Hallo,
nachdem vom Amtsgericht das Urteil über die Unterhaltszahlungen gefällt wurde haben wir keine Berufung eingelegt, da wir mit dem Urteil, insbesondere wegen der sehr moderaten Nachzahlungen, zufrieden waren. Wir haben, den unserer Meinung nach, etwas zu hohen KU akzeptiert und der wird auch laufend bezahlt.
Jetzt kommt ein Schreiben von der Gegenseite ans Gericht (fast 5 Monate nach dem Urteil) in dem beantragt wird , das Urteil zu "berichtigen" , da ein Schreibversehen im Urteil vorliegt!!??
Ich wurde verurteilt rückständigen KU (Differenz auf 150%) von 1.1.2004 bis 30.04.200 4 zu bezahlen. Und dann laufenden Unterhalt ab 1.5.200 5 in Höhe von 150% nach DT.
Klar fehlt da irgendwie ein Jahr. Aber es steht nun mal so im Urteil und keiner hat Berufung eingelegt. Der rückständige KU wurde sogar einer separaten Berechnung explizit im Urteil ausgewiesen.
Jetzt kommt dieses Schreiben am 9. August ans Gericht wo das Urteil doch bereits am 23. März gefällt wurde. Geht diese Berichtigung durch kann ich ja auch keine Berufung mehr einlegen, da die Frist verstrichen ist.
Hat von Euch jemand schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Ich habe noch nie etwas von einer Berichtigung eines Urteils nach ZPO §319 gehört nur von einer Berufung wenns einem nicht passt. Hätten die nicht gleich damit kommen müssen und nicht ers Monate später??
Bin jetzt etwas ratlos??
Gruß Peter
Hallo OHRI,
dann nehmen wir den 319 mal:
ZPO § 319 Berichtigung des Urteils
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluß, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluß, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluß, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.
319 Ende.
Interessant ist Absatz 3, den ich mir aber erst ein paar mal durchlesen musste, um ihn zu verstehen. Ich fusel mal auf:
(3) Gegen den Beschluß, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluß, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.
=
(3) Gegen den Beschluß, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel statt.
(und jetzt zum Interessanten:)
Gegen den Beschluß, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.
Also ab zum, RA.
Gruss,
Michael
Moin Peter,
für alle einfach einleitend den Text:
ZPO § 319 Berichtigung des Urteils
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem
Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluß, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den
Ausfertigungen vermerkt.
(3) Gegen den Beschluß, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird,
findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluß, der eine Berichtigung ausspricht,
findet sofortige Beschwerde statt.
Ob nun Schreib- oder Diktatfehler ist egal. Das Vorgehen der Gegenseite ist rechtlich ok. Dir bleibt allerdings der Weg der sofortigen Beschwerde. Nur, welches pfiffige Argument willst du vorbringen? Wie wäre es mit Vorsatz, um dir weiteren Schaden zuzufügen in der hohen Nachzahlung bedingt? Gibt es eine Art "Verjährung" oder heißt "jederzeit" auch nach Jahren? Welche Auffassung vertitt dein RA?
Ups, ich habe mehr Fragen offen als du. :redhead:
DeepThought
Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!
*lol*
Michael, da warst du 10 Sekunden schneller
Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!
Hi, das ging ja schnell,
mein RA hat sofort ein Schreiben ans Gericht verfasst. ich gebe hier mal den vollen Wortlaut wieder:
Der Antrag ist unbegründet und daher abzuweisen.
Eine Berichtigung nach der Vorschrift des &319 ZPO kommt nur dann in Betracht, wenn sich im Vergleich zwischen Tenor und Entscheidungsgründen offensichtliche Fehler ergeben. Dies ist hier nicht der Fall. Das Erstgericht hat Ziffer 2 des Urteils - richtigerweise- ab 01.05.2005, nämlich dem auf die Zustellung des Endurteils folgenden Monat für die Zukunft auf 150% des Regelbetrages (West) der Regelbetragsverordnung tenoriert. Bereits aus dem Tenor selbst ergibt sich, dass es sich um zukünftigen Unterhalt, nicht um Unterhaltsrückstand, so wie die Antragstellerin/Klägerin meint, handelt. unterhaltsrückstand wurde unter Ziffer 3 des Endurteils ausgeurteilt. Die Berechnungsgrundlage hierfür findet sich auf Seite 10 des Endurteils und entspricht damit dem Tenor unter Ziffer 3. Das Endurteil des Amtsgerichts XY ist daher zwischen Tenor und Urteilsgründen schlüssig.
Das, was die Antragstellerin/Kägerin mit dem vorliegenden Antrag begehrt, hätte mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen werden müssen. Dies hat die Antragstellerin/Klägerin unterlassen. Eine Berichtigung des Endurteils auf dem Umweg, wie beantragt, ist daher nicht zulässig und der Antrag entsprechend zurückzuweisen.
Leider ist mein RA für 3 Wochen im Urlaub und ich konnte ihn zu diesem Thema nicht mehr sprechen, da ich auf Dienstreise war.
Welcher Anwalt hat nun recht? Irgendwie haben doch beide das gleiche Gesetz?? Es sieht immer anders aus, abhängig von welcher Seite man die Sache betrachtet!
Bin mal gespannt was jetzt passiert.
Gruß Peter
Hi,
Welcher Anwalt hat nun recht? Irgendwie haben doch beide das gleiche Gesetz?? Es sieht immer anders aus, abhängig von welcher Seite man die Sache betrachtet!
Nun, dass Anwälte unterschiedliche Auffassungen vertreten, weil Gesetze eben auch unterschiedlich ausgelegt werden können, ist doch nicht neu 🙂
Wenn Tenor und Urteilsbegründung übereinstimmen, hat m.E. Dein Anwalt recht.
§319 ZPO käme zum Tragen, wenn im Tenor stehen würde 1.1.2004 bis 30.04.2004 und in der Begründung 1.1.2004 bis 30.04.2005, dann wäre das ein Schreibfehler, bzw. das Urteil wäre unschlüssig.
Gruss
sky
[Editiert am 17/8/2005 von sky]
Je mehr Käse, desto mehr Löcher. Je mehr Löcher, desto weniger Käse. Daraus folgt: Je mehr Käse, desto weniger Käse
Hi,
tja Recht hin oder her, wenn tatsächlich ein Schreibfehler vorlag warum kommt dann die Gegenseite erst nach 5 Monaten und nicht sofort.
Lebt nach einer Berichtigung die Möglichkeit zur Berufung wieder auf oder ist damit dann endgültig der Deckel zu?
Gruß Peter
Hallo Peter,
in einem Unterhaltsprozess hatte ich eine Berichtigung nach § 319 ZPO. Begründung: Schreibfehler. Das war auch wirklich ein Schreibfehler, dass der errechnete Unterhaltsbetrag falsch war, ergab sich aus dem Rest des Schreibens. Das ursprüngliche Urteil war also in sich widersprüchlich.
Gab es eine Vorkorrespondenz, in der rückständiger Unterhalt für einen längeren Zeitraum gefordert wurde? Normalerweise (wenn es kein Vergleich war) werden die Anträge und Gegenanträge im Urteil aufgeführt. Gibt es hier evtl. eine Inkonsistenz? Und selbst wenn z.B. ein Unterhalt für einen längeren Zeitraum im Antrag gefordert wurde und das Gericht diesen dann in der Urteilsbegründung ablehnen sollte bzw. nicht näher darauf eingeht, warum in der Unterhaltsberechnung ein Jahr fehlt, so ist dies immer noch kein Widerspruch.
Deine Frage ist deshalb schwer zu beantworten, weil man das gesamte Urteil im Wortlaut analysieren müsste um dies festzustellen.
Ob danach noch Berufung möglich ist weiss ich nicht. Von meinem Rechtsgefühl her schon, da nach einer Berichtigung das "richtige" Urteil ja erst nach Zustellung dieser der Berichtigung zugegangen ist. Ich bin aber kein Jurist und in unserem "Rechtsstaat" ist ja vieles möglich, was niemand versteht.
Gruß
Martin
Hallo Martin,
Ich habe den ganzen Schriftverkehr noch einmal durchgelesen.
Die Problematik liegt daran, dass in der Klage der Gegenseite schlicht und ergreifend vergessen wurde, den rückständigen Kindesunterhalt einzuklagen!! Die gegnerische RA hat in der Klage anstatt 2005 2004 geschrieben.
Das Gericht hat dann einfach nach den Zeiträumen in der Klage entschieden und nur die Beträge angepasst.
Ich wurde dann verurteilt Unterhaltsrückstand für die Kinder von 1.1.2004 bis 30.04.2004 in Höhe von insgesamt 406 Euro zubezahlen. Auf laufenden Unterhalt von 150% wurde ich dann ab 1.01.2005 verurteilt. (Wir haben 135% angeboten)
Es fehlt ein ganzes Jahr!! Aber das ist auch bereits eine Lücke in der Klage!!
Interessant ist noch dass sie 62% der Kosten das Verfahrens und ich nur 38% zu bezahlen hatte.
Eigentlich ist das ganze Urteil nicht schlüssig (für mich), da bei der Berechnung meines Nettoeinkommens weder der Betrag für die freiwillige ges. Krankenversicherung noch die Kosten für die Fahrten zu meinem Arbeitsplatz berücksichtigt wurden. In Summe wurde mir sozusagen ein 400 Euro zu hohes Nettoeinkommen zugrunde gelegt. Aufgrund der fehlenden Nachzahlungen im Urteil haben wir denn keine Berufung eigelegt weil wir in Summe etwas weniger bezahlen und wer weiß was bei einer Berufung überhaupt herauskommt. Mein Großer wird in einem halben Jahr 18 und dann müssen wir sowieso schauen wie es weitergeht.
Sollte ich aufgrund des "Schreibfehlers" jetzt trotzdem zur Nachzahlung verdonnert werden habe ich richtig Pech gehabt.
Ich sehe in Urteil und Begründug keinen Widerspruch. Ich denke wenn Unterhalt nicht gefordert dann ist er auch nicht zu zahlen.
Gruß Peter
Hallo Peter,
ich bin kein Jurist, aber wenn die Sachlage so ist wie Du sagst dann hat dein Anwalt wohl genau die richtige Antwort formuliert. Wenn Schriftverkehr, Klage und Urteil keine unterschiedlichen Zeiträume aufweisen, und ist kein Widerspruch im Urteil festzustellen, wieso sollte das Urteil dann gemäß § 319 ZPO geändert werden? Ein "Diktatversehen" oder ein "Schreibfehler" kann es dann wohl nicht sein!
Viel Erfolg!
Martin
Hi,
Lebt nach einer Berichtigung die Möglichkeit zur Berufung wieder auf oder ist damit dann endgültig der Deckel zu?
sollte dem Antrag der Gegensteite gefolgt werden, findet gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde statt. Steht doch schon weiter oben :).
Du schreibst aber selbst, dass die Gegenseite vergessen hat den rückständigen Unterhalt vollständig einzuklagen. Tenor und Urteilbegründung sind schlüssig. Da hat Gegenseite m.E. Pech gehabt.
Gruss
sky
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