Unterhaltsanspruch ...
 
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Unterhaltsanspruch 2. Kind das mit mir lebt

 
(@entzauberter)
Schon was gesagt Registriert

Hallo,

ich zahle seit Jahren den vom JA geforderten Kindesunterhalt an die Kindesmutter eines Kindes, das nicht mit mir lebt. Vor wenigen Monaten wurde ich erneut Vater von einem Kind, das in meinem Haushalt lebt. Ist es nun so, dass der Unterhalt entsprechend des Alters der Kinder aufgeteilt werden muss oder hat das 2. Kind keinen Anspruch solange es mit mir zusammen lebt?
Es ist so, dass bei mir in Kürze die Berechnung eines neuen Titels ansteht und ich gern vorher wissen möchte wieviel die Mutter des Kindes mit dem ich nicht zusammen lebe von mir mit Hilfe des JAs bekommen kann.

Zitat
Themenstarter Geschrieben : 21.12.2013 23:59
(@emilian)
Rege dabei Registriert

Hallo Entzauberter,
grundsätzlich schuldest du deinem Kind den Mindestunterhalt. Daran ändert sich auch nichts, wenn nun ein weiteres Kind mit der neuen Partnerin dazugekommen ist, der gegenüber du nun auch unterhaltspflichtig bist.
Wenn du also bisher den Mindestunterhalt gezahlt hast, bleibt es auch in Zukunft dabei. Wenn du bisher nach einer höheren Einkommensstufe gezahlt hast, könnte sich der Unterhaltsbetrag vermindern, da nun statt einem Unterhaltsberechtigten drei zu versorgen sind. Gegebenenfalls musst du dann die Abänderung des bisherigen Titels anstreben.
Um aber Genaueres dazu sagen zu können, müsste man die Höhe deines bereinigten Nettoeinkommens wissen und die Höhe des bisher gezahlten Kindesunterhalts.
Gruß
E.

AntwortZitat
Geschrieben : 22.12.2013 15:57
(@malachit)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hallo zusammen,

Wenn du also bisher den Mindestunterhalt gezahlt hast, bleibt es auch in Zukunft dabei.

@Emilian, in dieser Absolutheit ist deine Aussage schlicht und ergreifend falsch! Bei der derzeitigen Gestaltung der Düsseldorfer Tabelle dürfte es sogar eher die Regel als die Ausnahme sein, dass jemand, der bei einem Kind gerade mal den sogenannten Mindestunterhalt aufbringen kann, mit dem zweiten Kind bereits zum Mangelfall wird!

Die Unterhaltspflicht hat der Entzauberte nämlich selbstverständlich für beide Kinder und wenn sein Einkommen nicht reicht, um den Mindestunterhalt für beide Kinder aufzubringen ohne dabei den Selbstbehalt zu unterschreiten, dann wird das verfügbare Geld (d.h. das, was den Selbstbehalt überschreitet) auf beide Kinder verteilt. Heißt also im Klartext: Der Mindestunterhalt wird für beide Kinder unterschritten - genau das ist der bereits erwähnte Mangelfall. Und wie der Entzauberte selbst schon richtig vermutet hat, spielt dabei das Alter der Kinder eine Rolle; jedenfalls dann, wenn sich die Kinder in unterschiedlichen Altersgruppen der Düsseldorfer Tabelle befinden: Es wird dann nämlich nicht Halbe-Halbe gemacht, sondern das verfügbare Geld wird anhand der Quote aufgeteilt, die sich aus den eigentlich fälligen Zahlbeträgen ergibt. Das ältere Kind erhält also etwas mehr als das jüngere Kind.

Wenn du bisher nach einer höheren Einkommensstufe gezahlt hast, könnte sich der Unterhaltsbetrag vermindern, da nun statt einem Unterhaltsberechtigten drei zu versorgen sind.

Auch das ist zu präzisieren: Der Unterhaltsbetrag wird sich in solchen Fällen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermindern, wenn auch meistens nur in der Größenordnung von vielleicht zwanzig oder vierzig Euro pro Monat. Entweder wurde bislang, da nur ein Unterhaltsberechtigter, der Unterhalt um eine Zeile heraufgesetzt - dann geht es jetzt, wo es drei Unterhaltsberechtigte sind, demgegenüber um zwei Zeilen runter (d.h. vorher ging's eine rauf, jetzt geht es eine runter). Oder, falls es keine Heraufsetzung gegeben haben sollte (eher unwahrscheinlich, da ein Jugendamt die Berechnung gemacht hat), dann geht es jetzt immerhin um eine Zeile runter. Und solche Spezialitäten wie z.B. eine eventuelle Unterschreitung des zugehörigen Bedarfskontrollbetrags könnten ggf. sogar noch eine weitere Herabsetzung bewirken, aber das muss man anhand der konkreten Zahlen prüfen.

Korrekt ist allerdings, dass der vorhandene Titel erst mal geändert werden muss (entweder freiwillig durch die KM, oder sonst per Abänderungsklage), sonst gilt der alte Titel nämlich leider erst mal unverändert weiter.

Um zu beurteilen, wie's mit dem Unterhalt nun tatsächlich aussieht, brauchen wir allerdings tatsächlich wesentlich mehr Information. @entzauberter: Ich brauch' dann mal das Alter des anderen Kindes, dein durchschnittliches Nettoeinkommen der vergangenen 12 Monate (also incl. anteiligem Weihnachtsgeld u.ä.), deine Abzugsposten für die Bereinigung des Einkommens (insbesondere berufsbedingte Kosten, und wenn vorhanden, Beiträge zu zusätzlicher Altersvorsorge wie z.B. Riester), eventuelle weitere Einkünfte, und bitte auch das Oberlandesgericht, das für den Fall zuständig ist (d.h. das OLG am Wohnort des Kindes - falls für die zwei Kinder jeweils ein unterschiedliches OLG zuständig ist, dann bitte beide, aber in solchen Fällen kann's im Detail richtig haarig werden).

Ich denke, es ist hilfreich, wenn wir die Sache hier mal durchrechnen, noch bevor du dich erneut mit dem Jugendamt auseinandersetzt.

Viele liebe Grüße,

Malachit.

Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.

AntwortZitat
Geschrieben : 22.12.2013 20:26
(@emilian)
Rege dabei Registriert

Hallo Malachit,
deine Einwände sind selbstverständlich richtig, aber ich habe hier bewusst darauf verzichtet, die Möglichkeit des Mangelfalls und die damit verbundene Problematik in Betracht zu ziehen, denn, wie du ja auch schreibst:

Um zu beurteilen, wie's mit dem Unterhalt nun tatsächlich aussieht, brauchen wir allerdings tatsächlich wesentlich mehr Information.

Gruß
E.

AntwortZitat
Geschrieben : 22.12.2013 20:49
(@malachit)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hallo Emilian,

aber ich habe hier bewusst darauf verzichtet, die Möglichkeit des Mangelfalls und die damit verbundene Problematik in Betracht zu ziehen

Genau hier lag doch das Problem: In der von dir geschilderten Situation, nämlich "Wenn du also bisher den Mindestunterhalt gezahlt hast" und das für ein einziges Kind, da hast du beim zweiten Kind bereits definitiv den Mangelfall; es sei denn, der Unterhaltspflichtige wäre bei der ursprünglichen Berechnung zu günstig davongekommen, oder seine finanzielle Situation hätte sich seitdem deutlich gebessert.

Begründung:

Wo genau liegt denn bei einer einzigen Unterhaltspflicht und korrekter Berechnung die Grenze zwischen dem Mindestunterhalt und der 2. Zeile der Düsseldorfer Tabelle? Ich nehme hierfür, willkürlich, ein Kind in der ersten Altersgruppe (mit den anderen Altersgruppen verhält es sich ähnlich, aber ich spare mir die Detail-Berechnung): Bei einem bereinigten Netto von 1.341 Euro erfolgt zwar zunächst Einstufung nach Zeile 1, aber dann Hochstufung wegen nur eines Unterhaltsberechtigten; also Zeile 2, und somit 241 Euro Zahlbetrag. Dem Pflichtigen bleiben 1.100 Euro, damit ist der Bedarfskontrollbetrag der 2. Zeile gerade eben so gewahrt, also passt das so. Ist das Einkommen um 1 Euro geringer, so ist der BKB bereits gerissen, es erfolgt eine Rückstufung in die 1. Zeile; also Mindestunterhalt.

Das bedeutet - wer "nur" ein Kind hat, und 1.340 Euro oder sogar weniger bereinigtes Netto, der landet beim Mindestunterhalt; bereits ab 1.341 Euro zahlt man mehr als den Mindestunterhalt. Der von dir angenommene Fall (1 Kind, Mindestunterhalt) bezieht sich also auf ein bereinigtes Netto von maximal 1.340 Euro; mit diesem Einkommen ist man aber bei zwei Kindern definitiv ein Mangelfall, sogar wenn wir realistischerweise annehmen, dass im Mangelfall die Abzugsposten für die Bereinigung des Einkommens radikal zusammengestrichen werden.

Yo, das klingt natürlich nach Rechthaber-Modus meinerseits, und irgendwie ist es das wohl auch; aber im Kern geht es mir um etwas anderes: Ich möchte nicht, dass der Entzauberte (oder irgendein stiller Mitleser, der ein vergleichbares Problem hat) die ursprüngliche Aussage liest - und dann schicksalsergeben den Mindestunterhalt für sein älteres Kind weiterzahlt in dem Irrglauben, das sei halt so. In Wirklichkeit beraubt er damit aber sein jüngeres Kind zugunsten seines älteren Kindes - und das gehört zu jenen Dingen, bei denen ich nun mal nicht meine Klappe halten kann.

Viele liebe Grüße,

Malachit.

Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.

AntwortZitat
Geschrieben : 23.12.2013 00:10
(@entzauberter)
Schon was gesagt Registriert

@Malachit und Emilian: Danke schonmal für Eure Beiträge!

Zu den weiteren Details:
Meine Einkommenssituation sieht so aus, dass ich seit kurzem ALG 1 bekomme und zwar 958 Euro. Damit bin ich Mangelfall und für den Unterhalt kann ich 158 Euro aufbringen. Rentenvorsorge oder Ähnliches was noch Abzüge bringen könnte betreibe ich zur Zeit nicht. Das eine Kind ist 14 Jahre alt und das andere 1 Jahr. Ich frage mich ob es überhaupt zu einem neuen Titel kommt, solange ich keinen neuen Job gefunden habe.
Grundsätzlich wollte ich aber erstmal nur wissen, ob es irgendeinen Einfluss hat, ob das eine Kind in meinem Haushalt mitlebt oder nicht. Den bisherigen Antworten nach scheint es keinen Einfluss zu haben. Mit anderen Worten meine jetzige Lebensgefährtin muss also nicht erst ausziehen und selbst zum JA gehen und um Beihilfe bitten um ihre Ansprüche vor dem JA des Kindes, dass nicht mit mir lebt geltend zu machen (?).

Gruß entzauberter

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 23.12.2013 12:23
(@entzauberter)
Schon was gesagt Registriert

PS:

ich vergaß noch zu erwähnen, dass ein neuer Titel nicht aufgrund einer Abänderung von meiner Seite aus ansteht sondern weil der alte ausgelaufen ist, da ich diesen wie auch alle bisherigen zeitlich limitieren ließ (mit dementsprechend viel zu ertragender Abscheu seitens einiger (nicht aller) JA Urkundsbeamten).

(...die Leser mögen den drastischen -dass vs. das-Fehler im letzten Satz meines letzen postings bitte entschuldigen...)

Gruß entzauberter

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 23.12.2013 12:34
(@malachit)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hallo Entzauberter,

Rentenvorsorge oder Ähnliches was noch Abzüge bringen könnte betreibe ich zur Zeit nicht.

Würde dir im Mangelfall normalerweise auch nichts nützen, d.h. sei froh, dass du keine diesbezüglichen Verträge an der Backe hast; es wird für dich jetzt nämlich so oder so heftig genug:

Meine Einkommenssituation sieht so aus, dass ich seit kurzem ALG 1 bekomme und zwar 958 Euro.

Arbeitslosigkeit gilt im unterhaltsrechtlichen Sinne nämlich als "vorübergehendes Ereignis", das sich frühestens nach sechs Monaten mindernd auf die Unterhaltspflicht auswirkt; du kannst also sonstwas darauf verwetten, dass das Jugendamt versuchen wird, dir einen Titel gemäß deines alten Einkommens ans Bein zu binden. Diese Besonderheit des deutschen Familienunrechts ist nicht nur deshalb pervers, weil sie jedem arbeitslos werdenden Unterhaltszahler unterstellt, er habe die Arbeitslosigkeit mit Absicht herbei geführt; es ist auch deshalb pervers, weil sich im Gegensatz zu dieser Sechs-Monats-Sperrfrist eine Erhöhung des Einkommen sofort unterhaltserhöhend auswirkt, sobald diese Erhöhung z.B. im Rahmen einer Einkommensauskunft bekannt wird.

Ich kann in dieser Situtation daher nur den leicht anrüchigen Rat geben: Spiele auf Zeit. Reize Fristen bis zum Anschlag aus, liefere Auskünfte bewusst unvollständig damit das Jugendamt den fehlenden Teil nachfordert und dir dafür eine Nachfrist setzt; und unterschreibe bloß nichts, was deine Unterhaltszahlungen an dein altes Einkommen bindet - wenn das Jugendamt so einen Titel haben will, dann soll es dich dafür vors Gericht schleppen.

Dass du dich gleichzeitig nach Kräften um einen neuen Job bewirbst ist zwar ohnehin klar, aber ob und wann das klappt, weiß man ja vorher nicht. Abgelieferte Bewerbungen, sowie Termine und Ansprechpartner der Vorstellungsgespräche, und natürlich auch die Absagen bitte zuverlässig sammeln; wenn's vor Gericht geht, dann wirst du das brauchen als Beleg dafür, dass du alles in deinen Kräften stehende tust, damit du wieder leistungsfähig für Unterhalt wirst. Falls sich dieses aber als schwieriger erweist, dann hilft dir jeder verstrichene Monat vor dem Gerichtsverfahren als Indiz dafür, dass deine Arbeitslosigkeit nun eben kein nur vorübergehendes Ereignis ist.

Ansonsten schon mal der Hinweis: Es ist möglich, titulierten Unterhalt in vernünftiger (oder vom Gericht festgesetzter) Höhe berücksichtigen zu lassen, wenn du aufstockendes Hartz IV beantragst. Ist zwar ggf. auch mit einigem Aufwand verbunden, die ARGE davon zu überzeugen, dass dies tatsächlich so ist; aber eventuell ist das sogar eine Alternative oder zumindest ein "Plan B" für dich. Zum Thema "aufstockendes Hartz IV" können andere Leute hier dir aber mehr erzählen als ich; von mir nur der Hinweis: Keine Skrupel beim Beantragen von aufstockendem Hartz IV - denn wenn der Staat dir mit solch netten Konstrukten wie "Arbeitslosigkeit ist per Definition ein vorübergehendes Ereignis" die rechte Hosentasche entleert, dann darf der selbe Staat dir gerne die linke Hosentasche wieder mit etwas Kleingeld auffüllen.

Ich frage mich ob es überhaupt zu einem neuen Titel kommt, solange ich keinen neuen Job gefunden habe.

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Pass' auf, dass dir das Jugendamt schriftlich bestätigt, dass du nicht bzw. nur eingeschränkt leistungsfähig für den Kindesunterhalt bist, sonst laufen da ggf. Unterhaltsschulden auf, die du dann zu einem späteren Zeitpunkt zurückzahlen darfst!

Mit anderen Worten meine jetzige Lebensgefährtin muss also nicht erst ausziehen und selbst zum JA gehen und um Beihilfe bitten um ihre Ansprüche vor dem JA des Kindes, dass nicht mit mir lebt geltend zu machen (?).

Nein, muss sie nicht. Es besteht allerdings trotzdem ein Restrisiko, dass das freundliche Jugendamt dir vorgaukeln will, dass nur die Barunterhaltspflicht gegenüber dem älteren Kind eine echte Unterhaltspflicht sei, aber das ist Blödsinn: Der Naturalunterhalt, den du für das jüngere Kind leistest, zählt genau so, und wird gemäß der üblichen Regeln anhand der Düsseldorfer Tabelle in einen Geldwert umgerechnet.

Allerdings, was Grundsätzliches: Ich will zwar nicht behaupten, dass die Idee "LG zieht aus und wendet sich selber an das Jugendamt, um Unterhaltsforderungen gegen dich anzumelden" eine besonders brilliante Idee ist - immerhin braucht sie dafür eine eigene Bleibe, und zwei Wohnungen sind in Summe teurer als eine gemeinsame. Unterhaltsvorschuss in Höhe von 133 Euro für das Kind würde sie dann aber auf alle Fälle vom Jugendamt bezahlt bekommen, und ob, wann, und in welchem Umfang das JA dieses Geld von dir zurückholen kann, ist angesichts deiner angespannten finanziellen Lage eher ungewiss. Wie gesagt: Eine besonders brilliante Idee ist dies wegen der höheren Gesamtkosten trotzdem nicht, da reißen's diese 133 Euro auch nicht heraus. In Extremfällen allerdings kann man durchaus auf derlei Ideen kommen; nämlich dann, wenn das Jugendamt und vor allen Dingen das Familiengericht dermaßen weltfremd sind, dass es am Ende des Tages nur noch darum geht, wie man solch staatliche Betrüger mit ihren eigenen Instrumenten betrügt. Aber so weit sind wir in deinem Fall, zum Glück, noch lange nicht.

Viele liebe Grüße,

Malachit.

Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.

AntwortZitat
Geschrieben : 23.12.2013 14:32
(@entzauberter)
Schon was gesagt Registriert

@Malachit: danke vielmals für Deinen ausführlichen Beitrag und den Tip mit dem aufstockenden Hartz4!

Aber eines verstehe ich nicht ganz, wenn das JA es 6 Monate lang nicht wahrnimmt, dass ich anstatt meines Gehaltes nur noch ALG 1 bekomme, wofür gibt es dann den 800 Euro Selbstbehalt überhaupt ? Heißt das etwa, dass ich quasi zwar 800 Euro behalten darf, die 158 zahle und die Differenz vom Mindestunterhalt zu den 158 Euro bei mir als Schulden auflaufen?

Liebe Grüße Robert

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 23.12.2013 22:59
(@malachit)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hallo Robert,

na ja, die 800 Euro Selbstbehalt gelten in dem Moment, wo nach Ablauf der 6 Monate das tatsächliche ALG als Berechnungsgrundlage hergenommen wird und nicht mehr das Einkommen, das du früher einmal hattest; insofern haben die unterschiedlichen Selbstbehalte für Erwerbstätige und Nicht-Erwerbstätige schon ihren Sinn. Ich weiß jetzt nicht, wie viel du vor der Arbeitslosigkeit verdient hast; nehmen wir mal an, es wären ca. 1.300 Euro gewesen. Dann muss man drei Zeiträume unterscheiden:

Vor der Arbeitslosigkeit: Du hast 1.300 Euro, das JA rechnet mit 1.300 Euro. Für den Kindesunterhalt stehen maximal 300 Euro zur Verfügung (Selbstbehalt für Erwerbstätige: 1.000 Euro). Du hast also sowohl rechnerisch als auch tatsächlich 1.000 Euro zur Verfügung.

In den ersten 6 Monaten der Arbeitslosigkeit: Du hast zwar ca. 350 Euro weniger in der Kasse; das JA meint aber trotzdem, es stünden nach wie vor 300 Euro für KU zur Verfügung, die du in Wirklichkeit aber gar nicht mehr hast. Kontrollrechnung: Du hast 958 Euro, du sollst aber 300 Euro KU aufbringen (für das ältere Kind in bar, für das jüngere Kind in Naturalien); dir selbst bleiben also gerade mal 658 Euro. Genau das ist ja der dreckige Trick mit "Arbeitslosigkeit als vorübergehenes Ereignis": Ganz konkret bedeutet dies, dass vorübergehend, und zwar in genau diesen sechs Monaten, dein Selbstbehalt ganz massiv unterschritten wird - und das ganz legal, denn sämtliche Politfratzen und Justizspacken stehen daneben und rufen "Bravo!" ...

Ab dem 7. Monat der Arbeitslosigkeit: Du hast nach wie vor ca. 350 Euro weniger als früher, d.h. du hast 958 Euro; das JA rechnet jetzt auch mit diesen 958 Euro, wendet aber im Gegenzug nur noch den Selbstbehalt für Nicht-Erwerbstätige an, d.h. 800 Euro. Für den Kindesunterhalt stehen 158 Euro zur Verfügung. Für dich bedeutet es: Du hast sowohl rechnerisch als auch tatsächlich 800 Euro zur Verfügung.

Ist's jetzt etwas klarer geworden?

Was die Sache mit den ggf. auflaufenden Schulden betrifft, da musst du wirklich höllisch aufpassen, denn gerne versucht das Jugendamt, dir eine "Stundung" des Unterhalts o.ä. als ein besonderes Entgegenkommen zu verkaufen - während dies in Wirklichkeit hart an der Grenze zum Betrug ist: Niemand darf durch zu zahlende Unterhaltsleistungen selber bedürftig werden, also musst du darauf achten, dass man dir keine Stundung o.ä. unterjubelt; die Damen und Herren mögen mal bitte sauber bescheinigen, dass du zwar im Prinzip leistungswillig, aber eben nur eingeschränkt leistungsfähig bist, und dass deshalb auch keine Unterhaltsschulden auflaufen.

Dein Vorteil ist, dass der aktuelle Titel zeitlich befristet ist, und wenn ich's richtig verstanden habe, ohnehin bald ausläuft? Das spart dir immerhin die Unannehmlichkeit, den nicht mehr zeitgemäßen Titel erst mal mühsam aus der Welt klagen zu müssen.

Viele liebe Grüße,

Malachit.

Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.

AntwortZitat
Geschrieben : 24.12.2013 01:19




(@beppo)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Du solltest auch den Tipp mit dem aufstockenden Hartz4 noch mal stärker verinnerlichen.

Gerade in der Zeit, wo du ALG1 bekommst und trotzdem noch vollen Unterhalt bezahlen sollst, hilft das Hartz4 dabei, den staatlichen Betrug gegen die Betrüger zu wenden.
ALG1 wird nämlich bei der Berechnung von ALG2 als eigenes Einkommen gewährtet.

Um bei den von Malachit genannten Zahlen zu bleiben:
Wenn dir nach KU-Zahlung nur 658,- aus dem Beispiel bleiben, dir aber mit den Kosten der Unterkunft z.B. 800,- ALG2 zustehen kannst du von denen schon mal 142,- € bekommen.

Da aber die 950,-€ ALG1 als eigenes Einkommen gelten hast du zusätzlich Anspruch die Freibeträge für Erwerbstätige in Höhe von 100,- plus 20% von dem was bis 1.000,- € darüber liegt, also 20% von 850,-€ = weitere 170,-€.
Zusammen also schon 312,-€.

Und dann kommen noch GEZ Befreiung und evtl. eine Beteiligung an den Umgangskosten hinzu.

Damit kann man diesen Betrügern im schwarzen Kittel schon mal ganz gepflegt den 8. Finger zeigen.

Ein Mann, der seine Frau verlässt, ist ein Schuft.
Ein Mann, der von seiner Frau verlassen wird, ist auch ein Schuft, denn sonst hätte sie ihn ja nicht verlassen müssen.

AntwortZitat
Geschrieben : 24.12.2013 01:36
(@entzauberter)
Schon was gesagt Registriert

@Malachit und @Beppo

zwischen Weihnachten und Neujahr bin ich quasi abgetaucht, daher habe ich den Thread nicht weiter verfolgen können. Jetzt da ich mich mit der Sache weiter auseinandersetze habe ich nochmals alles gelesen und auch verstanden. Das mit dem "vorübergehenden Ereignis" ist durchaus eine üble und perfide Sauerei, da hat man einfach keine Worte dazu...

Herzlichst danke für Eure ausführlichen Erklärungen und Tips !!!
Dass es solche, mit Leben erfüllten Foren (noch) gibt, gibt mir viel Sicherheit und Hoffnung !!!

Ein frohes Neues und Beste Grüße !!!

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 06.01.2014 23:53
(@malachit)
(Fast) Eigentumsrecht Moderator

Hallo Entzauberter,

Das mit dem "vorübergehenden Ereignis" ist durchaus eine üble und perfide Sauerei, da hat man einfach keine Worte dazu...

Schon mal der Hinweis: Dies ist keineswegs die einzige Sauerei, die das Familienrecht für Unterhaltszahler zu bieten hat. Falls dir also jetzt oder in Zukunft irgendwelche Dinge seltsam vorkommen, dann frag' hier im Forum lieber einmal zu viel als einmal zu wenig nach.

Viele liebe Grüße,

Malachit.

Wenn ein Staat die Leistungsgerechtigkeit zugunsten der Verteilungsgerechtigkeit aufgibt, dann kommt man bald an den Punkt, wo es mangels Leistung nichts mehr zu verteilen gibt.

AntwortZitat
Geschrieben : 07.01.2014 00:31
(@entzauberter)
Schon was gesagt Registriert

Hallo Malachit,

werde ich tun!

Herzliche Grüße

AntwortZitat
Themenstarter Geschrieben : 09.01.2014 15:48