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BGH: Unterhaltsbemessung bei nachehelichem Karrieresprung
Geschrieben am Mittwoch, 17. Dezember 2008 von DeepThought
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a) Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) sind spätere Änderungen des
verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder
Verbesserungen handelt. Weil das Unterhaltsrecht den geschiedenen Ehegatten aber nicht besser stellen will, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde, sind grundsätzlich nur solche Steigerungen des verfügbaren Einkommens zu berücksichtigen, die schon in der Ehe absehbar waren, was nicht für einen Einkommenszuwachs infolge eines Karrieresprungs gilt.
b) Schuldet der Unterhaltspflichtige neben dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten auch nachehelich geborenen Kindern oder einem neuen Ehegatten Unterhalt, sind die neu hinzugekommenen Unterhaltspflichten regelmäßig auch bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 Abs. 1 BGB) der geschiedenen Ehe zu berücksichtigen.
c) Soweit ein nachehelicher Karrieresprung lediglich einen neu hinzugetretenen Unterhaltsbedarf auffängt und nicht zu einer Erhöhung des Unterhalts nach den während der Ehe absehbaren Verhältnissen führt, ist das daraus resultierende Einkommen in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen.
Die Parteien streiten noch um nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab April 2005.
Die 1958 geborene Klägerin zu 2 (im Folgenden: Klägerin) und der 1953 geborene Beklagte hatten 1985 geheiratet. Aus ihrer Ehe sind der Sohn P. (geboren im August 1985) und die Tochter N. (geboren im Dezember 1992) hervorgegangen. Im Juli 1995 trennten sich die Parteien. Mit Urteil vom 4. Februar 1998 wurde ihre Ehe rechtskräftig geschieden. Zuvor hatten sie einen umfassenden Scheidungsfolgenvergleich geschlossen, in dem sich der Beklagte u.a. verpflichtet hatte, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt (incl. Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt) in Höhe von insgesamt 2.426,02 DM monatlich zu zahlen. Mit Unterhaltsvereinbarung vom 14. März 2004 änderten die Parteien den Vergleich vom 4. Februar 1998 ab und vereinbarten eine nacheheliche Unterhaltszahlung des Beklagten an die Klägerin in Höhe von monatlich 770,50 EUR.
Der Beklagte war seit November 1992 für acht Jahre Beigeordneter der Stadt G. Zum 1. November 2000 wurde er zum ersten Beigeordneten der Stadt G. mit einem Einkommen nach Besoldungsgruppe A 16 und zugleich zum Geschäftsführer der Eigenbetriebe bestellt. Zum 1. November 2004 wurde er zum Kreisdirektor der Kreisverwaltung W. mit einem Einkommen nach der Besoldungsgruppe B 5 ernannt. Seit September 2006 ist er Beigeordneter der Stadt D. und zugleich deren Rechts- und Ordnungsamtsdezernent mit Einkünften nach Besoldungsgruppe B 7.
Der Beklagte ist seit dem 13. Oktober 1999 neu verheiratet. Aus dieser Beziehung sind die Kinder M. (geboren am 17. September 1996, also noch vor der Scheidung der Ehe der Parteien), J. (geboren am 10. März 2000) und W. K. (geboren am 28. Juni 2004) hervorgegangen.
Die Klägerin ist gelernte Arzthelferin und war als solche bis zu ihrer Heirat im Februar 1985 berufstätig. In der Folgezeit versorgte sie bis zur Scheidung die Familie und plante einen Wiedereinstieg in ihren Beruf. Seit Februar 1999 arbeitet sie als Putzhilfe in Privathaushalten und erzielt monatliche Einkünfte in Höhe von 400 EUR.
Für den Sohn P. zahlte der Beklagte bis einschließlich Januar 2006 monatlichen Unterhalt in Höhe von 447 EUR. Nach Beendigung seiner allgemeinen Schulausbildung Ende Juni 2005 absolvierte der Sohn eine einjährige Einstiegsqualifizierung im Gastgewerbe-Service und erhielt von der Bundesagentur für Arbeit monatlich 192 EUR. Mit Urteil vom 8. März 2006 wurde die Klage des Sohnes auf weiteren Unterhalt abgewiesen. Für die Tochter N. hatte der Beklagte bis einschließlich Juni 2005 monatlichen Unterhalt in Höhe von 378 EUR gezahlt. Mit Teilanerkenntnisurteil vom 22. September 2005 wurde der Kindesunterhalt für die Zeit ab Juli 2005 auf monatlich 447 EUR erhöht. Das Kindergeld für beide Kinder erhält die Klägerin.
Auf den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Klägerin zahlte der Beklagte in der hier relevanten Zeit bis einschließlich März 2006 monatlich 281,06 EUR; danach stellte er die Zahlungen ein.
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von April bis Juni 2005 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 1.103,25 EUR und für die Zeit ab Juli 2005 monatlichen Unterhalt in Höhe von 800 EUR abzüglich der bis März 2006 geleisteten Teilbeträge zu zahlen. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene -Revision des Beklagten, mit der er sein Klagabweisungsbegehren weiter verfolgt.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 1815 veröffentlicht ist, hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf nachehelichen Betreuungsunterhalt zustehe, der jedenfalls den vom Amtsgericht ausgeurteilten rückständigen und den laufenden Unterhalt von monatlich 800 EUR erreiche. Die Klägerin sei bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres ihrer im Dezember 1992 geborenen Tochter N. an der Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert. Es sei aber nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht der Klägerin aus einer ihr zumutbaren halbschichtigen Erwerbstätigkeit ein fiktives eigenes Einkommen von monatlich 566,01 EUR (nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen) zugerechnet habe. Dabei sei das Amtsgericht zu Recht von einem Stundenlohn in Höhe von 8,50 EUR/brutto ausgegangen; ein höherer Stundenlohn sei im Rahmen einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit als angestellte Reinigungskraft nicht zu erzielen. Auch ein höheres Einkommen auf der Grundlage ihres erlernten Berufes könne der Klägerin nicht zugerechnet werden, weil sie den Beruf der Krankenschwester seit 1985 nicht mehr ausübe und daher die weit reichende medizintechnische Entwicklung versäumt habe. In diesem Beruf habe sie deswegen gegenwärtig keine Beschäftigungschance.
Unterhaltszahlungen für den Sohn P. habe das Amtsgericht zu Recht lediglich für die Zeit der allgemeinen Schulausbildung bis Ende Juni 2005 berücksichtigt. Die weiteren Zahlungen des Beklagten seien als
freiwillige Leistungen nicht zu berücksichtigen, da der volljährige
Sohn gegenüber der Klägerin unterhaltsrechtlich nachrangig sei.
Schließlich habe der Beklagte auch jede Unterhaltsverpflichtung
gegenüber seinem volljährigen Sohn in Abrede gestellt.
Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien auf Seiten des
Beklagten durch seine Einkünfte als erster Beigeordneter der Stadt G.
nach der Besoldungsgruppe A 16 einschließlich der weiteren Einkünfte
als Geschäftsführer der Eigenbetriebe geprägt. Der Aufstieg zum ersten
Beigeordneten sei nicht als Karrieresprung anzusehen und deswegen bei
der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu
berücksichtigen. Erst bei dem späteren Aufstieg zum Kreisdirektor
handle es sich um einen Karrieresprung, der nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs bei der Bedarfsbemessung nach den ehelichen
Lebensverhältnissen unberücksichtigt bleibe.
Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirke sich das
Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter auf den Unterhaltsbedarf
eines geschiedenen Ehegatten aus, so dass auch die beiden jüngsten
Kinder des Beklagten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der
Klägerin nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen
seien. Es sei allerdings inkonsequent, bei der Bemessung dieses
Unterhaltsbedarfs nachehelich geborene Kinder zu berücksichtigen,
wodurch der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten geschmälert werde, und
auf der anderen Seite dem Unterhaltspflichtigen die Differenz aus
seinem eheprägenden Einkommen und dem infolge des Karrieresprungs
erzielten effektiven Einkommen ungeschmälert zu belassen. Wenn nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nacheheliche Belastungen bei der
Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu
berücksichtigen seien, sei es nur konsequent, zum Ausgleich vom
Rechtsgedanken des Karrieresprungs Abstand zu nehmen. Denn die
unerwartete und während der Ehe nicht angelegte Einkommensverbesserung
des Unterhaltspflichtigen sei ebenso unerwartet wie die durch die
Geburt nachehelich geborener Kinder sich ergebende weitere
Unterhaltslast. Es sei deswegen billig und angemessen, die
Unterhaltsberechtigte nicht nur einseitig durch die Berücksichtigung
der nachehelich geborenen Kinder zu belasten, sondern sie im Gegenzug
auch davon partizipieren zu lassen, dass der Beklagte eine ebenso wenig
in der Ehe angelegte, unerwartete positive wirtschaftliche Entwicklung
zu den Ämtern der Besoldungsgruppe B 5 und nunmehr der Besoldungsgruppe
B 7 genommen habe.
Weil der dem Beklagten nach seiner erneuten Heirat zustehende
Splittingvorteil nicht der Klägerin zugute kommen dürfe, sei für die
Bemessung des nachehelichen Unterhalts eine fiktive
Einkommensberechnung ohne die steuerlichen Vorteile der neuen Ehe
durchzuführen. Auf dieser Grundlage errechne sich nach den gegenwärtig
erzielten Einkünften des Beklagten ein Unterhalt, der den vom
Amtsgericht ermittelten monatlichen Unterhalt auf der Grundlage der
eheprägenden Einkünfte ohne die Unterhaltspflicht für die nachehelich
geborenen Kinder sogar übersteige.
Die Revision hat das Berufungsgericht im Hinblick darauf zugelassen,
dass es auch die Einkünfte des Beklagten aus seiner nachehelichen
Beförderung zum Kreisdirektor als eheprägend angesehen hat.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
1.
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Höhe
des nachehelichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin gemäß § 1578 Abs. 1
Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet. Den
unbestimmten Rechtsbegriff der "ehelichen Lebensverhältnisse" hat der
Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung allerdings nicht mehr im Sinne
eines strikten Stichtagsprinzips ausgelegt.
a)
Ursprünglich hatte der Senat die durch die Vorschrift des § 1578 Abs. 1
Satz 1 BGB bezweckte Anknüpfung der Höhe des nachehelichen Unterhalts
an die Ehe im Sinne eines strikten Stichtagsprinzips verstanden und den
Unterhaltsbedarf allein nach den monetären Verhältnissen während des
Zusammenlebens der Parteien bemessen. Spätere Einkommensentwicklungen
bis zur rechtskräftigen Ehescheidung sollten nur dann berücksichtigt
werden, wenn sie schon in der Ehe angelegt waren (Senatsurteile vom 23.
November 1983 - IVb ZR 21/82 - FamRZ 1984, 149, 150 und - IVb ZR 15/82
- FamRZ 1984, 151, 152). Eine unabsehbare Entwicklung nach der Trennung
blieb bei der Bemessung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs hingegen
unberücksichtigt und ein erst in Folge der Scheidung erzieltes
Einkommen des Unterhaltsberechtigten war deswegen im Wege der
Anrechnungsmethode voll auf den geringen Unterhaltsbedarf nach den
monetären Verhältnissen während der Ehezeit anzurechnen (Senatsurteile
vom 14. November 1984 - IVb ZR 38/83 - FamRZ 1985, 161, 162 und vom 25.
Januar 1984 - IVb ZR 51/82 - FamRZ 1984, 356, 357). In seiner späteren
Rechtsprechung hat der Senat den Stichtag auf den Zeitpunkt der
rechtskräftigen Ehescheidung verlagert und damit, unabhängig von der
Absehbarkeit im Zeitpunkt der Trennung, alle Entwicklungen bis zu
diesem Zeitpunkt, wie etwa den Wechsel der Steuerklasse (vgl. insoweit
Senatsurteile vom 16. Juni 1982 - IVb ZR 727/80 - FamRZ 1983, 152, 153
und vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818) oder die
Geburt eines weiteren Kindes aus einer neuen Beziehung (Senatsurteil
vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.), in die
ehelichen Lebensverhältnisse einbezogen (Senatsurteil vom 20. Oktober
1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 89).
Änderungen nach der rechtskräftigen Scheidung waren auch nach dieser
Rechtsprechung allerdings nur zu berücksichtigen, wenn ihnen eine
Entwicklung zugrunde lag, die aus der Sicht im Zeitpunkt der Scheidung
mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, und wenn ihre Erwartung
die ehelichen Lebensverhältnisse bereits bestimmt hatte (Senatsurteile
vom 16. März 1988 - IVb ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703 f.; vom 23.
April 1986 - IVb ZR 34/85 -FamRZ 1986, 783, 785 und vom 27. November
1985 - IVb ZR 78/84 - FamRZ 1986, 148 m.w.N.). Erst in der Folgezeit
hat der Senat auch diese aus dem Stichtagsprinzip folgende Grenze
weiter gelockert und andere Entwicklungen, auf die die Ehegatten sich
während der Ehe noch nicht eingestellt hatten, wie z.B. den Wegfall
eines während der Ehezeit geschuldeten Kindesunterhalts, grundsätzlich
bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse berücksichtigt
(Senatsurteil vom 20. Juli 1990 - XII ZR 73/89 - FamRZ 1990, 1085, 1087
f.).
Eine zusätzliche Einschränkung des reinen Stichtagsprinzips hatte der
Senat durch seine neuere Rechtsprechung zur Bewertung der ehezeitlichen
Haushaltsführung und Kindererziehung herbeigeführt. Auch ein während
der Ehezeit noch nicht absehbares und erst nachehelich hinzu getretenes
Einkommen des Unterhaltsberechtigten war danach bei der Bemessung der
ehelichen Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, wenn es als Surrogat
an die Stelle der ehelichen Haushaltsarbeit und Kindererziehung
getreten war (Senatsurteile vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 - FamRZ
2001, 986, 989 ff. und vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004,
1173 f.). Im Ergebnis führte diese Rechtsprechung dazu, ein später an
die Stelle der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung getretenes
Einkommen - unabhängig von seiner Höhe - ebenfalls den ehelichen
Lebensverhältnissen zuzurechnen.
b)
Trotz dieser weit reichenden Ausnahmen konnte das Stichtagsprinzip, das
nun auf die Verhältnisse bis zur rechtskräftigen Scheidung abstellte,
nicht in allen Fällen zu sachgerechten Lösungen führen.
Wegen der Verschiebung des Stichtags auf den Zeitpunkt der Rechtskraft
der Ehescheidung war ein aus einer neuen Beziehung hervorgegangenes
Kind bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse zu
berücksichtigen, wenn es zuvor geboren war, nicht aber, wenn die Geburt
nach der rechtskräftigen Scheidung erfolgte. Entsprechend hat das
Amtsgericht hier das noch vor der rechtskräftigen Scheidung geborene
Kind M. bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse
berücksichtigt, nicht aber die ebenfalls aus der neuen Beziehung des
Beklagten hervorgegangenen Kinder J. und W.K. Schon diese
Differenzierung ist in der Literatur als nicht überzeugend kritisiert
worden (Ewers FamRZ 1994, 816, 817; vgl. auch Graba FamRZ 1999, 370,
371).
Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung wegen der Anknüpfung an einen
festen Stichtag zu Verstößen gegen den Halbteilungsgrundsatz führen
konnte, etwa in Fällen, in denen das Einkommen des
Unterhaltspflichtigen nach dem Stichtag aus Gründen, die dem
Unterhaltspflichtigen nicht vorzuwerfen sind, deutlich absinkt. Wenn
der Bedarf des Unterhaltsberechtigten in solchen Fällen wegen der
Anknüpfung an einen früheren Stichtag unverändert bliebe, erhielte der
Unterhaltsberechtigte mehr, als dem Unterhaltspflichtigen von seinem
eigenen Einkommen verbliebe. Dies nicht schon bei der Bedarfsermittlung
zu berücksichtigen, sondern erst auf der Stufe der Leistungsfähigkeit
durch einen variablen Selbstbehalt auszugleichen, der dem Bedarf des
Unterhaltsberechtigten entsprechen müsste, hat der Senat bereits in
seinem Urteil vom 15. März 2006 abgelehnt (BGHZ 166, 351, 360 ff. =
FamRZ 2006, 683, 685 f.).
Gleiches gilt, wenn sich die persönlichen Verhältnisse des
Unterhaltspflichtigen von denen im Zeitpunkt der Rechtskraft der
Ehescheidung deutlich entfernt haben. Denn das Stichtagsprinzip kann
auch dann zu Verstößen gegen den Halbteilungsgrundsatz führen, wenn der
Unterhaltspflichtige nach Rechtskraft der Ehescheidung weiteren
Personen unterhaltspflichtig wird. Auch dann bliebe dem
Unterhaltspflichtigen - vorbehaltlich eines abzusetzenden
Erwerbstätigenbonus - für sich und die neuen Unterhaltsberechtigten nur
so viel, wie er als Unterhalt einem geschiedenen Ehegatten allein
zahlen müsste. Auch das kann nach der Rechtsprechung des Senats nicht
erst nach § 1581 BGB im Rahmen der Leistungsfähigkeit aufgefangen
werden (vgl. schon BGHZ 166, 351, 358 ff. = FamRZ 2006, 683, 684 f.).
c)
Deswegen hat der Senat seine frühere Rechtsprechung zur Bemessung der
ehelichen Lebensverhältnisse nach einem Stichtag inzwischen aufgegeben;
auch das Gesetz gibt in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB keine Fixierung auf
einen solchen Stichtag vor. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen
Regelung sind bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts nach den
ehelichen Lebensverhältnissen vielmehr spätere Änderungen des
verfügbaren Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen und zwar
unabhängig davon, wann sie eingetreten sind und ob es sich um
Minderungen oder Verbesserungen handelt. Die in § 1578 Abs. 1 Satz 1
BGB vorgegebene Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse kann
nach der neueren Rechtsprechung des Senats deren grundsätzliche
Wandelbarkeit lediglich nach dem Zweck des nachehelichen Unterhalts
einerseits und der fortwirkenden ehelichen Solidarität andererseits
begrenzen.
aa)
Wie sich insbesondere aus den §§ 1569, 1574 und 1578 b BGB ergibt, will
das Unterhaltsrecht den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen,
als er während der Ehe stand oder aufgrund einer absehbaren Entwicklung
ohne die Scheidung stehen würde. Im Ausgangspunkt will das Recht des
nachehelichen Unterhalts dem unterhaltsberechtigten Ehegatten
jedenfalls seinen eigenen angemessenen Unterhalt sichern (§§ 1569,
1574, 1581 BGB). Indem § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB für das Maß des
nachehelichen Unterhalts - mit der Begrenzungsmöglichkeit des § 1578 b
BGB - darüber hinaus geht und dem Unterhaltsberechtigten einen
Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen einräumt,
schafft die Vorschrift einen vom Einkommen des besser verdienenden
Ehegatten abgeleiteten Maßstab des nachehelichen Unterhalts. Die
während der Ehe gelebten Verhältnisse bilden dann aber auch die
Obergrenze eines insoweit entstandenen Vertrauens und damit auch des
nachehelichen Unterhalts. Weitere Steigerungen des verfügbaren
Einkommens sind deswegen grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen,
wenn sie schon aus der Sicht des ehelichen Zusammenlebens absehbar
waren, nicht aber, wenn der Einkommenszuwachs nach der Trennung der
Parteien auf einen Karrieresprung zurückzuführen ist.
Ebenso kann der Unterhaltsberechtigte, der seinen Unterhaltsanspruch
von dem höheren Einkommen des Unterhaltspflichtigen ableitet, nicht auf
einen unveränderten Unterhalt vertrauen, wenn das relevante Einkommen
des Unterhaltspflichtigen zurückgeht. Die Berücksichtigung einer
nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet ihre
Grenzen somit erst bei einer Verletzung der nachehelichen Solidarität.
Die nacheheliche Solidarität findet ihren Niederschlag insbesondere in
den gesetzlichen Unterhaltstatbeständen der §§ 1570 ff. BGB, die trotz
des Grundsatzes der Eigenverantwortung gemäß § 1569 BGB aus
verschiedenen Gründen zu nachehelichen Unterhaltsansprüchen führen
können. Aus der nachehelichen Solidarität der geschiedenen Ehegatten
folgt nicht nur die Pflicht zum Einsatz eines vorhandenen Einkommens im
Rahmen der nachehelichen Unterhaltsansprüche, sondern auch die
Verpflichtung zu einer angemessenen Erwerbstätigkeit. Nur wenn diese
nacheheliche Solidarität in unterhaltsrechtlich vorwerfbarer Weise
verletzt wird, etwa durch Aufgabe einer Berufstätigkeit, kann,
abweichend von den tatsächlichen gegenwärtigen Verhältnissen, ein
fiktives Einkommen berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 6. Februar
2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 972).
bb)
In konsequenter Fortführung dieser Rechtsprechung zu den wandelbaren
ehelichen Lebensverhältnissen hat der Senat entschieden, dass es sich
ebenso auf den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten nach den
ehelichen Lebensverhältnissen auswirkt, wenn später weitere
Unterhaltsberechtigte hinzutreten. Auf den Rang dieser neuen
Unterhaltsansprüche kommt es bei der Bedarfsbemessung grundsätzlich
nicht an.
(1)
Das dem Unterhaltspflichtigen für ihn selbst verbleibende Einkommen
wird nicht nur in Fällen eines unverschuldeten Einkommensrückgangs,
sondern auch durch die Unterhaltsansprüche später geborener Kinder
gemindert. Auch dann erfordert der Halbteilungsgrundsatz eine
Berücksichtigung der später entstandenen Unterhaltsansprüche bei der
Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse. Weil auch die
Berücksichtigung dieser nachehelichen Veränderungen erst dort ihre
Grenzen findet, wo sie auf einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren
Verhalten beruht und dies grundsätzlich im Falle einer
Unterhaltspflicht für neu hinzugetretene Kinder nicht der Fall ist,
sind die Unterhaltsansprüche für nachehelich geborene eigene Kinder des
Unterhaltspflichtigen (Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06
- FamRZ 2008, 968, 973) und für die in seinem Haushalt lebenden
adoptierten Kinder (Senatsurteil vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 -
zur Veröffentlichung bestimmt) bei der Bedarfsermittlung nach den
ehelichen Lebensverhältnissen regelmäßig zu berücksichtigen.
(2)
Nichts anderes gilt nach der Rechtsprechung des Senats, wenn der
Unterhaltspflichtige eine neue Ehe eingeht. Auch dann ist für die
Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen
grundsätzlich auf die geänderten tatsächlichen Verhältnisse während des
Unterhaltszeitraums abzustellen, soweit dies nicht unterhaltsrechtlich
vorwerfbar ist. Wie bei der Geburt eines weiteren Kindes kann dem
Unterhaltspflichtigen auch seine weitere Unterhaltspflicht für einen
neuen Ehegatten nicht vorgeworfen werden. Weil sich die
Unterhaltsansprüche eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten somit
wechselseitig beeinflussen, ist der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen
Lebensverhältnissen in solchen Fällen regelmäßig im Wege der
Dreiteilung des tatsächlich vorhandenen Einkommens unter Einschluss des
Splittingvorteils aus der neuen Ehe zu bemessen. Lediglich als
Obergrenze ist der Betrag zu beachten, der sich ohne die neue Ehe und
den sich daraus ergebenden Splittingvorteil als Unterhalt im Wege der
Halbteilung ergeben würde (Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR
177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1914 ff.).
d)
Diese neuere Rechtsprechung des Senats führt auch nicht zu Verwerfungen
zwischen der unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Position des
Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsberechtigten. Denn die
Situation eines Unterhaltspflichtigen ist schon nach dem Gesetz nicht
mit der Situation des Unterhaltsberechtigten vergleichbar.
Bei einem nachehelichen Absinken des unterhaltsrelevanten Einkommens
ist schon von Gesetzes wegen zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem
Unterhaltsberechtigten zu unterscheiden. Geht das unterhaltsrelevante
Einkommen des Unterhaltspflichtigen zurück, wirkt sich dies zur Wahrung
des Halbteilungsgrundsatzes zwangsweise auf den nach § 1578 Abs. 1 Satz
1 BGB daraus abgeleiteten Unterhaltsanspruch aus. Für den
Unterhaltsberechtigten sehen die §§ 1571, 1572 und 1573 BGB hingegen
vor, dass Unterhalt nach diesen Vorschriften entfällt, soweit der
Einsatzzeitpunkt als Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt ist. Eine
erst später eintretende Bedürftigkeit kann einen Unterhaltsanspruch
deswegen nicht mehr rechtfertigen.
2.
Soweit der Senat in seiner Rechtsprechung unerwartete
Einkommenssteigerungen, z.B. durch einen Karrieresprung, im Rahmen der
Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen
unberücksichtigt gelassen hat, beruht dies auf der gesetzlichen
Wertung, wonach das Unterhaltsrecht den geschiedenen Ehegatten nicht
besser stellen will, als er während der Ehe stand oder aufgrund einer
schon absehbaren Entwicklung ohne die Scheidung stehen würde
(Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968,
972).
Die Nichtberücksichtigung nachehelicher Einkommensentwicklungen
verliert allerdings dann ihre Rechtfertigung, wenn zugleich nachehelich
weitere Unterhaltsberechtigte hinzutreten, die - mit entgegengesetzter
Wirkung - den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen
mindern. Das Berufungsgericht weist deswegen zu Recht darauf hin, dass
beide Umstände bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen
Lebensverhältnissen nicht voneinander isoliert betrachtet werden
dürfen. Soweit also ein nachehelicher Karrieresprung lediglich eine neu
hinzugetretene Unterhaltspflicht auffängt, ist das daraus resultierende
Einkommen nach der neueren Rechtsprechung des Senats grundsätzlich in
die Unterhaltsbemessung einzubeziehen. Der Unterhaltsanspruch nach den
ehelichen Lebensverhältnissen ist in solchen Fällen deswegen auf der
Grundlage des nach dem Karrieresprung aktuell erzielten Einkommens
unter Berücksichtigung der später hinzu gekommenen Unterhaltspflichten
- im Falle einer Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten im
Wege der Dreiteilung (vgl. Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR
177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1914 ff.) - zu bemessen.
Nur soweit die Einkommensentwicklung infolge des Karrieresprungs
darüber hinaus geht und zu einem höheren Unterhalt führen würde, als er
sich ohne Karrieresprung und ohne Abzug des Unterhalts für später
hinzugetretene Unterhaltsberechtigte ergäbe, darf der Einkommenszuwachs
die ehelichen Lebensverhältnisse nicht beeinflussen und muss deswegen
unberücksichtigt bleiben. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats
zur Behandlung des Splittingvorteils aus einer neuen Ehe. Auch insoweit
hat der Senat entschieden, dass der Splittingvorteil aus einer neuen
Ehe im Rahmen der Dreiteilung bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs
eines geschiedenen Ehegatten grundsätzlich zu berücksichtigen ist,
zumal die Unterhaltsbemessung im Wege der Dreiteilung regelmäßig zu
einer Verringerung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten
führt. Dort wie hier ist als Obergrenze allerdings der Unterhalt zu
beachten, der sich ohne den Einkommenszuwachs und ohne die
Unterhaltspflicht gegenüber neu hinzu gekommenen Unterhaltsberechtigten
ergibt (vgl. Senatsurteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ
2008, 1911, 1916).
3.
Das Berufungsurteil entspricht nicht in allen Punkten diesen Grundsätzen der neueren Rechtsprechung des Senats.
a)
Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings im Ansatz davon aus, dass
ein Einkommenszuwachs infolge eines Karrieresprungs bei der
Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs.
1 Satz 1 BGB) grundsätzlich unberücksichtigt bleibt. Soweit es deswegen
im Ansatz von einem Einkommen des Beklagten aus seiner Tätigkeit als
erster Beigeordneter der Stadt G. nach Einkommensstufe A 16 ausgegangen
ist, beruht dies auf der rechtsfehlerfreien tatrichterlichen Würdigung,
wonach diese nacheheliche Entwicklung bereits während des
Zusammenlebens der Ehegatten absehbar war. Die Revision greift dies
auch nicht an. Soweit das Berufungsgericht diesen Einkünften unter
Hinweis auf das Urteil des Amtsgerichts das Einkommen als
Geschäftsführer der Eigenbetriebe hinzugerechnet hat, ist auch dies
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat
insoweit im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens darauf abgestellt,
dass der Beklagte die Geschäftsführung der Eigenbetriebe zeitgleich mit
der Beförderung zum ersten Beigeordneten übernommen hat und dass auch
der Vorgänger im Amt des ersten Beigeordneten Geschäftsführer der
Eigenbetriebe war. Der von der Revision dagegen vorgebrachte Umstand,
dass die Geschäftsführung der Eigenbetriebe nicht zwingend mit der
Tätigkeit als erster Beigeordneter verbunden sei, kann diese
tatrichterliche Beurteilung zur Absehbarkeit der Entwicklung aus der
Sicht der Ehe nicht erschüttern. Die späteren Beförderungen zum
Kreisdirektor (Besoldungsgruppe B 5) und zum Beigeordneten der Stadt D.
(Besoldungsgruppe B 7) hat schon das Berufungsgericht im Grundsatz
unberücksichtigt gelassen. Gegen diese für ihn günstige Beurteilung
wendet sich der Beklagte nicht.
b)
Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht bei der Bemessung des
Unterhaltsbedarfs der Klägerin die Unterhaltsansprüche der gemeinsamen
Kinder und der Kinder des Beklagten aus seiner neuen Ehe
berücksichtigt. Wie ausgeführt, sind bei der Bemessung des
Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen grundsätzlich
sowohl die aktuellen Einkünfte als auch die aktuellen sonstigen
Umstände zu berücksichtigen. Die Grenze des unterhaltsrechtlich
vorwerfbaren Verhaltens ist durch die Geburt der weiteren Kinder des
Beklagten nicht erreicht, so dass ihre Unterhaltsansprüche zu Recht
Eingang in die Unterhaltsberechnung nach den ehelichen
Lebensverhältnissen gefunden haben.
Soweit das Berufungsgericht die Unterhaltszahlungen des Beklagten für
den Sohn P. allerdings lediglich für die Zeit seines Schulbesuchs bis
Ende Juni 2005 berücksichtigt hat, hält dies den Angriffen der Revision
nicht stand. Denn der Beklagte hat unstreitig bis Januar 2006 Unterhalt
für diesen Sohn aus der Ehe der Parteien geleistet. Diese
Unterhaltszahlungen können entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts auch nicht als freiwillige Leistungen
unberücksichtigt bleiben. Denn der Sohn hatte den Beklagten ebenfalls
auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen und die Klage auf höheren
Kindesunterhalt war nach wie vor rechtshängig. Weil der Sohn nach dem
Vortrag der Parteien eine einjährige Einstiegsqualifizierung im Bereich
Gastgewerbe-Service durchführte und dafür von der Bundesanstalt für
Arbeit lediglich monatlich 192 EUR erhielt, dürfte sein
Unterhaltsanspruch auch unter Berücksichtigung des für seinen Bedarf zu
verwendenden vollen Kindergeldes (Senatsurteil BGHZ 164, 375, 382 ff. =
FamRZ 2006, 99, 101 f.) nicht vollständig gedeckt gewesen sein. Die
Unterhaltsklage des Sohnes wurde auch erst mit Urteil vom 8. März 2006
abgewiesen; in diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte seine Zahlungen
bereits eingestellt.
c)
Das Oberlandesgericht konnte allerdings die neuere Rechtsprechung des
Senats noch nicht berücksichtigen, wonach auch der Unterhaltsanspruch
einer neuen Ehefrau des Unterhaltspflichtigen den Bedarf der
geschiedenen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen
beeinflusst. Wie ausgeführt, sind auch insoweit die tatsächlichen
Verhältnisse zugrunde zu legen, was im Regelfall zu einer Dreiteilung
der vorhandenen Einkünfte, nämlich derjenigen des Beklagten als
Unterhaltspflichtigem sowie der Klägerin als geschiedener Ehefrau und
der neuen Ehefrau des Beklagten, führt (Senatsurteil vom 30. Juli 2008
- XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1914 f.). Zu beachten ist dabei
lediglich, dass ein im Rahmen der Dreiteilung einzusetzendes Einkommen
eines Unterhaltsberechtigten nicht zu einer Erhöhung des
Unterhaltsbedarfs des anderen Unterhaltsberechtigten im Vergleich zu
einer ohne die neue Ehefrau durchzuführenden Halbteilung des
unterhaltsrelevanten Einkommens führen darf. Ob dies hier der Fall ist,
kann der Senat nicht beurteilen, weil es insoweit an Feststellungen zum
Einkommen der neuen Ehefrau des Beklagten fehlt. Der bloße Umstand,
dass sie ebenfalls berufstätig ist, besagt schon deswegen nichts, weil
bei dem relativ hohen Einkommen des Beklagten voraussichtlich ein
Anspruch auf Familienunterhalt verbleibt, der zu Zwecken der
Unterhaltsberechnung im Rahmen der Dreiteilung in Form eines
nachehelichen Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen
Lebensverhältnissen berechnet werden kann (Senatsurteil vom 30. Juli
2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1914 f.).
d)
Im Ansatz zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings das infolge des
Karrieresprungs des Beklagten gestiegene Einkommen in die
Unterhaltsberechnung einbezogen, soweit nachehelich weitere
Unterhaltspflichten hinzugekommen sind. Ob das erhöhte Einkommen neben
den Unterhaltsansprüchen der drei nachehelich geborenen Kinder des
Beklagten auch den vollen Unterhaltsbedarf der neuen Ehefrau auffangen
kann und es deswegen bei dem Unterhaltsbedarf der Klägerin nach der
Besoldungsgruppe A 16 nebst dem Geschäftsführergehalt des Beklagten
ohne Berücksichtigung weiterer Unterhaltsberechtigter verbleiben kann,
kann der Senat nicht abschließend prüfen. Nach der Berechnung des
Oberlandesgerichts, deren Ergebnis auf der Grundlage des Einkommens
nach der Besoldungsgruppe B 5 und der Unterhaltspflicht für alle
Kinder, aber ohne Berücksichtigung des Unterhaltsanspruchs der neuen
Ehefrau lediglich geringfügig über dem Unterhaltsanspruch nach den
Umständen während der Ehezeit liegt, spricht sogar einiges dafür, dass
die Dreiteilung nach den gegenwärtig erzielten Einkünften unter
Berücksichtigung der gegenwärtigen Lebenssituation des Beklagten zu
einem geringeren Unterhaltsanspruch der Klägerin führen wird.
4.
Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Verwirkung des nachehelichen
Unterhalts nach § 1579 Nr. 5 BGB (§ 1579 Nr. 4 BGB a.F.) abgelehnt.
Eine Begrenzung des Unterhalts setzt insoweit neben dem Härtegrund der
Verletzung schwerwiegender Vermögensinteressen stets auch eine grobe
Unbilligkeit für den Unterhaltspflichtigen unter Wahrung der Belange
des Unterhaltsberechtigten voraus. Hinsichtlich des Härtegrundes
verlangt § 1579 Nr. 5 BGB objektiv ein gravierendes Verhalten des
Unterhaltsberechtigten, was sich aus dem Wortlaut "schwerwiegende" und
"hinwegsetzen" ergibt. Die Vorschrift stellt aber nicht allein auf die
Intensität der Pflichtverletzung ab, sondern auch auf den Umfang der
Vermögensgefährdung. Nicht erforderlich ist es, dass dem
Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entsteht. Es
genügt eine schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen, die
dadurch entstehen kann, dass der Unterhaltsschuldner bereits
geleisteten Unterhalt trotz angestiegenen Einkommens des
Unterhaltsberechtigten später nicht zurückfordern kann (Senatsurteil
vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325, 1327).
Selbst wenn die Klägerin ihr Einkommen aus Putztätigkeit nicht
vollständig angegeben hätte, konnte dies nach den zutreffenden
Ausführungen des Berufungsgerichts keine Auswirkungen auf den vom
Beklagten geschuldeten nachehelichen Unterhalt haben. Denn die Klägerin
ist im Hinblick auf das Alter der Tochter aus erster Ehe ohnehin
gehalten, eine halbschichtige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, also in
weiterem Umfang als gegenwärtig ausgeübt, tätig zu sein. Deswegen hat
das Berufungsgericht der Klägerin zutreffend und von der Revision auch
nicht angegriffen ein fiktives Einkommen zugerechnet. Die Höhe des
erzielten Stundenlohns aus der tatsächlich stundenweise geleisteten
Putztätigkeit ist nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden
Ausführungen des Berufungsgerichts auch nicht auf den aus einer
halbschichtigen Erwerbstätigkeit erzielbaren Stundenlohn übertragbar.
Allerdings wird das Oberlandesgericht auf Seiten der Klägerin in seiner
neuen Entscheidung für die Zeit ab Januar 2008 von einem Einkommen aus
vollschichtiger Erwerbstätigkeit auszugehen haben. Denn die jüngste
Tochter ist im Dezember 2007 15 Jahre alt geworden und nach der seit
dem 1. Januar 2008 geltenden Neuregelung des § 1570 BGB besteht
jedenfalls bei Kindern in diesem Alter regelmäßig kein Anspruch auf
Betreuungsunterhalt mehr.
5.
Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich für die Zeit bis Ende
2007 eine Begrenzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nach
den §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB a.F. abgelehnt, weil
wegen der noch andauernden Kindesbetreuung weder die Dauer der
ehebedingten Nachteile noch deren Umfang konkret zu bemessen war. Für
die Zeit ab Januar 2008 richtet sich der Anspruch der Klägerin
allerdings nur noch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB.
Insbesondere dieser Anspruch kann nach § 1578 b BGB herabgesetzt oder
zeitlich begrenzt werden, wobei zu berücksichtigen ist, inwieweit durch
die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für
den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche ehebedingten Nachteile können
sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung
gemeinschaftlicher Kinder, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und
Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Ehedauer ergeben.
Jedenfalls der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt ist danach regelmäßig
zu begrenzen oder zu befristen, wenn ehebedingte Nachteile nicht mehr
vorliegen, während eine Begrenzung oder Befristung bei noch vorhandenen
ehebedingten Nachteilen regelmäßig ausgeschlossen ist (vgl. schon zum
früheren Recht Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ
2006, 1006, 1007 f.). Ob nach der 10-jährigen Ehe der Parteien und
unter Berücksichtigung der Betreuung und Erziehung der in den Jahren
1985 und 1992 geborenen gemeinsamen Kinder unter Berücksichtigung eines
fiktiv zurechenbaren Einkommens noch ehebedingte Nachteile vorliegen,
wird das Berufungsgericht prüfen müssen. Dafür spricht allerdings, dass
das Berufungsgericht einen Wiedereintritt der Klägerin in ihren
erlernten Beruf wegen der nahezu 10-jährigen Berufspause ausgeschlossen
hat. Jedenfalls bis zur Höhe des als Arzthelferin bzw. Krankenschwester
erzielbaren Einkommens unter Berücksichtigung sonst eingetretener
Einkommensentwicklungen dürfte deswegen von einem ehebedingten Nachteil
der Klägerin auszugehen sein.
6.
Das Berufungsurteil kann deswegen keinen Bestand haben.
Die getroffenen Feststellungen tragen die Entscheidung des
Berufungsgerichts nicht, wonach der Klägerin jedenfalls ein
nachehelicher Unterhaltsanspruch zusteht, der den vom Amtsgericht auf
der Grundlage der Einkünfte des Beklagten als Erster Beigeordneter der
Stadt G. errechneten Unterhalt erreicht. Soweit ein Unterhaltsbedarf
der neuen Ehefrau des Beklagten in Betracht kommt, ist den Parteien im
Hinblick auf die neue Rechtsprechung des Senats zur Dreiteilung
Gelegenheit zum ergänzenden Vortrag zu geben. Außerdem wird für die
Zeit ab Januar 2008 ein fiktives Einkommen der Klägerin aus einer
vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen sein.
BGH, Urteil vom 17.12.2008 XII ZR 9/07
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