Borderline-Syndrom ...
 
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Borderline-Syndrom ?

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(@midnightwish)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Ich hab mal ne ziemlich dumme Frage. Ich hab mich ja durch ziemliche viele Beiträge hier gelesen. Langsam hab ich den Eindruck das bei jeder zweiten Mutter hier diese Persönlichkeitsstörung unterstellt wird.

Ich mag ja gar nicht bestreiten, das es solche Fälle gibt, aber wirklich so viele?

Und warum merken das die Männer erst, wenn sie ein Kind mit der Frau haben und nicht mehr mit ihr zusammenleben?

Manchmal kommt es mir so vor, aks würde das einfach mal automatisch unterstellt, wenn der KV das Kind nicht mehr sehen darf oder die Kommunikation nicht mehr klappt.

Ähnliches hab ich auch schon vom Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom gelesen, das ja inzwischen sehr umstritten ist und mit dessen Begründung Kinder Eltern/Müttern weggenommen wurden. Übringes nachgewiesen in vielen Fällen völlig zu Unrecht. Aber natürlich gibt es auch dabei Fälle, wo die KM wirklich ihrem Kind schadete und es zurecht aus der Familie genommen wurde.

Ich finds einfach seltsam, wenn ich hier immer wieder lese, das jemand eine Situation schildert, ein anderer schreibt dann: OH, das ist bei meiner Ex genauso und die hat BL. Mach dich mal schlau, ob es bei deiner Ex gemauso ist.

etwas ratlos Tina

Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 27.06.2006 11:49
(@wolfsfrau)
Rege dabei Registriert

Hallo Tina,

ich kann deine Empfindung nur voll und ganz bestätigen.

Auch ich habe das Gefühl, wenn es nicht so ganz nach den Vorstellungen der Väter/Umgangselternteile geht, wird schnell mal ne Eigendiagnose gestellt (bei bereits diagnostizierten Fällen sag ich ja ganz schnell auch nix mehr). Mich treibt das derart auf die Palme, denn hier wird eine "Modekrankheit" missbraucht, um Meinungen zu manipulieren. Das haben Väter/Umgangseltern doch eigentlich in meinen Augen gar nicht nötig!

Aber ich lass jetzt besser mal die anderen was dazu schreiben... ich polarisiere doch wohl zu sehr  😉

Herzliche Grüße
Wolfsfrau

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 11:57
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Moin,

BL wird als vorhanden angesehen, wenn 5 der 9 nachfolgenden Diagnosepunkte festgestellt werden. Also erst einmal eine Zahl, mehr nicht. Für mich persönlich ist die Qualifizierung maßgeblich. Zwei Diagnosepunkte sind Suchmittelmissbrauch und Suizidgefährdung - also für das Umfeld direkt "gefährlich". Ein Mensch, der soziale Kontakte nur nach Fürsprache/Zustimmung eingeht, ist nicht nur bei BLern zu finden. Die Komplexität als auch die zutreffenden Diagnosepunkte ergeben für mich erst die Erziehungsunfähigkeit.

( 1 ) Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden (außer Suizid oder Selbstverletzungen, siehe auch 5);

( 2 ) Ein Muster an instabilen aber intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen, das sich durch einen Wechsel zwischen den beiden Extremen der Überidealisierung und Abwertung auszeichnet;

( 3 ) Identitätsstörungen: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung;

( 4 ) Impulsivität bei mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Aktivitäten, z.B. Geldausgeben,  **tsts - ID 10**ualität, Substanzmißbrauch, Ladendiebstahl, rücksichtsloses Fahren und Fressanfälle (außer Suizid oder Selbstverlet-
zungen, siehe auch 5);

( 5 ) Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstverletzungsverhalten; Selbstmordandeutungen oder - drohungen oder Selbstverletzungsverhalten;

( 6 ) Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (z.B. hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur selten mehr als einige Tage andauern);

( 7 ) Chronisches Gefühl der Leere oder Langeweile;

( 8 ) Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren (z.B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen);

( 9 ) Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome.

BL lässt sich mit zunehmendem Alter schwerer diagostizieren, was als in der Ruhe und Erfahrung des Alters erklärt wird. Es treten dann nicht mehr gleichzeitig 5 Diagnosepunkte auf, sondern vielleicht nur noch 2 oder 3. Aber in Kombination immer wieder andere. Somit ist BL nicht diagnostizierbar (5 von 9 müssen gemeinsam auftreten), obwohl es letztlich vorhanden ist.

Ich war auf einer Veranstaltung für BL-Angehörige, geleitet durch die ltd. Psychologin des hiesigen Klinikums. BL wird zu über 80% bei Frauen diagnostiziert. Das liegt aber nicht am Geschlecht, sondern daran, dass bei Männern fürher aufgehört wird zu diagnostizieren. Mit dem Ergebnis "Ist halt ein Säufer!" oder "Ist halt ein aggressiver Autofahrer" ist bei Männern Schluss. Die leitende Psychologin geht von einem Geschlechtergleichgewicht aus. Belegen kann sie es nicht. Ihre Erklärung ist für mich plausibel.

Borderline ist nicht heilbar. Diese Antwort konnte ich ihr durch unnachgiebiges Nachfragen "zähneknirschend entlocken". Begründung siehe oben (gemeinsames Auftreten der Diagnosepunkte). Durch die Einnahme von Psychopharamaka können die Folgen für den BLer und dessen Umfeld gemildert werden.

BLer üben eine gewisse Fazination aus. Hinzu kommt, dass zu Anfang der Beziehung der Partner auf einen Thron gestellt wird. Wer wäre da nicht geschmeichelt?  🙂 Das (böse) Erwachen kommt, wenn erste Meinungsverschiedenheiten auftreten, weil man flugs vom Thron in die Hölle gebeamt wird. Ab diesem Moment ist die bedingungslose Idealisierung durch den BLer beendet und die Achterbahn nimmt Fahrt auf.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 12:03
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Nachtrag:

Ich halte BL nicht für eine Modediagnose. Wenn schon das BMG versucht, diese Erkrankung als Behinderung zu platzieren und man möge doch bitte schön Mitleid mit den armen Würstchen haben, dann ist der Bock fetter als wir ahnen.

Im gleichen Atemzug müsste dann überlegt, ob AD(H)S eine Modediagnose ist. Ebenso die unsägliche Cholosterin-Diskussion, das Sissy-Syndrom usw. usf. Wer "Die Krankheitsmacher" gelesen hat, kann gewisse Argumenten nicht wegwischen. Die Diskussion zu AD(H)S allerdings wurde schon hier geführt und ich würde sie ungern neu anheizen.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
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AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 12:07
(@wolfsfrau)
Rege dabei Registriert

Hallo Deep und alle anderen,

kommen nicht einige, wenn nicht sogar alle Verhaltensweisen auch und eben gerade in Krisensituationen, wie Trennung und Scheidung vor?

Denn z.B. 1, 2, 3, 4, vielleicht auch 5, 6, 7 und auch 8 erlebe ich in den berichteten Trennungssituation häufig auf beiden Seiten. In welcher Intensität hängt von der jeweiligen Situation ab (wer wurde verlassen usw.).

Was mich ärgert, ist einfach die Tatsache, dass den Müttern (ich hätt noch nicht erlebt, dass eine Mutter einem Vater Borderline unterstellt hätt, die denken sich eher was andres aus...) einfach mal ganz schnell eine solche Krankheit (die durchaus als solche zu sehen ist und eben nicht negiert werden darf, wenn sie denn diagnostiziert wurde und selbst dabei tun sich ja die Ärzte schon schwer!) unterstellt wird.

Herzliche Grüße
Wolfsfrau

P.S.: AD(H)S ist in meinen Augen eine "Mode"diagnose. Auch hier gilt für mich: genauer hinschauen! Ansonsten schließ ich mich Deep an, diese Diskussion AD(H)S würde auch ich ungern wieder anheizen.

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 12:16
(@midnightwish)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hm,

deep erstmal danke für deine Ausführungen. Sehr interessant.

Du hast sicher recht, das es sog. Modekrankheiten gibt. Wobei sich bei mir immer irgendwie das GEfühl beschleicht das man alles, was man nicht in ein "normales" Bild pressen kann, gleich mit einer dieser Modekrankheiten belegt.Andersrum lernt man ja imr mehr und kann immer mehr wirklich diagnostizieren, was man früher halt nur als irgendwie verrückt oder anderes abgetan hat.

Aber vieles von dem was du schreisbt "passiert" jedem völlig normalen Menschen und ich glaub gerade in Krisen kann das eine oder andere mitauftreten.

Ich kann auch mal nen ziemlichen Wutausbrauch bekommen (zwar selten, aber immerhin), nach einer Trennung war ich durchaus deprimiert, antreibslos und manchmal fahre ich auch etwas rücksichtslos (das Verhalten stammt noch aus meiner Malteserzeit  :redhead:)

Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 27.06.2006 12:23
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Nunja, Wolfsfrau, es geht bei BL um etablierte Verhaltsmuster. Wenn jemand in einer Trennungssituation kurz mal erwägt sich hinter einen Zug zu schmeißen oder mit einer offenen Milchtüte den Arm abzutrennen, ist das ja nicht etablierte Verhaltensweise. Zudem müssen 5 der 9 Punkte gleichzeitig auftreten, damit BL "rechtskräftig" diagnostiziert ist.

DeepThought

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AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 12:25
(@midnightwish)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hallo Wolfsfrau und deep,

nein eine ADS-Diskussion will ich wirklich nicht anheizen. Da bin ich genauso gespalten wie bei BL.

Ich denke bei jeder Diagnose muß genau hingeschaut werden und nicht vorschnell was aus dem Hut gezaubert, weil es in das Bild der Krankheit passt.

Ich hab z.B. auch ein Söhnchen, dem man zumindest ab und zu von aussen ADS unterstellen könnte. Is aber nicht, es liegt daran, das er wie viele Kidenr, heftig auf zuviel Zucker reagiert und das er oft unterfordert ist und deshalb "austickt". Sobald er geistig genug gefordert ist, ist er völlig ausgeglichen. Ok, war jetzt offtopic.

Also, ich hab jetzt schonmal verstanden as man das nicht so einfach diagnostizieren kann und das es mit steigenden Alter immer schwieriger wird.

Aber gerade dann müßte man doch vorsichtiger mit solchen Aussagen sein. Und nur dann damit kommen, wenn es wirklich diagnostiziert wurde.

Auf der anderen Seite stell ich mir die Frage, ob Väter bei solchen Krankheitsbildern nicht alles daran setzen müssen, um das Kind aus dieser Umgebeung und Gefährdung zu bekommen. Ich weiß, viele würden das gerne, ahben aber keine Chance.

Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 27.06.2006 12:30
 Uli
(@Uli)

Aber gerade dann müßte man doch vorsichtiger mit solchen Aussagen sein. Und nur dann damit kommen, wenn es wirklich diagnostiziert wurde.

Ich denke nicht, dass wir hier klinisch, therapeutisch relevante Diagnosen stellen wollen. Man sucht aber immer nach einem Modell, dass es einem ermöglicht, unerklärliches Verhalten verstehen zu können. Ich habe hier im Forum deshalb auch schon mal den Begriff des Borderline-like-Syndroms eingebracht. Das, was hier durchgehend nie beobachtet wird, ist die typische Selbstverletzung, dieses Blut fließen sehen wollen.

Wenn hier jemand sagt, meine Ex ist BL, dann kann man sich einfach vorstellen, was er durchgemacht hat, ohne jedes Detail schildern zu müssen. Betrachten wir es einfach so.

Uli

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 12:44
DeepThought
(@deepthought)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Moin,

Ich denke bei jeder Diagnose muß genau hingeschaut werden und nicht vorschnell was aus dem Hut gezaubert, weil es in das Bild der Krankheit passt.

Das wird sicherlich das eine oder andere Mal passieren, besonders bei Menschen, die sich nur oberflächlich damit beschäftigen oder in "Hurra. Das ist die Lösung. Ich habe keine Schuld"-Denken behaftet sind. Auf der anderen Seite sind BL-Angehörige gepeinigt von Schuldgefühlen und Selbstunsicherheit. Sie können bei starker BL-Ausprägung machen was sie wollen - es ist falsch.

Aber gerade dann müßte man doch vorsichtiger mit solchen Aussagen sein. Und nur dann damit kommen, wenn es wirklich diagnostiziert wurde.

Und genau diese Diagnose wird nicht gestellt. Ich habe viele Gespräche geführt. Eines mündete in der Aussage: "Ja, BL gibt es. Ja, BL ist sehr ernst zu nehmen. Nein, wir dürfen es nicht diagnostizieren." Auf Seiten der Betroffenen findet eine ja fast Hexenjagd statt, auf seiten der Beschützindustrie hagelt es Beschwichtigung (>hier<).

Auf der anderen Seite stell ich mir die Frage, ob Väter bei solchen Krankheitsbildern nicht alles daran setzen müssen, um das Kind aus dieser Umgebeung und Gefährdung zu bekommen. Ich weiß, viele würden das gerne, ahben aber keine Chance.

Da liegt ja die Crux. Zum einen greift Mütterschutz, zum anderen die Pfui-Diagnose. Und wenn das arme Hascherl nun schon BL hat, dann ist für ihr Seelenheil es wirklich nicht gut, nun auch noch die Kinder zu verlieren. Nicht meine Argumente, sondern die eines Richters.

DeepThought

Der 15. Senat des OLG Celle befindet vatersein.de
in den Verfahren 15 UF 234/06 und 15 UF 235/06
als "professionell anmutend".
Meinen aufrichtigen Dank!

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 12:48




(@brille007)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Moin @ll,

ich denke, Uli hat das Phänomen hiermit sehr gut beschrieben:

Ich habe hier im Forum deshalb auch schon mal den Begriff des Borderline-like-Syndroms eingebracht.
[...]
Wenn hier jemand sagt, meine Ex ist BL, dann kann man sich einfach vorstellen, was er durchgemacht hat, ohne jedes Detail schildern zu müssen. Betrachten wir es einfach so.

Die Übergänge sind fliessend. So wie der eine drei Bier hintereinander trinkt, weil er einen Mega-Durst hat und ein anderer, weil er Alkoholiker ist - identisches Verhalten bei sehr unterschiedlichen Ursachen.

Tatsache ist einfach - und daran muss man immer wieder erinnern - dass unsere Rechtssprechung mütterlastig ist, weil irrigerweise davon ausgegangen wird, dass Mütter grundsätzlich gut sind und immer nur das Beste für ihre Kinder wollen, während Vätern eher "Katerinstinkte" unterstellt werden.

Hinzu kommt, dass eine Familie (die intimste Gesellschaftsform überhaupt!) in Deutschland nur mit den Mitteln des Strafrechts aufgelöst werden kann: Man braucht Anwälte, Richter, Gerichte und Behörden. Das verführt den Partner mit der "moralisch stärkeren Position" (in aller Regel eben die Frauen), diese Mittel auch vollumfänglich einzusetzen. Jede Gegenwehr von väterlicher Seite wird dann nachträglich als Rechtfertigung dafür benutzt, den anderen nicht wie den zweiten, verantwortungsvollen Elternteil zu behandeln, der seiner selbstgewählten Aufgabe bestmöglich nachkommen möchte, sondern als Gegner, oft sogar als Feind, der mit allen Mitteln bekämpft werden darf und muss.

Das soziale Umfeld ermutigt Frauen, sich so zu verhalten; nicht zuletzt, weil das Faktum "Kinder sind bei der Mutter" ein vermeintlicher Unschuldsbeweis am Scheitern der Ehe ist: Die Mutter, die die Kinder behält, ist "die Gute", das arme Opfer. In dieser Konstellation, deretwegen vatersein.de überhaupt erst entstanden ist, ändert sich für solche Mütter wenig; für die betroffenen Väter dagegen praktisch das ganze Leben.

Alles in allem sind das für manche Frauen starke Motive, ein Verhalten an den Tag zu legen, das nichts mehr mit der Frau zu tun hat, die man einmal geheiratet und/oder die man sich einmal als Mutter der gemeinsamen Kinder "ausgesucht" hat - man(n) erkennt diesen Menschen nicht wieder. Eine der möglichen Deutungen ist dann BL, aber wie gesagt: Die Grenzen sind fliessend. Auch ein Alkoholiker ist mit der Flasche im Hals ein komplett anderer Mensch als in seinen trockenen Phasen.

Ich empfehle immer wieder die Lektüre des Aufsatzes "Die Familienterroristin" von Erin Pizzey; auch dort finden sich viele bekannte Verhaltensweisen, ohne dass man gleich BL als Erklärung bemühen müsste:

http://www.vev.ch/lit/pizzey.htm

Grüssles aus'm Wilden Süden
Martin

When a mosquito lands on your testicles you realize that there is always a way to solve problems without using violence.

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 13:50
 kuwe
(@kuwe)

Moin Tina,

ich kann aus eigener leidvoller Erfahrung sagen, daß es keine Modediagnose ist, daß die Herren Familienrichter das Wort aber gern aufnehmen, um die psychische Störung der Betroffenen zu negieren und es auf "Streitigkeiten zwischen Erwachsenen" hinunterstufen. Was mich auch stört, ist, daß BL in der Öffentlichkeit immer mit dem Klischee der Frau, die sich die Haut aufritzt, in Zusammenhang gebracht wird. Selbstverletzung ist nur EIN Symptom, daß auch nicht unbedingt bei jedem auftreten muß.
Ich glaube sogar mittlerweile, daß diese Störung verbreiteter ist, als man gemeinhin annimmt.
Da es aber keine der "klassischen" Krankheiten ist, tun sich Richter und Jugendämter schwer, diese als Fakt anzuerkennen und ziehen sich dann auf "Modediagnose" zurück. Wenn man sich mal gesamtgesellschaftlich umschaut, sind psychische Krankheiten auch schwer auf dem Vormarsch, was die unterschiedlichsten Gründe hat. Automation im Beruf, zunehmende Vereinsamung der Menschen und und und....
Viele BL-er streiten ja auch rundweg ab, überhaupt erkrankt zu sein und halten eher ihre Umwelt oder ihr Umfeld für krank und tun sich schwer damit, irgendeine Hilfe anzunehmen. Damit ich selbst nicht ewig und drei Tage mit einem Halbwissen durch die Gegend laufe, habe ich mit ein paar anderen Angehörigen eine Selbsthilfegruppe gegründet, die zumindest mir selbst den Umgang mit der Krankheit der KM erleichtern soll. Da in der Gruppe alle nur mit demselben Halbwissen durch die Gegend laufen, haben wir in der nächsten Woche eine Expertin eingeladen, die mehr über diese Krankheit weiß und sagen kann.
Es gibt zwar sehr gute Bücher über BL, aber Bücher sind nicht alles.
Es ist auf jeden Fall keine Kinderkrankheit und heilbar ist sie auch nicht.
Man kann nur mit der Zeit versuchen, die Symptome in den Griff zu bekommen.
Dazu muß aber die/der Erkrankte mitspielen.
Es ist aber schön, daß Du die Diskussion über BL wieder aufgeworfen hast.
Ich stelle eher die umgekehrte These auf, daß viele in der Gesellschaft durch die Gegend laufen, die Borderline-erkrankt sind, aber es selbst nicht wissen oder es negieren. Ich möchte die Dunkelziffer dieser Personen lieber gar nicht wissen....

Gruß Kuwe

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 14:23
(@eskima)
(Fast) Eigentumsrecht Registriert

Moin,

zum Thema ob BL heilbar ist, höre ich immer wieder unterschiedliche Meinungen. Hier vertreten die Ärzte die Meinung, dass BL zwar heilbar sei, aber es sei sehr schwer, würde sehr lange dauern und eben auch nicht bei jedem.

Muss ich mir das in etwa so vorstellen wie bei einem trockenen Alkoholiker? So wirklich geheilt wird er nie sein, aber wenn er sich an gewisse Regeln hält, dann ist er gesund?

LG

eskima

Urteile nie über einen Menschen, bevor du nicht sieben Meilen in seinen Schuhen gegangen bist - Indianische Lebensweisheit

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 14:34
(@midnightwish)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hallo kuwe,

ich hab ja auch nie gesagt, das ich es für eine Modekrankheit halte. Ich wollte eher rausfinden warum und ob dieses Krankheitsbild nicht manchmal vorschnell als Lösung für Proleme hingestellt wird, die eine ganz andere Ursache haben.

Aber ich merke so langsam das das Ganze eine ziemlich schwierige Sache ist, die man wohl weder schwarz noch weiß betrachten kann. Und ich beginne zu verstehen warum sich alle damit so schwer tun, es zu verneinen oder zu bejahen/diagnostizieren.

Wäre schön ,wenn du mal von eurer Expertin berichtest.

LG Tina

Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 27.06.2006 14:38
 kuwe
(@kuwe)

Hallo Eskima,

so wie ich die Krankheit bisher verstehe - aber wie gesagt ich bin auch medizinischer Laie- kriegen BL-er mit der Zeit die Symptome in den Griff, die Krankheit bleibt aber.
In dem Forum, in dem ich mich eine Zeitlang rumtrieb www.borderline-community.de
haben mir Betroffene das so geschildert. Auch wie sich ihr Verhalten auf Familie, Beziehung usw. ausgewirkt hat....
Der Vergleich mit einem Suchtkranken ist gar nicht mal so weit hervorgeholt....
Denn wichtig ist, daß die Betroffenen sich überhaupt der Diagnose stellen und WER diese Diagnose überhaupt gestellt hat. Das sind in unserer Gruppe auch so ziemlich die zuerst gestellte Fragen...
Auch kann man nie sagen, daß ist ja das tückische an BL , daß es einen speziellen Mustermensch-Borderliner gibt, gleichwohl gibt es im Verhalten der BL-Erkrankten große Ähnlichkeiten....was speziell die Erkrankten nicht erkennen (wollen), denn die meisten halten sich für eine ziemlich einmalige Erscheinung (was auch wieder unter die Symptome fällt)....
Welcher Vergleich mir am besten gefällt , ist eigentlich viel platter: Es ist ein Faß ohne Boden....leider...

Gruß Kuwe

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 14:43
 kuwe
(@kuwe)

@ Die Mystiks

ich würde mal anregen wollen, alle bisherigen Threads wegen den Themas zusammenzufassen.  Ich will mich jetzt und in Zukunft nicht als Experte aufspielen, aber ich denke, daß ich noch eine Menge Input zu dem Thema bekommen werde.
Deswegen könnte man das denke ich in einem Thread zusammenfassen, vielleicht kann Deep das ja irgendwie managen, wäre jedenfalls mein Vorschlag, besser als irgendwo immer entweder einen alten Thread hervorzukramen oder ständig neue aufzumachen....

Gruß Kuwe

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 14:48
(@midnightwish)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

:redhead:

ups, das es schonmal einen Threat gab war mir entgangen

Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 27.06.2006 14:53
(@wolfsfrau)
Rege dabei Registriert

Hai @all,

ich würde ja eher bei Erkrankten so vergleichen wollen:

Diese Krankheit ist wie Krebs, immer latent vorhanden, auch wenn er nicht zum Ausbruch, oder wieder zum Ausbruch kommt.

Mir geht es aber gar nicht darum, dass es diese Krankheit nicht gibt oder geben kann, sondern um den verantwortungslosen Umgang mit solchen  Vorwürfen der Expartner. Ich klammere ganz explizit die Fälle aus (wie bei kuwe), in denen die Krankheit bereits von qualifizierten Fachkräften diagnostiziert wurde.
Denn durch die vielen (haltlosen) unqaulifizierten Vorwürfe werden eben solche Krankheitsbilder dann bei Richtern und Jugendämtern nciht mehr ernst genommen!

Wenn ich solche Texte lese:
Die Grundstimmungen der Borderlinepersönlichkeit sind häufig überaktiv oder pessimistisch. Von dieser Grundstimmung lassen sich jedoch auffällige Stimmungsschwankungen in Richtung Depression, Reizbarkeit oder Angst beobachten. dann meine ich, dass das genau so auf manisch-depressive Menschen zutrifft...

oder wenn dann unter Literatur steht:
Bach, G. R. und Wyden, P. Streiten verbindet: Spielregeln für Liebe und Ehe.
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Schulz von Thun, Friedemann. Miteinander reden 1. rororo.
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Schulz von Thun, Friedemann. Miteinander reden 2. rororo.
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Schulz von Thun, Friedemann. Miteinander reden 3: Das 'innere Team' und situationsgerechte Kommunikation. rororo.
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Seligman, Martin. Pessimisten küßt man nicht. Optimismus kann man lernen.
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dann sind das alles Bücher, die mir gar nichts über Borderline-Krankheiten sagen, sondern lediglich Rhetorik und Kommunikation im Wesentlichen erklären.

Sorry, aber das sind für mich keinerlei wissenschaftliche Abhandlungen über eine Krankheit im Sinne der Medizin.

Die findet sich dann doch eher hier:
http://www.psychiatrie.de/diagnosen/borderline/ und dort ist auch verzeichnet, dass: "Untersuchungen haben ergeben, dass rund zwei Prozent der erwachsenen Bevölkerung an einer Borderline-Störungen leiden. " Also wesentlich weniger, als hier von Expartnern vermutet (nochmal: bereits diagnostizierte Fälle schließe ich aus!) wird.

Nachdenkliche Grüße
Wolfsfrau

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 15:58
 Uli
(@Uli)

dass: "Untersuchungen haben ergeben, dass rund zwei Prozent der erwachsenen Bevölkerung an einer Borderline-Störungen leiden. " Also wesentlich weniger, als hier von Expartnern vermutet (nochmal: bereits diagnostizierte Fälle schließe ich aus!) wird.

Liebe Wolfsfrau,

wir sind hier ein ausgewähltes Kollektiv! D.h. hier häufen derartige Persönlichkeiten zwangsläufig, denn bei BL gibt es keine "harmonische Trennung". Eine Verbreitung von 2% in der Allgemeinbevölkerung kann locker 20% in einem Forum wie VS ausmachen!

Uli

AntwortZitat
Geschrieben : 27.06.2006 16:22
(@midnightwish)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

@ wolfsfau:

Ich bin da im Moment auch sehr nachdenklich. Ich unterscheide ja auch zwischen Fällen, wo es eine Diagnose gibt und Fällen, wo es eben aufgrund von Beobachtungen unterstellt wird.

So langsam verstehe ich aber eben hierauch, warum das in Zwistigkeiten gerne mal ins Feld geführt wird. Genauso kritisch sehe ich aber auch das Mittel von KM schnell mal mit Mißbrauchsvorwürfen zu kommen, um einen unliebsamen KV zu entsorgen.

Deswegen meine Frage, ob es nicht manchmal vorschnell als Erklärung für bestimmte Verhaltensweisen der KM hergenommen wird ohne das wirklich eine professionelle Diagnose dahintersteht. Meine Beobachtung war eben ,das hier doch ab und zu, das Kürzel BL eingeworfen wird und dann im weitern der TE das gerne übernimmt und fortan davon spricht das die EX BL hat...

mich macht das ganze ziemlich nachdenklich. Auch das was kuwe geschrieben hat. Nur frag ich mich dann dich imemr wieder, wie mann oder frau an gemeinsame Kinder denken kann, wenn Probleme ja schon bekannt sind, aber das frag ich mich auch bei Suchtkranken, wie man trotz Siucht dann noch ein gemeinsames Kind ins Auge fasst.

Oder liegt da irgendwo auch die Hoffnung das sich alle ändert, wenn erstmal ein Kind, also eine Aufgabe da ist. Weil. so wie ich´s verstanden hab, lässt sich BL ja nicht über einben längeren Zeitraum verschleiern

Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 27.06.2006 16:23




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