Neuregelung der Bedarfsgemeinschaft für unter 25-jährige Arbeitslose
Zum 1. April tritt in Teilen das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze in Kraft. Die wichtigste Neuregelung betrifft unverheiratete, volljährige, unter 25-jährige Arbeitslose. Sie werden grundsätzlich in die Bedarfsgemeinschaft der Eltern einbezogen. Wenn sie eine eigene Wohnung beziehen wollen, müssen sie dafür die Zustimmung des Leistungsträgers einholen.
Jugendliche, die ohne Zustimmung des Leistungsträgers umziehen, erhalten bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur 80 Prozent der Regelleistung und keine Leistungen für Unterkunft und Heizung. Auch die Erstausstattung der Wohnung wird ohne die Zustimmung zum Umzug nicht übernommen.
Mit der Neuregelung soll verhindert werden, dass Bedarfsgemeinschaften nur zu dem Zweck gegründet werden, um höhere Arbeitslosengeld II - Ansprüche geltend zu machen. Fehlanreize der Vergangenheit, die zum Auszug vieler anspruchsberechtigter Jugendlicher aus dem Elternhaus führten, werden behoben.
Nur wer aus zwingenden Gründen - zum Beispiel beruflichen oder schwerwiegenden sozialen - ausziehen muss, erhält auch künftig 100 Prozent der Regelleistung und eine eigene Wohnung. Das ist beispielsweise der Fall, wenn eine Ausbildung den Umzug notwendig macht. Der Stichtag, seit dem Jugendliche eine Zulassung des kommunalen Trägers zum Auszug aus dem Elternhaus benötigen, ist der 17. Februar 2006. Arbeitslose bis 25 Jahre, die bereits eine eigene Wohnung haben, müssen aber nicht wieder ausziehen.
Weitere Neuregelung: EU-Bürger, die erstmalig zur Arbeitsuche nach Deutschland gekommen sind und zuvor nicht in Deutschland gearbeitet haben, erhalten keine Leistungen.
Weitere Regelungen des oben genannten Gesetzes treten zum 1. Juli 2006 beziehungsweise zum 1. Januar 2007 in Kraft.
Quelle: Bundesregierungsseite
Nein, es ist kein Aprilscherz: Personen zwischen 18 und 25 wird zukünftig auferlegt, sich eine eigene Wohnung genehmigen lassen zu müssen. Meiner Meinung nach ist das sicherlich nicht wirklich mit der grundgesetzlich garantierten Freizügigkeit der Niederlassung vereinbar - aber unsere Politikelite wird sicherlich auch dafür noch ein Schlupflöchlein finden.
Gruß, Xe
Hallo Xe,
natürlich ist es problematisch das mit der Freizügigkeit, aber trotzdem finde ich es ok. Denn man konnte es häufig genug in den Medien lesen, hören und sehen, das viele junge Leute einfach nur die Leistungen "abgreifen" wollten. Obwohl es nicht nötig gewesen wäre.
Todtraurig
Ich äußere nur meine Meinung.
Moin,
nun, bist du dir sicher, daß es nicht nur wie bei der "Vorbereitung der Einführung des Hartz IV" (in deren Zug von Schröder höchstpersönlich der Satz abgesondert wurde, Arbeitslose wären Faulenzer) eine gute Medienkampagne war, um ein paar Euro zu sparen? Immerhin gibt es KEINERLEI Statistiken darüber, wieviele Personen überhaupt erfasst wurden - nur halt die Meldung, daß es wohl vorkommt.
Gruß, Xe
Ich lese ja nun regelmäßig im Forum der Sachbearbeiter. Selbst wenn die Eltern-Kind-Beziehung so belastet ist, dass das "Kind" schon die Hand gegen die Mutter erhoben hat und beide sich einig sind, dass ein Zusammenleben absolut unzumutbar geworden ist, darf der junge Mensch sich keine eigene Wohnung suchen, wenn er auf Hartz IV angewiesen ist.
Möge sich jeder sein Urteil selbst bilden:
http://www.taz.de/pt/2006/03/23/a0006.1/text
Der Single-Schwindel
NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann hatte jungen Arbeitslosen massenhaften Missbrauch vorgeworfen. Zahlen belegen: Die Vorwürfe sind falsch - und Christdemokrat Laumann weiß das
VON ANDREAS WYPUTTA
Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) will seine Missbrauchsvorwürfe gegen junge Arbeitslose nicht korrigieren. "Ganze Schulklassen" würden auf Kosten der Arbeitsverwaltung von zu Hause ausziehen, hatte der Bundesvorsitzende der CDU-Sozialausschüsse im vergangenen November behauptet. Diese "Fehlentwicklungen" der Hartz-Gesetzgebung müssten dringend korrigiert werden, forderte Laumann: "Wenn jemand 20 Jahre alt ist und kein Geld hat, kann er eben nicht zu Hause ausziehen." Das Problem des Ministers: Seine Missbrauchsvorwürfe werden nicht durch Zahlen gedeckt.
Denn im größten Bundesland ist die Zahl der Ein-Personen-Haushalte, die Arbeitslosengeld II beziehen, sogar gesunken. "Nach den revidierten Daten der Bundesagentur für Arbeit betrug in Nordrhein-Westfalen der Anteil von 1-Personen-Bedarfsgemeinschaften im Februar 2005 56 Prozent und im September 2005 55,8 Prozent", schreibt Laumann in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der grünen Landtagsabgeordneten Barbara Steffens - die genaue Zahl jugendlicher Arbeitsloser, die allein leben, kann selbst die Arbeitsverwaltung bis heute nicht nennen.
Die Verschärfung der Hartz-Gesetze, im Bund von der großen Koalition aus CDU und SPD durchgesetzt, hat Nordrhein-Westfalen auf Laumanns Initiative hin dennoch unterstützt. "Dabei gab es in NRW überhaupt kein Problem", sagt die grüne Sozialexpertin Steffens. "Jugendliche werden trotzdem gegängelt." Und das mit zum Teil fatalen Folgen: Zu Hause ausziehen dürfen junge Arbeitssuchende nur noch mit Sondergenehmigung der Sozialbehörden. "Junge Menschen, die sich etwa von der von Arbeitslosigkeit geprägten Geschichte ihrer Eltern lösen wollten, bleiben chancenlos", so Steffens. "Selbst junge Frauen, die familiärer Gewalt ausgesetzt sind, müssen dies jetzt in den Arbeitsagenturen diskutieren."
Vorsichtige Kritik kommt auch von SPD-Fraktionsvize Rainer Schmeltzer: "Laumann muss aufhören, bundespolitische Entwicklungen populistisch zu kommentieren", sagt der sozialpolitische Sprecher der Sozialdemokraten im Düsseldorfer Landtag. Zur Verschärfung der Hartz-Gesetze, in Berlin besonders von SPD-Vizekanzler und Sozialminister Franz Müntefering vorangetrieben, steht aber auch Schmeltzer: "Es ist doch positiv, dass die Bundesregierung bereits reagiert hat."
Dabei wird die Gängelung der Jugendlichen auch durch bundesweite Zahlen durch nichts gedeckt: Nach Angaben der Regionaldirektion NRW der Bundesanstalt für Arbeit ist die Zahl der Haushalte, die Arbeitslosengeld II beziehen, wegen der nochmals gestiegenen Arbeitslosigkeit in den vergangenen 12 Monaten um 13,8 Prozent gewachsen. Die Zahl der Ein-Personen-Haushalte dagegen ist in Westdeutschland nur um 13,5, in Ostdeutschland um 14,4 Prozent geklettert.
CDU und SPD betrieben eine "Politik der Realitätsverweigerung", kritisiert deshalb Thomas Münch, Arbeitsmarktforscher der Fachhochschule Düsseldorf. "Das Motto führender Politiker lautet: Es kann nicht sein, was nicht sein darf."
taz NRW vom 23.3.2006, S. 1, 105 Z. (TAZ-Bericht), ANDREAS WYPUTTA
Nun Xe,
ganz von der Hand zu weisen ist es nicht. Auch habe ich Eskimas Link gelesen und erkenne das der Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) wie der Clement unter Realitätsverweigerung leidet.
Aber ich kann mich auch noch an den einen Fernsehnbericht erinnern, wo sie gerade 18jährige gezeigt haben. Mit null Ahnung von der realen Welt. In der Küche mit Herd, Geschirrspüler, Waschmaschine. Solche guten Geräte konnte/kann ich mir nicht leisten.
Vielleicht sollte man dann diese neue Vorschrift nicht absolut buchstabentreu durchsetzen. Sondern den SB´s gewisse (geringe) Auslegungsfreiheit geben.
Todtraurig
Ich äußere nur meine Meinung.
Nunja, Todtraurig,
nur, wenn das der SB durch einen in den Rahmenbedingungen festgelegten Ermessensspielraum einfach entscheidet, ist das Problem nicht nur, daß er "nach Nase" entscheiden kann (und die Anzahl der Beschwerden, die willkürliche Entscheidungen der Sachbearbeiter angreifen, nimmt kontinuierlich zu), sondern diese Entscheidungen wären bei aller möglichen Willkür nicht mal angreifbar, ähnlich der Unabhängigkeit der Richter.
Nebenbei ist das Pauschalisieren (junge Arbeitslose ziehen ja nur aus, weil sie dann mehr Geld bekommen) nur vorgeschoben, zumindest verstandesmäßig reicht auch nicht das von dir beschriebene Beispiel aus, um pauschal alle Arbeitslosen dieses Alters in einen Topf werfen zu können - noch dazu, wo bis auf den Geschirrspüler keine unüblichen Haushaltsgeräte genannt wurden, die ich nicht auch habe. Und selbst der Geschirrspüler ist kein absolt exotisches Gerät.
Lies mal die Geschichte von Tortur, dem Problem, das jemand mit 18 nicht schlagartig erwachsen wird, kann man nicht einfach mit erzwungenem Aufenthalt bei den Eltern begegnen, indem man mal eben per Gesetz die Existenzgrundlage entzieht, denn die, die ausziehen müssen, dürfen drunter leiden. Die, die ausziehen wollen, weil ihnen die Forderung der Eltern auf den Zeiger geht, sie sollen sich endlich nen Job suchen sind bereits verhunzt, daran ändert sich auch die Reduzierung der Bezüge nichts wirklich. Fürmich ist das wiede reinmal nur ein staatliches Sparmodell, und wie Hartz IV ein unsoziales dazu, denn weiter oben werden imme rnoch nicht die Steuerschlupflöcher der Großen gestopft.
Gruß, Xe