> 2 Jahre) in der Arbeit einer anderen Frau begegnet bin, bei der es SOFORT klick gemacht hat. Das Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit. Da aber beiden klar war, daß dies ein absolutes NO NO sein würde, ist nie etwas passiert. Wir haben uns nie getroffen, nie telefoniert, lediglich von Zeit zu Zeit auf rein platonischer Ebene gemailt. Jeder von uns beiden wußte, daß es für eine Beziehung keine Zukunft gibt und eine Affäre kam nie in Frage. So ging das also hin und her. Über ganze zwei Jahre lang. Aber eben nur als reine Freundschaft.

Doch dann gab es im letzten Jahr ein paar zufällige Begegnungen, bei denen zwar auch nichts passiert ist, es aber klar war, das etwas passieren würde, wenn nur einer die Kontrolle verliert. Und so kam es dann auch. Nach der Weihnachtsfeier verabredeten wir uns spontan vor der Tür und küssten uns leidenschaftlich. In diesem Augenblick war klar, daß dieser Kuss ALLES verändern würde und daß da vor allem mehr Gefühl ist, als sich beide eingestehen wollten. Nach diesem Kuss verstrichen weitere Wochen, ohne das etwas passierte, aber innerlich war der Drang da, auszubrechen. Irgendwann haben wir uns dann außerhalb des Jobs getroffen und das war's dann. Seit dem stecken wir beide in einer "Affäre".

Nun ist es so, daß diese "Affäre" besser funktioniert, wie jede andere Beziehung, die ich vorher hatte, was eigentlich auch die über 2-jährige platonische Beziehung bestätigt. Was also tun? Auf der eine Seite ein Frau, mit der man sich viel besser fühlt, auf der anderen Seite eine Familie mit einer Beziehung, die keine ist, dafür aber mit einem Kind, das man über alles liebt.

Es galt also abzuwägen, was zu tun ist? Eine Nicht-Beziehung dem Kind zuliebe weiterführen oder zu der "Affäre" zu stehen und auszupacken? Ich entschied mich für's auspacken. Warum? Weil ich nicht mehr ich selbst war, nur noch zuhause saß und an die andere Frau dachte. Das restliche Leben kam nur noch zu kurz. Davon mal abgesehen hat es für sowohl die Tatsache als auch die Fairness gefordert. Denn unterm Strich ist meine LG ein feiner Mensch und eine perfekte Mutter. Nur passen wir beide 0% zusammen.

Gesagt getan, gestern hat sich die Situation ergeben und ich habe alles erzählt. Die Reaktion war wider erwarten sehr gefasst, fast schon so, als hätte sie darauf gewartet. Obwohl ich eigentlich mit dem Schlimmsten gerechnet hatte, haben wir uns tatsächlich vernünftig darüber unterhalten ohne auch nur eine Sekunde zu streiten. Vielmehr haben wir über unser Kind gesprochen und wie es jetzt weiter geht. Da es sich nicht um einen einmaligen Seitensprung im Vollrausch handelte, war natürlich klar, daß die Beziehung mit diesem Gespräch beendet ist und ich somit auch mittelfristig eine Wohnung in der unmittlebaren Umgebung suchen soll.

Irgendwie war ich total erleichtert, daß alles gesagt war. Wir konnten uns dann auch darauf verständigen, daß das wichtigste unser Sohn ist und wir beide ALLES tun wollen, daß es für ihn so leicht wie nur möglich wird. Für mich, als selbst betroffenes Scheidungskind, war das sehr wichtig, da ich weiß, was es für ein Kind bedeuten kann. Wir haben uns auch geeinigt, daß wir alles ohne Gericht und ohne Anwälte regeln und daß wir es künftig mehr oder weniger offen handhaben werden, damit unser Sohn trotzdem die Möglichkeit hat, beide Eltern um sich zu haben.

Somit kann man sagen, daß wir uns in beiderseitigem Einverständnis trennen werden, daß keiner einen Groll hegt und daß damit der Weg in eine andere Beziehung gebahnt ist.

Nun könnte man sagen: Alles perfekt gelaufen. Glück gehabt. Aber dem ist leider gar nicht so. Denn jetzt wo alles gesagt ist, stehe ich natürlich vor einem Scherbenhaufen, auf dem ganz oben mein Sohn sitzt, der wichtigste Mensch in meinem Leben. Einerseits bin ich froh, daß die (wirklich belastende) Beziehung vorbei ist, andererseits weiß ich genau, wie es als Scheidungskind ist und was ich ihm damit angetan habe. Und selbst, wenn ich nur diesen Satz schreibe, könnte ich in Tränen ausbrechen, weil ich so gerne mit ihm zusammen bin und ihm eigentlich ewige Treue als Vater und Freund geschworen hatte. Das ist ein Schmerz, den wahrscheinlich die meisten in diesem Forum nachvollziehen können. Unerträglich. Das Ende der Beziehung steht außer Frage. Aber mein Kind möchte ich eigentlich nicht aufgeben...

Dazu kommt noch, daß ich nicht mal den blassesten Schimmer habe, wie es finanziell weitergehen soll und was überhaupt für Zahlungen (blödes Wort) auf mich zukommen werden. Wir haben nur ein Einkommen, nämlich meines und das ist bei einer dreiköpfigen Familie nicht gerade üppig. Demnach ist die Trennung nach dem derzeitigen Stand der Dinge einfach auch nicht mal annähernd finanzierbar.

Trotzdem bin ich mir sicher, daß eine Fortführung der Beziehung nicht das geringste bringen würde und es letztendlich nichts wäre, als nebeneinander her zu leben.

Ja und dann ist ja da auch noch die andere Frau, die ich auch nicht mehr aufgeben kann. Dafür ist in DIESER Beziehung zuviel gutes...

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 07.02.2006 17:49
 AJA
(@aja)
Registriert

Hallo babyoel,

erst mal ein herzliches Willkommen.

Zunächst: das Schuldprinzip ist abgeschafft, daher finde ich es müßig Begriffe wie "Täter" oder "Opfer" zu diskutieren. Meiner Meinung nach sind immer beide sowohl Täter als auch Opfer und die letztlich Leidtragenden sind ohnehin nur die Kinder.

Zumindest dann, wenn sich die Eltern zu sehr in ihre "Täter-Opfer" Rolle hineinsteigern und darüber vergessen, an ihre Kinder zu denken.

Einen Scherbenhaufen kann ich im Moment bei dir nicht entdecken. Du hast dich verliebt, die Frau deiner Träume gefunden, deine LG hat es mit Fassung aufgenommen und ihr habt vernünftig miteinander geredet. Wo liegen die Scherben?

ewige Treue als Vater und Freund geschworen hatte

Na und? Du verlässt deine Frau und nicht dein Kind! Du wirst ihn nicht mehr jeden Tag sehen, aber wenn ihr eine vernünftige Regelung hin bekommt (und danach scheint es ja im Moment auszusehen) wirst du die Zeit, die du mit ihm verbringst, wahrscheinlich weit intensiver erleben als jetzt.

Habt ihr eigentlich GSR?

Mit den Finanzen können dir sicher andere besser helfen, wie das bei Unverheirateten ist, weiß ich nicht so gut.

Ansonsten kann ich dir nur raten: bleib am Ball, damit der Umgang so schnell und gut wie möglich geregelt wird.

Gruß AJA

AntwortZitat
Geschrieben : 07.02.2006 18:50
(@babyoel)
Schon was gesagt Registriert

GSR? Ich tippe auf gemeinsames Sorgerecht. Ja, das haben wir.

Das soll auch so bleiben, haben wir beide beschlossen... Es soll auch keine festen Besuchszeiten o. ä. geben. Vielmehr wollen wir, daß ich mir in der unmittelbaren Nähe etwas suchem, so daß wir uns jederzeit sehen können und ich z. B. auch mal zum "Aufpassen" oder ihn für spontane Unternehmungen abholen kann.

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 07.02.2006 18:57
(@brille007)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Hallo babyoel,

das hört sich doch alles sehr vernünftig an. Vielleicht, weil es einer der Vorteile einer "unemotionalen" Beziehung ist, dass man solche Dinge auch eher sachlich als polemisch regeln kann.

Was Du unbedingt und sehr schnell aus dem Kopf bekommen solltest, ist Dein schlechtes Gewissen: Du hast nichts "Böses" getan, sondern bist - blumig ausgedrückt - der "Stimme Deines Herzens gefolgt". Das liegt in der Natur des Menschen - wir alle wollen eigentlich lieben und geliebt werden, und wenn wir das nicht "zuhause" bekommen, verkümmern wir entweder oder wir finden es woanders. Es kann ja auch sein, dass die Mutter Eures Sohnes demnächst ebenfalls jemanden trifft, der bei ihr Emotionen auslöst, die sie bei Dir nie hatte.

In einer "Beziehung" zu verharren, nur weil Kinder da sind, ist jedenfalls altsteinzeitlicher Schwachsinn. Denn Kinder haben sehr feine Antennen und spüren die Spannungen zwischen den Eltern. Das Ergebnis einer solchen Zwangsbeziehung ist garantiert nicht besser als bei einem Scheidungskind; schon gar nicht, wenn das Kind irgendwann herausfindet, dass seine Eltern nur seinetwegen zusammengeblieben sind.

Schau jetzt nach vorn: Wenn Du und Deine (Ex-)Freundin es schafft, jeder für sich glücklich zu werden und zu bleiben und Euer Kind nicht in den schon fast üblichen Streitereien zwischen getrennten Eltern aufzureiben, ist das das Beste, was dem Zwerg passieren kann: Glückliche Eltern. Sie müssen ja nicht miteinander glücklich sein.

Und was Deine vermeintliche "Schuld" angeht: Sieh es pragmatisch - Jemand, der partout keinen Kuchen mag, kann man auch keine Torte wegessen.

Grüssles aus'm Wilden Süden
Martin

When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.

AntwortZitat
Geschrieben : 07.02.2006 19:25
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Moin,

willkommen auf vatersein.de, der WebSite auch für opfernde Täter und tätliche Opfer 😉

Um es dem Lütten so wenig schmerzhaft wie möglich zu machen, solltet ihr über das >Wechselmodell< nachdenken. Ich könnte mir vorstellen, ihr beide bekommt das prima hin.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

AntwortZitat
Geschrieben : 07.02.2006 19:32