Hallo Leute!
Keine Ahnung ob das hier hinein passt, aber vielleicht hat ja jemand ähnliche Erfahrung gemacht.
Ich bin ein "Scheidungskind" und inzwischen 30 Jahre alt. Ich weiß gar nicht genau wie alt ich damals war, mindesten jedoch 3 Jahre, aber ich kann mich Null an meinen leiblichen Vater erinnern. Nach meinem Kenntnisstand hat sich meine Mutter von meinem Vater getrennt. Er kam nach der Trennung und holte mich und meine Schwester wohl noch einmal ab. Da dieses treffen jedoch etwas unbequem war, wir haben geweint und gequengelt, war es für ihn scheinbar das letzte Treffen. Er hat sich wohl auch für Fotos und ähnliches, die meine Mutter zu treffen beim JA mitbrachte, nicht interessiert. Auch war es seine Idee oder ein Vorschlag seiner Seits, das mein Stiefvater uns doch auch adoptieren könnte.
Meine Mutter hatte in der Vergangenheit kein Problem mit mir über dieses Thema zu sprechen und wirkte immer sehr offen und ehrlich.
Das Thema hat mich in der Vergangenheit nie wirklich weiter Interessiert und ich konnte nach dem Motte, "interessiert er sich nicht für mich, interessiere ich mich auch nicht für ihn", ganz gut leben.
Allerdings bin ich die letzten Tage, in denen ich hier am lesen bin, innerlich doch sehr aufgewühlt und frage mich was da damals schief gelaufen ist.
War ich als nörgelnder Quälgeist vielleicht Schuld? Oder einfach nur zu viel für ihn?
Man liest hier von so vielen Vätern die für ihre Kinder kämpfen und sich Arme und Beine ausreißen würden.
Und der eigene Vater? Ein Feigling? Ein Verräter? Er hat mich im Stich gelassen, hat mich aufgegeben!
Ich hatte alles in allem eine schöne Kindheit und konnte sicher auch aus diesem Grund immer hervorragend über dieses Thema hinwegsehen, aber in den letzten Tag fällt es mir immer schwerer.
Andere Fragen, gerade auch beim lesen hier im Forum, tauchen auf!
Hat meine Mutter auch die Wahrheit gesagt? Stimmen die Ausführungen oder war sie auch nur eine dieser Mütter, die Steine in den Weg legten und alles daran setzten das er aufgibt?
Ich weiß das er vor einigen Jahren mal ein Mädchen adoptiert hat, die Tochter seiner neuen Frau.
Eine Fremde kann ihn Papa nennen. Ich, sein leiblicher Sohn, kenne ihn nicht einmal. Weiß nicht wie er aussieht und was er so macht.
Ich habe überlegt ihm zu schreiben, zu fragen was los war? Seinen Teil der Geschichte zu erfahren.
Ich möchte nicht etwa ein Teil seiner Familie werden! Möchte ihn vielleicht auch nicht einmal kennen lernen! Aber ich möchte wissen Warum????
Was hat ihn abgehalten, was war das Problem? Hat er überhaupt an uns gedacht die ganzen Jahre?
Aber ich habe Angst, Angst vor einer Antwort, Angst vor keiner Antwort!
Aus diesem Grund ist der Brief noch nicht geschrieben. Die Zweifel bleiben und die Sehnsucht danach zu verstehen und Klarheit zu haben.
Hat jemand von euch ähnliches Erlebt?
Wie seid ihr damit umgegangen?
Habt ihr einen Brief oder ähnliches auf euch genommen um euren Vater kenne zu lernen?
Mein Ex ist diesen Weg nach 29 Jahren gegangen. Sein Vater hat sich zwar gefreut, aber es blieb bei diesem einen Treffen. Er ist damals schuldig geschieden worden, SR blieb bei der Mutter und gekümmert hat er sich nicht. Ich denke, in den 70er, 80er Jahren gab es noch kein großes Bewusstsein dafür, dass Kinder auch an ihren Vätern hängen und damals waren Kinder wohl auch noch mehr "Frauensache". Er hat auch keine Vorwürfe gegen die Mutter erhoben.
Ich würde unabhängig davon wie es ausgeht, alles versuchen um Antworten zu bekommen. Dabei aber alle möglichen Ergebnisse erwarten. Es sind ja deine Wurzeln und die solltest du kennen.
LG LBM
"Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es ist die Entscheidung,
dass etwas anderes wichtiger ist als die Angst."
Hi,
habe es nicht selbst erlebt, aber ich kennen den Vater einer inzwischen volljährigen Tochter sehr gut. Die Mutter ist inzwischen verstorben, die Tochter spricht bis heute nicht mit dem Vater, war auch nicht bereit ihm zuzuhören als sie sich auf der Beerdigung getroffen haben hat sie ihm nicht mal die Hand gegeben. Sie ist der Meinung er ist der A... der nie gezahlt hat und nie Kontakt wollte.
Aber die Geschichte hat zwei Seiten. Die Mutter hat sich von ihm getrennt als sie schwanger war, er durfte das Kind nie sehen. Das JA hat ihm damals erklärt, dass es besser ist wenn das Kind in einer geregelten Familie aufwächst weil ja die Mutter kurz nach der Trennung schon den nächsten geheiratet hat. Mit diesem Mann war sie allerdings auch nur kurz zusammen und hat noch ein weiteres Kind bekommen. Dann kam die Scheidung vom "Ersatzpapa" und der nächste kam. Das Spielchen gab es dann noch einmal ein paar Jahre später. Seine Versuche über JA oder Gericht etwas zu erreichen hat er nach 6 Jahren eingestellt - Selbstschutz. In der damaligen Zeit hatte er keine Chance!
Der KV hat immer gezahlt, selbst in Zeiten in denen es ihm gesundheitlich total mies ging. Er war selbstständig und lag über ein halbes Jahr im Krankenhaus, danach chronische Schmerzen wurde nie wieder der Alte. Erst als ihm seine Existenz deshalb total zusammengekracht ist hat er aufgehört zu zahlen, da war die Tochter aber schon 16! Vorher hat er mit zig Nebenjobs und Ebay verkäufen sichergestellt, dass seine Tochter immer Geld bekommt. Und gleichzeitig hat er sich um die beiden Kinder seiner neuen Frau gekümmert.
Ich habe und hatte immer viel Respekt davor mit welchem Einsatz er diesen Unterhalt bezahlt hat. Aber die Tochter weis es bis heute nicht und spricht nicht mit ihm. Er hätte ihr gerne seine Sicht der Dinge erklärt, aber die Chance dazu kam bisher noch nicht.
Die Tochter hat irgendwann mal Bafög beantragt und es nicht mal geschafft ihm einen Brief zu schreiben. Sie hat beim Amt angegeben, dass sie nicht wüsste wo er lebt (er ist die ganzen Jahre nie umgezogen) und das sie nicht bereit ist mit ihm zu sprechen weil er nie gezahlt hat. Er bekam dann ein Schreiben vom Amt, die haben dann mit ihm geklärt das er, weil inzwischen berentet nicht zahlen muss. Dieser indirekte Kontakt war das letzte was er als Lebenszeichen bekommen hat. Die Sachbearbeiterin hatte persönlich mit seiner Tochter gesprochen und ihm erzählt, dass sie äußerst schlecht auf ihn zu sprechen wäre.....
Also ja, hör dir die zweite Seite an. Versuch es zumindest. Aber du musst damit rechnen das Väter aus der damaligen Generation auch ganz anders gedacht haben. Wenn ich mir so überlege was mein Vater denkt... Der hätte uns Kinder auch bei meiner Mutter gelassen und vermutlich nicht groß Kontakt gehalten, damit die Kinder "in Ruhe aufwachsen können".
Das war damals wohl bei vielen die Denkweise und das war wohl auch vom Amt so mit gefördert. Heute denkt die Gesellschaft zum Glück anders und Väter nehmen ihre Vaterrolle auch anders an - sie sind eben nicht mehr nur hauptsächlich die Ernährer.
Viel Glück, und verrat uns was dabei rausgekommen ist.
LG
nadda
Guten Morgen,
ich bin auch ein Scheidungskind und wenn meine Geschichte auch eine andere ist, so wuerde ich dir raten wollen, dass du dich mit deinem Vater in Verbindung setzt.
Was ich kenne, ist die Ruhelosigkeit, die dich gerade einnimmt. Das hatte ich auch mal.
Meine Mutter hat sich ebenfalls von meinem Vater getrennt und wollte den Kontakt nur so laufen lassen wie es ihr passte. Da hab ich als Kind aber nicht mitgespielt. Selbst als sie mit uns Kindern nach Berlin wegzog (ca 460 km von Zuhause) hab ich auf eigene Faust meinen Dad besucht.
Das war gut so, denn er verstarb als ich 12 war -
Beide Elternteile haben ihre eigene Geschichte zu dem was passiert ist. Zum Teil passen ihre Aussagen zusammen und zum Teil nicht. Da ich beide kenne, weiss ich das einzuordnen. Und ich weiss, wem ich vertrauen kann. In diesem Fall meinem Vater (der kein Heiliger war aber ein ehrlicher Mensch).
Ich glaube schon, dass du deinen Vater kennenlernen willst (und solltest) und auch deine Fragen stellen, ungeachtet dem was du von deiner Mom weisst.
Vielleicht wollte dein Vater keine Bilder, weil es ihm weh getan haette dich zu sehen. Vielleicht hat ihm das letzte Treffen weh getan, vielleicht hat er sich gefragt, ob es gut ist, wenn du bei ihm bist aber weinst. Wer kennt seine Aengste, die er vielleicht hatte.
Vielleicht dachte er auch, und fuer damalige Verhaeltnisse gar nicht so ungewoehnlich, das du eben bei deiner nun alleinesorgeberechtigten Mutter bist und gut ists. Immerhin (war bei meinen Eltern auch so), gab es ja noch den Schuldspruch. Moechte nicht wissen wie oft die Vaeter "Schuld" waren. Man hat dann eben ein neues Leben angefangen, mit neuen Kindern im Zweifelsfall.
Gib euch beiden eine Chance - wer weiss, was daraus entsteht. Und soviele Jahre spaeter ist es fuer einen Vater vielleicht auch leichter, weil er einen erwachsenen Mann vor sich hat, mit dem laesst es sich sicher anders reden als mit einem Kind.
Trau dich, ruf ihn an und schreib ihm ein paar Zeilen und bitte um ein Treffen!
LG riviera
Hallo,
bestätigt im Prinzip meine Meinung. Kinder brauchen keine glücklichen Eltern, sondern eine Familie, sofern nicht höchstkonfliktbelastet.
Deckt sich auch mit der Meinung der Dame aus meiner Signatur,welche eine Langzeitstudie über Scheidungskidner publiziert hat.
Klar auf jedenfall. Nimm Kontakt mit ihm auf. Es ist dein Vater und wird es immer sein. Ihr habt noch viele viele Jahre vor euch.
Nutzt diese Zeit gemeinsam !!!
Das was wir unseren Kindern antun, werden sie unserer Gesellschaft antun. (Judith S.Wallerstein)
Moin
Auf die meisten Deiner Fragen wirst Du vermutlich keine Antwort bekommen. Jedenfalls keine, die Dir wirklich was erklären könnte. Du kannst Dir lediglich eine vielleicht andere Meinung bilden als bisher. Ob diese Dir dann gefallen wird bleibt abzuwarten. Ist es vielleicht auch das, was Dich bisher davon abgehalten hat, in die 'Offensive' zu gehen? Du darfst auch nicht vergessen, dass die Erinnerung eines Menschen auf seine Vergangenheit einer Änderung der tatsächlichen Geschehnisse unterworfen ist. Es wird vergessen, verklärt, an das sich ständig ändernde Weltbild angepasst.
Das, was zurück liegt, wirst Du m.E. nie verstehen können, Du kannst lediglich nach vorne schauen, und Du kannst versuchen, diesen anderen Menschen kennzulernen. Du musst nur neugierig genug sein.
Gruss oldie
PS: Ich würde dann eine schriftliche Kontaktaufnahme empfehlen, auf Papier und handgeschrieben.
Wenige sind das, was sie vorgeben zu sein.
Und wenn ich es mir recht überlege - niemand.
Ich kann deine Befürchtungen auch nicht zersträuen ohne kenne mehrere Fälle wo ein solches erstes Treffen zwar recht positiv abgelaufen ist aber der Kontakt danach doch distanziert geblieben oder wieder ganz eingeschlafen ist.
Aber wenn du nicht mit zu großen Erwartungen da ran gehst, sollte sich das emotionale Risiko begrenzen lassen.
Und ein anderes gibt es eigentlich nicht.
Ein Mann, der seine Frau verlässt, ist ein Schuft.
Ein Mann, der von seiner Frau verlassen wird, ist auch ein Schuft, denn sonst hätte sie ihn ja nicht verlassen müssen.
Moin Ethelidor,
erst Deine aktuelle Beschäftigung mit dem Thema war der Trigger, Dich überhaupt zu fragen "stimmt das eigentlich alles, was man mir mein Leben lang über meinen Vater erzählt hat?" Insofern kann ich den Vorschreibern nur beipflichten: Wenn Du es nicht herauszufinden versuchst, wird diese Frage Dich für den Rest Deines Lebens begleiten. Und irgendwann wird Dein Vater tot sein und Du wirst ihn nicht mehr fragen können.
Du musst sicher auch auf eine Enttäuschung gefasst sein, aber das gibt es an vielen Stellen im Leben: Du kannst von einem potenziellen Arbeitgeber eine Absage bekommen, von einer angebeteten Frau einen Korb, eine tolle Wohnung wird Dir vor der Nase weggeschnappt - wir alle mussten irgendwann lernen, auch Enttäuschungen wegzustecken. Trotzdem hättest Du dann wenigstens eine Schublade dafür und könntest Dir sagen "ich hab's versucht, aber es soll eben nicht sein."
Grüssles
Martin
When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.